Wie viel Worship darf es denn sein?
Wie kann ich Gott schriftgemäß anbeten?

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 13.01.2017, aktualisiert: 10.12.2020

Leitverse: Johannes 4,23.24; 2. Mose 20,25.26

Einleitung

Die Worship-Musik im Anzug moderner Rock- und Popmusik ist auch unter Christen auf dem Vormarsch. Kaum eine evangelikale Veranstaltung kommt ohne lautstarke Bandmusik aus. Längst gibt es in „modernen“ Gemeinden ein Lobpreisteam und einen Lobpreisleiter, die die Gläubigen „in die Anbetung führen“ sollen. Oft nimmt die moderne Worship-Musik einen großen Stellenwert im Gottesdienst ein. Fragen wir uns einmal selbst: Würden wir sonntagmorgens auch in den Gottesdienst gehen, wenn man einfachere Lieder, vielleicht nur mit Klavierbegleitung oder ohne Instrumentalbegleitung, singen würde? Oft ist gerade die Musik das Zünglein an der Waage, warum jemand in diese oder jene Gemeinde geht. Bedenken wir gut, dass viele Gemeinden sehr genau wissen, dass man sich es schon etwas kosten lassen muss, um gemeindefremde Personen in die „Gottesdienste“ zu bekommen. Da werden schnell Hunderttausend und mehr Euro ausgegeben für eine Beschallungsanlage, und bei manchen kommen dann noch die Lichteffekt- und Nebelanlagen hinzu.

Warum gehe ich eigentlich in die Gemeinde? Weil dort so schöne Musik gespielt wird? Weil mir die Worship-Zeit mit lauter Musik und Band so gut gefällt und mein Herz bewegt? Weil meine Gefühle dabei regelmäßig Karussell fahren und ich es als die Gegenwart Gottes empfinde? Was ist das Zentrum solch eines Gottesdienstes? Wenn man meint, die Gegenwart Gottes nur dann erleben zu können, wenn man durch laute Worship-Musik „in die richtige Stimmung“ versetzt wird, dann muss man seine Beweggründe einmal gründlich überdenken. Wir kommen zum Gottesdienst zusammen, um Gott zu verehren, und nicht, um Menschen auf einer Bühne zu erheben. In der Anbetung soll der Mensch doch eigentlich zurücktreten, vor Gott niederfallen – denn das heißt ja Anbetung – und nicht im Rampenlicht stehen und mit Lichteffekten hervorgehoben werden.

A.W. Tozer schrieb einmal:

Es ist beinahe unmöglich, einen Versammlungsort zu finden, dessen einzige Attraktion Gott ist![1]

Musik im neutestamentlichen Gottesdienst

Wenn wir uns alle Bibelstellen im Neuen Testament unterstreichen würden, in denen es um Musik im Allgemeinen oder um Musik im Gottesdienst geht, dann werden wir feststellen, dass wir damit sehr schnell fertig sind. Unter den Gaben in 1. Korinther 12 finden wir nicht die Gabe des Lobpreisleiters. Wir finden aber in 1. Korinther 14 die große Bedeutung des Dienstes der Weissagung. Wie ist das Verhältnis vom Dienst am Wort zur Musik in deiner Gemeinde und welchen Wert misst du diesen Dingen bei? In 1. Korinther 14 finden wir auch den Hinweis darauf, dass in den Gemeindestunden durchaus der richtige Platz ist, unserem Gott Lieder zu singen. Die Stunden des Zusammenkommens der ersten Gläubigen waren keine Veranstaltungen, keine Events; da wurde man nicht gut unterhalten und bespaßt, sondern man kam als Leib Christi zusammen, als lebendiger Organismus, nicht als Organisation. Jeder hatte die Möglichkeit, sich am Dienst zu beteiligen (1Kor 14,26-34), unter Berücksichtigung einiger Richtlinien, die der Apostel Paulus der jungen Gemeinde in Korinth mit auf den Weg gab.

Gott annehmbare Anbetung

Die Frage ist: Ist wirklich jeder Musikstil zur Verherrlichung Gottes? Wird Gott wirklich jede Anbetung (Worship) annehmen, solange sie aus einem reinen Herzen kommt? Ist der heilige und souveräne Gott verpflichtet, jede Form der Anbetung anzunehmen? Wenn wir in das Alte Testament schauen, dann sehen wir: Gott hat die Ihm entgegengebrachte Anbetung (Opfer) oft nicht angenommen. Denken wir nur an den unglücklichen Kain, der sicher aus den besten Beweggründen sein Opfer Gott darbrachte und doch nicht angenommen wurde (weitere Beispiele: 3Mo 10; Amos 5,21.22; 2Mo 32; 4Mo 16). Es war offensichtlich nicht egal, wie man Gott nahen sollte.

Eine neue Zeit und Form der Anbetung

Wenn wir in das Neue Testament schauen, dann kündigt der Herr Jesus eine neue Zeit der Anbetung an:

Joh 4,23.24: Es kommt aber die Stunde und ist jetzt, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten.

Es gibt also auch im Neuen Testament Dinge, die beachtet werden müssen, wenn wir Gott in Anbetung (Worship) nahen. Egal, wie du diese Stelle auslegen willst, sie zeigt auf jeden Fall: Es gibt Bedingungen, sonst hätte der Herr Jesus sie hier nicht explizit genannt. Und diese Bedingung ist nicht: Es kommt nur auf das Herz und die Beweggründe an!

Das Gegenteil von Geist ist sicherlich das Fleisch (Gal 5,17) oder allgemein das Materielle. Damit macht der Herr Jesus selbst einen Unterschied zu der alttestamentlichen Anbetung, die sich zum einen an den ersten Menschen im Fleisch richtete und zum anderen sehr materiell aussah (Opfer, Tempel, Priester, Kleidung, Weihrauch etc.).

Wenn wir uns also fragen, ob die moderne Worship-Musik Gott annehmbare Anbetung ist, dann müssen wir uns die Frage stellen: Was steht bei der Musik im Vordergrund? Das Geistige und Geistliche (denn es geht ja um eine Anbetung im Geist) oder das Erleben mit den Sinnen und dem natürlichen Körper? Gerade bei lauter Musik mit Schlagzeug ist die Frage für jeden ernsthaften Christen, der nicht schon in einer gewissen Richtung geprägt wurde, leicht zu beantworten. Es ist eine durch und durch „sinnliche“ Anbetung, eine Anbetung, die unsere Sinne anspricht (vgl. Jak 3,15). Der Fokus liegt deutlich auf dem Fleischlichen statt auf dem Geistlichen. Übrigens war selbst im Alten Testament ein Schlagzeug kein angemessenes Instrument bei der Tempelmusik. Das Heidentum ist jedoch durch dieses Instrument gekennzeichnet und leider mittlerweile auch viele christliche Gemeinden.

Wir halten also fest: Der Herr Jesus hat die Anbetung Gottes auf eine ganz neue Art und Weise eingeführt. Es sollte der Vater angebetet werden, und Anbetung sollte in Geist und Wahrheit geschehen. Diese Form der Anbetung würde zu der völlig neuen Position passen, in die der Herr Jesus uns durch seinen Kreuzestod geführt hat. Wir sollten aus Wasser und Geist geboren werden (Joh 3); wir sollten eine neue Natur bekommen (die zu dem Geistigen passt), die mit völlig anderen Wünschen und Bedürfnissen ausgestattet sein sollte. Der Ort der Anbetung würde sich radikal verändern; die Anbetung sollte nicht mehr an einen Ort gebunden sein, sondern überall dort stattfinden, wo man den Vater in Geist und Wahrheit anbeten würde – es sollte ein geistiger und geistlicher Ort sein. Haben die Priester im Alten Testament ihren Dienst noch vor dem Allerheiligsten ausgeführt, so haben wir als Christen den freien Eintritt ins innerste Heiligtum (vgl. Heb 10,19). Das ist ein weiterer Grund, sich sehr gut zu überlegen, auf welche Weise wir Gott nahen können.

Musik im Alten Testament

Die lautstarke Worship-Musik wird oft damit begründet, dass es auch im Alten Testament viel laute Musik gab und dass sogar von „Musikinstrumenten Gottes“ die Rede sei (vgl. 1Chr 16,42). Und der Psalm 150 würde uns schließlich auch auffordern: „Lobt ihn mit Tamburin und Reigen; lobt ihn mit Saitenspiel und Schalmei!“ All das ist richtig! Aber wie wir gerade gesehen haben, hat sich die Anbetung geändert; das Neue Testament spricht von keinem Instrument beim Gottesdienst. Der alte Mensch (als von Adam abstammend) wurde am Kreuz richterlich beseitigt (vgl. Röm 6,6), und wir sind auferstanden zu einem neuen Leben, zu einem Leben im und durch den Geist. Obwohl wir noch unseren natürlichen Körper haben, spielt sich aber unser geistliches Leben im Geist ab, unser „Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol 3,3). Das Sichtbare kommt erst, wenn wir vom Glauben zum Schauen kommen. Das Sichtbare und Hörbare ist in unserer Zeit nicht gänzlich ausgeschaltet, aber es hat nicht mehr die Bedeutung wie im Alten Testament.

Es gibt jedoch noch einen schwerwiegenden Punkt, der von den Worship-Vertretern oft nicht gesehen wird, wenn sie mit dem Alten Testament argumentieren: Wenn es zu alttestamentlichen Zeiten Musik im Rahmen des Tempeldienstes gab, dann fand dieser nie im Heiligtum statt, sondern vor dem Heiligtum. Aber wir Christen haben – wie oben bereits erwähnt – den freien Eintritt ins Heiligtum. Ist uns das bewusst? Können wir allein aus diesem Grund im Blick auf den christlichen Gottesdienst überhaupt mit dem Alten Testament argumentieren? Selbst im Alten Testament spielten die Musikinstrumente Gottes im Heiligtum keine Rolle. Müssen wir uns als Christen nicht alle fragen, welche Musik wohl passend ist, wenn wir im Heiligtum einem allmächtigen Gott und einem liebenden Vater mit Anbetung begegnen? Das dürfen sich auch die traditionellen und konservativen Gemeinden fragen, die dem Ansatz dieses Artikels vielleicht grundsätzlich zustimmen.

Wenn unsere Anbetungslieder so „angestaubt“ sind, dass kaum noch ein Herz beim Singen vom Text ergriffen wird oder von der jungen Generation gar nicht mehr verstanden wird, dann wird es vielleicht auch einmal Zeit, dem Herrn ein neues Lied zu singen und die Melodien und Texte so zu gestalten, dass jung und alt auch mitkommen – dabei versteht es sich von selbst, dass Lieder über die Leiden des Herrn auch nicht fröhlich-schnell gesungen werden können. Hier ist der getragene Gesang sicher am richtigen Ort. Ohne Heiligkeit jedenfalls, sagt der Hebräerbrief, wird niemand den Herrn schauen (Heb 12,14). Und wir müssen uns ernsthaft fragen, ob es der Heiligkeit Gottes entspricht, wenn wir Gott einen Musikstil anbieten, der nachweislich aus dem Heidentum kommt und die Menschen in Trance und Ekstase führt und sie für böse Geister und Götzendienst öffnet. Entspricht das wirklich der Heiligkeit Gottes?

Der Altar im Alten Testament

Wenn die Priester im Alten Testament Gott mit einem Opfer nahten, dann hatte Gott einige Grundsätze damit verbunden. Diese Opfer sind geradezu ein Lehrbuch christlicher Anbetung. Das Opfer wurde auf einem Altar dargebracht. Es wurde vor Gott dargestellt, so wie auch wir Gott ein Opfer darstellen, indem wir in der Anbetung den Sohn seiner Liebe betrachten und quasi Gott darstellen oder vor Gott erheben. Unsere Herzen sollten ein Altar sein, um das Opfer des Herrn zu erheben.

Wenn das so ist, dann müssen wir auch die Grundsätze beachten, die Gott in Bezug auf den Altar gegeben hat:

2Mo 20,25: Und wenn du mir einen Altar aus Steinen machst, sollst du ihn nicht aus behauenen Steinen bauen; denn hast du deinen Meißel darüber geschwungen, so hast du ihn entweiht.

Diese Dinge sind für uns als Vorbild aufgeschrieben worden (1Kor 10,6.11). Schon im Alten Testament sollte der Altar aus unbehauenen Steinen gebaut werden. Viele andere Dinge durften durchaus künstlerisch gestaltet werden, dagegen hatte Gott nichts, ja Er ordnete es sogar an. Aber der Altar sollte aus unbehauenen Steinen gefertigt werden. Alles, was der Mensch aus sich selbst zum Opfer beisteuern könnte, hätte nur alles verdorben – man hätte den Altar entweiht.

So ist es auch heute. Wenn wir Gott in der Anbetung nahen und unser Opfer des Lobes bringen (vgl. Heb 13,15), dann ist Er nicht an unseren künstlerischen Darbietungen interessiert – im Bilde an unseren „behauenen Steinen“. Er möchte etwas Echtes, das wir in der Gemeinschaft mit Ihm gelernt haben, von uns hören. Nicht etwas, was wir fein und ordentlich auswendig gelernt haben – auch keinen Poetry-Slam. Gott ist in der Anbetung nicht an unseren Kunststücken interessiert. Es mag andere Gelegenheiten geben, wo eine künstlerische Darbietung ihren Platz hat; im Gottesdienst und in der Anbetung sollte der Vater und der Sohn im Mittelpunkt stehen und nicht die schöne Darbietung vonseiten des Menschen, von der hinterher alle sagen: Das hast du aber ganz toll gemacht! – In der Anbetung soll allein Gott der Vater und der Sohn hoch erhoben werden.

Sollen wir dann am besten gar nicht mehr singen? Sollten wir gar keine Instrumente benutzen? Nein, das hieße sicher, das Kind mit dem Bad auszuschütten. Der Apostel fordert uns auf: „Werdet mit dem Geist erfüllt, redend zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn in eurem Herzen“ (Eph 5,18.19) – wir sollen unserem Gott singen! Es sollten geistliche Lieder sein. Es sollte dazu führen, dass der Geist uns erfüllt und mit dem Herrn beschäftigt, aber der Fokus sollte sein: „in euren Herzen“, und nicht: „nach außen mit Lichteffekten und Nebelanlagen auffallend und laut“. Wenn die Instrumente im Gottesdienst dazu dienen, den Gesang zu unterstützen, dann ist dagegen nach unserem Dafürhalten nichts einzuwenden.

Der Wert des gesungenen Liedes besteht darin, dass wir zu einem Zeitpunkt gemeinsam, quasi mit einem Mund, den Sohn verherrlichen und den Vater anbeten können. Deshalb liegt der Wert des Liedes vor allem auf dem Text. In der Worship-Bewegung kann man hingegen erkennen, dass die Liedtexte immer flacher und inhaltsloser werden und von Wiederholungen geprägt sind, dass man sich quasi, wie auf Stufen, im gemeinsamen Worship hochpuscht – indem die Musik zum Ende des Liedes entweder schneller oder eben auch lauter wird. Es ist interessant, dass obiges Zitat aus 2. Mose 20,25 wie folgt weitergeht:

2Mo 20,26: Und du sollst nicht auf Stufen zu meinem Altar hinaufsteigen, damit nicht deine Blöße an ihm aufgedeckt werde.

Wenn wir darüber nachdenken, welchen Stellenwert das Neue Testament dem Thema Musik und speziell Musik mit lautstarken Instrumenten gibt, und das mit dem Stellenwert vergleichen, den Musik in vielen Gemeinden hat; wenn wir unsere Nähe im Heiligtum überdenken und auch den Opferdienst im Alten Testament genauer untersuchen und erkennen, dass vieles heute Dargebotene weit darüber hinausgeht – dann müssen wir die Bedeutung der Musik in unseren Gottesdiensten vielleicht neu überdenken.

Anmerkungen

[1] Aus dem Andachtsbuch Verändert in sein Bild, CLV, 16. Oktober.

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