Rezension: Kraft zum Leben
Ein evangelistisches Buch der DeMoss-Stiftung

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 27.01.2002, aktualisiert: 24.01.2018

Einleitung

Kraft zum Leben ist zurzeit (Anfang 2002) in aller Munde. Sowohl Christen als auch Nichtchristen reden über dieses Buch und die damit verbundene Werbekampagne. Die Werbung in den Medien wurde allerdings bereits gestoppt (auf Empfehlung). In den ersten Tagen dieser Aktion kamen allein unter der angegebenen Telefonnummer mehr als zwanzigtausend Anrufe pro Tag herein. Und man vermutet, dass sich die Auflage dieses Büchleins im siebenstelligen Bereich bewegt. Die Frage, die immer wieder gestellt wird, ist: Wer und was steckt dahinter?

Wer steckt hinter dieser Aktion?

Die erste Frage ist leicht zu beantworten. Das Buch wurde von der amerikanischen Arthur-DeMoss-Stiftung verbreitet und finanziert. In der Öffentlichkeit werden Gerüchte laut, dass eine Sekte hinter dieser Stiftung steht. Man bringt die DeMoss-Stiftung gar mit der Moon-Sekte in Verbindung. All diese Vorwürfe scheinen aber bis dato in keinster Weise begründet zu sein. Lediglich durch eine gewisse Nähe von Mark DeMoss zu dem Prediger Jerry Fallwell wurden diese Gerüchte mit der Moon-Sekte laut, da wohl der Prediger Fallwell einmal von der Moon-Sekte unterstützt wurde. So heißt es in IdeaSpektrum 1/2/2002:

Besonders infam ist der Sektenvorwurf: Aus der Tatsache, dass der konservative Prediger Jerry Fallwell einmal Kunde bei der Werbeagentur von Mark DeMoss war, rückten Medien die Stiftung in die Nähe einer Sekte. Fallwell hatte zur Finanzierung seiner staatlich anerkannten Liberty-Universität auch bei Moon-Mitgliedem um finanzielle Unterstützung ersucht. Die Stiftung und Agentur von Mark DeMoss Stiftung sind jedoch völlig unabhängig voneinander.

Die Arthur-DeMoss-Stiftung fällt in Amerika dadurch auf, dass sie sich auch zu politischen Themen äußert. So setzt die Stiftung sich gegen Homosexualität, gegen Abtreibung und für die Todesstrafe ein. Das bringt sie natürlich für die breite Öffentlichkeit in Verruf und wird mit Titeln belegt wie „erzkonservativer biblischer Fundamentalismus“ oder „christliche Taliban“. Das ist natürlich bei weitem überzogen, aber es zeigt, in welcher Zeit wir leben: Man ist gegen alles tolerant, nur nicht gegen die biblischen Überzeugungen der Christen, die in der Regel ihre Meinung lediglich auf friedliche Art und Weise äußern und keine Gewalt anwenden.

Fakt ist, dass die Stiftung 1955 von Arthur DeMoss ins Leben gerufen wurde. In IdeaSpektrum heißt es dann:

Urheber ist die amerikanische Arthur-S.-DeMoss-Stiftung (Palm Beach/Florida). Sie wurde 1955 von dem Versicherungsunternehmer Arthur S. DeMoss gegründet und später mit einem klaren christlichen Auftrag ausgestattet. DeMoss wollte nach seiner Bekehrung seinen Reichtum „in den Dienst Gottes“ stellen. Bei seinem Tod 1979 hinterließ er ein Vermögen von 359 Millionen US-Dollar. Seitdem leitet seine Witwe Nancy DeMoss die Stiftung. Sie gehört mit einem Vermögen von rund 500 Millionen Dollar (550 Millionen Euro) zu den 100 größten Stiftungen der USA. Es sei das Ziel des „Kraft-zum-Leben“-Projekts, „so viele Menschen wie möglich mit dem biblischen Bericht vertraut zu machen, wie man Gott auf einer persönlichen Ebene kennenlernen kann“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Stiftung selbst sucht keine Publizität und gibt keine Interviews. Sie nimmt auch keine Spenden an. Mehrere Zeitungen spekulierten daher über einen sektiererischen Hintergrund.

Was ist der Inhalt des Buches?

Die Aufmachung ist schlicht und besteht aus 138 Seiten mit manchen schwarz-weißen Bildern und vielen Bibelversen. Der Text geht in der Hauptsache auf den in Amerika sehr bekannten Prediger Buckingham zurück, der auch als Bibelübersetzer bei „Wycliff“ mitgearbeitet hat. Dem Buch liegt ein Heft mit dem Johannesevangelium der Neues-Leben“-Übersetzung bei. Außerdem liegt ein Traktat bei, wie man gewiss sein kann, wirklich im Himmel anzukommen. Des Weiteren liegt ein Schreiben bei von Nancy DeMoss, der Frau von Arthur DeMoss. Dieses Schreiben zeigt den Weg zu Gott und gibt ein persönliches Zeugnis von Frau DeMoss. Sie erzählt, wie sie zuerst ihren Mann und dann noch ihren 22-jährigen Sohn verlor und wie sie in der ganzen Zeit dennoch Trost und „Kraft zum Leben“ bekam: durch ihren persönlichen Glauben an Jesus Christus.

Sowohl dem Buch wie auch den Beilagen merkt man an, dass das Wort Gottes im Mittelpunkt steht. Immer wieder werden Bibelverse zitiert und ausgelegt. Nie hat man den Eindruck, in irgendeine bestimmte Richtung auf christlichem Gebiet gedrückt zu werden. Auch wird deutlich gemacht, dass keine gute Tat oder irgendein gutes Werk uns in den Himmel bringen kann und dass wir völlig von der Gnade Gottes abhängig sind. Am Ende werden verschiedene Literaturhinweise gegeben, wobei auch Namen wie Josh McDowell auftauchen, der ja auch hier in Deutschland sehr bekannt ist.

In Kapitel 1 geht es um das Thema „Das Ziel erreichen“. Es geht um Erfolg und darum, wie ich erfolgreich sein kann. Dabei wird definiert, was Erfolg in Gottes Augen ist. Dann folgen einige Zeugnisse von bekannten Persönlichkeiten (z.B. Cliff Richard, Bernhard Langer, Horst Deichmann usw.). Allerdings wirken einige Zeugnisse meines Erachtens nicht sehr überzeugend.

In Kapitel 2 geht es um das Thema „Sie sind jemand Besonderes für Gott“. Es wird gezeigt, dass Gott uns lieb hat, und das, obwohl wir in Sünde geboren wurden. Es wird deutlich gesagt, dass der Mensch von Natur aus ein Sünder ist und deshalb so nicht zu Gott kommen kann. Wenn ich richtig gelesen habe, wird auch in diesem Kapitel das einzige Mal über die Hölle gesprochen. Es heißt dort auf Seite 32:

Es ist der Ort, an dem die Menschen Gottes Anspruch auf ihr Leben voll und ganz zurückgewiesen haben.

Schade, dass nicht auch auf den Hauptaspekt, den die Hölle hat – den der ewigen Strafe –, hingewiesen wird, was meines Erachtens auch ein wesentlicher Bestandteil des Evangeliums ist – siehe zum Beispiel die Reden des Herrn, wo Er von dem Ort spricht, „wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt“. Leider ist diese Botschaft heute sehr unpopulär, das darf uns aber nicht davon abhalten, das Evangelium in seiner ganzen Größe, aber auch in seinem ganzen Ernst zu verkündigen.

In Kapitel 3 geht es um das Thema „Wie Sie mit Gott Freundschaft schließen können“. Dieses Kapitel hat vielleicht die falsche Überschrift. Es geht nicht so sehr um „Freundschaft“ als vielmehr darum, wie ich mich bekehren kann und was ich dabei einsehen muss. Obwohl deutlich davon geredet wird, dass wir Sünder sind und so, wie wir sind, nicht zu Gott kommen können, wird nicht deutlich genug gemacht, dass jede einzelne Sünde uns von Gott trennt und – so sie uns noch bewusst ist – wir sie auch vor Gott beim Namen nennen und bekennen sollten. Es wird immer sehr pauschal von Sündenvergebung gesprochen, so wie auch nicht deutlich genug vom Gericht gesprochen wird, und was passiert, wenn wir uns nicht in diesem Leben für Christus entscheiden. Gerade die Erkenntnis, was die Sünde in den Augen Gottes ist und wie schwer jede einzelne Sünde wiegt, kann uns davor bewahren, ein oberflächliches und leichtfertiges Christenleben zu führen.

In Kapitel 4 geht es um das Thema „Wie Sie sich weiterentwickeln können“. Hierbei geht es um einige Tipps, wie man geistlich wachsen kann. Dabei wird die Notwendigkeit des Gebetes und des Lesen des Wortes Gottes sehr schön hervorgehoben. Immer wieder werden die Aussagen durch Gottes Wort untermauert und bekräftigt.

In Kapitel 5 geht es um das Thema „Um was es in der Bibel geht“. Hier wird treffend darauf hingewiesen, dass es in der Bibel nur um eine einzige Person geht, nämlich um Jesus Christus.

In Kapitel 6 geht es um das Thema „Machen Sie die Bibel zu einem Teil ihres Lebens“. In verschiedenen Untertiteln wird dem Leser eine Anleitung gegeben, um die Bibel besser kennenzulernen. Es ist sehr erfrischend, diesen Teil zu lesen. Hier wird auch von dem inspirierten Wort Gottes gesprochen und die Wichtigkeit des Bibellesens hervorgehoben.

In Kapitel 7 wird noch einmal eine kurze Zusammenfassung gegeben und das Buch endet dann mit einigen Literaturhinweisen.

In den Tageszeitungen wird neben Lobenswertem auch manche kritische Stimme von Pfarrern und Sektenbeauftragten erhoben. Aber oft wird Kritik an Dingen geübt, die zwar aus Sicht der Landeskirchen verständlich, aber dennoch nicht nachvollziehbar sind. So warnt zum Beispiel T. Gandow, der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, und zitiert andere „Kirchenmänner“, dass der Gemeinschaftsgedanke des christlichen Glaubens vernachlässigt werde, da diese Aktion an den Kirchen vorbei veranstaltet wurde. Ob wohl diese Kirchenmänner befürchten, dass viele Christen dann nicht mehr den Weg in die Kirche finden? Jedoch findet man in dem Buch Kraft zum Leben in Kapitel 4 auch eine Liste von Kriterien, die nach Meinung der Autoren eine Gemeinde kennzeichnen sollte, und es wird auch aufgefordert, sich einer „bibeltreuen“ Gemeinde anzuschließen.

Bei der Kritik geht es auch darum, dass dem Buch Kraft zum Leben eine gewisse „Erfolgstheologie“ zugrunde liegen würde. Diesen Eindruck kann man tatsächlich an einigen Stellen bekommen. Jedoch darf man die Auswahl der Persönlichkeiten auch nicht so interpretieren, als ginge es nur darum zu zeigen: Seht mal, Cliff Richard ist erfolgreich, weil er Christ ist! Vielmehr möchte man wohl deren Popularität benutzen, um zu zeigen, dass es sich gerade um Menschen handelt, die nicht auf den Kopf gefallen sind und trotzdem und gerade deshalb an Jesus Christus glauben. Jedenfalls wird im ersten Kapitel deutlich gemacht, was man unter Erfolg zu verstehen hat und dabei wird darauf hingewiesen, dass wir Gott an die erste Stelle unseres Lebens stellen müssen und uns dann Gott alles Nötige gibt, was wir zum Leben brauchen. So heißt es auf Seite 2:

Könnte es sein, dass wir eine falsche Vorstellung von Erfolg haben? Haben wir vielleicht Gottes Bedingungen für Erfolg nicht richtig verstanden? Die erste (und eigentlich auch die einzige) Bedingung, die genannt wird, lautet: „Freu dich am Herrn.“ Mit anderen Worten: „Setze Gott an die erste Stelle.“ Jesus sagte dasselbe, als er seine Jünger aufforderte: „Lebt für ihn und macht das Gottes Reich zu eurem wichtigsten Anliegen.“ Denn alles andere, was zum Leben erforderlich ist, würden sie dann ebenfalls erhalten (Mt 6,33). Unser Problem besteht nicht darin, dass wir keine Ziele haben. Unser Problem ist, dass wir die falschen Ziele verfolgen.

Bleibt noch zu sagen, dass die Werbekampagne im Fernsehen gestoppt wurde, obwohl es, entgegen der Medienberichte, nicht verboten wurde, diesen Werbespot zu bringen, sondern lediglich eine Empfehlung ausgesprochen wurde, diesen Werbespot nicht mehr zu zeigen. Und das, obwohl der Werbespot sehr zurückhaltend war und keine direkte Werbung für den christlichen Glauben beinhaltete. Man fragt sich da, in welchem Land wir eigentlich leben, wo Satanismus, Horror und Pornos und die heißen Nummern ab 23.00 Uhr über die Bildschirme flimmern und sich dabei wohl keiner aufregt und keine Empfehlungen ausgesprochen werden, diese Werbespots oder Filme zu unterlassen.

So kann man wohl alles in allem die Lektüre Kraft zum Leben empfehlen, wenn auch manche Beispiele in diesem Buch etwas naiv erscheinen und nicht immer ganz den Kern der Sache zu treffen scheinen. Auf jeden Fall sollte man für diese Aktion beten, dass Menschen dieses Buch lesen, die noch keine lebendige Beziehung zu Gott haben. Wir sollten auch als Gemeinde für diese Aktion beten. Vielleicht findet der eine oder andere Suchende ja auch den Weg in deine oder meine Gemeinde und es wäre gut, wenn sich jeder die Frage stellen würde, ob für solche Suchenden überhaupt Platz ist, ob wir wirklich darauf brennen, diesen Suchenden eine Herberge anzubieten, wo man sich wohl fühlen kann und wo Wunden geheilt werden können.

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