Ursachen für Gewalt bei Jugendlichen
Was prägt unsere Kinder und Jugendlichen?

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 23.05.2002, aktualisiert: 10.10.2022

Leitverse: Jesaja 33,15-17

Jes 33,15-17: Wer in Gerechtigkeit wandelt und Aufrichtigkeit redet; wer den Gewinn der Bedrückungen verschmäht; wer seine Hände schüttelt, um keine Bestechung anzunehmen; wer sein Ohr verstopft, um nicht von Bluttaten zu hören, und seine Augen verschließt, um Böses nicht zu sehen, der wird auf Höhen wohnen, Felsenfestungen sind seine Burg; sein Brot wird ihm dargereicht, sein Wasser versiegt nie. Deine Augen werden den König schauen in seiner Schönheit, sehen werden sie ein weithin offenes Land.

Am 26. April 2002 war in Erfurt die Welt alles andere als in Ordnung, und wir fügen hinzu: nicht nur in Erfurt. Deutschland hielt für kurze Zeit den Atem an und keiner will verstehen, was dort in Erfurt geschah. Eltern sind verunsichert und haben Angst, dass in der Schule ihrer Kinder Ähnliches passieren könnte. Wenn wir auch Gott niemals zum Initiator solcher Anschläge machen dürfen, so sollten wir doch das Reden Gottes in mehrfacher Hinsicht nicht überhören. Was wird Deutschland aus dieser Katastrophe lernen? Wird man wohl endlich wach werden und die Immoralität unserer Gesellschaft erkennen und dagegensteuern? Ob sich wohl noch jemand fragt, dass diese Dinge besonders vermehrt dort auftreten, wo man sich mehr und mehr von Gott lossagt?

Gott redet in mancherlei Hinsicht. Er zeigt uns die Vergänglichkeit des Lebens und in gewisser Weise dann auch die scheinbare Sinnlosigkeit des Leben – sinnlos dann, wenn man ein Leben ohne den Schöpfer lebt.

Aber Gott redet auch zu unserer Kultur. Wovon werden wir eigentlich geprägt? Von Eltern, Familie, Verwandten, Lehrern, Klassenkameraden, Arbeitskollegen usw.? Aber es gibt noch viele andere Dinge, die uns prägen, zum Beispiel Computerspiele, Fernsehen und Kino. Diese Dinge spielten wohl bei dieser mörderischen Bluttat von Erfurt eine nicht geringe Rolle. Brutale Computerspiele und Gewalt verherrlichende Filme wurden bei R.S. sichergestellt, und Klassenkameraden bekannten, dass ihr Klassenkamerad fast süchtig nach diesen Dingen war.

Man mag den Christen „Weltfremdheit“, „Prüderie“ und sonst was vorwerfen. Auch mag jetzt mancher denken, dass solche Fälle wie in Erfurt herhalten müssen, um einen Feldzug gegen das (auch von vielen Christen geliebte) Fernsehen, gegen Computerspiele oder gegen das Kino zu führen. Mag sein. Jedenfalls sind die Christen in diesen Tagen nicht die Einzigen, die den Finger erheben und eine warnende Stimme erheben.

So las ich heute am 8. Mai 2002 auf www.spiegel.de eine sehr interessante Studie zu diesem Thema. Tatsächlich scheinen aufrichtige Wissenschaftler diese Medien auch sehr kritisch zu beurteilen und vor allen Dingen der Umgang mit diesen Dingen. So heißt es in der Studie:

Nur wenige Experten bezweifeln heute noch, dass die Darstellung von Gewalt im Einzelfall ganz reale Gewalt hervorrufen kann – zu erdrückend sind die Selbstauskünfte der Täter und die Belege der Ermittler, die etwa nach den Schulmorden in Paducah (Kentucky, 1997), in Jonesboro (Arkansas, 1998), in Littleton (Colorado, 1999), im sächsischen Meißen (1999), im bayerischen Brannenburg (2000) und jüngst in Erfurt zusammengetragen wurden. […]

Nicht nur für manche Selbstmorde („Werther-Effekt“), sondern auch für etliche Morde und Massaker machen Wissenschaftler die Medien verantwortlich – vor allem, seit deren Nutzung sich so dramatisch verändert hat: Bis zur zwölften Klasse verbringt das deutsche Durchschnittskind heutzutage 15.000 Stunden in der Schule – aber 18.000 Stunden vor dem Fernseher. „Für die meisten Kinder ist das Fernsehen der beherrschende Sozialisationseinfluss geworden, und die Botschaft vieler Fernsehshows ermutigt gewaltsame Lösungen alltäglicher Probleme“, resümiert das Fachblatt „Kriminalistik“.

Den bisher wohl fundiertesten Beleg, dass das ganz normale Fernsehprogramm Kinder und Jugendliche aggressiv macht, hat eine Forschergruppe um den New Yorker Psychologen Jeffrey Johnson vor wenigen Wochen veröffentlicht.

Die Wissenschaftler beobachteten die Entwicklung von 707 Kindern über 25 Jahre hinweg. Resultat: Junge Erwachsene, die zu Gewaltausbrüchen neigen, haben mehr ferngesehen als ihre friedfertigen Altersgenossen. Ein Drittel der Männer, die als 14-Jährige täglich ein bis drei Stunden vorm Fernseher verbracht hatten, wurde später gewalttätig. In der Kontrollgruppe (weniger als eine Stunde) waren es nur neun Prozent. Bei Frauen tritt ein auffälliger Zusammenhang erst in höherem Alter auf – weil 14-jährige Mädchen sich noch kaum brutale Sendungen ansehen, vermuten die Forscher.

Dass die Psychologen nur die bloße Verweildauer vor der Glotze, nicht aber das Sehen gewalttätiger Sendungen gemessen haben, mindert die Überzeugungskraft der Studie nicht. Ganz im Gegenteil: Die Frage, was für Sendungen und Computerspiele für Kinder eigentlich geeignet sind, scheint demnach gar nicht mehr so wichtig.[1]

Sollten diese Dinge nicht eine Warnung für uns sein? Vielleicht meint jemand: Ja, das ist alles wahr, aber damit haben wir Christen doch nichts zu tun. Wirklich nicht? Liebe Miteltern, haben wir mal auf dem PC unserer Kinder nachgeschaut und uns damit beschäftigt, was dort alles gespielt wird, was da von Klassenkameraden still und heimlich auf den PC geladen wird? Haben unsere Kinder, wenn sie bei Freunden eingeladen sind, die Kraft, „Nein“ zu sagen, wenn solche Gewaltspiele gespielt werden? Haben wir als Eltern unsere Kinder gut vorbereitet und sie wohl gut angeleitet und auch Alternativen aufgezeigt? Denn mit Verboten alleine werden wir heute nichts mehr bewegen können, unsere Kinder brauchen Hilfe und verantwortungsvolle Eltern.

Natürlich könnte man jetzt argumentieren, dass Millionen Kinder diese Gewaltspiele und Gewaltfilme im Fernsehen sehen und es doch auf die Masse gesehen sehr selten vorkommt, dass so etwas wie in Erfurt passiert. Mir scheint dieses Denken jedoch sehr kurzsichtig zu sein. Ist dieses eine Mal in Erfurt nicht schon genau ein Mal zu viel? Was, wenn der Amokläufer nicht R.S. heißt, sondern den Namen deines Kindes trägt? Was, wenn man dann auch bei deinem Kind Spiele findet, die Gewalt verherrlichend sind, oder Videofilme, die jenseits von Gut und Böse sind?

Interessant fand ich auch die oben zitierte Aussage:

Dass die Psychologen nur die bloße Verweildauer vor der Glotze, nicht aber das Sehen gewalttätiger Sendungen gemessen haben, mindert die Überzeugungskraft der Studie nicht. Ganz im Gegenteil: Die Frage, was für Sendungen und Computerspiele für Kinder eigentlich geeignet sind, scheint demnach gar nicht mehr so wichtig.

Diese Feststellung ist doch wohl sehr interessant. Betrifft das nicht auch solche, die zwar Gewaltspiele und Gewaltsendungen ablehnen und doch die Kinder viel vor dem PC oder dem Fernsehen sitzen lassen? Damit möchte ich jetzt diese Dinge nicht total verbieten und wieder in der Gesetzlichkeit landen, aber es reicht eben nicht aus, einfach nur auf Gewalt zu verzichten, sondern auch der Konsum an sich sollte eingeschränkt werden und wohlüberdacht sein. Wichtig scheint mir hier die Botschaft: Empfinden wir als Eltern unsere große Verantwortung in diesem Punkt?

Die Bibel kennt natürlich keine Computerspiele oder das Fernsehen, und doch schweigt sie auch nicht gänzlich zu diesen Themen. Dass schon junge Menschen zu solchen Bluttaten fähig sind, ist für Gott keine Überraschung, denn schon in 1. Mose 8,21 heißt es: „Das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an.“

Und dass Mord und Totschlag viel mit dem zu tun hat, was jemand sieht, zeigt uns die Bibel auf eindrucksvolle Weise. Zum Beispiel heißt es von David, dass er die Bathseba „sich baden sah“ (2Sam 11,2). Und so ging er mit dieser Frau fremd und sorgte anschließend dafür, dass der Mann dieser Frau getötet wurde. Oder wir denken an Lot, von dem es in 2. Petrus 2,8 heißt: „Der unter ihnen wohnende Gerechte [Lot] quälte durch das, was er sah und hörte {eig. durch Sehen und Hören}, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken.“ Lot konnte dem Gericht in Sodom und Gomorra noch entgehen, aber seine Frau und seine Verwandtschaft hatte er verloren. Und wie begann sein Weg bis hin zu diesem Gericht in Sodom? Als Abraham und Lot sich trennten, da sah er die bewässerte Jordanebene. Das war der Beginn eines Weges, der von Versagen gekennzeichnet war. Viele andere Beispiele könnte man anführen, aber diese Auswahl soll lediglich zeigen, dass das Prinzip zu keiner anderen Zeit wirklich anders war. Das Auge wird im Matthäusevangelium nicht umsonst „die Lampe des Leibes“ genannt. Das, was wir sehen und hören, hat auch einen Einfluss auf uns. Das gilt übrigens auch für die positive Seite, wenn wir den Herrn Jesus „anschauen“ und uns viel mit Ihm beschäftigen, wird das nicht ohne Einfluss bleiben. Wir werden dem Bild des Herrn Jesus immer mehr entsprechen (Röm 8,29).

Ein sehr passender Bibelvers ist auch:

  • Jes 33,15-17: Wer in Gerechtigkeit wandelt und Aufrichtigkeit redet; wer den Gewinn der Bedrückungen verschmäht; wer seine Hände schüttelt, um keine Bestechung anzunehmen; wer sein Ohr verstopft, um nicht von Bluttaten zu hören, und seine Augen verschließt, um Böses nicht zu sehen: Der wird auf Höhen wohnen, Felsenfestungen sind seine Burg; sein Brot wird ihm dargereicht, sein Wasser versiegt nicht. Deine Augen werden den König schauen in seiner Schönheit, sehen werden sie ein weithin offenes Land.

Zum Schluss noch einige nachdenkenswerte Passagen der oben erwähnten Studie:

Immerhin haben Bochumer Forscher vorvergangenes Jahr [2000] erstmals nachgewiesen, dass brutale Computerspiele ihre jungen Benutzer abstumpfen lassen. Sie registrierten an 280 jungen Probanden deren Gefühlsregungen mit Kameras und Elektroden. Jene Kinder, die sich mit einem Gewaltspiel beschäftigen, blickten anschließend besonders lange auf Fotos von Menschen und Tieren in Not – und zeigten dabei besonders wenig Mitleid. Trotzdem wird im Bundesjustizministerium erst jetzt über rechtlich verbindliche Alterseinstufungen für Computerspiele nachgedacht. […]

Selbst im Fantasy-Opus „Der Herr der Ringe – Die Gefährten“ (2001) wird von Anfang bis Ende geschlachtet; abgetrennte Gliedmaßen fliegen munter durch die Szenerie, im Eifer des Gefechts auch mal ein Kopf. Dass der Film in Deutschland bereits für Zwölfjährige freigegeben wurde, sorgte keineswegs für öffentliche Empörung.

Tatsächlich stellt sich nach dem Protest wohlmeinender Jugendschützer beim jungen Publikum oft genug nur der Reiz des Verbotenen ein – das zeigt das Beispiel der Rockmusik besonders deutlich.

Anmerkungen

[1] Olav Beier, Jörg Blech, Christoph Dallach, Ansbert Kneip, Helmut Sorge, Martin Wolf, 7.5.2002: „Die freie Hasswirtschaft“, www.spiegel.de. Kursiv von SW.

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