Welche Zulassungskriterien sind biblisch?
Das Spannungsfeld zwischen Gleichgültigkeit und Sektiererei

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© SoundWords, online seit: 30.05.2003, aktualisiert: 14.02.2024

Leitverse: 1. Korinther 10,14-22; 11,23-30

Was ist eigentlich mit dem Ausdruck „Zulassungskriterien“ gemeint?

Mit „Zulassungskriterien“ meinen wir Kriterien, nach denen solche, die sich auf der Grundlage der Lehre des Neuen Testaments versammeln wollen, entscheiden, jemanden am Abendmahl teilnehmen zu lassen oder nicht.

Warum diese Gedanken zum Thema „Zulassungskriterien zum Brotbrechen“?

Beim Brotbrechen geht es um den „letzten Wunsch“ des Herrn vor seinem Kreuzestod. In Zeiten zunehmender Toleranz und Gleichgültigkeit auch unter Christen ist es mehr denn je notwendig, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Gleichgültigkeit bei diesem Thema wäre sicherlich fehl am Platz. Auch ist es unbedingt notwendig, sich heute neu damit zu beschäftigen, weil wir in unserer Zeit ganz andere Voraussetzungen vorfinden als zum Beispiel vor fünfzig oder hundert Jahren. Nicht zuletzt sind wir auch aufgefordert, selbst zu einer Überzeugung zu gelangen, die wir mit dem Wort Gottes begründen können.

Die Beschäftigung mit diesem Thema soll ein Nachdenken über dieses Thema auslösen. Unsere Ausführungen erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder als allein richtige Beurteilung. Ebenso wenig wollen wir Christen irgendeiner Gruppe oder Denomination anklagen oder schlechtmachen. Auch wollen wir berücksichtigen, dass bei vielen Unwissenheit eine große Rolle spielt. Unser erster Wunsch muss immer sein, die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelt zu sehen, denn dafür ist Christus gekommen, nein noch mehr, dafür ist Er freiwillig in den Tod gegangen (Joh 11,51.52).

Es scheint uns jedoch erforderlich, einmal auf diese Frage einzugehen, weil man zum einen in manchen Glaubensgemeinschaften über dieses Thema gar nicht (mehr) spricht und in anderen dieses Thema wiederum so sehr überstrapaziert hat, dass man dadurch in der Gefahr steht, neben der Schrift Dinge einzuführen, die das Volk Gottes eher trennen als einen. Wir möchten mit diesem Artikel weder der Laxheit und Gleichgültigkeit das Wort reden noch die Gefahr übersehen, hierbei in Sektiererei zu verfallen.

Die Schrift fordert uns an vielen Stellen nicht umsonst dazu auf, weder nach „rechts“ noch nach „links“ abzuweichen, sondern einen Weg zu gehen „mitten auf den Steigen des Rechts“ (Spr 8,20). Und das sagt die Schrift sicher nicht, weil das kein Problem für uns wäre, sondern weil es einfach eine menschliche Schwäche und das Bestreben unseres Fleisches ist, in das eine oder andere Extrem abzugleiten. Diese menschliche Schwäche können wir nur überwinden, wenn wir uns viel mit dem Wort Gottes beschäftigen und die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus nicht vernachlässigen. Prediger 7,18 sagt: „Der Gottesfürchtige entgeht dem allen {d.h. den beiden Extremen und ihren Folgen}.“ Nie werden wir diese Schwäche überwinden, wenn wir die Übung vor dem Herrn ersetzen durch irgendwelche Regeln oder Gesetze. Es ist natürlich einfach, wenn wir festlegen, dass nur solche am Abendmahl teilnehmen dürfen, die mit „uns“ den gleichen Weg gehen. Und es ist genauso einfach, wenn wir festlegen, dass jeder teilnehmen kann, der von sich sagt, dass er ein Christ sei. Aber außer dass diese Methode vielleicht einfach wäre, ist nichts Geistliches an dieser Methode zu erkennen.

Warum überhaupt eine Aufnahmeregelung zum Tisch des Herrn?

Manche meinen, es wäre Vermessenheit, eine Aufnahmeregelung oder wenigstens einige Grundsätze zum Zulassen fremder Personen zu haben. Und wenn wir das Wort Gottes oberflächlich lesen oder es noch nicht so gut kennen, können wir tatsächlich meinen, dass dies doch alles gar nicht nötig sei, weil es ja schließlich in 1. Korinther 11,28 heißt: „Ein jeder prüfe sich selbst und also esse er.“ Kein Wunder also, dass in vielen christlichen Kreisen nach genau diesem Grundsatz gehandelt wird, oft wirklich in der Überzeugung, damit dem Willen des Herrn zu entsprechen. Das mögen vielleicht all jene bedenken, die über diese Handlungsweise gleich den Kopf schütteln und mit den Worten „Gleichgültigkeit“ oder „Taubenschlag“ daherkommen. Wenn der Herr uns neben der persönlichen Verantwortung auch einige grundsätzliche Belehrungen über die gemeinschaftliche Verantwortung in seinem Wort gezeigt hat, dann sollte uns dies zur Dankbarkeit führen und uns bereit machen, diese Dinge in angemessener Weise weiterzugeben.

Das Wort Gottes belehrt uns an vielen Stellen, dass wir nicht mit Bösen in Verbindung sein sollen. Es heißt: „Von aller Art des Bösen haltet euch fern“ (1Thes 5,22). Weder dürfen wir einen, der die Lehre des Christus nicht bringt, ins Haus aufnehmen (2Joh 10) noch dürfen wir mit jemand, der Bruder genannt wird und in Hurerei lebt, Gemeinschaft haben und mit ihm essen (1Kor 5,11). „Ins Haus aufnehmen“ oder „mit einem solchen nicht zu essen“ bedeutet wohl das Gleiche. „Essen“ oder „ins Haus aufnehmen“ bedeutet immer Gemeinschaft. Wenn man das einmal verstanden hat, dann begreifen wir auch, warum das Brotbrechen ein Gemeinschaftsmahl ist. Gemeinschaft wird bildlich durch das Brotbrechen zum Ausdruck gebracht. Es heißt in 1. Korinther 10,16: „Gemeinschaft des Leibes des Christus“. Wir geben also nicht nur von dem einen Leib zeugnishaft Ausdruck, sondern es bedeutet auch Gemeinschaft untereinander, „denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot“.

In 2. Timotheus 2 lesen wir von Hymenäus und Philetus, die eine den „Glauben zerstörende Lehre“ (2Tim 2,18) brachten. Diese zwei Männer waren Beispiele für die Gefäße zur Unehre. In Bezug auf solche Personen sagt der Apostel: „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein“ (2Tim 2,21). Das bedeutet also: Wir dürfen keine Gemeinschaft haben mit solchen, die eine Lehre haben, die die Fundamente unseres Glaubens antastet. Und das ist natürlich erst einmal eine ganz persönliche Sache, denn es wird dem jungen Timotheus geschrieben.

All diese Stellen geben uns Anlass, über die Frage nachzudenken, welche Aufnahmekriterien wir, um der Ehre des Herrn willen, unbedingt beachten sollten. Es geht natürlich nicht darum, im Privatleben eines Gläubigen herumzuschnüffeln, sondern einzig und allein um das Bewusstsein unserer Verantwortung, mit wem wir Gemeinschaft haben. Umso mehr deshalb, weil es heute viele sogenannte Christen gibt, die überhaupt keine Probleme zum Beispiel mit vorehelichem Geschlechtsverkehr, Homo-Ehe und anderen schlimmen Sünden haben und diese entweder befürworten, ihnen gleichgültig gegenüberstehen oder sich nicht angemessen davon distanzieren. Ganz zu schweigen von den schrecklichen Irrlehren, die sich im Laufe der Geschichte in die Christenheit eingeschlichen haben.

Schon zu Zeiten des Apostels Paulus gab es schlimme Verhältnisse, in denen Christen sich befanden (s. 1Kor 5). Es war auch damals nicht so, dass man zum Abendmahl einlud mit dem Satz: „Jeder, der den Herrn Jesus lieb hat, ist herzlich eingeladen, am Abendmahl teilzunehmen.“ Das Gegenteil geht aus vielen Stellen hervor (z.B. Apg 18,27; siehe unten). Auch Paulus wurde nicht ohne Weiteres in Jerusalem aufgenommen, nur weil er sagte: Ich bin jetzt auch Christ und habe den Herrn lieb. – Erst auf das Zeugnis von Barnabas hin wurde Paulus aufgenommen (Apg 9,27.28). Aber heute, wo sich viele Christen nennen und auch vorgeben, den Herrn zu lieben, ist es umso wichtiger, über diese Dinge nachzudenken, da es heute leider viele Namenschristen gibt und auch viele vielleicht wirklich von neuem geborene Christen, die in schlimmsten moralischen Verhältnissen und bösen Lehren leben oder dem gleichgültig gegenüberstehen.

Nun mag man argumentieren, dass wir ja denjenigen, der zu uns kommt, nicht kennen und schließlich nicht wissen, was mit diesem oder jenem los ist. Und weil ich das nicht weiß, sei ich auch nicht verantwortlich, mit ihm zu handeln. Das ist natürlich einfach, aber nicht geistlich. Das Neue Testament lehrt uns zwar an keiner Stelle, dass man durch unbewussten Kontakt mit Bösen verunreinigt wird, es lehrt jedoch sehr deutlich, dass man für Dinge, die man hätte wissen können, sehr wohl zur Verantwortung gezogen wird (Lk 12,47.48; 1Tim 5,22). Der Herr hat uns auch eine Verantwortung füreinander gegeben. Diese zu leugnen, würde bedeuten, das Wort zu verdrehen. Aber, um das auch noch einmal deutlich zu sagen, der Herr hat uns nicht die Aufgabe gegeben, Sittenpolizei zu spielen und so lange zu bohren, bis wir bei einer Person irgendetwas gefunden haben, was eine Teilnahme am Abendmahl verhindern würde.

Es geht uns in diesem Artikel nicht darum, neue über die Schrift hinausgehende Regeln bezüglich dieser Dinge aufzustellen oder ein Patentrezept für alle Fälle, die in der Praxis vorkommen, hier vorzustellen. Es geht darum, dass wir in diesen Fragen sensibilisiert werden, um allein bei der Heiligen Schrift zu bleiben oder zu diesem Fundament zurückzukehren. Wenn dieser Artikel dies bewirken könnte, wäre schon viel gewonnen.

Wer darf nun am Abendmahl teilnehmen?

Die Schrift zeigt uns in 1. Korinther 10,17, dass zunächst einmal grundsätzlich alle Glieder des Leibes ein Recht haben, an dem Brot teilzuhaben: „Wir alle nehmen teil an dem einen Brot.“ Mit diesem grundsätzlichen Gedanken dürfte sicher keiner unserer Leser wirklich Schwierigkeiten haben. Jeder wiedergeborene Christ ist eingeladen, am Abendmahl teilzunehmen.

Gibt es keine Ausnahmen?

Doch, die Schrift kennt Ausnahmen. So sagt uns 1. Korinther 10,21: „Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des Herrn Tisches teilhaftig sein und des Dämonentisches.“ Und in Vers 20 heißt es: „Ich will aber nicht, dass ihr Gemeinschaft habt mit den Dämonen.“ Das ist die einzige Bibelstelle, die sich direkt auf ein Kriterium zur Teilnahme am Abendmahl bezieht. Es stellt sich daher für uns die Frage, ob diese Schriftstelle uns heute in Westeuropa viel Einschränkung verschafft. In einigen afrikanischen Staaten mit Naturreligionen kann man sich es wohl noch vorstellen, dass derartige Fälle vorkommen. Aber in westlichen Ländern wird es doch wohl eher die Ausnahme sein.

Eine weitere Tatsache leitet sich aus dem eben Gesagten selbstverständlich ab: Ungläubige – das sind also solche, die kein Glied am Leib Christi sind – haben natürlich kein Recht, am Abendmahl teilzunehmen. Denn die Teilnahme am Tisch des Herrn drückt doch gerade die Gemeinschaft des einen Leibes Christi aus und auch die Verbindung mit dem Herrn, da es sein Tisch, sein Leib und sein Blut ist. Dazu sagt uns 2. Korinther 6,14.15: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?“

Und sonst gibt es also keine weiteren Ausnahmen?

Mit dieser Frage kommen wir zu einem wichtigen Punkt. Es gibt noch weitere Ausnahmen, aber es sind dann Ableitungen von allgemeinen Verhinderungsgründen christlicher Gemeinschaft. So war es auch schon mit 2. Korinther 6 (Gemeinschaft mit Ungläubigen). Wenn ich mit Ungläubigen sowieso keine gemeinsame Sache machen darf, dann kann ich auch nicht mit ihnen das Abendmahl essen, was ein besonderer Ausdruck der Gemeinschaft ist. Das ist zwar eine Schlussfolgerung, aber eine zwingende.

So gibt es verschiedene Punkte, die eine Gemeinschaft unter Gläubigen unmöglich machen:

I. Böser Wandel (z.B.: im Sinne von 1Kor 5)

Hier handelt es sich um Taten, die einen moralisch bösen Zustand offenbaren, der sich bei jemandem findet, der „Bruder genannt wird“ (1Kor 5,11). (Es geht nicht darum, ob jemand wirklich ein Bruder oder eine Schwester ist, sondern, ob sich jemand als Christ bzw. Bruder oder Schwester sieht und als solcher bekannt ist!) Es werden hier folgende Zustände aufgezählt: Hurerei, Habsucht, Götzendienst, Schmähung, Trunksucht und Raub. Wenige Verse weiter wird diese Liste noch ergänzt um Diebstahl, Ehebruch und Ausübung von Homosexualität. Diese Zustände kennzeichnen jemanden, der sich als Bruder im Herrn ausgibt, so dass er als Hurer, Habsüchtiger, Götzendiener, Schmäher usw. angesehen wird. Dass diese Liste nicht vollständig ist, sieht man zum Beispiel daran, dass Mord fehlt. Es gibt also sicher auch andere Zustände, die jemanden moralisch für die Gemeinschaft unter Gläubigen untauglich machen.

II. Böse Lehre, die die Fundamente des Christentums angreift (z.B.: Gal; 2Tim 2) oder die Person des Herrn antastet (2Joh)

In 2. Timotheus 2,17.18.21 heißt es:

2Tim 2,17.18.21: Ihr Wort wird um sich fressen wie ein Krebs; unter welchen Hymenäus ist und Philetus, die von der Wahrheit abgeirrt sind, indem sie sagen, dass die Auferstehung schon geschehen sei, und den Glauben etlicher zerstören. … Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werke bereitet.

Hier geht es also um Personen, die eine Lehre brachten, die „den Glauben etlicher zerstören“ würde. Hier sollte Timotheus nicht allein nur widersprechen, sondern hier sollte er sich auch abwenden (= absondern). Nur so konnte er ein Gefäß zur Ehre sein, das dem Hausherrn nützlich war. Auch in unseren Tagen gibt es solche Personen, die „den Glauben etlicher zerstören“, zum Beispiel Personen, die die Heilssicherheit (dass ein Gläubiger nicht verlorengehen kann), die Inspiration oder die leibliche Auferstehung leugnen etc.

In 2. Johannes 9-11 heißt es:

2Joh 9-11: Jeder, der weitergeht und nicht bleibt in der Lehre des Christus, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmet ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken.

Hier geht es um die „Lehre des Christus“ und jemand, der diese Lehre nicht bringt. Es musste also nicht einmal sein, dass jemand irgendwo in einer Gemeinde eine böse Lehre von der Kanzel lehrt, sondern es geht darum, dass hier zu einer Frau ein Mensch kam, der eine bestimmte Wahrheit über die Person des Herrn Jesus nicht brachte. Er mochte vorgeben, an Christus zu glauben, aber wenn er zum Beispiel die Gottheit oder die vollkommene Menschheit des Herrn in Frage stellen würde, dann sollte man so jemand nicht ins Haus aufnehmen und noch nicht einmal grüßen. Der Apostel Johannes wollte, dass diese Frau in keinerlei Hinsicht Gemeinschaft mit solch einem bösen Menschen haben sollte, ansonsten würde sie auch Gemeinschaft haben an dessen bösen Werken (2Joh 11). Sie wäre in ihrem Herzen gleichgültig gegenüber der Unehre, die dem Herrn damit angetan wird, dass jemand sich als christlicher Lehrer ausgibt, aber nicht die Wahrheit über seine Person festhält. Auch in unseren Tagen gibt es Menschen, die nicht mehr glauben, dass der Herr Jesus wirklich Gott ist oder dass Er wirklich Mensch ist.

III. Verbindung mit bösen Personen (z.B. nach 2Joh 11)

Diese Art der Gemeinschaftsverhinderung unter Gläubigen ist die am wenigsten beachtete; vielfach einfach aus Unwissenheit, aber manches Mal auch, weil diese Wahrheit sehr schwierig und Ärger verursachend in der Praxis zu verwirklichen ist. Was bedeutet dies aber?

Unter I. und II. haben wir Personen gefunden, die durch moralisch Böses oder durch böse Lehre den Herrn verunehren – sie bringen Schande auf den Namen des Herrn. Sie nennen sich Christen und leben offensichtlich in Sünde oder bringen eine böse Lehre. Es sind Personen, die von der Sünde gekennzeichnet sind und nicht von ihr lassen wollen. Wir haben gesehen, dass wir mit solchen Personen keinen gemeinschaftlichen Umgang haben sollen; die Schrift sagt, dass wir mit ihnen nicht essen und sie auch noch nicht einmal grüßen sollen. Nun könnte es auch Christen geben, die weiterhin mit solchen Personen gemeinschaftlichen Kontakt pflegen wollen – weil diese und jene Leute schließlich so nett sind! Sie tun also so, als wären diese durch Sünde oder böse Lehre gekennzeichneten Menschen gar nicht böse. Doch die Heilige Schrift sagt uns in 2. Johannes 11, dass wir uns dann zu Teilhabern an deren bösen Werken machen. Auch wenn wir selbst weder in jenen schrecklichen Sünden leben noch selbst diese bösen Lehren vertreten, so werden wir doch durch einen bewussten gleichgültigen Kontakt zu Teilhabern an den bösen Werken anderer. Und zwar werden wir nicht durch einen Handschlag auf eine mystische Art und Weise zu Teilhabern, sondern die Gleichgültigkeit in unserem eigenen Herzen (Mk 7,21) gegenüber dem offenbaren Bösen und der Verunehrung, die damit dem Herrn gegenüber geschieht, lässt uns an den Sünden des anderen teilhaben. Das ist ein sehr ernster, aber ein schriftgemäßer Gedanke. Wer dies ablehnt, ist verpflichtet, eine vernünftige alternative Auslegung zum 2. Johannesbrief zu geben, wenn er diese Seiten der Schrift nicht als ungültig erklären will. Dass es natürlich bei der Behandlung dieser Fragen noch einen Unterschied gibt, ob man nun der Verführer oder der Verführte ist, dürfte keinem wirklich Schwierigkeiten bereiten.

Mit solchen Personen, wie sie unter I. bis III. beschrieben sind, dürfen wir also keine Gemeinschaft haben. Das bedeutet nicht nur, dass wir mit solchen Personen keine Gemeinschaft beim Abendmahl haben dürfen, sondern das bedeutet (sogar zuerst!), dass wir mit solchen Personen auch nicht in den Urlaub fahren können oder sonstige gemeinsame Aktivitäten durchführen können. Die christliche Gemeinschaft soll hundertprozentig abgebrochen werden: kein Grüßen, kein Miteinander-Reden, kein In-das-Haus-Aufnehmen, kein gemeinsames Essen usw. Dieses drastische Verhalten ist notwendig, weil es sich nicht um Meinungsverschiedenheiten oder Unterschiede in der Schriftauslegung handelt, sondern um moralisch Böses oder böse Lehre oder Gleichgültigkeit gegenüber diesem. Man trifft manchmal solche, die meinen, dass man mit diesem oder jenem Christen zwar nicht das Brot brechen könne, die aber gleichzeitig keinerlei Probleme haben, diese Christen auf der Straße mit einer Umarmung zu grüßen oder gar mit ihnen in den Urlaub zu fahren. Doch wenn jemand so böse ist, dass ich mit ihm nicht gemeinsam das Brot brechen kann, dann werde ich ihn wohl kaum auf der Straße umarmen noch mit ihm in den Urlaub fahren können.

Wie stellt man sicher, dass die obigen drei Kriterien eingehalten werden?

Hierzu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder man hat eine Empfehlung (oder Empfehlungsschreiben) von Brüdern (siehe z.B. Röm 16,1; Phil 2,29; Kol 4,10), denen man vertraut, oder aber man führt ein persönliches Gespräch mit demjenigen, der um Teilnahme bittet, und versucht, diese Kriterien dabei abzuklären. Dabei sollte man sicherlich nicht den „Detektiv spielen“, sollte aber auch keine Gleichgültigkeit gegen über der Heiligkeit des Herrn üben. Der Herr hat mit Schwachheit immer viel Geduld, wenn wir uns nicht der Gleichgültigkeit schuldig machen.

Was ist, wenn ich in einer Gemeinde bin, in der es diese Aufnahmekriterien nicht gibt, man sie vielleicht sogar ablehnt?

Wenn es diese Kriterien nicht gibt (vielleicht sogar zuerst aus Unwissenheit!), sollte man zunächst die Verantwortlichen der Gemeinde ansprechen. Sollte das nicht möglich sein oder sollte es von diesen abgelehnt werden, nach diesen schriftgemäßen Kriterien zu handeln, ist die Gemeinde grundsätzlich offen für die Gemeinschaft mit Personen, welche die Schrift als „Böse“ (1Kor 5,13) oder „als Teilhaber an bösen Werken“ (2Joh 11) kennzeichnet. Eine solche Gemeinde hat vergessen, dass wir das Abendmahl am Tisch des Herrn feiern wollen, wo Er der Gastgeber und Hausherr ist, und dass wir diesen Tisch nicht für Böses öffnen dürfen. Im persönlichen Leben ist es für uns etwas völlig Normales, dass ich in mein Elternhaus niemand einlade, der „draußen“ etwas Böses über meinen Vater erzählt oder vielleicht Lügen über ihn verbreitet. Das würde auch dem Grundsatz des Hauses Gottes widersprechen, da es in Psalm 93,5 heißt: „Deinem Hause gebührt Heiligkeit, HERR, auf immerdar.“ Auch wird die Gemeinde im Neuen Testament mit dem Tempel verglichen. Und das Wesen des Tempels im Alten Testament ist zuallererst: Heiligkeit! Das steht dem Grundsatz, dass Gott Liebe ist, nicht entgegen. Bei der Ausführung dieser Grundsätze wird es sicher immer viel Schwachheit und Versagen geben. Man wird sich ständig überprüfen müssen, um weder rechts noch links vom Pferd zu fallen. Auch wird der Herr mit Unwissenheit immer sehr viel Geduld haben. Aber sich grundsätzlich gegen diese drei Kriterien zu sträuben, wäre nichts anderes, als Gleichgültigkeit mit dem Mahl des Herrn zu verbinden. Und dass der Herr uns die Verantwortung für seine Gemeinde, für sein Haus, für seinen Tempel, für seine Braut übertragen hat, geht aus vielen Schriftstellen hervor (z.B. Mt 18,15-20; 2Kor 11,1.2).

Was bedeutet es, wenn wir zusätzliche Zulassungskriterien einführen?

Wenn wir Kriterien einführen, die über die Heilige Schrift hinausgehen, dann bedeutet dies nichts anderes, als Sektiererei zu betreiben. Immer dann, wenn Christen eine bestimmte Lehrmeinung in den Vordergrund spielen (das muss nicht unbedingt immer eine böse Lehre wie bei den Zeugen Jehovas oder den Mormonen sein) und daraus Schlussfolgerungen ziehen, die nicht zulässig sind, und dann anderen diese Meinung aufzwingen wollen, bilden sie eine Gruppe um eine bestimmte Lehrmeinung (z.B. Überbetonung der Tauffrage, des Heiligen Geistes, des angeblichen Apostelamtes, des Sabbatgebotes usw.; siehe z.B. 1Kor 1; 11,19; Gal 5,20).

So kann man allerdings auch die Wahrheit über den Tisch des Herrn so sehr überstrapazieren, dass man in der Frage der Teilnahme am Abendmahl letztendlich zu Sonderbedingungn kommt, die nicht mit dem Wort Gottes begründet werden können. Die „Bewährten“ unter den Christen sind solche, die sich nicht in irgendeine Partei hineinziehen lassen, sondern darüberstehen und an der Einheit des Geistes festhalten (1Kor 11,19) und den Gedanken „Da ist ein Leib“ (Eph 4,4) nicht aus dem Herzen verlieren. Wenn wir uns nicht der Sektiererei schuldig machen wollen, ist es so wichtig, sich darüber klarzuwerden, was die Heilige Schrift zu dem Thema „Teilnahme am Abendmahl“ eindeutig sagt und was unsere eigenen Meinungen und Schlussfolgerungen sind. In Galater 5,20 wird diese Sektenbildung (Gruppenbildung) als Frucht des Fleisches bezeichnet und eingereiht unter Sünden wie zum Beispiel Götzendienst, Hurerei, Neid und Totschlag.

Welche über die Schrift hinausgehende Zulassungskriterien gibt es?

Grundsätzlich eigentlich beliebig viele (wahrscheinlich mehr, als es Sekten gibt). Wir wollen einige herausgreifen, von denen wir wissen, dass sie häufig bei solchen anzutreffen sind, die sich (in mancherlei Hinsicht auch zu Recht!) auf ihre Bibeltreue berufen. Die folgenden Punkte sind sehr spezifisch auf bestimmte Gruppen in der Christenheit bezogen. Leser, für die diese Punkte nicht zur Debatte stehen, können hier überlegen, welche zusätzlichen Kriterien vielleicht ihre eigene Gruppe neben der Schrift eingeführt hat.

a) Es wird gesagt: Jemand darf nicht am Abendmahl teilnehmen, wenn er aus einer Versammlung kommt, die von der eigenen Gruppe getrennt ist.

Die Schrift kennt keinen Kreis von Geschwistern, der kleiner ist als der Leib Christi. Auch Epheser 4,3 (wo es um die Einheit des Geistes geht) hat den ganzen Leib im Auge – auch wenn das Bewahren der Einheit mit einigen nicht möglich ist, weil sie sich mit Sonderlehren, die die Schrift nicht kennt, davor verschließen oder sich durch Böses dafür untauglich machen. Dürfen nun Geschwister abgewiesen werden, die aus einer Versammlung kommen, von der man sich getrennt hat, weil man der Meinung ist, dass man sich dort nicht nach den gleichen Grundsätzen versammelt?

Die oben angeführten Gedanken zeigen uns, dass die Bibel dafür keine Berechtigung gibt. Dass Versammlungen sich nicht gemäß den Kriterien versammeln, die wir für schriftgemäß halten, ist noch kein Grund, einzelnen Geschwistern aus diesen Versammlungen das Brot zu verweigern. Wenn wir nur mit Personen das Brot brechen wollten, die in allen Punkten der Schrift so denken wie wir, dann wäre Gemeinschaft völlig undenkbar. Wenn wir in den Fundamenten des christlichen Glaubens Übereinstimmung finden, dann müssen wir jedes Kind Gottes, das mit einem reinen Herzen kommt, herzlich willkommen heißen. Das ist unsere Pflicht gemäß der Aufforderung des Geistes Gottes: „Deshalb nehmt einander auf, gleichwie auch der Christus euch aufgenommen hat zu Gottes Herrlichkeit“ (Röm 15,7)! Das hat noch gar nichts damit zu tun, dass wir vielleicht selber keine Freimütigkeit haben, in der Versammlung am Abendmahl teilzunehmen, von der jene Person kommt, weil dort Dinge gelehrt werden, die nach unserem Schriftverständnis falsch sind.

b) Es wird gesagt: Jemand darf nicht am Abendmahl teilnehmen, wenn er aus einer unabhängigen Versammlung kommt.

Selbstverständlich ist Unabhängigkeit abzulehnen. Unter Unabhängigkeit verstehen wir, dass sich eine örtliche Versammlung über einen schriftgemäßen Beschluss einer anderen örtlichen Versammlung als für sie keine Autorität besitzend hinwegsetzt und im Weiteren einen eigenen Beschluss zu diesem Thema fällt. Voraussetzung für einen schriftgemäßen Beschluss ist natürlich, dass es sich dabei um eine örtliche Angelegenheit des Bindens oder Lösens handelt, bei der im Namen des Herrn geurteilt wurde (Mt 18,18). Ein solcher Beschluss wird im Himmel anerkannt und hat auf der Erde Gültigkeit. Ein Sich-Hinwegsetzen über einen solchen Beschluss steht demnach den Gedanken der Heiligen Schrift nach Matthäus 18,18 entgegen. Keinesfalls jedoch darf man Unabhängigkeit (= Gleichgültigkeit gegenüber anderen Versammlungen) mit Offenheit (= Gleichgültigkeit gegenüber Christus) auf eine Stufe stellen. Gott selbst gebietet uns in seinem Wort, jeden abzuweisen, der nicht die Lehre des Christus bringt (2Joh 10). Das ist aber etwas völlig anderes, als jemand wegen Unabhängigkeit abzulehnen. Kein kirchlicher Irrtum und auch nicht die Wahrheit über den einen Leib könnten eine Härte, wie sie der zweite Johannesbrief fordert, rechtfertigen.

c) Es wird gesagt: Jemand darf nicht am Abendmahl teilnehmen, wenn er aus einer Versammlung kommt, die mit uns „in Gemeinschaft“ ist und von der er um seines Gewissens willen weggegangen ist.

Sicherlich ist es eine bedauerliche Sache, wenn jemand seine Heimatversammlung verlässt, weil dort kein gemeinsamer Weg des Friedens mehr möglich ist. Wenn aber kein böser Wandel (im Hinblick auf Moral, Lehre und Verbindungen) vorliegt, dann kennt die Bibel keinen Grund, solche Geschwister abzuweisen. Es lässt sich kein Hinweis in der Schrift finden, dass solchen Geschwistern nur aufgrund ihres Weggangs die Teilnahme am Brotbrechen verweigert werden darf, wenn nicht nachgewiesen ist, dass bei ihnen „Böses“ vorliegt.

Außerdem gilt es zu bedenken, dass wir zwar wohl von einem Kreis der Gemeinden reden können, von denen wir annehmen, dass sie sich nach den gleichen Aufnahmekriterien und den gleichen lehrmäßigen Auffassungen verhalten, aber dass diese Annahme durch die Praxis überhaupt nicht bestätigt werden braucht und – wie wir selbst bestätigen können – leider auch nicht wird! Wir sagen dann von solchen Gemeinden zwar: „Sie sind mit uns in Gemeinschaft“, aber wir müssen dabei doch zur Kenntnis nehmen, dass die Schrift grundsätzlich keinen kleineren Kreis der Gemeinschaft kennt als den des einen Leibes. Insofern ist diese Formulierung sehr bedenklich. Die Tatsache, dass jemand aus Gewissensgründen aus Versammlung A eines solchen Kreises weggeht zur Versammlung B desselben Kreises und es daraufhin ein Problem bei beiden Versammlungen geben kann, gemeinsam im selben Kreis zu bleiben, bleibt hierbei unbenommen. Doch ist dies überhaupt kein Grund, Geschwistern, denen nichts Böses gemäß den Kriterien I. bis III. nachgewiesen werden kann, die Rechte der Gemeinschaft zu verweigern.

d) Es wird gesagt: Jemand darf nicht am Abendmahl teilnehmen, der aus einer Versammlung kommt, wo schriftwidrige Dinge gelehrt werden.

[Hinweis: Es geht nicht um fundamentale Fragen, wie zum Beispiel über die Person des Herrn oder die Fundamente des Glaubens, sondern um Lehren, die von unserem Schriftverständnis abweichen, in Punkten wie Älteste, Entrückung, angestellter Prediger, die Wahrheit über den einen Leib usw.]

Dies ist ein Kriterium, das es eigentlich (denn in der Praxis geht man dann inkonsequenterweise vielfach nicht so weit!) unmöglich macht, dass überzeugte, entschiedene Christen überhaupt jemals miteinander beim Brotbrechen Gemeinschaft haben können. Viele Gläubige (auch „Brüder“!) auf der Welt denken nicht über alle Gegenstände der Schrift gleich (Taufe, Ältestendienst, Kommen des Herrn vor oder während der Drangsalszeit, Predigerdienst, Unabhängigkeit etc.). Letztendlich gibt es wohl keine zwei gläubigen Christen auf der Welt, die alle Dinge der Schrift gleich sehen. Jeder überzeugte, entschiedene Christ ist aber notwendigerweise für sich davon überzeugt, dass seine Schriftauffassung richtig ist und die andere schriftwidrig, denn sonst würde er – weil er eben überzeugt und entschieden ist – der anderen Schriftauffassung folgen. Das hätte, wenn obiges Kriterium stimmen würde, zur Folge, dass überhaupt keine Gemeinschaft beim Brotbrechen mehr möglich wäre, wenn man wirklich konsequent handelt.

Es gibt solche, die so weit gehen, die Lehre von der Wahrheit „Da ist ein Leib“ auf die gleiche Stufe zu stellen wie fundamentale Irrtümer bezüglich des Glaubens oder der Person des Herrn. Sie geben diese Wahrheit als Trennungsgrund an. Sie glauben, keine Gemeinschaft mit Gläubigen beim Abendmahl haben zu können, die hier eine andere Ansicht vertreten. Es verschulden sich eigentlich alle Sekten darin, kirchliche Irrtümer auf die gleiche Stufe zu stellen wie die Wahrheit über die Person des Herrn und Lehren, welche die Fundamente des Christentums angreifen. Wenn es auch eine Verbundenheit von Versammlungen gibt (Apg 15; Kol 4,16; Off 2; 3; 1Kor 1; 12 u.a.; Eph 4) und der Geist Gottes auch sicherlich bemüht ist, das Volk Gottes in eine Richtung zu führen, so heißt das aber nicht, dass, wenn diese Einmütigkeit nicht vorhanden ist, man sich gleich trennen müsste (in Form von: keine Gläubigen aus solchen Versammlungen am Brotbrechen teilnehmen lassen) – es sei denn, es handelt sich um fundamentale Wahrheiten des Christentums. Aber bei vielen der heutigen Trennungen geht es in der Regel nicht um die Fundamente des Glaubens, sondern um unterschiedliche Schriftauslegung in kirchlichen Fragen, zum Beispiel um die Frage von der Wahrheit „Da ist ein Leib“.

e) Es wird gesagt: Jemand hat Gemeinschaft mit jemand, der Gemeinschaft hat mit jemand, der … eine Irrlehre hat … (Kettenverunreinigung!).

Dieser Fall wird oft damit begründet, dass auch unbewusste Verbindung mit Bösem verunreinigen würde.

So heißt es zum Beispiel in Zusammenkommen und dienen (Beröa-Verlag) auf Seite 113:

Aber wie wir gesehen haben, sind alle, die an einem solchen Tisch in Gemeinschaft sind, solidarisch verantwortlich – ob sie es wissen oder nicht  für irgendwelches Böse, das damit verbunden ist.

Verunreinigung durch unbewusste Verbindung mit Bösem kennt die Lehre des Neuen Testamentes im Gegensatz zum Alten Testament jedoch nicht. Manchmal wird hier mit unten folgenden Schriftstellen argumentiert, um zu zeigen, dass rein äußerlicher Kontakt (nicht bewusste Gleichgültigkeit) mit Bösem verunreinigt. Generell möchten wir hier vor der Gefahr dieser Art von Argumentation warnen, nämlich aus einer isolierten Betrachtung einer Schriftstelle Schlussfolgerungen zu ziehen. Erstens muss immer beachtet werden, in welchem Zusammenhang eine Stelle steht, und zweitens muss man immer das Licht des ganzen Wortes Gottes auf eine Sache fallen lassen. Hier nun die Schriftstelle, mit der argumentiert wird (folgende Punkte werden in der Regel nicht öffentlich gelehrt, und wenn, dann höchstens vereinzelt, aber dass diese Gedanken dennoch vermehrt unter Gläubigen verbreitet sind. Oftmals kann man diese Argumentation auch in Trennungsbriefen finden):

  • Man sagt: „Kein Umgang haben“ (1Kor 5,11) ist ein äußeres Verhalten. Der äußere Kontakt mit einem Bösen sollte aufgegeben werden, weil äußerer Kontakt verunreinigen würde.
    Kommentar: In 1. Korinther 5,11 ist „kein Umgang haben“ nur die Folge innerlicher Absonderung von dem Bösen, wie wir sie in den Versen vorher angegeben finden: Leid tragen, darauf hinwirken, dass das Böse hinausgetan wird, den alten Sauerteig ausfegen, Festfeier halten in Lauterkeit und Wahrheit.

  • Man sagt: „Essen und Trinken vom Tisch der Dämonen“ (1Kor 10,20) war eine äußere Handlung, die verunreinigte.
    Kommentar: In 1. Korinther 10,20 ist die Verunreinigung die Folge der Gleichgültigkeit gegenüber dem klaren Gebot von Apostelgeschichte 15,28. Die Verunreinigung liegt in der Gleichgültigkeit im eigenen Herzen (s. Mk 7,21).

  • Man sagt: „Geht aus ihrer Mitte hinaus“ (2Kor 6,17) ist ein äußeres Handeln, ebenso wie „anrühren“.
    Kommentar: Was 2. Korinther 6,17 angeht, so ist es offensichtlich, dass es sich hier um ein Zitat aus dem AT handelt und der Zusammenhang (siehe die Verse vorher) uns deutlich macht, dass es um bewusste Gemeinschaft (mit Ungläubigen, Gesetzlosigkeit, Finsternis, Belial usw.) geht. Auch hier geht es nicht um den äußeren Kontakt an sich.

  • Man sagt: „Ins Haus aufnehmen“ und „grüßen“ (2Joh 10) sind äußere Handlungen, die uns verunreinigen.
    Kommentar: In 2. Johannes muss für die Frau auch klar sein, dass der, der ihr begegnet, eine andere Lehre als die Lehre des Christus hat, sonst ergibt der Vers 2. Johannes 10 nämlich keinen Sinn. Auch hier wird man also nur zum Teilhaber an bösen Werken, wenn man von dem bösen Werk bewusst weiß.

  • Man sagt: Äußerer Kontakt zu den „Gefäßen zur Unehre“ verunreinigt (2Tim 2,21), da erst die Trennung von ihnen Reinigung bewirkt.
    Kommentar: 2. Timotheus 2,21 bezieht sich auf solche, die bewusst in Gemeinschaft sind mit solchen, die die Fundamente des Christentums antasten. Auch hier zeigt sich die Gleichgültigkeit in ihrem Herzen diesem Bösen gegenüber.

  • Man sagt: Wenn man jemand schnell die Hände auflegt (1Tim 5), kann man dadurch in Gemeinschaft kommen mit Sünden, von denen man vorher noch nichts wusste.
    Kommentar: Höchstens wenn man in 1. Timotheus 5 fälschlicherweise liest: „Die Hände lege niemanden schnell auf, damit du dadurch nicht teilhast an fremden Sünden“, statt: „Und habe nicht teil an fremden Sünden“, könnte man vielleicht noch auf solch einen Gedanken kommen. Aber auch in dieser Stelle geht es darum, sich nicht der Gleichgültigkeit schuldig zu machen, indem man seiner Verantwortung nicht nachkommt.

f) Es wird gesagt (zum Glück eher seltener): Eine Schwester kann nicht am Brotbrechen teilnehmen, wenn sie darauf besteht, Hosen anzuziehen.

[Dies ist letztendlich nur ein Sonderfall von Punkt d.]

Hierbei wird auf ein angebliches Gebot des Herrn aus 5. Mose 22 verwiesen. Wir sind an anderer Stelle (siehe „Der Christ und die Kleidung“) ausführlich auf dieses Thema eingegangen. Hier nur so viel: Wenn man diese Bibelstelle (5Mo 22,5) wörtlich auffasst, muss man beweisen, dass Frauenhosen Mannszeug sind. Das kann man eigentlich nur, wenn man sich herausnimmt, selbst die Bedeutung eines Wortes festzulegen und andere zwingt, die eigene Definition anzuerkennen. Das ist sicher nicht der biblische Weg. Diese Stelle jedoch überhaupt buchstäblich aufzufassen, ist unseres Erachtens schon nicht biblisch, da es natürlich zum einen zum Gesetz gehört, dem wir Christen gestorben sind, und wir zum anderen dann auch nicht Wolle und Leinen zusammen anziehen dürften, womit wohl heute keiner mehr Schwierigkeiten hat. Denn dies wird im gleichen Kapitel nur sechs Verse weiter gesagt!

g) Es wird gesagt: Jemand kann nicht teilnehmen, wenn er nicht als Gläubiger getauft worden ist.

[Dies ist letztendlich nur ein Sonderfall von Punkt d.]

Wir wollen hier keine Abhandlung über die Taufe schreiben, sondern nur folgende Anmerkung machen: Es gibt keinen Hinweis in der Schrift, dass eine Taufe nur dann relevant ist, wenn sie an Gläubigen vollzogen worden ist, nachdem er bereits gläubig geworden war.

Markus 16,16 wird oft angeführt, um zu beweisen, dass der Taufe der Glaube vorausgehen müsse: „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden.“ Dass es hierbei auf die Reihenfolge ankommt, ist eine völlig willkürliche Interpretation. Niemand, der in einer Chemiefabrik arbeitet, würde, wenn er am Eingangstor die Aufforderung liest, dass das Betreten der Halle erst nach Aufsetzen einer Schutzbrille und Anziehen von Sicherheitsschuhen gestattet ist, daran denken, sich zu fragen, ob der, der die Schuhe vielleicht erst angezogen hat, nachdem er die Brille aufgesetzt hatte, nun nicht eintreten darf.

Grundsätzlich eine andere Sache ist es, wenn jemand sich weigert, sich überhaupt taufen zu lassen. Es muss dann geklärt werden, ob er das Wort Gottes wirklich ernst nimmt, das grundsätzlich davon ausgeht, dass ein Gläubiger getauft ist. Falls nicht, könnte es gut sein, dass er in einem moralisch bösen Zustand des bewussten Ungehorsams gegen Gottes Wort steht (moralisch Böses) oder die Bibel nicht als vollkommen inspiriertes Wort Gottes ansieht (lehrmäßig Böses).

Gründe, die für diese zusätzlichen Kriterien angeführt werden

a) Es wird behauptet, dass man sich durch die Aufnahme von Geschwistern aus anderen Gemeinschaftskreisen mit diesem Gemeinschaftskreis (des Gastes!) und allen seinen Lehren einsmachen würde.

In dem Buch Zusammenkommen und Dienen (Beröa-Verlag, 1992) heißt es auf Seite 113:

Um den Boden zu beurteilen, auf dem ein solcher Tisch steht, muss man zum Ursprung seiner Aufrichtung zurückgehen. Er kann die Folge einer Kirchenspaltung, die Frucht falscher Lehren oder das Resultat eines Geistes der Unabhängigkeit sein oder einer menschlichen Organisation entspringen … Daraus folgt, dass eine Person, die sich an einem solchen Tisch befindet, selbst wenn sie ein Glied am Leib Christi ist, nicht in die Gemeinschaft am Tisch des Herrn aufgenommen werden kann; es sei denn, sie reinige sich persönlich vom Bösen, mit dem sie durch den Tisch, an dem sie bis dahin teilgenommen hat, verbunden war. Sonst würde die Versammlung Gottes, die diese Person ohne Weiteres aufnehmen würde, das Böse akzeptieren, das mit dem genannten Tisch verbunden ist, und sich mit ihm solidarisch erklären … Die Versammlung Gottes, die diese Person vorübergehend aufnehmen würde, billigte dadurch den Tisch, mit dem so jemand sich weiterhin verbinden würde.

1. Korinther 10 lehrt genau das Gegenteil, nämlich dass derjenige, der mit einem bestimmten Tisch Gemeinschaft hat, sich mit dem, was hinter diesem Tisch steht (oder mit dem, wofür dieser Tisch steht!), verbindet. Dieses Kapitel lehrt nicht, dass die Gemeinde, die einen Besucher zum Brotbrechen aufnimmt, sich mit allem verbindet, was er oder seine Glaubensgemeinschaft glaubt.

In 1. Korinther 10 ist von drei Tischen die Rede:

  • alttestamentlicher Altar (1Kor 10,18), der auch im AT „Tisch des Herrn“ genannt wird (Mal 1,7; Hes 41,22; 44,16)
  • Tisch des Herrn (1Kor 10,21)
  • Tisch der Dämonen (1Kor 10,21).

Der Israelit, der sein Opfer brachte, hatte Gemeinschaft mit dem Altar, der zu alttestamentlichen Zeiten der Tisch des Herrn war. Aber es war nicht der Altar aus Holz, sondern das, was dieser Altar bedeutete. Wenn wir an dem „Götzentisch“ säßen, so hätten wir Gemeinschaft mit den Dämonen, die hinter diesem Tisch stehen, und wenn wir am „Tisch des Herrn“ sind, so haben wir eben Gemeinschaft mit dem Herrn und mit dem, wofür dieser Tisch steht. Dazu gehört natürlich auch die Wahrheit von dem „einen Leib“.

Wenn wir also nun jemanden teilnehmen lassen, der bestimmte Dinge für schriftgemäß hält, die nach unserem Schriftverständnis kirchliche Ungerechtigkeiten wären (keine fundamentale Irrlehre!), so machen wir uns noch lange nicht mit diesen Gedanken eins. Im Gegenteil: Derjenige, der zu uns kommt, hat Gemeinschaft mit uns und mit dem, was wir durch das Feiern des Abendmahles bekunden. Wenn wir zum Beispiel lehren würden, dass sich Brot und Wein in den Leib Christi umwandeln (die Eucharistie in der katholischen Kirche), dann verbindet sich jeder, der mit uns das Abendmahl nach diesen Gedanken feiert, mit dieser falschen Lehre.

Wenn jemand irgendwo am Abendmahl teilnehmen möchte, sollte er sichergestellt haben, dass es in dieser Gemeinde keine Prinzipien und Lehren gibt, die er gewissensmäßig ablehnen muss. Das ist unseres Erachtens der Hauptaspekt dieses Abschnittes in 1. Korinther 10. Noch ein Beispiel: Angenommen, ein Christ hätte damals ein Friedensopfer auf dem jüdischen Altar dargebracht, so würde der Altar dadurch nicht zum Tisch des Herrn im neutestamentlichen Sinn, nur weil jener Christ regelmäßig auch am neutestamentlichen „Tisch des Herrn“ in Jerusalem teilnahm. Auch ist es undenkbar, anzunehmen, dass andere (z.B. orthodoxe Juden), die vom gleichen Friedensopfer aßen, dadurch die Grundsätze über den Tisch des Herrn angenommen oder sich damit einsgemacht hätten, wenn ein solcher Christ mit ihnen zusammen am Friedensopfer teilgenommen hätte.

b) Es wird von der Möglichkeit einer unbewussten Verunreinigung ausgegangen.

Siehe oben Punkt e)

c) Jemand hat kein reines Herz nach 2. Timotheus 2,22.

„Die jugendlichen Lüste aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.“

Manche rechtfertigen ihre zusätzlichen Aufnahmekriterien mit dieser Stelle und sagen, dass man mit diesem oder jenem nicht das Abendmahl feiern könne, weil er kein reines Herz habe. Manche sind vielleicht bereit, jemand aus einer rechtgläubigen Benennung ein einziges Mal teilnehmen zu lassen, jedoch nicht weitere Male, wenn er nicht bereit ist, seine Gruppe aufzugeben. Hierzu wird dann meistens J.N. Darby zitiert mit den folgenden Aussagen:

Man kann nicht sorgfältig genug im Blick auf die Heiligkeit und Wahrheit sein; der Geist ist der Heilige Geist und der Geist der Wahrheit. Aber Unkenntnis über die Wahrheit der Versammlung ist kein Grund zum Ausschluss, wenn das Gewissen und der Wandel nicht verunreinigt sind. Wenn jemand käme und die Bedingung stellte, zu beidem gehen zu wollen, würde er nicht in der Einfalt im Blick auf die Einheit des Leibes kommen; ich bin überzeugt, dass dies böse ist, und kann es nicht erlauben, und er hat kein Recht, der Kirche Gottes irgendwelche Bedingungen aufzuerlegen. Sie muss die Zucht nach dem Wort Gottes ausüben, wie es erforderlich ist. Ich glaube nicht, dass jemand, der regelmäßig und systematisch von einer (Gruppe) zur anderen geht, ehrlich dabei sein kann. Er stellt sich über beide und lässt sich zu beiden herab. Das ist aber ein Handeln, das nicht aus „reinem Herzen“ kommt. Möge der Herr euch leiten. Bedenkt, dass Ihr bei eurem Handeln die ganze Kirche Gottes repräsentiert.[1]

Wenn sie also kämen und die Bedingung stellten, Freiheit zu haben, auch anderswohin zu gehen, könnte ich dem nicht zustimmen. Ich bin sicher, dass dies falsch ist, und die Kirche Gottes kann nichts erlauben, was falsch ist. Wenn es aus Unkenntnis wäre und sie in gutem Glauben und im Geist der Einheit zu dem, das diese Einheit symbolisiert, kämen, würde ich sie nicht zurückweisen, weil sie noch nicht (mit dem System) gebrochen haben; aber ich könnte nichts akzeptieren, was uns zu einem Teil des Lagers machen würde, auch nicht die Forderung, zu beidem zu gehen, drinnen und draußen zu sein … Aber ich nehme jemand auf, der in Einfalt und mit gutem Gewissen kommt, um der geistlichen Gemeinschaft willen, auch wenn er in kirchlicher Hinsicht noch nicht klarsieht. Aber die Versammlung ist verpflichtet, Zucht über sie zu üben, ihren Wandel und die Reinheit ihrer Herzen zu erkennen, wenn sie kommen. Sie können nicht kommen und gehen, wie sie möchten, weil das Gewissen der Versammlung in dieser Sache betroffen ist und sie sich ihrer Pflicht vor Gott und vor dem, an dessen Tisch sie sich befinden, bewusst sein müssen. Leichtfertigkeit in diesen Fragen ist jetzt gefährlicher als je. Wenn jemand praktisch sagt: Ich komme, um meinen Platz als Glied am Leibe Christi einzunehmen, wann ich will, und zu den Sekten und dem Bösen zu gehen, wann ich es der Einfachheit oder des Vergnügens halber möchte, dann ist das kein reines Herz. Hier wird der Eigenwille zur Richtschnur für Gottes Versammlung gemacht, und die Versammlung soll sich dem beugen. Das darf jedoch nicht sein, denn es ist eindeutig falsch. Möge die Gnade und Bewahrung des Herrn mit Euch allen sein.[2]

Dass J.N. Darby damit sicher nicht gemeint hat, dass es unmöglich ist, jemanden aus einer Benennung zu empfangen, wenn dieser nicht zuvor mit dieser Glaubensgemeinschaft gebrochen hat, wird jedoch aus folgendem Brief ganz deutlich:

Es besteht kein Unterschied zwischen der Teilnahme am Brotbrechen als Christ und der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, auch wenn manche nicht immer anwesend sein mögen; denn die einzige Gemeinschaft oder Gliedschaft ist die des Leibes Christi. Und wenn jemand das Brot bricht und damit als Glied des Leibes Christi anerkannt ist, untersteht er auch jeder Zucht des Hauses. Ich darf den Betreffenden nicht dazu zwingen, ständig nur bei uns teilzunehmen, denn vielleicht kommt er mit dem Wunsch, der Einheit des Geistes Ausdruck zu geben, und glaubt doch vor seinem Gewissen, dass sein eigener Weg richtiger sei. Wenn sein Herz rein ist (2Tim 2), habe ich keinen Grund, ihn auszuschließen; doch wenn irgendetwas in seinem Verhalten einen Ausschluss erforderlich macht, ist er dem unterworfen wie jeder andere auch. Aber ich kenne keine andere Gemeinschaft als die Gliedschaft am Leib Christi. Wenn diese Bedingung erfüllt ist, ist die Frage, ob er irgendetwas getan hat, das einen züchtigenden Ausschluss zur Folge haben muss.[3]

Der Gedanke ist vielmehr, dass es keinem Christ erlaubt ist, der Gemeinde Gottes irgendwelche Bedingungen oder Forderungen aufzuerlegen, und dass es nicht angehen kann, dass sich jemand über die Zersplitterung erhaben fühlt und Sektentum gutheißt.

G. Vogel hat das einmal sehr gut auf den Punkt gebracht:

Es ist deutlich erkennbar, dass die vielfachen Aussagen von J.N.D. zu folgenden beiden Punkten häufig gegeneinander ausgespielt werden:

  • sein Bestehen darauf, dass Mitgliedschaft in einer (orthodoxen) Benennung an sich kein Grund zur Zurückweisung ist, selbst wenn der Betreffende nach der Teilnahme „bei uns“ wieder in „seine“ Benennung zurückgeht;
  • seine wiederholten Warnungen vor einem Hin- und Hergehen.

Einige Brüder mögen tatsächlich Mühe haben, diese Aussagen von der Logik her miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Jedenfalls aber ist es nicht korrekt, wenn (wie es z.T. insbesondere im englischen Sprachraum geschieht) nur noch Letters, Bd. 3, S. 132–133 herangezogen wird „als letzter Brief (und damit ,letztes Wort‘) von J.N.D. zu diesem Thema“ und wenn der Satz „But if one wanted to be one day among the brethren, the next among the sects, I should not allow it“[4] so (oder beinahe so) interpretiert wird, als ob Darby damit sagen wollte, eine Zulassung in solchen Fällen käme nur dann in Frage, wenn der Betreffende nicht mehr in „seine“ Benennung zurückgehen würde (obwohl das Gegenteil im vorangehenden Satz impliziert ist[5]). Auch das ist ein „neuer“ Kurs, der sich deutlich als solcher etikettieren sollte. Aber die Warnungen vor dem „Hin- und Hergehen“ hier und an vielen anderen Stellen zeigen deutlich, dass Darby ein „Sichabfinden“ mit den Trennungen unter den Christen fernlag und es als im Widerspruch zur Darstellung der Einheit des Leibes ansah, wenn man Personen ohne Weiteres zulassen würde, die die Trennungen leichtnahmen und das durch ein Hin- und Herpendeln und eine Teilnahme mal hier mal dort mal an einer dritten Stelle – je nach ihrem Belieben – deutlich dokumentierten.[6]

Nebenbei: Es muss deutlich davor gewarnt werden, Kriterien zur Zulassung anzunehmen, die allein durch Briefe eines Bruders, und sei er noch so geschätzt, bestätigt werden. Unsere Grundlage kann und darf nur die Schrift allein sein.

Und wenn es darum geht, zu beurteilen, ob das Herz eines Bruders, der um Gemeinschaft bittet, rein ist oder nicht, dann sollten wir ernstlich bedenken, dass wir nicht in das Herz unserer Mitgeschwister hineinschauen können. Wir können uns nur an dem orientieren, was er tut und sagt.

Ein wichtiger Punkt kommt noch hinzu: In der Praxis müssen wir zwingend berücksichtigen, dass auch Raum für Wachstum gelassen werden muss. Dazu schrieb einmal jemand: „Nach dem Worte Gottes lernt man richtig oder wahrhaft nur innerhalb der Kirche, was diese ist; also muss man dort Raum lassen für ein Wachstum in der Wahrheit durch den Glauben und Gottes Gnade.“

Es wird auch der Gedanke gepflegt, dass, wenn zum Beispiel jemand aus einer unabhängigen Versammlung kommt, er doch unmöglich mit reinem Herzen um Aufnahme bitten kann bei einer Versammlung, die Unabhängigkeit ablehnt. Das klingt im ersten Augenblick sehr überzeugend, wird aber in der Praxis durch vieles entkräftet. Erstens ist die Frage, ob derjenige, der aus einer „unabhängigen Gemeinde“ kommt, sich wirklich auch persönlich ein Urteil zu diesem Thema erworben hat oder darin überhaupt nicht festgelegt ist. Zweitens, selbst wenn er das hat, ist dann noch die Frage, ob er selbst auch der Meinung ist, dass die eigene Gemeinde auch nach seiner eigenen Überzeugung unabhängig ist oder ob darüber nur Verständnisunterschiede bestehen. Und drittens ist die Frage, ob er nicht ganz einfältig mit dem Wunsch kommt, um – wie J.N. Darby es in dem oben zitierten Brief ausgedrückt hat – „der Einheit des Geistes Ausdruck zu geben, und glaubt doch vor seinem Gewissen, dass sein eigener Weg richtiger sei“. Für ihn ist die Auffassung über diesen Punkt kein die Gemeinschaft störendes Kriterium, er kommt daher mit reinem Herzen.

Weiter wird behauptet: Wenn ein Bruder aus Versammlung A eines bestimmten Gemeindekreises weggeht und bei einer Versammlung B desselben Kreis um Teilnahme bitte, so könne er das doch niemals mit reinem Herzen tun, weil doch Versammlung B, da sie sich ja im selben Kreis befindet, zwangsläufig dieselben Grundsätze und Lehren vertreten müsse, die er in A verurteilt hat. Dieser Gedanke, auf den wir unter Punkt c) schon eingegangen sind, geht davon aus, dass es einen solchen Kreis, wo alle dieselben Grundsätze haben, auch wirklich in der Praxis gibt. Ein theoretisches Konstrukt, das es in der Praxis gar nicht gibt, darf jedoch niemals unsere Aufnahmekriterien bestimmen. So ist überhaupt nicht automatisch gesagt, dass, wenn Versammlung B im selben Gemeindekreis ist, sie auch automatisch alle Grundsätze von Versammlung A praktiziert. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Bruder mit freiem Gewissen und reinem Herzen mit Versammlung B verbinden kann.

Sollte sich tatsächlich jedoch einmal deutlich herausstellen, dass jemand nicht mit reinem Herzen kommt, so sollte man ihn darauf hinweisen und bitten, sein Teilnahmegesuch zurückzuziehen. Beharrt er jedoch darauf, so stellt sich die Frage, ob man ihn dann als vollkommen durch Heuchelei gekennzeichnet und unkorrigierbar ansehen muss und er dadurch nicht durch moralisch Böses (Kriterium I.) gekennzeichnet ist.

Wie muss man sich verhalten, wenn man in einer Gemeinschaft ist, in der dauerhaft solche zusätzlichen Kriterien geduldet werden?

Nun, hat man mit den Verantwortlichen in der Gemeinde gesprochen, soweit das möglich ist, und es wird einfach ignoriert – man kann also die zusätzlichen Kriterien zur Teilnahme am Brotbrechen nicht verhindern –, dann bleibt einem nur noch das persönliche Abstehen von dieser Glaubensgemeinschaft und damit von der Ungerechtigkeit, denn Sektiererei ist Ungerechtigkeit bzw. eine Frucht des Fleisches (s. Gal 5,20). Sollte man eine Glaubensgemeinschaft dann verlassen haben, muss das jedoch nicht zwingend heißen, dass man mit allen Geschwistern dieser Glaubensgemeinschaft keinerlei Gemeinschaft mehr haben kann. Nur wenn ein Fall von moralisch Bösem, fundamentaler Irrlehre oder einer den Glauben zerstörenden Lehre vorliegt oder wenn jemand eine bewusste und gleichgültige Verbindung damit hat, muss jegliche Gemeinschaft abgebrochen werden. Auch hier gelten die Prinzipien aus der vorigen Frage in Bezug auf 1. Korinther 10. Die Absonderung ist, wie wir gesehen haben, abgestuft je nach dem, ob es sich um eine fundamentale Frage, um sektiererisches Verhalten oder um unterschiedliche Schriftauslegung handelt. Siehe unseren Artikel „Kirchliche Ungerechtigkeit – gibt es das?“.

Wie wir ja oben gesehen haben, ist eine Trennung unter Gläubigen eine sehr ernstzunehmende Sache, und wir dürfen hier nicht gleichgültig und lässig oder vorschnell und ungeduldig handeln. Es ist gut, einmal zu bedenken, dass – wenn Ungerechtigkeit (hier speziell die zusätzlichen Zulassungskriterien) vorhanden ist, selbst wenn sie offenbar wurde – das Weggehen erst dann aktuell wird, wenn die Ungerechtigkeit geduldet oder gar für gut befunden wird. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, von der Ungerechtigkeit abzustehen, selbst wenn dies auch bedeutet, dass man sich von der Glaubensgemeinschaft abwendet. Aber es ist zuerst unsere Pflicht, so es möglich ist, mit den Verantwortlichen zu reden, und wenn das nicht hilft, auch Geschwister aus Gemeinden hinzuziehen, die noch die zusätzlichen Kriterien ablehnen (vorzugsweise Nachbargemeinden, da sie durch ihre räumliche Nähe die Dinge vielleicht am ehesten beurteilen können).

Hier gilt sicher eine sinngemäße Anwendung des Grundsatzes von Matthäus 18,15-17: Erst mache ich alleine den Versuch, etwas zu ändern, dann mit einem oder zweien dabei und dann wird der Kreis noch größer. Bei dieser Anwendung müssen wir allerdings berücksichtigen, dass eine Gemeinde keine Autorität über eine andere Gemeinde hat. Auch hat dieses Verfahren dann seinen Sinn verloren, wenn die Nachbargemeinden derselben Lehrauffassung oder Praxis anhängen wie die eigene Gemeinde. Erst wenn diese Aktionen fruchtlos waren oder nicht möglich sind, ist der Zeitpunkt gekommen, die Konsequenzen zu ziehen, indem man sich selbst wegreinigt. Das sind wir auch den Geschwistern schuldig, die wir dann verlassen müssen.

Keine Ältestenschaft, Brüderstunde oder Nachbarversammlung hat das letzte Wort in Fragen, die ich ganz persönlich vor meinem Gewissen und vor meinem Herrn zu verantworten habe. Es ist daher nicht von ungefähr, dass Paulus die Aufforderung „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit“ jedem Einzelnen zuruft!

Anmerkungen

[1] J.N. Darby, Letters, Bd. 2, S. 10ff.

[2] J.N. Darby, Letters, Bd. 2, S. 212ff.

[3] J.N. Darby, Letters, Bd. 2; S. 109f. (aus dem Jahr 1870).

[4] Anm. d. Red.: Aber wenn jemand heute bei den Brüdern und morgen bei den Sekten sein will, so würde ich nicht meine Zustimmung zu seiner Zulassung geben.“

[5] Anm. d. Red.: Hier heißt es: „Verschiedenheit in kirchlichen Ansichten ist kein Grund, um jemanden zurückzuweisen.“

[6] Aus einem Brief von 1992.

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