Der Schatz im Acker
Matthäus 13,44

Arend Remmers

© CSV, online seit: 06.02.2001, aktualisiert: 17.11.2022

Leitvers: Matthäus 13,44

Mt 13,44: Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und verbarg; und vor Freude darüber geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker.

Der Herr Jesus im Haus

Der Herr Jesus hatte die vielen Menschen, die Ihm bei den ersten vier in Matthäus 13 aufgezeichneten Gleichnissen zugehört hatten, entlassen und war ins Haus gegangen (Mt 13,36). Ein Haus lässt uns an die Wohnung einer Familie denken und ist das Bild einer in sich geschlossenen Einheit und Ordnung, die von der Außenwelt abgeschirmt ist. Hier erklärt der Herr im engeren Kreis seiner Jünger, die damals die Familie des Glaubens repräsentierten, das Gleichnis vom Unkraut im Weizen (Mt 13,37-43). Dann fügt Er noch die drei Gleichnisse über den Schatz im Acker, die kostbare Perle und das Fischnetz an. Auch sie handeln vom Reich der Himmel. Offenbar geht es jetzt aber nicht mehr um eine äußerliche, für jeden sichtbare negative Entwicklung, sondern um Gottes Gedanken und um den verborgenen, positiven Charakter dieses Reiches. Das geistliche Unterscheidungsvermögen und Verständnis dafür wollte der Herr Jesus seinen Jüngern geben, wie seine Worte bezeugen: „Weil euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu wissen, jenen aber ist es nicht gegeben“ (Mt 13,11).

Wenn wir nur die drei Gleichnisse vom Unkraut, vom Senfkorn und vom Sauerteig besäßen, die die äußerliche Entwicklung des Reiches der Himmel während der Verwerfung des Herrn darstellen, könnte der Gedanke aufkommen, dass es Satan gelingt, das Werk, das der Herr begann, zu zerstören. Aber Gott sei Dank für die letzten drei Gleichnisse, in denen seine Sichtweise des Reiches der Himmel in dieser Zeit vorgestellt wird! In ihnen wird das Bleibende und der wahre Kern des Reiches der Himmel beschrieben: der Schatz, die kostbare Perle und die guten Fische.

Der Kauf des Ackers

Im ersten dieser drei Gleichnisse vergleicht der Herr Jesus das Reich der Himmel nun mit „einem im Acker verborgenen Schatz“ (Mt 13,44). Es kommt auch heute hin und wieder vor, dass ein vergrabener Schatz gefunden wird. Irgendwann hat jemand aus Furcht seine wertvollsten Besitztümer in der Erde vergraben, um sie – vielleicht in Kriegszeiten – vor Dieben und Plünderern zu schützen. Aber durch Flucht, Tod oder andere Umstände bedingt wurde der Schatz nie wieder hervorgeholt, bis ihn später irgendjemand findet. Aber wer so einen Schatz entdeckt, darf diesen nur dann für sich behalten, wenn der Grund und Boden, auf dem er sich befindet, ihm gehört.

Bereits zweimal ist uns der Begriff des Ackers in Matthäus 13 begegnet, und zwar in den Gleichnissen vom Unkraut im Weizen und vom Senfkorn. Nach der Erklärung des Herrn in Vers 38 ist er ein Bild der Welt: „Der Acker aber ist die Welt.“ Auch hier ist es nicht anders. Doch nicht der Acker ist das Wichtigste, sondern der darin enthaltene Schatz.

Der Mensch ist hier niemand anders als der Herr Jesus, wie schon in den Gleichnissen vom Unkraut im Weizen und vom Senfkorn. Wie der Mensch im Gleichnis den ganzen Acker kaufte, um den Schatz zu besitzen, so erkaufte sich der Herr am Kreuz das Recht über die ganze Welt, um damit etwas für Ihn sehr Kostbares zu erwerben.

Der „Mensch“ (ebenso wie der „Kaufmann“ im folgenden Gleichnis) stellt also nicht den Sünder dar, der alles aufgibt, um das Heil für sich zu erwerben. Gegen eine solche Auffassung sprechen folgende Gründe:

  1. Das Wort Gottes sagt uns, dass kein Mensch von sich aus Gott sucht, sondern dass der Herr Jesus der Suchende ist (Röm 3,11; Lk 19,10).
  2. Die Bibel lehrt auch, dass der Sünder nichts für seine Erlösung tun kann, sondern dass der Herr den Preis dafür durch sein Opfer am Kreuz bezahlt hat (Mt 16,26; 1Tim 2,6).
  3. Wenn ein Mensch etwas um des Herrn willen aufgibt, dann tut er es nicht, damit er zu Ihm kommen kann, sondern weil er Ihn im Glauben angenommen hat (Phil 3,7).
  4. Der Herr Jesus spricht hier nicht von der Bekehrung von Sündern, sondern von den Geheimnissen des Reiches der Himmel auf der Erde (Mt 13,11).

Ein alttestamentliches Vorbild dafür ist Joseph, der in der Zeit der Hungersnot das ganze Land Ägypten aufkaufte (1Mo 47,20). Der Herr Jesus besitzt jedoch ein doppeltes Anrecht auf die Welt: erstens als Gott und Schöpfer aller Dinge, zweitens als jetzt verherrlichter Mensch aufgrund seiner Hingabe und seines Opfers am Kreuz. Nach Johannes 17,2 hat der Vater seinem Sohn Gewalt über alles Fleisch gegeben. Er selbst sagt seinen Jüngern nach seiner Auferstehung: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden“ (Mt 28,18). Daher kann Petrus schreiben, dass falsche Lehrer den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat (2Pet 2,1). Und wenn Paulus erwähnt, dass Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, dann meint er damit nicht nur die Gläubigen, sondern alle Männer in der Welt, auch wenn sie dies nicht anerkennen oder nicht einmal wissen (1Kor 11,3). Dieses so teuer erworbene Recht wird Er einmal im Tausendjährigen Reich als König der Gerechtigkeit und des Friedens geltend machen (vgl. Ps 2,8; 8,5-9).

Wie die angeführten Worte aus Johannes 17 weiter zeigen, ist dieses Anrecht des Herrn auf die ganze Welt und auf alle Menschen etwas ganz anderes als die Erlösung der Gläubigen. Der Herr sagt dort: „Gleichwie du ihm Gewalt gegeben hast über alles Fleisch, auf dass er allen, die du ihm gegeben, ewiges Leben gebe.“ Er macht also einen Unterschied zwischen allem Fleisch (allen Menschen) und allen, die der Vater Ihm gegeben hatte (die Erlösten, die ewiges Leben besitzen). Eine Lehre, nach der alle Menschen durch das Werk Christi am Kreuz erlöst würden (Allversöhnungslehre), finden wir in der Heiligen Schrift nicht.

Der Preis

Um den Acker und den darin verborgenen Schatz zu erwerben, verkauft der Mensch im Gleichnis alles, was er hat. Doch der Herr Jesus tat mehr. Er gab nicht nur alles hin, was Er besaß – seine Anrechte als Messias –, sondern Er opferte sich selbst. Es gibt wohl keine Stelle in der Bibel, in der uns der Preis, den der Herr Jesus bezahlt hat, so ergreifend vorgestellt wird wie in Philipper 2,5-11:

  • Phil 2,5-11: … welcher, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam ward bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze.

In diesem Abschnitt, der das Herz jedes Kindes Gottes immer wieder tief berühren muss, wird beschrieben, wie der Sohn Gottes durch seine Menschwerdung und seinen Gehorsam gleichsam alles verkaufte, was Er hatte, und im Tod am Kreuz auch sich selbst hingab.

Was muss es für Ihn, den Schöpfer aller Dinge, gewesen sein, sich auf den Platz seiner eigenen Geschöpfe zu stellen, und was bedeutete es für den Sohn Gottes, Gehorsam zu lernen! Wer könnte je begreifen, was es für den einzigen Sündlosen, der selbst das ewige Leben ist, in sich schloss, dort am Kreuz von Golgatha den Tod als Lohn der Sünde zu erleiden! Gott hat Ihn dafür „hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf dass in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“. Einmal wird sich jedes Geschöpf (nicht nur die Erlösten) vor Ihm niederbeugen und seine Herrschaft anerkennen.

Der Schatz

Nun bleibt noch die Frage zu beantworten, was mit dem Schatz gemeint ist. Drei Dinge werden uns darüber in diesem Gleichnis mitgeteilt: Er war im Acker versteckt, er rief bei dem Finder Freude hervor und wurde von diesem sogleich wieder verborgen.

Das Volk Israel, seine Verwerfung und seine Wiederaufnahme war kein Geheimnis, sondern im Gegenteil das Hauptthema der prophetischen Schriften des Alten Testaments. Im Neuen Testament werden dagegen verschiedene Geheimnisse erwähnt, die bis zum Kommen Christi verborgen waren. Eines davon ist der Ratschluss Gottes, ein neues, himmlisches Volk zu bilden, das aus Juden und Nationen besteht. Der Herr Jesus spricht davon in Johannes 10,16: „Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hofe sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“ Dies Geheimnis wurde (wie das eng damit verbundene Geheimnis von der Versammlung) von Ihm zwar schon angekündigt, aber völlig offenbart werden konnte es erst nach seinem Erlösungswerk. Da das Gleichnis nicht weiter geht als bis zum „Kauf“, das heißt bis zu diesem Werk, blieb auch der „Schatz“ als solcher zunächst verborgen.

In den Briefen an die Römer und Korinther wird das Geheimnis dann zwar erwähnt, aber noch nicht erklärt (Röm 16,25-27; 1Kor 2,7-10). Im Epheserbrief legt Paulus jedoch dar, „dass die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium“ (Eph 3,2-7). Nicht Engel hat der Herr angenommen, sondern verlorene Menschen, die Er aus allen Völkern der Erde als seinen kostbaren Schatz für alle Ewigkeit erworben hat.

Seine Freude darüber wird bereits in Sprüche 8,31 mit den Worten angedeutet: „Meine Wonne war bei den Menschenkindern.“ Und fand die in Hebräer 12,2 erwähnte vor ihm liegende Freude, um derentwillen Er das Kreuz erduldet hat, ihren Grund nicht auch darin, dass durch sein Werk viele Söhne zur Herrlichkeit gebracht werden, die Er mit den liebevollen und freudigen Worten einführt: „Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat“?


Originaltitel: „Der Schatz im Acker“
aus Ermunterung und Ermahnung, Jg. 50, 1996, S. 177–183

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