Die kostbare Perle
Matthäus 13,45.46

Arend Remmers

© CSV, online seit: 06.02.2001, aktualisiert: 30.10.2022

Leitverse: Matthäus 13,45.46

Mt 13,45.46: Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht; als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.

Einleitung

Die Gleichnisse von der kostbaren Perle und vom Schatz im Acker ähneln einander in mancher Hinsicht. In beiden findet jemand etwas sehr Wertvolles, wofür er alles verkauft, was er hat. Andererseits unterscheiden sie sich in wesentlichen Einzelheiten. Sie enthalten also keine Wiederholungen, sondern stellen uns immer wieder neue Gesichtspunkte des Reiches der Himmel vor. Allerdings ist nicht die Rede davon, dass der Mensch sich die Errettung erwirbt. Der natürliche Mensch ist ja unfähig, für die Erlösung einen Preis zu bezahlen. Das konnte nur Einer: der Herr Jesus.

Der Kaufmann

So geht es in diesem Gleichnis zunächst wieder um eine Person, diesmal einen Kaufmann, der schöne Perlen sucht (Mt 13,45). Dieser Kaufmann ist ein Bild des Sohnes Gottes. Er, der über allem steht, besitzt auch die Weisheit, das heißt Erkenntnis und Beurteilungsvermögen über das, was wirklich wertvoll ist. Göttliche Weisheit rief am Anfang alle Schöpfungswerke ins Dasein (Ps 104,24), und Gottes mannigfaltige Weisheit wird in alle Ewigkeit durch die Versammlung kundgetan (Eph 3,10).

Der Sohn Gottes besitzt jedoch nicht nur die vollkommene Einsicht, sondern Er hatte auch einen Vorsatz. Der Kaufmann im Gleichnis ist nämlich auf der Suche nach schönen Perlen. In dem Wort „suchen“ kommt bereits das tiefe Verlangen zum Ausdruck, das wir auch in den Worten des Herrn wiederfinden: „Der Sohn des Menschen ist gekommen zu suchen und zu erretten, was verloren ist“, und: „Der Vater sucht … Anbeter“ (Lk 19,10; Joh 4,23). Wir können aus den Worten „der schöne Perlen sucht“ außerdem entnehmen, dass, ebenso wie ein Kaufmann mit einem solchen Ziel kenntnisreich und vermögend sein muss, auch der Herr Jesus alle Voraussetzungen besaß, sein Vorhaben auszuführen.

Die eine kostbare Perle

Im Gleichnis vom Schatz wird bereits der Wert des Gefundenen angegeben, aber das Gleichnis von der kostbaren Perle zeigt uns die Besonderheiten des erkauften Gegenstandes. Einen Hinweis auf den Wert der Perlen erhalten wir schon beim Lesen der einzigen Stelle im Alten Testament, die davon spricht: „Der Besitz der Weisheit ist mehr wert als Perlen“ (Hiob 28,18).

Wenn wir uns etwas eingehender mit einer Perle beschäftigen, werden wir noch weitere vielsagende Besonderheiten entdecken. Vergleichen wir sie einmal mit dem Schatz im vorigen Gleichnis! Solch ein Schatz kann aus tausenden von einzelnen wertvollen Stücken bestehen, aber eine Perle ist eins, und wenn man sie zerteilen würde, wäre ihr Wert dahin. Ein Edelstein zum Beispiel kann vielfältig zerteilt werden, und wenn die Einzelkristalle dann geschliffen werden, zeigen sie immer noch etwas von seiner Schönheit. Nicht so bei einer Perle. Ihre Besonderheit besteht in ihrer Einheit und Einmaligkeit. Dabei sind ihre Herkunft und das Material alles andere als edel. Ein Sandkorn oder irgendein anderer Fremdkörper, der in eine lebende Perlmuschel auf dem Meeresgrund hineingelangt, bildet den Ausgangspunkt eines jahrelangen Prozesses, bei dem die Muschel eine Perlmuttschicht nach der anderen um diesen Fremdkörper legt, bis schließlich die Perle in ihrer ganzen Größe und Schönheit entstanden ist. Doch liegt sie verborgen und unsichtbar in der Muschel auf dem Meeresboden, bis sie durch einen Perlenfischer ans Licht gebracht wird.

Es kann kaum ein einfacheres, aber auch ergreifenderes Bild von der Einheit, der Lieblichkeit und der himmlischen Schönheit der Versammlung in den Augen Christi geben. Nicht die einzelnen Personen, so wertvoll sie für Ihn sind, stehen hier im Vordergrund, sondern die vollkommene Einheit, der edle Glanz, die tadellose und fleckenlose Vollkommenheit der Versammlung als der Gesamtheit aller Gläubigen in der jetzigen Zeit nach Gottes ewigem Ratschluss und Vorsatz. Noch einmal wird die Perle im positiven Sinn als geistliches Symbol im Neuen Testament benutzt. Es ist bei der Beschreibung des neuen Jerusalem in Offenbarung 21, der Versammlung im Tausendjährigen Reich. „Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, je eines der Tore war aus einer Perle“ (Off 21,21), das heißt, bei jedem Ein- und Ausgang steht ihre vollkommene Einheit und Schönheit vor aller Augen! – Wäre es doch auch hier auf der Erde so, dass wir die Versammlung des lebendigen Gottes, deren praktischer Zustand uns oft niederdrücken will, mehr mit den Augen dessen betrachten, der sie als die eine sehr kostbare Perle sieht.

Der Kaufpreis

Der Schluss dieses Gleichnisses ähnelt dem des vorigen. Wie dort der Mensch geht hier der Kaufmann hin und verkauft alles, was er hat, um den Preis für die Perle zu bezahlen. Aber während es dort der Acker, die Welt, war, wofür der Herr Jesus den hohen Preis bezahlte, ist es hier einzig und allein die „eine sehr kostbare Perle“. Alles gab unser geliebter Herr auf, um sie zu besitzen: die Herrlichkeit droben, das Reich hier auf der Erde, ja, alles, was Er besaß. Keine Stelle der Heiligen Schrift könnte dies deutlicher zum Ausdruck bringen als Epheser 5,25-27. In diesem Brief, der uns wie kein anderer den Vorsatz und die Weisheit Gottes im Blick auf die Versammlung beschreibt, kommt auch ihr Wert und ihre Herrlichkeit in seinen Augen zum Ausdruck. Aber auch die Liebe unseres Herrn zu uns und zu seiner Versammlung finden wir hier in einzigartiger, uns immer wieder zu Anbetung führender Weise ausgedrückt: „… gleichwie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, auf dass er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, auf dass er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei.“


Originaltitel: „Die kostbare Perle“
aus Ermunterung und Ermahnung, Jg. 50, 1996, S. 296–298

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