Einige kurze Gedanken über Dienst in der Gemeinde (3)
Anhänge

Roy A. Huebner

© SoundWords, online seit: 18.11.2018, aktualisiert: 22.01.2021

Anhang 1 – Weitere Gedanken über korrektiven Dienst

Die Auffassung, man solle allein Christus und seine Liebe predigen (als ob das Predigen dessen, was Christus geziemt, etwa nicht hieße, Christus zu predigen), wurde in einer Zeitschrift für Christen wie folgt begründet:

Aber der Herr hatte auch eine Gerichtsbotschaft für die Gemeinde in Ephesus. Sie hatten gerade ihre erste Liebe verlassen. Er hatte sie soeben für das verurteilt, was sie in ihrem Eifer getan hatten – möglicherweise aus Liebe heraus, aber nicht aus ihrer ersten Liebe heraus. Die erste Liebe des Gläubigen nach seiner Bekehrung richtet sich auf die Person Christi. Dass genau diese Liebe in Ephesus wachsen möge, lag Paulus in seinem Gebet für sie wie eine Last auf dem Herzen (Eph 3,14-19). Doch nun war die Liebe zu Christus ersetzt worden: durch die Liebe zur richtigen kirchlichen Stellung, zur richtigen Lehre, zur Gerechtigkeit, zur Beurteilung. All diese Dinge hatten ihre Berechtigung und ihren Platz, aber es wäre viel besser, wenn sie von der Liebe zu Christus erweckt worden wären. Der Herr sah, dass genau dies fehlte. Äußerlich erschien die Gemeinde gesund, aber der Herr sah das Herz an: Ihre erste Liebe war vergangen. Liegt hierin nicht eine Lektion für heute, und zwar für diejenigen, die der Versammlung in der Wortverkündigung dienen? Würde die Verkündigung der Person und des Werkes Christi, die doch die Liebe des Gläubigen mehren soll, uns nicht zu einem guten Wandel bewegen? Liebe zu dem, der uns sogar bis zum Tod geliebt hat, bringt in uns viel eher Gottesfurcht hervor, als es die Hinweise von wohlmeinenden Brüdern vermögen. Der Christus, der uns aus Liebe gezogen hat, damit wir Ihn in der Bekehrung suchen, wird täglich in uns die Liebe hervorbringen, die uns beständig nahe bei Ihm hält.

Die Belehrung, die der Schreiber daraus für die heutige Zeit zieht, widerspricht der Schrift, zum Beispiel 2. Timotheus 3,16:

  • 2Tim 3,16: Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit.

Warum sollte irgendjemand behaupten wollen, dass diese Schriftstelle nur im privaten Bereich gelte [z.B. im persönlichen Bibelstudium] und bei persönlichen Ermahnungen? Falls sie auf die Wortverkündigung angewandt wird, dann ist die Schrift nützlich für korrektiven Dienst. Ebenso nützlich ist sie aber auch für die Belehrung, damit der Gläubige in der Erkenntnis wächst und indem sie sich an die Empfindungen richtet. Eine ausgewogene Darstellung hierzu findet man in einem Artikel über die sieben Gemeinden in The Bible Treasury:

Dem Überwinder ist für die Jetztzeit nichts verheißen, denn der Wandel im Glauben hat als Grundsatz, dass wir uns auf das freuen, was wir zukünftig genießen werden, aber nicht in den aktuellen Lebensumständen. Dies war früher so bei den Glaubenshelden der damaligen Zeit, und dies muss auch heute noch für alle gelten, die Überwinder sein wollen. Deshalb spricht der Herr von dem „Baum des Lebens, der im Paradies Gottes ist“ [Off 2,7].

Diese Art der Seelsorge bedarf einer weiteren Betrachtung. Was als eine Kleinigkeit übergangen werden könnte, war in den Augen Christi eine schlimme Sache. Der Engel [der Versammlung in Ephesus] war gefallen, indem er seine erste Liebe verlassen hatte: „Gedenke nun, wovon du gefallen bist“, sprach der Herr zu ihm [Off 2,5]. Jedes Wort ist hier wichtig. Der Engel war gefallen, und wie groß war der Fall! Dies sollte er sich in Erinnerung rufen, und er sollte Buße tun und die ersten Werke tun. Falls nicht, würde der Herr ihn richten. Um den Seelen in diesem Zustand aufzuhelfen, weist Er sie auf die Zukunft hin und teilt ihnen mit, was Er dem Überwinder geben werde. Nur aufzuzeigen, was falsch ist, hilft Menschen nicht, auf den richtigen Weg zu kommen. Der Herr zielt auf zwei Dinge: Er öffnet ihre Augen, damit sie erkennen, was falsch ist; und Er wirkt an ihren Herzen, um sie zu Überwindern zu machen. Die Augen werden ihnen geöffnet, indem ihnen ihr Versagen aufgezeigt wird; ihre Herzen werden erreicht, indem man die Seele mit Gottes Gnade beschäftigt.[1]

„Die Augen werden ihnen geöffnet, indem ihnen ihr Versagen aufgezeigt wird.“ Glaubst du wirklich, dass Gott, falls wir nicht hören, nicht mehr über unser Versagen zu uns reden wird? Glaubst du wirklich, dass Gott, wenn Er seinen eigenen moralischen Grundsätzen folgt, uns nicht immer wieder neu zur Umkehr aufrufen wird? (Es sei denn, Er gewährt uns unsere Bitten und schickt „Magerkeit in unsere Seelen“ [Ps 106,15].) Er ist treu. Mit welcher Treue wurden die Propheten immer wieder aufs Neue von Gott gesandt („früh sich aufmachend und sendend“ [2Chr 36,15; Jer 25,4]). Dort, wo wir abgewichen sind, müssen wir auch wiederhergestellt werden. Haben wir diesen göttlichen Grundsatz jetzt aufgegeben, und tun wir so, als ob Gott das ignorieren wird? Täuschen wir uns denn nicht selbst, wenn wir meinen, dass Gott die von Ihm offenbarten moralischen Ansprüche für die Seinen ignorieren wird und dass Er nur einmal (oder überhaupt nicht) zu uns über unser Abweichen spricht, uns dann aber nur noch „objektive Wahrheit“ vorsetzt? Erzieht ein geistlich gesinnter Mann oder ein Mann mit gesundem Verstand so seine Kinder? Wie bitte? Spricht er [nur] ein- oder vielleicht zweimal zu ihnen über einen falschen Weg? Sicher wird er beten und zu Gott schreien und alles aufwenden, um sie auf einen richtigen Weg zu bringen. Und ebenso sicher wird unser treuer Vater seine geliebten Kinder immer und immer wieder zurechtweisen – nicht nur mit ein paar Worten wie Eli, sondern Er wird sie auch züchtigen.

Den Aussagen des zweiten Zitats stimme ich von Herzen zu: „Nur aufzuzeigen, was falsch ist, hilft Menschen nicht, auf den richtigen Weg zu kommen.“ Das ist wahr. Aber es ist ein wesentlicher Teil des göttlich verordneten Weg des Segens. Genauso falsch ist es, Falsches nicht aufzuzeigen. Wenn man es unterlässt, Falsches aufzuzeigen, dann hilft es Menschen nicht dabei, auf den richtigen Weg zu gelangen. Lasst uns also in einer so entscheidenden und wichtigen Angelegenheit nicht einer Selbsttäuschung erliegen, was das Kennzeichen des Dienstes an dem Tag des Niedergangs, also heute, sein sollte. Hier fehlzugehen bedeutet, das Abweichen vom Willen des Herrn zu fördern.

Der Fehler, der im Hinblick auf korrektiven Dienst (lt. obigem Zitat) gemacht wird, fing nicht damit an, dass versucht wurde, diesen Dienst beiseitezusetzen. Etwas anderes ging dem voraus.

Liebt Christus es, wenn wir die richtige kirchliche Stellung einnehmen? Liebt Christus gesunde Lehre, Gerechtigkeit und Beurteilung? Ja, das tut Er, und wir sollten das lieben, was Er liebt. Liebe zu diesen Dingen hat nicht die Liebe zu Christus „ersetzt“. Christus erwartet von uns, dass wir diese Dinge lieben. Zweifellos taten das die Epheser, denn wie sonst konnte Er das loben, wenn ihre Liebe zu diesen Dingen bedeutet hätte, dass sie damit die erste Liebe verlassen hätten, was Er doch verurteilte?

Ihre Liebe zu Christus war nicht durch diese Dinge ersetzt worden. Sie liebten Christus, jedoch nicht mit der Liebe, die dadurch gekennzeichnet ist, dass man das Ich vergisst, das heißt nicht beachtet. Die „erste Liebe“ ist die Liebe zu dem Gegenüber, worin man das eigene Ich, das Selbst, vergisst. Es hatte sich eine Besinnung auf sich selbst entwickelt und somit ein Mangel an Selbstgericht und -beurteilung. Die Liebe hatte sich sodann mit der Besinnung auf sich selbst vermischt. Das ist die sittliche Wurzel des Niedergangs: das Einführen von Eigeninteresse, Selbstinteresse in die Dinge Gottes. Nun, ich denke nicht, dass dies das ist, was der o.g. Schreiber – nur mit anderen Worten – wirklich gesagt hat.

Sein falsches Heilmittel ist darum ein Dienst, der die Person und das Werk Christi zum Mittelpunkt hat, damit so die Liebe und die Hingabe gemehrt und ebendas beiseitegesetzt wird, was die meisten der Briefe an die sieben Gemeinden kennzeichnete: nämlich korrektiven Dienst desjenigen, der als Richter in ihrer Mitte wandelt. Diese Stellung hat Christus inne, bis Er wiederkommt! Möge derjenige, der ein Ohr hat, um zu hören, hören, was der Geist den Versammlungen sagt: „Tu Buße.“

Es stimmt: Das ist nicht alles, was der Herr sagt. Aber wir dürfen diesen Teil des Heilmittels nicht beiseiteschieben, indem wir sagen: Predige die Person Christi und sein Werk, statt korrektiven Dienst auszuüben. – Das ist ein unausgewogener Dienst, und genau darin gehen wir oftmals fehl. „Tu Buße“ beinhaltet Selbstgericht, und hierin versagen wir, was unsere Wiederherstellung betrifft.

Vielleicht haben wir ganz unmerklich und schleichend nicht innegehalten, um die Dinge einmal so zu erwägen, wie wir es sollten: Das nur zum Teil richtige Heilmittel, allein die Person Christi und seine Werk zu predigen (die objektive Wahrheit), ist ein Zeichen dafür, dass wir die erste Liebe verlassen haben. Manchmal ist es für Diener Gottes schmerzhaft, korrektiven Dienst ausüben zu müssen. Wir können Christus lieben und dennoch erwägen, uns selbst diesen Schmerz zu ersparen, indem wir korrektiven Dienst nicht ausüben. „Erste Liebe“ ist Liebe zu Christus, die sich dadurch auszeichnet, dass man das Ich vergisst, nicht beachtet. Wer es ablehnt, korrektiven Dienst zu üben, nimmt Rücksicht auf das Ich, was ganz gewiss zu weiterem Niedergang unter Gottes Volk führt. Wer es ablehnt, korrektiven Dienst auszuüben, dem wird es nicht gelingen, dass wieder die ersten Werke getan werden. Erste Werke sind Werke, die aus der Liebe zu Christus entspringen und die dadurch gekennzeichnet sind, dass man das Ich vergisst. Die Ablehnung, korrektiven Dienst auszuüben, kann sehr wohl daher rühren, dass man das Ich berücksichtigt, unabhängig davon, inwieweit man dies erkennt oder ob man dies gar für abwegig hält; es sei denn, jemand wusste nicht um seine Verantwortung.

Wenn wir achtgegeben hätten, wie unser Herr in diesen seinen letzten Botschaften an uns gehandelt hat, dann hätte uns das deutlich gemacht, dass korrektiver Dienst notwendig ist. Der Herr ist nicht nur Haupt, Herr, Bräutigam etc., Er ist auch der Richter, der inmitten der goldenen Leuchter wandelt. Und diesen Charakter behält Er bei, bis Er kommt. Wir haben vielleicht das Bewusstsein dafür verloren, aber es ist auch genau in diesem Moment wahr.

Anhang 2 – J.N. Darby über: Eine Gabe für eine bestimmte Gelegenheit?

An anderen Stellen kann man Darbys positive Ausführungen über Gaben finden. Im folgenden Zitat finden wir nicht nur seine positiven Aussagen, dass Gaben dauerhaft verliehen sind, sondern er bestreitet auch, dass Gaben nur zeitweise und bei bestimmten Gelegenheiten gegeben werden. So verneint er zum Beispiel, dass jemand für eine bestimmte Handlung zum Hirten wird. Das gilt auch für die Vorstellung, jemand sei „Prophet nur für eine bestimmte Gelegenheit“. Das heißt, das Neue Testament lehrt nicht so etwas wie „eine prophetische Handlung“, was dies in Wirklichkeit bedeutet.

Gott gibt nicht Hirtendienst, Er gibt Hirten. Dies ist nicht unwichtig, denn Paulus, ein Prophet, weissagte nicht immerzu, obwohl er immer ein Prophet war. Ebenso war er ein Apostel, obwohl er nicht immer seinen Aposteldienst ausübte. So gibt Christus also nicht Apostelschaft, sondern Apostel. […]

Nehmen wir einmal an, ich gäbe dir heute für eine bestimmte Handlung eine Hirtenbefähigung, und das wäre es dann gewesen. Aber so ist es hier nicht: Gott gibt den Mann als Hirten, und dieser ist immer ein Hirte, obwohl Gott ihm diese Gabe auch wieder nehmen könnte, falls Er wollte. Der Mann hat diese Stellung und diese Funktion. Paulus war immer ein Apostel. Apostelschaft war nicht etwas, was auf ihn kam und wieder ging, sondern er war immer ein Apostel. Wenn wir die Macht des Heiligen Geistes im ersten Korintherbrief betrachten, dann lesen wir: „Gott hat einige in der Versammlung gesetzt: erstens Apostel, zweitens Propheten …“ [1Kor 12,28], aber das ist vielmehr ein Handeln des Heiligen Geistes hier auf Erden als [eine Ausübung von] Kraft.[2]

Anhang 3 – C.H. Mackintosh über: Dienst durch Gabe

Trotzdem muss der Elihu-Grundsatz immer gelten. Falls irgendjemand mit Vollmacht und praktischer Wirkung sprechen soll, so muss er, zumindest in gewissem Maß, in der Lage sein, zu sagen: „Voll bin ich von Worten; der Geist meines Innern drängt mich. Siehe, mein Inneres ist wie Wein, der nicht geöffnet ist; gleich neuen Schläuchen will es bersten. Ich will reden, dass mir Luft werde, will meine Lippen auftun und antworten“ (Hiob 32,18-20). So muss es, zumindest in Maßen, immer sein bei all denen, die mit echter Vollmacht und Wirkmächtigkeit zu den Herzen und den Gewissen ihrer Zuhörer reden. Wir werden durch die leidenschaftlichen Worte Elihus eindringlich an die denkwürdige Stelle im siebten Kapitel des Johannesevangeliums erinnert: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Joh 7,38). Es stimmt, dass Elihu diese herrliche Wahrheit, die in diesen Worten unseres Herrn dargelegt wird, nicht kannte; da diese Worte ja erst fünfzehn Jahrhunderte nach ihm ausgesprochen wurden. Und dennoch kannte er bereits den Grundsatz. Er besaß bereits den Keim dessen, was später in voller Blüte und als reife Frucht erscheinen sollte. Elihu wusste, dass ein Mann nur dann mit Klarheit, Schärfe und Vollmacht sprechen kann, wenn es ihm vom Allmächtigen eingegeben wird. Er hatte zugehört, bis er die vielen kraftlosen Worte – Binsenweisheiten – leid war, Worte, die Männer aus eigener Erfahrung heraus redeten oder dem verfaulten Fundus menschlicher Traditionen entnahmen. Dies alles hatte ihn fast völlig ermatten lassen. Doch dann erhebt er sich in der mächtigen Kraft des Geistes, um seinen Zuhörern Aussprüche Gottes weiterzugeben.

Hierin liegt das tiefe und gesegnete Geheimnis von Kraft und Erfolg im Dienst. Petrus schreibt: „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes“ (1Pet 4,11). Das bedeutet, genau betrachtet, nicht bloß ein Reden gemäß der Schrift, was gewiss überaus wichtig und grundlegend ist. Es ist mehr als das. Jemand steht auf und redet rund eine Stunde lang zu seinen Zuhörern, und von Anfang bis Ende seines Vortrags äußert er vielleicht nicht einen einzigen unschriftgemäßen Satz. Und die ganze Zeit hat er womöglich gar nicht Aussprüche Gottes geredet – er war möglicherweise gar nicht Gottes Sprachrohr und hat den Zuhörern gar nicht die Gedanken Gottes mitgeteilt.

Dies ist eine sehr ernste Sache. Alle, die dazu berufen sind, ihren Mund in der Versammlung zu öffnen, sollten ernsthaft darüber nachdenken. Es ist eine Sache, ein gewisses Maß echter Empfindungen zu äußern. Eine ganz andere Sache aber ist es, der lebendige Kommunikationskanal zwischen dem Herzen Gottes und den Seelen der Gläubigen zu sein. Und nur Letzteres, und dieses allein, macht wahren Dienst aus. Der Bruder, der wirklich als Sprachrohr Gottes spricht, wird die Gewissen seiner Zuhörer dermaßen in das Licht der göttlichen Gegenwart bringen, dass jeder Winkel ihres Herzens erleuchtet und jeder moralische Punkt berührt wird. Das ist wahrer Dienst. Alles andere ist kraftlos, wertlos und fruchtlos. Es gibt nichts Beklagenswerteres und Demütigenderes, als jemand zuhören zu müssen, der offensichtlich aus seinen eigenen armseligen und kümmerlichen Hilfsquellen redet und mit Wahrheiten aus zweiter Hand handelt sowie mit Gedanken, die er von anderen übernommen hat und die noch nicht seine eigenen geworden sind. So jemand sollte besser schweigen; das wäre sowohl für seine Zuhörer als auch für ihn selbst besser. Doch nicht nur das: Wir hören oftmals jemand darüber sprechen, was ihn persönlich sehr bewegt und ihm viel Nutzen gebracht hat. Er mag Wahrheiten aussprechen, sogar wichtige Wahrheiten. Aber es ist nicht die Wahrheit für die Seelen der Gläubigen, nicht die Wahrheit für den Augenblick. Er hat vielleicht, was den Gegenstand seiner Predigt betrifft, die Wahrheit gemäß der Schrift geredet. Aber er hat nicht „Aussprüche Gottes“ geredet.

Mögen wir denn alle eine wertvolle Lektion von Elihu lernen, die sicherlich sehr notwendig ist. Einige mögen geneigt sein, zu sagen, dass es eine schwierige Lektion ist, eine harte Rede. Aber nein: Wenn wir nur in der Gegenwart des Herrn leben und uns fortwährend unserer eigenen Nichtigkeit und Gottes Allgenugsamkeit bewusst sind, dann werden wir das kostbare Geheimnis von überaus wirksamem Dienst kennenlernen. Wir werden wissen, wie wir uns auf Gott allein stützen, und so in rechter Weise von Menschen unabhängig sein. Wir werden auch fähig sein, die Bedeutung und die Kraft von Elihus Worten zu verstehen: „Dass ich nur ja für niemand Partei nehme! Und keinem Menschen werde ich schmeicheln. Denn ich weiß nicht zu schmeicheln: Sehr bald würde mein Schöpfer mich wegnehmen“ (Hiob 32,21.22).

Wenn wir den Dienst Elihus studieren, finden wir zwei großartige Elemente, nämlich „Gnade und Wahrheit“. Diese beiden Dinge waren grundlegend für das Handeln an Hiob; Elihu trägt sie demzufolge mit außergewöhnlicher Kraft vor. Er hat für Hiob und seine Freunde sehr deutliche Worte, dass er nicht mit schmeichelnder Rede daherkommt. An dieser Stelle dringt die Stimme der „Wahrheit“ mit großer Klarheit an die Ohren der Hörer. Die Wahrheit stellt jeden an seinen richtigen Platz, und weil sie das tut, hat sie auch für niemand schmeichelnde Worte übrig – ganz egal, wie sehr der sterbliche Mensch durch sie erfreut würde. Der Mensch muss dahin gebracht werden, dass er sich selbst erkennt, dass er seinen wahren Zustand sieht und bekennt, was er tatsächlich ist. Genau das war es, was Hiob benötigte: Er kannte  sich selbst nicht, und seine Freunde konnten ihm diese Einsicht nicht vermitteln. Er hatte es nötig, in Tiefen geführt zu werden, doch seine Freunde konnten ihn nicht dahin führen. Er brauchte Selbstgericht, doch seine Freunde waren völlig unfähig, ihn dazu zu bringen.

Elihu hingegen beginnt damit, Hiob die Wahrheit zu sagen, und stellt Gott in seinem wahren Charakter vor.[3]


Originaltitel: „Appendix I: Further Thoughts on Corrective Ministry; Appendix II: J.N. Darby on Gift for an Occasion; Appendix III: C.H.M. on Ministry by Gift“, in A Few Thoughts on Ministry in the Assembly, 1984, Present Truth Publishers, S. 23–30

Übersetzung: Frank Cisonna

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Anmerkungen

[1] Aus „The Epistles to the Seven Churches Viewed Practically“ in The Bible Treasury, Jg. 9, 1872–3, S. 238.

[2] J.N. Darby, aus „Substance of a reading on Ephesians“ in Collected Writings of J.N. Darby, Bd. 27, S. 73.

[3] C.H. Mackintosh, aus „Job and his friends“ in Miscellaneous Writings, Buch 1.

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