Maleachi – eine unbequeme Botschaft
Eine ernste Botschaft angewendet auf uns

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 07.07.2008, aktualisiert: 22.04.2022

Leitverse: Maleachi 1,1-3.6-10.12.13; 2,1-9.17; 3,8-10.16-18

Dieser Vortrag wurde im April 2008 gehalten. Er spricht hier und da in bestimmte gemeindespezifische Dinge hinein. Wir haben den Vortrag etwas bearbeitet, den Vortragsstil aber grundsätzlich beibehalten.

Einleitung

Mir liegt seit Wochen ein ernstes Thema auf dem Herzen, über das ich mich ehrlich gesagt nie so richtig was zu sagen getraut habe. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst: Wenn man etwas Ernstes sagt, ist das nicht immer schön für die Zuhörer (hoffentlich dann wenigstens heilsam). Zum anderen: Wenn man sich selbst ein wenig kennengelernt hat, weiß man, wie weit man dem Maßstab dessen, was der Herr einem deutlich gemacht hat, selbst nicht entspricht. Wenn ich jetzt doch einiges über dieses Thema sage, dann tue ich das in dem Bewusstsein, dass, wenn ich vielleicht mit einem Finger auf andere zeige, immerhin noch drei Finger auf mich selbst gerichtet sind.

Ich möchte vorschlagen, dass wir gemeinsam etwas aus dem Propheten Maleachi lesen: Maleachi 1,1-3.6-10.12.13; 2,1-9.17; 3,8-10.16-18.

Mal 1,1-3.6-10.12.13: 1 Ausspruch des Wortes des HERRN an Israel durch Maleachi. 2 Ich habe euch geliebt, spricht der HERR; aber ihr sprecht: ?Worin hast du uns geliebt?? ? War nicht Esau der Bruder Jakobs?, spricht der HERR. Und ich habe Jakob geliebt, 3 Esau aber habe ich gehasst, und ich habe seine Berge zur Wüste gemacht und sein Erbteil für die Schakale der Steppe. … 6 Ein Sohn soll den Vater ehren und ein Knecht seinen Herrn. Wenn ich denn Vater bin, wo ist meine Ehre? Und wenn ich Herr bin, wo ist meine Furcht?, spricht der HERR der Heerscharen zu euch, ihr Priester, die ihr meinen Namen verachtet und doch sprecht: „Womit haben wir deinen Namen verachtet?“, 7 die ihr unreines Brot auf meinem Altar darbringt und doch sprecht: „Womit haben wir dich verunreinigt?“ Damit, dass ihr sagt: „Der Tisch des HERRN ist verächtlich.“ 8 Und wenn ihr Blindes darbringt, um es zu opfern, so ist es nichts Böses; und wenn ihr Lahmes und Krankes darbringt, so ist es nichts Böses. Bring es doch deinem Statthalter dar: Wird er dich wohlgefällig annehmen oder Rücksicht auf dich nehmen?, spricht der HERR der Heerscharen. 9 Und nun, fleht doch Gott an, dass er uns gnädig sei! Von eurer Hand ist das geschehen ? wird er um euretwillen Rücksicht nehmen?, spricht der HERR der Heerscharen. 10 Wäre doch nur einer unter euch, der die Türen verschlösse, damit ihr nicht vergeblich auf meinem Altar Feuer anzündetet! Ich habe kein Gefallen an euch, spricht der HERR der Heerscharen, und eine Opfergabe nehme ich nicht wohlgefällig aus eurer Hand an. … 12 Ihr aber entweiht ihn, indem ihr sprecht: „Der Tisch des Herrn ist verunreinigt, und sein Einkommen, seine Speise, ist verächtlich.“ 13 Und ihr sprecht: „Siehe, welch eine Mühsal!“ Und ihr blast ihn an, spricht der HERR der Heerscharen, und bringt Geraubtes herbei und das Lahme und das Kranke; und so bringt ihr die Opfergabe. Soll ich das wohlgefällig von eurer Hand annehmen?, spricht der HERR.

Mal 2,1-9.17: 1 Und nun, ihr Priester, an euch ergeht dieses Gebot! 2 Wenn ihr nicht hört und wenn ihr es nicht zu Herzen nehmt, meinem Namen Ehre zu geben, spricht der HERR der Heerscharen, so werde ich den Fluch unter euch senden und eure Segnungen verfluchen; ja, ich habe sie schon verflucht, weil ihr es nicht zu Herzen nehmt. 3 Siehe, ich schelte euch die Saat und streue euch Mist in das Angesicht, den Mist eurer Feste, und man wird euch zu ihm hintragen. 4 Und ihr werdet wissen, dass ich dieses Gebot an euch gesandt habe, damit mein Bund mit Levi sei, spricht der HERR der Heerscharen. 5 Mein Bund mit ihm war das Leben und der Frieden; und ich gab sie ihm zur Furcht, und er fürchtete mich, und er zitterte vor meinem Namen. 6 Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Mund, und Unrecht fand sich nicht auf seinen Lippen; er wandelte mit mir in Frieden und Geradheit, und viele brachte er von ihrer Ungerechtigkeit zurück. 7 Denn die Lippen des Priesters sollen Erkenntnis bewahren, und das Gesetz sucht man aus seinem Mund, denn er ist ein Bote des HERRN der Heerscharen. 8 Ihr aber seid abgewichen vom Weg, habt viele straucheln gemacht im Gesetz, ihr habt den Bund Levis zerstört, spricht der HERR der Heerscharen. 9 So habe auch ich euch beim ganzen Volk verächtlich und niedrig gemacht, in dem Maß, wie ihr meine Wege nicht bewahrt und die Person anseht beim Gesetz. … 17 Ihr habt den HERRN mit euren Worten ermüdet; und ihr sprecht: „Womit haben wir ihn ermüdet?“ Damit, dass ihr sagt: „Jeder Übeltäter ist gut in den Augen des HERRN, und an ihnen hat er Gefallen“; oder: „Wo ist der Gott des Gerichts?“

Mal 3,8-10: 8 Darf ein Mensch Gott berauben, dass ihr mich beraubt? Und ihr sprecht: ?Worin haben wir dich beraubt?? Im Zehnten und im Hebopfer. 9 Mit dem Fluch seid ihr verflucht, und doch beraubt ihr mich, ihr, die ganze Nation! 10 Bringt den ganzen Zehnten in das Vorratshaus, damit Speise in meinem Haus sei; und prüft mich doch dadurch, spricht der HERR der Heerscharen, ob ich euch nicht die Fenster des Himmels öffnen und euch Segen bis zum Übermaß ausgießen werde. … 16 Da unterredeten sich miteinander, die den HERRN fürchten, und der HERR merkte auf und hörte; und ein Gedenkbuch wurde vor ihm geschrieben für die, die den HERRN fürchten und die seinen Namen achten. 17 Und sie werden mir, spricht der HERR der Heerscharen, zum Eigentum sein an dem Tag, den ich machen werde; und ich werde sie verschonen, wie ein Mann seinen Sohn verschont, der ihm dient. 18 Und ihr werdet wieder den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient.

Hintergrund

Wir haben jetzt mit den gelesenen Schriftstellen einen Streifzug durch den Propheten Maleachi gemacht, und wir haben nicht viel wirklich Gutes gefunden. Wir müssen uns wohl auch erst einmal über den Hintergrund etwas besser klarwerden und uns fragen, in welcher Zeit dieser Prophet Maleachi aufgetreten ist.

Wir sind ja mehr oder weniger gut mit der Geschichte Israels bekannt, und wir wissen, dass dieser Prophet Maleachi der letzte Prophet ist und dass nach ihm zunächst einmal keine Botschaft Gottes mehr gekommen ist. Gott spricht nicht mehr mit seinem Volk. Über vierhundert Jahre sollte es dauern, bis Gott wieder einmal redet – aber dann auch auf eine neue, ganz besondere Weise, nämlich „am Ende dieser Tage“ durch seinen Sohn. Wir sehen hier also, dass Gott einen gewissen Schlussstrich im Alten Testament zieht, und seine Botschaft ist letztlich erschreckend. Der Mensch war doch dazu geschaffen, in der Gemeinschaft mit Gott zu leben. Wir finden diesen Gedanken schon im Schöpfungsbericht im ersten Buch der Bibel. Es gab dort diesen herrlichen Garten voller Schönheit und Harmonie. Wir finden, dass Gott den Menschen sucht, um Gemeinschaft mit ihm zu haben. Und jetzt haben wir das letzte Buch des Alten Testamentes vor uns und lesen von dieser schrecklichen Entfernung des Menschen von Gott.

Israel war natürlich nicht von heute auf morgen in diesen Zustand gekommen. Das hatte sich natürlich alles entwickelt. Wir sehen, dass das Volk durch seinen Ungehorsam in eine Gefangenschaft geführt wurde – in eine siebzigjährige Gefangenschaft – und dass Gott letztlich gesagt hat: Ich bin es leid, euren ganzen Götzendienst zu ertragen, dass ihr immer anderen Götzenbildern nachgeht, ich habe es satt. – Deshalb kam diese siebzigjährige Gefangenschaft, und die Herrlichkeit des HERRN verschwand aus Israel (Hes 10–11). Gott wollte mit diesem Volk erst einmal nichts mehr zu tun haben. Natürlich war das nicht endgültig, das wissen wir, aber Gott konnte sich nicht mehr öffentlich zu ihm bekennen. Er sagt jetzt, dass es nicht mehr sein Volk ist. Israel sollte „Lo-ammi“ sein – „Nicht-mein-Volk“ (vgl. Hos 1–2)! Das war die Folge ihres Ungehorsams. Zunächst waren siebzig Jahre Gefangenschaft das Ergebnis; das hatte sie weit weg vom Opferdienst gebracht. Sie konnten ihre Lieder nicht mehr singen. Sie wollten sie in der Gefangenschaft auch nicht mehr singen.

All das war aber nicht das Ende. Siebzig Jahre Gefangenschaft waren glücklicherweise nicht das Ende, denn nach dieser Gefangenschaft lesen wir in Esra und Nehemia von einer Rückkehr und davon, dass sie ein Stück weit das wiederherstellten, was ihnen verlorengegangen war. Der Opferdienst wurde wieder eingerichtet, der Tempel wieder gebaut, und auch die Straßen und Gräben und die Mauer in Jerusalem wurden wieder gebaut. Wir lesen in den Büchern Esra und Nehemia von zu Herzen gehenden Erweckungen. Das heißt, die siebzig Jahre Gefangenschaft hatten tatsächlich dazu geführt, dass das Herz des Volkes wieder nach Gott geschrien hatte. Und so richten sich diese Worte auch vor allen Dingen an solche Christen, die zu einer Gruppe von Christen gehören, die es in ihren Anfangsjahren auch mit einer Rückkehr aus einer geistlichen „Gefangenschaft“ zu tun hatte, wo man ganz besonders mit der Wahrheit bezüglich des Hauses Gottes, des Baues der Mauer, der Absonderung und der Wiederherstellung des Opferdienstes geistlicher Schlachtopfer (1Pet 2,5) auf einem geistlichen Altar für das ganze Volk Gottes beschäftigt war.

Die Israeliten schrien also wieder zu Gott, und manchmal haben auch wir das in unserem Leben nötig, dass wir nach einer Phase des Gerichtes oder Züchtigung wieder lernen, zu Gott zu schreien. Leider wissen wir nur zu gut, dass diese Phase des Schreiens zu Gott und des Achtens auf sein Wort nicht lange andauerte. Denken wir nur an Nehemia 8. Dort war das Volk einen ganzen Tag lang zusammen und Jung und Alt hörte das Gesetz. Alle hörten dieser Verkündigung zu, und sie freuten sich. Diese Verse enden mit den Worten: „Die Freude am Herrn ist unsere Stärke.“ Später schlossen sie dann einen Bund (Neh 9) und nahmen sich vor, sich zu reinigen und von allem Abstand zu nehmen, was sie bisher gehindert hatte, wirklich für Gott da zu sein. Es ist bewegend, wenn man diese Verse liest. Doch dann nur wenige Kapitel weiter in Nehemia 13 sehen wir, wie alle guten Vorsätze dahin waren und wie wir sie in genau den Sünden finden, von denen abzustehen sie sich vorgenommen hatten.

Die Anwendung heute

Maleachi spielt genau in diese Zeit hinein, wo nach einer Erweckung wieder der Verfall eintrat. Wir wollen das einmal auf uns heute anwenden. Sehen wir da nicht eine Parallele in unserem Leben, und beschäftigen wir uns nicht manchmal „viel zu viel“ mit Esra und Nehemia und sagen: Ah, das war das 19. Jahrhundert, und das waren die Anfänge unserer Bewegung, woher wir selbst kommen! – Wunderbar, ja!? Kann man nicht die siebzigjährige Gefangenschaft mit dem finsteren Mittelalter vergleichen, wo so wenig Licht da war, wo die schrecklichsten Dinge in der Christenheit gelehrt und praktiziert wurden? Denken wir nur an Ablasshandel, Unzucht unter den Kirchenmännern, Inquisition und andere Dinge. Ich sage nicht, dass gar kein Licht vorhanden war, aber doch nur sehr wenig.

Dann kam die Erweckung im 19. Jahrhundert, wo wirklich wieder eine brennende Sehnsucht nach dem Herrn aufgekommen – und das galt nicht nur für die sog. Brüderbewegung, obwohl ich glaube, dass sie einen großen Anteil daran hatte – und sehr viel Licht von Gott geschenkt worden ist. In der ganzen Christenheit machten sich Menschen auf und wollten ihrem Herrn neu dienen, Ihn neu erwarten; sie machten sich auf, schmückten ihre Lampen und gingen neu aus, Ihm entgegen. Der Ruf nach dem Herrn „Siehe, der Bräutigam!“ kam wieder neu auf. Was war das für eine Erweckung! Und wenn man diese Geschichten von damals liest – nur einmal die Geschichte der sog. Brüder; ich will sie nicht verherrlichen –, dann kommt so eine Sehnsucht auf und ich denke: Mensch, da wäre ich auch gerne dabei gewesen. – Wie sie manche Dinge, die uns heute vielfach so selbstverständlich geworden sind, nach und nach wiederentdeckten. Wunderbar, wenn man liest, was da passiert ist! 

Aber schon ein paar Jahre später – es dauerte auch in dieser Bewegung gar nicht lange, denken wir nur an die Zeit um 1850, wo es schon die erste große Spaltung unter den „Brüdern“ gab –, da hat man schon fast den Eindruck, dass die Kurve bereits wieder nach unten ging. Vieles, was bis dahin nach „oben“ gegangen war, ging dann bereits wieder nach „unten“, und wir müssen uns doch heute fragen: Leben wir wirklich in der Zeit Nehemias und Esras – im Bilde gesprochen –, wo man sich aufmacht, wo man voller Drang ist und das Wort Gottes hören will, wo man es gar nicht erwarten kann, dass wieder Sonntag ist? Ist da der tiefe Wunsch, dienstags in die Stunde zum Gebet und zur Wortbetrachtung zu kommen? Wie oft hat man den Eindruck, wenn man dienstags in die Stunde kommt und in die Runde schaut, dass andere Dinge viel wichtiger sind als die Versammlung? Oder wie muss man sich sonst die vielen leeren Plätze erklären? Das ist doch traurig. Leben wir wirklich in dieser Zeit, wo dieses brennende Verlangen da ist?

Lassen wir doch Esra und Nehemia einmal beiseite. Beschäftigen wir uns doch einmal vielmehr mit Maleachi. Das ist doch genau die Zeit, in der wir heute leben. Wir müssen uns darüber klarwerden, dass wir eben nicht mehr in der Blüte dieser Zeit, sondern am Ende dieser Zeitepoche leben. Das hat übrigens nichts damit zu tun, dass wir dazu „verdonnert“ sind, im Verfall zu leben und dass sowieso alles nur immer weiter „bergab“ geht. Gott hat immer wieder Erweckungen geschenkt. Und Gott kann uns auch hier am Ort beleben, ganz neu – durch seinen Geist kann Er das jederzeit tun.

Wir müssen wirklich die Geschichte richtig deuten. Manchmal hat man den Eindruck, dass das Einzige, was wir aus der Geschichte lernen, das ist, dass wir eben gerade nichts aus ihr lernen. Schauen wir uns doch um, wie es im Volk Gottes aussieht. Meinen wir wirklich, dass wir heute in der Blütezeit leben? Wir müssen die Augen doch wirklich dafür aufmachen, dass vor uns Trümmer liegen, dass wir wieder einmal alles „vermasselt“ haben, dass wieder alles am Boden ist. Was haben die Pioniere der Brüderbewegung alles gesagt: Wir wollen die Systeme verlassen, weil wir einen Ort suchen wollen, wo wir uns als Christen treffen können, wo man wirklich mit jedem Kind Gottes, das dem Herrn mit reinem Herzen nachfolgt, Gemeinschaft haben kann, wo es nicht diese Mauern gibt wie in den Kirchen. – Was haben wir heute daraus gemacht? Wir haben heute selbst wieder gewisse Mauern hochgezogen, die das Wort nicht kennt, oder manche Mauern, die nötig waren, haben wir sogar eingerissen – denn die gleiche Gefahr gibt es natürlich auch umgekehrt. Man kann auch Mauern einreißen,Schutzmauern, die unbedingt notwendig sind und die man dann fälschlicherweise einreißt. Und bei beiden Verhaltensweisen finden wir das gleiche Problem der Gleichgültigkeit, weil man das Wort Gottes nicht mehr ernst nimmt, weil man einen einfacheren Weg sucht.

„Worin hast du uns geliebt?“

Gerade diese Gleichgültigkeit finden wir in Maleachi 1,2: „Worin hast du uns geliebt?“, fragt das Volk, und Gott sagt: „Wo ist meine Ehre?“ (Mal 1,6), oder wieder fragt das Volk: „Womit haben wir ihn ermüdet?“ (Mal 2,17). Welch eine Gleichgültigkeit! Die haben das noch nicht einmal gemerkt. Und das Schlimmste wäre, wenn wir hier sitzen und nicht im tiefsten Inneren merken würden: Mensch, das ist genau unsere Zeit! Das ist eigentlich genau, wie es in meinem Leben oft aussieht. – Deshalb fällt es mir auch so schwer, darüber zu sprechen, weil ich selbst merke, wie in meinem Leben so viele andere Dinge so oft wichtiger sind. Aber wisst ihr, ich empfinde das so tief, dass letztlich uns nur eines retten kann: nämlich zurückzukehren zu der ersten und besten Liebe. Erinnere dich an die Zeit, wo du ganz für den Herrn gebrannt hast – ist dieses Brennen noch da? Wir können heute noch genauso brennen wie damals, als wir zum Glauben kamen; vielleicht wird das Brennen heute sogar mit mehr Einsicht geschehen. Es kann sogar sein, das wir heute eine tiefere Liebe empfinden als damals, als wir zum Glauben kamen. Das kann eigentlich nicht anders sein, wenn wir tiefer in die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus hineingeschaut haben (vgl. Eph 3,19).

Die Last Gottes

Vers 1: „Ausspruch des Wortes des HERRN an Israel durch Maleachi.“

Das hebräische Wort für„Ausspruch des Wortes“ kann man auch anders übersetzen. In Jeremia 23,33 steht: „Wenn dieses Volk oder ein Prophet oder ein Priester dich fragt und spricht: Was ist die Last des Herrn?, so sprich zu ihnen: Was die Last ist?“ In der Anmerkung zu diesem Vers lesen wir: „Der hebräische Ausdruck hat die doppelte Bedeutung: ,Last‘ und ,wichtiger Ausspruch‘.“ Wenn wir also hier von dem „Ausspruch des Wortes des HERRN“ lesen, dann liegt sozusagen eine „Last“ auf Gott. Es liegt Ihm etwas auf dem Herzen. Die Botschaft Maleachis ist nicht, dass Gott uns fertigmachen will, sondern dass Gott eine Last auf sich liegen hat. Natürlich ist Ihm auch das Volk in gewisser Weise eine Last geworden. Aber Er wollte ihnen zuerst mitteilen, dass Er sie lieb hat („Ich habe euch geliebt“; Mal 1,2), und zwar immer noch trotz ihres Zustandes. Das ist die Botschaft, die Gott in dunklen Tagen auch an uns hat. Aber was für eine Gleichgültigkeit, wenn wir darauf antworten: „Worin hast du uns geliebt?“ Ist uns das wirklich noch klar, was das für eine Liebe war, mit der wir geliebt worden sind? Beschäftigen wir uns noch wirklich, nicht nur hier in der Gemeinde, sondern auch privat einmal mit dieser Liebe, was sie uns alles bedeuten kann?

Auf Gott lag eine Last, weil das Volk in so einem schlechten Zustand war. Lesen wir einmal, warum es für Gott eine Last war:

  • Jer 6,16: So spricht der HERR: Tretet auf die Wege und seht und fragt nach den Pfaden der Vorzeit, welches der Weg des Guten sei, und wandelt darauf; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Aber sie sprechen: Wir wollen nicht darauf wandeln.

  • Jer 7,23.24: … sondern dieses Wort habe ich ihnen geboten und gesagt: Hört auf meine Stimme, so werde ich euer Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein; und wandelt auf dem ganzen Weg, den ich euch gebiete, damit es euch wohl ergeht. Aber sie haben nicht gehört und ihr Ohr nicht geneigt, sondern sind gewandelt in den Plänen, im Starrsinn ihres bösen Herzens; und sie haben mir den Rücken zugekehrt und nicht das Angesicht.

Schrecklich, oder? Gott sagt: Ich will meine Liebe ausschütten, Ich will euch alles schenken. – Und die Antwort? Wir wollen nicht, bleib doch da, Gott, mit Deinen Worten, bleib doch da mit dem ewigen Bibellesen und Beten, ich komm auch so ganz gut klar. – Sicher, wir sagen das nicht so, hoffe ich zumindest. Aber ist meine Haltung wirklich so, dass ich morgens daran denke, dass ich es nötig habe, das Wort Gottes zu lesen und zu beten? Oder ist mir das zu einer Last geworden? Gott ist dieses Volk zu einer Last geworden, und wir müssen uns ehrlich fragen, ob Gott Freude an uns hat, wie wir hier zusammen sind. Warum passiert denn nichts mehr in unseren Kreisen? Wenn zehn Jahre lang nichts passiert oder sich gerade mal ein Einziger bekehrt, dann können wir doch nicht behaupten, dass das normal ist! In anderen Gruppen passiert viel mehr! Nicht dass es darum geht, aber wir dürfen nicht zu schnell sagen: Das liegt an unserer Zeit, oder: Die anderen schaffen das nur mit „Ramtamtam“ oder dergleichen.

Wenn wir nicht dem Herrn in der Woche dienen und wir alle dem Herrn dienen, dann dürfen wir nicht erwarten, dass sich hier die Reihen füllen. Vielleicht wollen wir das auch gar nicht? Vielleicht ist uns das sogar lästig? Denn dann müssen wir uns ja um die Probleme anderer Leute kümmern, und wir haben doch schon so viel mit unseren Problemen zu tun! – Ist das nicht eine ernste Sache? Früher sind die Versammlungen voll geworden – an anderen Orten und in Nachbarländern werden die Versammlungen noch heute voll. Wir sind selbstzufrieden – es läuft ja alles ganz gut –, und wir freuen uns ja auch hin und wieder über Gottes Wort. Aber soll das alles für unser Leben gewesen sein? Ich frag mich das manchmal. – Wollt ihr denn nicht mehr? Reicht euch das, wenn das christliche Leben so dahinplätschert? – Mir ist das oft einfach zu wenig, dass wir in die Gemeinde „trotten“ (dienstags und sonntags) und man kaum den Eindruck hat, das wirklich etwas passiert. Ich meine jetzt nicht, dass es darum gehen muss, dass hier etwas passiert, versteht mich da nicht falsch. Aber wir müssen einfach auch einmal sehen, dass wir selbstzufrieden geworden sind. Wir haben eine Selbstzufriedenheit in unseren Kreisen, das ist unglaublich. Können wir uns nicht vorstellen, dass vielleicht auch wir Gott zu einer Last geworden sind?

„Wo ist meine Ehre?“ – „Womit haben wir deinen Namen verachtet?“

„Wo ist meine Ehre?“, fragt Gott in Maleachi 1,6. „Wenn ich denn Vater bin, wo ist meine Ehre? Und wenn ich Herr bin, wo ist meine Furcht?, spricht der HERR der Heerscharen.“ Ich brauche dazu gar nicht viel zu sagen. „Ihr Priester“ – hier werden noch mal besonders die Verantwortlichen angesprochen. Heute sind wir alle Priester, aber es gibt auch noch besonders Verantwortliche in unseren Kreisen. „… die ihr meinen Namen verachtet und doch sprecht: ,Womit haben wir deinen Namen verachtet?‘“ Auch die haben es noch nicht mal gemerkt. Selbstzufrieden! Wir merken gar nicht, was mit uns los ist! Wir merken gar nicht, dass das nicht das normale Christenleben ist, was wir so „normal“ führen.

„Ihr habt meinen Namen verachtet.“ – Aber wir kommen doch zusammen zum Namen des Herrn! Kommen wir wirklich zusammen zum Namen des Herrn? Das ist doch noch die Frage. Das darf doch nicht zum Mantra werden, so dass wir dann einfach sagen können: Wir sagen, dass wir im Namen des Herrn zusammenkommen und dann ist der Herr auch da! – Die Frage ist doch: Ist der Herr wirklich da? Ich meine, wenn der Herr wirklich da ist, dann … (überlege selbst!) – sein Name ist so gewaltig groß, wir haben alles durch und in seinem Namen. Wir werden gerettet durch das Anrufen seines Namens, wir haben Vergebung der Sünden in seinem Namen, wir werden getauft in seinem Namen, und wir versammeln uns zu seinem Namen hin und wir beten in seinem Namen. Alles haben wir in seinem Namen und in seiner Person. Die ernste Frage ist: Verachten wir Ihn nicht oft? Die Frage ist nicht, ob du das jetzt von dir denkst, denn du sagst bestimmt nicht: Ich verachte jetzt Deinen Namen, Gott. – Das sagt keiner von uns. 

Das haben die Leute damals auch nicht so gesagt. Im Gegenteil, wir lesen ja sogar, dass sie noch etwas darbrachten. Natürlich brachten sie etwas dar. Sie haben den Gottesdienst doch rein äußerlich aufrechterhalten. Sie haben das Blinde und das Lahme, das sie selbst nicht gebrauchen konnten, doch Gott gegeben. Damit haben sie ihre „Beruhigungstablette“ geschluckt und gesagt: Puh, das hab ich getan, siehst Du Gott, du kannst schon ganz zufrieden mit mir sein. – Ist es nicht oft so in unserem Leben, das wir uns nur noch diese „Beruhigungstablette“ einschieben? Und dann sagen: Wir gehen ja schließlich noch sonntags in die Gemeinde? – Was bringen wir denn wirklich dar? Ist das wirklich ein Opfer für uns, was wir bringen? Haben wir uns einmal in der Woche mit dem Herrn beschäftigt, haben wir einmal ein Opfer gebracht, indem wir Zeit investiert haben, dass wir gesagt haben: Ich möchte mich jetzt einfach einmal nur mit dem Herrn beschäftigen oder mit dem oder dem Thema?

Wenn wir uns in der Woche nicht mit dem Herrn beschäftigen – was sollen wir denn dann sonntags hier bringen? Das kann nur Krankes und Lahmes sein. Entschuldigt bitte diese harten Worte. Wenn ich eine Woche habe, wo nichts Geistliches gelaufen ist, dann ist auch meistens der Sonntag nichts. Selbst wenn sich die anderen alle über den Herrn freuen – aber ich kann mich dann nicht freuen, weil ich nichts habe. Für mich ist das „krank“. Hast du diese Empfindungen noch? Fehlt dir noch etwas, wenn die Woche nicht so gelaufen ist, wie sie vielleicht hätte laufen sollen? Wir können nicht erwarten, wenn wir sonntagmorgens hier sitzen, dass durch die Spontaneität des Geistes es nur so aus uns heraussprudelt, wenn wir uns die ganze Woche über nicht mit dem Herrn beschäftigt haben. Was ist uns denn wichtiger? Noch mehr arbeiten? Hier noch einen Verein und da noch bisschen Ausgleich und da noch ein wenig Gartenarbeit? Ich sage gegen die einzelnen Sachen alles nichts, und ich sehe auch bei mir selbst hier eine Gefahr.

Ich habe jetzt einen Film gesehen, einen netten Tanzfilm: Darf ich bitten mit Richard Gere. Nachdem ich den Film gesehen hatte, dachte ich: Du musst eigentlich mal mit deiner Frau tanzen gehen. – Aber da ist mir klargeworden: Hallo! Stephan! Aufwachen! – Was würde das denn bedeuten? Nicht nur dass ich mein Leben jetzt durch weltliche Filme bestimmen lasse, sondern auch, dass andere Dinge auf der Strecke bleiben, zum Beispiel ein Jugendtreff oder ein Hauskreis oder sonst irgendein anderer Dienst im Reich Gottes – denn man kann seine Zeit ja nur einmal gebrauchen. Und dabei geht es wirklich nicht um Aktivismus, sondern um die ernste Frage, welche denn wirklich unsere Aufgaben sind, die der Herr uns persönlich übergeben möchte – sicher gehört es dann auch dazu, sich um seinen Ehepartner und die Familie zu kümmern. Wenn wir wirklich mit dem Herrn gefüllt sind, dann wollen wir dem anderen dienen, dann ist das kein Aktivismus, sondern die Widerspiegelung des Lebens des Herrn in unserem Leben, einfach deshalb, weil wir in sein Bild verwandelt werden, denn der Herr war der einzigartige und treue Diener. Wenn wir uns mit dem Dienst des Herrn beschäftigen, wie Er uns gedient und sogar sein Leben für uns gegeben hat, dann „müssen“ wir dienen, weil wir es gar nicht anders aushalten können.

Aber wenn der Wunsch, dem anderen zu dienen, nicht da ist, dann frage ich mich, wie viel vom Herrn in dir ist. Ich sage nicht, dass du nicht von neuem geboren bist; wir müssen nicht alles immer mit der Wiedergeburt in Verbindung bringen. Aber was ist denn dann wirklich da? Wenn nicht wenigstens der Wunsch da ist – wenigstens der Wunsch! –, dem anderen wirklich zu dienen? Wie gesagt, nicht so wie eine „Beruhigungstablette“, nach dem Motto „Ich hab ja jetzt hier- oder darauf verzichtet“ – ich kenne das bei mir auch. Machen wir uns nichts vor, Gottes Wort ist hier sehr streng, und dieses Wort soll zu unserem Herzen sprechen.

Was bringen wir Gott dar?

Gott sagt sogar in Vers 10: „Wäre doch nur einer unter euch, der die Türen verschlösse, damit ihr nicht vergeblich auf meinem Altar Feuer anzündet!“ (Mal 1,10). Jetzt stellt euch einmal vor, wir würden alle Halbherzigen am Sonntagmorgen vor die Tür stellen. Wer wäre hier eigentlich noch drin? Diese Frage müssen wir uns doch selbst auch einmal stellen. Brauchen wir nicht vielleicht sogar einmal jemanden, der die Türen verschließt? Hat Gott das nicht sogar schon gemacht in der Geschichte – ich denke einmal nur an das Dritte Reich. Wie Gott besonders in „Versammlungskreisen“ die Türen verschlossen hat. Ist das nicht eine ganz ernste Sache, wenn Gott Türen verschließt? Der Bibelausleger Warren W. Wiersbe schreibt zu diesem Vers:

Maleachi erzählte diesen ungehorsamen Priestern, dass es besser wäre, die Türen des Tempels zu schließen und das Opfern vollständig einzustellen, als mit diesen heuchlerischen Praktiken fortzufahren. Lieber gar keine Religion als eine, die Gott nicht das Allerbeste gibt! Wenn unsere Meinung von Gott so gering ist, dass wir annehmen, dass er mit billiger und halbherziger Anbetung zufrieden ist, kennen wir den Gott der Bibel nicht. Tatsächlich wäre ein Gott, der uns ermutigt, weniger als unser Bestes zu geben, gar nicht der Anbetung wert![1]

„Bring es doch deinem Statthalter dar“ (Mal 1,8). Gott macht sich fast lustig oder spricht jedenfalls ironisch. Ist das nicht eine ernste Sache? Mit einem Statthalter können wir vielleicht heute nichts anfangen, wir könnten auch sagen: Bringe es doch deinem Lehrer dar oder bringe es doch deinem Chef dar. Bringe ihnen doch deine ganze Halbherzigkeit! – Meint ihr, ihr werdet eine Gehaltserhöhung bekommen? Meint ihr, ihr werdet in der Schule vorankommen, wenn ihr das Lernen nur halbherzig in Angriff nehmt? Im Job können wir uns Abend für Abend hinsetzen. Man sieht junge Leute, wie sie schuften, machen und tun, um nur ein paar „Kröten“ mehr zu verdienen und um auf der Karriereleiter aufzusteigen usw. Aber man kann sie nicht gebrauchen für die Versammlung! Ich sage auch hier nicht, dass man sich nicht weiterentwickeln darf, das ist nicht meine Botschaft. Gott kann uns auch im Beruf weiterführen. Aber wenn das dazu führt, dass wir für die Versammlung unbrauchbar sind oder werden, dann ist das nicht Gottes Ziel. Dann haben wir das Ziel verfehlt, wenn wir uns von Gott nicht gebrauchen und nicht einspannen lassen in seinem Reich.

Gott sagt zu ihnen: „Ich habe kein Gefallen an euch“ (Mal 1,10). Aber es war leider nicht so, dass sie das damals verstanden hätten. Sie dachten: Wieso? Was denn? Was willst du eigentlich, Maleachi? – Als Gott ihnen das so vorstellte, da haben sie gefragt: Womit und worin usw.?

Wie mühsam ist der Dienst

Maleachi 1,13: „Und ihr sprecht: ,Siehe, welch eine Mühsal!‘“ – Boah, ist das anstrengend!, würden wir heute sagen. Immer in die Gemeinde zu gehen, Bibel zu lesen und zu beten und dann noch weitere Dienste. Es gibt so viele tolle und coole Sachen, die man machen könnte. Ich möchte noch einmal einen anderen Bibelausleger (W. Lickley) zitieren:

Vers 13: „Siehe, welch eine Mühsal!“ (d.h.: Ach, wie mühselig ist der Dienst!) Wie weitverbreitet ist diese Haltung! Junge Geschäftsleute, denen es zum Beispiel nicht schwerfällt, sich zu ihrem materiellen Nutzen Abend für Abend mit Eifer und Energie einer Ausbildung zu widmen, können nicht dazu gebracht werden, in den Versammlungen zur Hilfe zu sein, wo ihre Mitarbeit so sehr nötig wäre, oder etwas für ihr geistliches Wachstum zu tun .„Siehe, welch eine Mühsal!“ Gläubige können Stunden bei irgendeinem Hobby zubringen oder sich darin weiterbilden. Andere sind Könner im „Do it yourself“, sie bauen viele Stunden lang ihr Auto auseinander und wieder zusammen, und das ist ihnen weder mühsam noch lästig. Aber dieselben Leute finden keine Zeit für die Zusammenkünfte oder schauen schon nach wenigen Minuten nervös auf die Uhr. Was Gott damals wollte und was Er heute noch will und sucht, sind Gläubige, die erkennen, wie wichtig seine Interessen sind, und die ihnen mehr Zeit einräumen als den Dingen ihrer eigenen Wahl, Gläubige, die die Prioritäten richtig setzen und die darauf achten, dass sie sich Ihm gegenüber recht verhalten.

Ich finde, dass diese Zeilen für unsere Zeit den Nagel auf den Kopf treffen. Es sind uns andere Dinge so schnell wichtiger. Nehmen wir uns doch nur einmal vor, wenigstens am Dienstag zur Gebetsstunde und Wortbetrachtung zu kommen, wenn nicht wirklich etwas ganz Wichtiges anliegt. Ich kenne das selbst auch. Ich bin im Außendienst tätig und weiß, dass sich manche Termine nicht oder nur ganz schwer vermeiden lassen und ich deswegen manchmal fehle. Aber in meinem Outlook-Kalender auf dem Computer ist dieser Abend grün fett markiert: Da ist Versammlung! Und ich versuche, wenn es eben geht, meine Termine um diesen Termin herum zu legen. Wäre das nicht für viele ein Anfang, dass wir überhaupt einmal sagen: Komme, was da wolle, ich versuche, mir wenigstens diesen Abend in der Woche freizuhalten? Es ist so wichtig, nicht weil es darum geht, in die Versammlung zu kommen, nicht wegen der „Beruhigungstablette“, die ich mir dadurch verabreichen könnte, sondern weil ich empfinde, dass ich die Nahrung brauche. Selbst wenn die Brüder sich manchmal nicht einig sind in der Auslegung – das macht überhaupt nichts, Hauptsache, du bekommst etwas von dem Wort Gottes mit. Und oft sind offene Fragen gut, um anschließend dieser Sache persönlich noch einmal zu Hause nachzugehen. Wie oft waren gerade die Ungereimtheiten der Anlass dafür, um anschließend mit den eigenen Kindern noch einmal darüber zu reden. 

Aber es ist auch wichtig, dass du einmal in der Woche in der persönlichen Gegenwart des Herrn bist, dass du mitbetest und Amen sagen kannst zu den Gebeten. Oder ist uns schon gar nicht mehr klar, dass der Herr uns seine persönliche Gegenwart verheißen hat, wenn wir in seinem Namen zusammenkommen? Wir brauchen diesen Ort, weil er uns immer wieder auf dem Kurs hält. Ich kann euch sagen, wenn ich drei oder vier Wochen nichts mit dem Wort Gottes zu tun hätte, ich wäre wieder komplett in der Welt, zumindest hätte ich wie Demas den jetzigen Zeitlauf wieder liebgewonnen – darauf kann ich euch Brief und Siegel geben. Das geht so schnell. Dann werden auf einmal andere Dinge wieder wichtig in unserem Leben, sie werden viel zu wichtig.

Das Beispiel Jerichos

Denken wir nur einmal an das schreckliche Beispiel von Jericho. Das ist eines der ernstesten Beispiele dafür, was passiert, wenn wir das, was wir abgebrochen haben, wieder aufbauen. Da ist diese Mauer gefallen durch den Glauben des Volkes Gottes und durch die Macht Gottes, und dann heißt es in Josua 6,26: „Und Josua schwor in dieser Zeit und sprach: Verflucht vor dem HERRN sei der Mann, der sich aufmachen und diese Stadt Jericho wieder aufbauen wird! Mit seinem Erstgeborenen wird er ihren Grund legen, und mit seinem Jüngsten ihre Tore aufstellen.“

Dieser Fluch ist wirklich später eingetroffen, das können wir in 1. Könige 16,34 nachlesen. Aber das Wichtige ist, dass es hier heißt: „Verflucht ist der, der diese Stadt wieder aufbaut!“ Da wird die Stadt Jericho, die auch die Palmenstadt genannt wurde und ein Bild von Schönheit und Anziehungskraft dieser Welt ist, durch Glauben eingenommen. Und was macht das Volk dann oder besser gesagt, was ist dann die Gefahr? Dass man diesen Sieg viel zu schnell wieder preisgibt, dass man das wieder aufbaut, was man zuvor mit der Kraft des Glaubens zerstört hatte! Wenn ich die Dinge, die ich einmal verlassen und nach meiner Bekehrung auch gelassen habe, wieder aufbaue – und wie schnell kann das passieren! –, müssen wir dann nicht wiederum das Angesicht des Herrn suchen und uns erneut von diesen Dingen abwenden? Wie schnell bauen wir das, was wir einmal abgerissen haben, wieder auf.

Viele von uns kannten Zeiten – und ihr habt versammlungsmäßig ja die gleiche Entwicklung durchgemacht –, da durften wir dieses und jenes nicht, und dies und das war verpönt oder war nicht in Ordnung; dann durfte man keinen Fernseher haben und keine Filme gucken und nicht ins Kino gehen usw. Doch ich muss euch sagen, wenn ich heute das Gegenteil sehe, nämlich welche Freiheit wir uns heute nehmen, dann weiß ich nicht, ob das andere nicht doch besser war. Sicherlich sollte es uns nicht um eine Wahl gehen zwischen der Gesetzlichkeit auf der einen und der Freiheit, die zum Anlass für das Fleisch genommen wird, auf der anderen Seite. Dennoch kenne ich kaum einen, der wirklich vernünftig mit dieser neu gewonnenen Freiheit umgehen kann – und dann kann man rein menschlich gut verstehen, wenn andere Christen gewisse Dinge einfach vom Grundsatz her verbieten. Ob das nun der richtige Weg ist, sei dahingestellt. Aber wenn man die Gesetzlichkeit meint geißeln zu müssen, dann müssen wir das auf der anderen Seite auch tun, wenn man die Freiheit zum Anlass für das Fleisch benutzt. Ich habe eigentlich gar nichts dagegen, wenn man mal einen Film guckt. Ich habe nicht einmal prinzipiell etwas dagegen, wenn jemand mal ins Kino geht. Aber was man heute beobachten kann, ist, dass wir es wieder übertreiben, und ich kann es meinen Kindern kaum mehr erklären, wenn wir das alle machen. Wie soll ich es denn dann vernünftig meinen Kindern erklären, wenn der Kommentar vorprogrammiert ist: Das darf der und der aber auch! – Wir bauen letztlich das, was wir einmal abgerissen haben, wieder auf. Aber Gott sagt zu Josua: „Verflucht vor dem Herrn sei der Mann“, der dieses tut.

Wir müssen als Eltern wirklich wieder mit unseren Kindern sprechen und sagen, dass es nicht anders geht, entweder wollen wir dem Herrn dienen und wie Josua sagen: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen“, oder wir sagen: Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn ein bisschen dienen und der Welt ein bisschen dienen. – Aber da sagt der Herr Jesus, dass das nicht geht. Du kannst nicht dem Mammon dienen und dem Herrn. Wir können nicht zwei Herren dienen. Wir müssen uns positionieren. Wir müssen Familienrat halten und uns fragen: Was wollen wir jetzt eigentlich als Familie? Wollen wir dem Herrn dienen mit dem ganzen Herzen und mit dem ganzen Haus, oder wollen wir lieber zweigleisig fahren? So ein bisschen davon und ein bisschen davon? – Ernste Sache!

Ein Wort an die Verantwortlichen der Gemeinde

In Kapitel 2 geht es dann weiter; da werden besonders die Priester angesprochen. Das waren damals die verantwortlichen Leute im Volk Gottes. Auch die bekommen ihr Fett weg. Sie haben den Bund gebrochen, heißt es in Maleachi 2,8. Der Bund mit Levi kam dadurch zustande, dass sie sich auf die Seite Moses und damit auf die Seite Gottes schlugen, als Mose sie aufforderte: „Her zu mir, wer für den HERRN ist!“ (2Mo 32,26). Der Stamm Levi hat sich dann zu Mose bekannt. Dafür sollte der Stamm von Gott besonders gesegnet werden. Das Teil für sie kam von Gott selbst. Sie bekamen in Kanaan nicht ein Stück Land wie die anderen, sondern sie sollten von den Erträgen der anderen leben. Sie haben ein besonderes Teil bekommen. Sie standen in einem besonderen Bund mit Gott. Sie waren besonders bevorrechtigt! Hier finden wir die Parallele zu uns heute, denn wie bevorrechtigt sind wir heute! Wir sind alle zu Priestern gemacht worden, wir haben Verantwortung.

Was sollten die Priester tun? Folgendes hätten sie eigentlich tun sollen: „Mein Bund mit ihm [Levi] war das Leben und der Frieden“ – das war die Absicht Gottes – „und ich gab sie ihm zur Furcht, und er fürchtete mich, und er zitterte vor meinem Namen. Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Mund, und Unrecht fand sich nicht auf seinen Lippen; er wandelte mit mir in Frieden und Geradheit, und viele brachte er von ihrer Ungerechtigkeit zurück.“ Ist das nicht für alle wichtig, die eine besondere Verantwortung im Volk Gottes haben, dass sie in Geradheit wandeln? Dass sie gerecht sind? Wir können doch nur gerecht sein und gerecht leben, wenn wir das Wort kennen. Hier steht: „Denn die Lippen des Priesters sollen Erkenntnis bewahren, und das Gesetz sucht man aus seinem Mund“ (Mal 2,7). Wenn wir die Bibel nicht kennen, können wir keine gerechten Entscheidungen treffen. Dann werden wir nämlich in bestimmten Dingen zu locker und in anderen Dingen zu hart und extrem sein. Wir werden das Maß nicht finden können, wenn wir das Wort Gottes nicht studieren. Gerade wir, als verantwortliche Brüder, müssen uns das zu Herzen nehmen. Wir haben Verantwortung für die, die uns anvertraut sind und für die wir eine besondere Verantwortung empfangen haben.

Ist das nicht schön, wenn wir hier lesen, was eigentlich hätte sein sollen? „Er wandelte mit mir in Frieden und Geradheit, und viele brachte er von ihrer Ungerechtigkeit zurück.“ Ich denke manchmal: Warum klappt das eigentlich heute nicht mehr? – Da sieht man irgendwelche Problemfälle in der Versammlung, und dann konnte man sie von ihrer Ungerechtigkeit und ihrem ungeraden Weg nicht zurückbringen. Man hat noch den Wunsch verspürt, aber es nicht geschafft. Das müssen wir doch mal zur Kenntnis nehmen. Wir können uns nicht immer darauf ausruhen und sagen: Na gut, die haben einfach nicht gewollt, sie sind ja selbst schuld. Das ist natürlich auch ein Stück weit wahr, aber wir müssen doch merken, dass hier steht, dass die Priester gerade diejenigen sind, die viele von ihrer Ungerechtigkeit zurückbringen. Und wenn das in unseren Kreisen und in unserer Mitte nicht mehr geschieht – was müssen wir denn daraus schließen? Das ist doch offenbar nicht der Normalzustand, den wir dann unter uns haben.

„Denn die Lippen des Priesters sollen Erkenntnis bewahren.“ Ist diese Erkenntnis wirklich noch da? Ich meine nicht die Erkenntnis, die aufbläht, die Erkenntnis ohne den Funken Liebe darin. Aber hier steht: „Die Lippen des Priesters sollen Erkenntnis bewahren.“ Das ist Gottes Grundsatz zum Fortbestehen der Versammlung, dass es dort Priester gibt, dass es Verantwortliche gibt, die Erkenntnis bewahren, die gelernt haben, dass sie Verwalter sind. Die Versammlung ist die Grundfeste der Wahrheit, sie ist die Säule der Wahrheit. Die Versammlung soll etwas hochhalten, sie soll die Wahrheit aufrechterhalten (vgl. 1Tim 3,15). Aber wenn wir uns nicht mehr mit der Wahrheit beschäftigen – wie sollen wir sie denn dann bewahren oder hochhalten? Das geht doch gar nicht. Man hat doch mehr den Eindruck, dass die Wahrheit anfängt, in der Versammlung zu sterben.

Als ich zum Glauben kam, bin ich von Leuten unterrichtet worden, und ich habe wirklich gedacht, das, was ich da gelernt habe, wäre der Standard in den Versammlungen. Ich dachte, dass das, was sie mir beibrachten, eigentlich alle in der Versammlung wüssten; davon war ich ausgegangen. Und ich habe leider immer mehr festgestellt, dass das überhaupt nicht so ist.

Wir denken manchmal, in unseren Kreisen sieht es ja noch ganz gut aus mit dem Festhalten der Wahrheit. Aber ganz ehrlich: Wenn man ein bisschen herumkommt und so durch die Versammlungen schaut, dann muss man sagen, dass es bei uns nicht gut aussieht (vielleicht noch rein äußerlich). Wenn wir sehen, was alles in unseren Kreisen an Erkenntnis da war und was heute davon noch übriggeblieben ist, dann ist das sehr erschreckend. Lest bitte selbst zum Beispiel den Botschafter von unseren Brüdern. Ja, man möchte eigentlich fast sagen: Lest ihn nicht!, denn es kommen einem die Tränen in die Augen. Man sagt schnell, dass das ein altes Deutsch ist, das man heute nicht mehr lesen kann – und ich habe mich auch damit schwergetan und das Gleiche gesagt –, und heute lese ich den Botschafter gerne. Manchmal ist das auch alles nur eine blöde Ausrede, um sich mit diesen Dingen nicht beschäftigen zu müssen. 

Man sieht jedenfalls in solchen Schriften, was für tiefe Einsichten einmal vorhanden waren; und die Brüder hatten diese Einsicht nicht, weil sie irgendwie die „Könige der Wahrheit“ waren oder weil sie immer die Ersten sein wollten, die die Fragen beantworten können oder aufgrund irgendwelcher anderer niedriger Beweggründe. Das Wesentliche bei ihnen war, dass sie von ihrem Herrn erfüllt waren. Wenn man die Biographien dieser Brüder liest, dann können wir sehen, dass sie ihr ganzes Leben dem Herrn hingegeben haben, und es war ihnen ein Bedürfnis, im Herrn zu wachsen, und das haben sie dann weitergegeben und Gott hat sich ihnen offenbart. Gott zeigt sich dann auch in seiner Schönheit und Größe. Das werden wir dann ebenso feststellen. Fange an, die Bibel zu studieren, und du wirst etwas von der Schönheit des Herrn Jesus entdecken – da bin ich ganz sicher. Zumindest dann, wenn wir die Bibel in der Absicht lesen, den Herrn Jesus besser kennenzulernen, und nicht, um den Kopf mit Theologie zu füllen. Aber wir müssen damit endlich anfangen.

Ein Wort an die Gemeindeglieder

In Vers 7 lesen wir: „Die Lippen des Priesters sollen die Erkenntnis bewahren und das Gesetz sucht man aus seinem Mund“ (Mal 2,7). Lesen wir dazu etwas aus Zephanja 1,6: „… und die, die von dem HERRN zurückweichen und die den HERRN nicht suchen noch nach ihm fragen.“ Suchen wir eigentlich noch irgendetwas, wenn wir hierher kommen? Haben wir überhaupt noch Fragen? Sprecht mal mit Neubekehrten, die haben Fragen ohne Ende. Haben wir noch wirklich Fragen und suchen wir noch den Herrn? Sind wir noch so wie Maria am Auferstehungstag, die den Herrn suchte und sagte: „Sie haben meinen Herrn weggenommen“ (Joh 20,13)? Alle Jünger gingen an diesem Tag nach Hause. „Da gingen die Jünger wieder heim“ (Joh 20,10), so steht es dort. Aber Maria hatte kein Zuhause, sie suchte ihren Herrn, sie konnte ohne Ihn nicht und wollte ohne Ihn auch nicht mehr. Ist das wirklich noch unser Verlangen? Ist das bei uns der Fall, dass ich sage, ich kann ohne den Herrn nicht mehr und ich will auch nicht mehr ohne Ihn durch das Leben gehen? Suchen wir noch etwas? Fangen wir doch wieder an, den Herrn wirklich zu suchen und Fragen zu stellen. Ihr jungen Leute: Stellt euren Eltern Fragen, gebt nicht eher Ruhe, bis sie euch die Fragen beantwortet haben; und wenn sie sagen: Damit müssen wir uns erst einmal auseinandersetzen, dann fragt morgen wieder und übermorgen wieder. Eure Eltern sind dafür zuständig, dass sie euch die Fragen beantworten, also fragt. Oder geht woanders hin und versucht, die Fragen zu lösen.

Es ist nicht nur so, dass die Priester Erkenntnis bewahren und die Gemeinde unterrichten sollen. Es ist auch so, dass die, die dann zuhören, etwas suchen müssen, sie müssen ein Verlangen haben. Wenn wir nicht hierhin kommen und sagen: Ich habe ein Verlangen zu wachsen, ich möchte heute wachsen im Herrn, ich brauche das, ich suche ein Wort für meinen Weg, dann werden wir auch nichts finden. Das Suchen und Fragen gehört also mit dazu.

Wir haben Vorbildfunktion

Das, was wir jetzt in Vers 7 betrachtet haben, wäre der Normalzustand gewesen, wie es hätte sein können, aber dann lesen wir in Vers 8: „Ihr aber seid abgewichen vom Weg, habt viele straucheln gemacht im Gesetz, ihr habt den Bund Levis zerstört, spricht der HERR der Heerscharen. So habe auch ich euch beim ganzen Volk verächtlich und niedrig gemacht, in dem Maß, wie ihr meine Wege nicht bewahrt und die Person anseht beim Gesetz“ (Mal 2,8). Puh! Ich muss da unweigerlich an unsere Vergangenheit als örtliche Versammlung denken – es tut mir leid –: „So habe auch ich euch bei dem ganzen Volk verächtlich … gemacht.“ Fragt doch einmal die Nachbarn, was sie über uns sagen!? Fragt doch mal andere Gemeinden! Ich sage nicht, dass das jetzt immer wichtig und entscheidend ist, aber wir sollten uns der Kritik stellen und sie zu Herzen nehmen, wenn sie berechtigt ist. Woran halten wir eigentlich so fest? Ich habe manchmal den Eindruck, wir halten an gewissen Äußerlichkeiten fest, und alles muss nach dem und dem Prinzip gehen. Aber dann gibt es wirklich wichtige Sachen, worüber das Wort Gottes auch deutlich spricht, nur lassen wir das manchmal so schnell fallen. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn Gott dann seinen Segen nicht dazu gibt. 

„Ihr aber seid abgewichen.“ Das Wort „ihr aber“ bedeutet, dass wir Vorbildfunktion haben. Was sind wir noch für Vorbilder? Unseren Kindern oder unserer Nachbarschaft oder anderen Gemeinden gegenüber? Es gibt so manche Stellen in der Schrift, die über unsere Vorbildfunktion reden, zum Beispiel Titus 2,7 und 1. Timotheus 4,12. Nehmen wir einmal nur das Beispiel der Thessalonicher. Wären wir doch so eine Versammlung wie die Thessalonicher. Ist das heute nicht mehr möglich? „Und ihr seid unsere Nachahmer geworden und die des Herrn, indem ihr das Wort aufgenommen habt in vieler Drangsal mit Freude des Heiligen Geistes, so dass ihr allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden seid. Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Mazedonien und in Achaja, sondern an jedem Ort ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden, so dass wir nicht nötig haben, etwas zu sagen“ (1Thes 1,6-8). Wow, das ist eine Versammlung! Wenn man das einmal von uns sagen könnte! „Von euch aus ist das Wort ausgegangen.“ – Ihr seid im Gespräch bei allen umliegenden Versammlungen und nicht negativ, sondern positiv! Stellt euch vor, unser Glaube wird von vielen um uns herum gesehen. Wünschen wir uns manchmal, so eine Versammlung zu sein? Das ist der Normalzustand. Aber wisst ihr, was diese Gemeinde gekennzeichnet hat? Wir lesen in 1. Thessalonicher 1,9:

  1. „Denn sie selbst berichten von uns, welchen Eingang wir bei euch hatten und wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt.“ Was sind heute unsere Götzen?
  2. „… um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen.“ Haben wir den Wunsch, dem Herrn von ganzem Herzen zu dienen?
  3. „… und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten.“ Worauf warten wir heute?

Das sind die drei Punkte, die eine Versammlung kennzeichnen sollte:

  • abwenden und hinwenden,
  • dienen,
  • erwarten

Mit diesem Beispiel der Thessalonicher möchte ich zum letzten und positiven Punkt in Maleachi 3 überleiten:

Der Überrest

Denn bei all dem Negativen wollen wir doch auf die positiven Dinge schauen und uns diese neu in Erinnerung rufen und uns danach ausrichten. Es hat immer Menschen gegeben, die das erkannt und gesagt haben: Wir machen uns neu auf. – Es ist nie zu spät. Es gibt immer eine Möglichkeit, ein Überrest in seiner Zeit zu sein. Nur, die Frage ist, ob wir dieser Überrest wirklich sein oder zu ihm gehören wollen. Es hat diesen Überrest immer gegeben. In der bösen Zeit damals bei Abraham gab es genau diesen Abraham. Nehmen wir Josua und Kaleb. Als die anderen Kundschafter alle etwas anderes sagten und blind für die Sicht des Glaubens waren, da waren die beiden treu, sie waren der Überrest. Oder denken wir an die Zurückgekehrten aus Babylon. Das waren nicht alle Israeliten, sondern nur ein Bruchteil davon, aber es war der Überrest. Denken wir an Daniel. Es gibt immer die Möglichkeit, treu und ein Daniel zu sein und sich neu aufzumachen. Es besteht die Möglichkeit für den Einzelnen und es besteht die Möglichkeit für eine ganze örtliche Gemeinde.

So sprechen auch die Verse in Maleachi 3,16-18 über diesen Überrest: „Da unterredeten sich miteinander, die den HERRN fürchten, und der HERR merkte auf und hörte; und ein Gedenkbuch wurde vor ihm geschrieben für die, die den HERRN fürchten und die seinen Namen achten. Und sie werden mir, spricht der HERR der Heerscharen, zum Eigentum sein an dem Tag, den ich machen werde; und ich werde sie verschonen, wie ein Mann seinen Sohn verschont, der ihm dient. Und ihr werdet wieder den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient.“ Das sind die Kennzeichen eines Überrestes. Auch hier finden wir wieder besonders das Wort „dienen“.

Der Überrest in Maleachi 3 ist die Überleitung zum Neuen Testament. Vierhundert Jahre waren vergangen, in denen Gott nicht gesprochen hatte, und dann beginnt das Neue Testament mit den schönen Worten von Zacharias und Elisabeth: „Beide aber waren gerecht vor Gott und wandelten untadelig in allen Geboten und Satzungen des Herrn“ (Lk 1,6). Seht ihr, auch nach den vierhundert Jahren: Gott hat immer einen Überrest, und wenn es auch in unserer Zeit noch so finster ist – Gott hat immer einen Überrest. Die Frage ist nur, ob wir dazugehören. Wir müssen uns dazu entscheiden. Bei Maleachi heißt es: „Ihr werdet wieder den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen“, hier in Lukas 1,6 steht: „Beide aber waren gerecht vor Gott.“ Oder denken wir an Lukas 2, wo es von Simeon in Vers 25 heißt: „Und siehe, in Jerusalem war ein Mensch, mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm.“

Merken wir? Zacharias und Elisabeth waren gerecht. Simeon war gerecht. Das ist das Abwenden vom Bösen und das Hinwenden zu Gott. Aber Simeon hatte noch etwas: Er wartete! Die Erwartung ist immer etwas, was den Überrest kennzeichnet – gerecht sein, erwarten. Und jetzt lesen wir noch dazu Vers 36 in Lukas 2: „Und es war eine Prophetin Anna da, eine Tochter Phanuels, aus dem Stamm Aser. Diese war in ihren Tagen weit vorgerückt und hatte sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt von ihrer Jungfrauschaft an; und sie war eine Witwe von vierundachtzig Jahren“ – es ist nie zu spät, ihr lieben alten Geschwister – „die nicht vom Tempel wich, indem sie Nacht und Tag mit Fasten und Flehen diente“ (Lk 2,36). Hier haben wir das Dienen wieder. Alle drei Punkte, die bei den Thessalonichern vorhanden waren, fanden sich auch bei diesem Überrest.

Also, wenn wir heute zu einem Überrest gehören möchten wie einst auch die Thessalonicher, dann müssen auch wir uns von dem Bösen und von den Götzen unserer Zeit abwenden, das heißt damit brechen. Das kann dann zum Beispiel auch einmal so aussehen, dass wir am Samstagabend keinen Film ansehen, weil am nächsten Tag Sonntag ist (überhaupt sollten wir jeglichen Filmkonsum überprüfen). Wenn wir dann Samstagabend noch irgendeinen Film gesehen haben, wo es dann vielleicht sogar noch wieder um Ehebruch oder Gewalt oder dergleichen ging, dann möchte ich nicht wissen, was dann wirklich am Sonntagmorgen in unserem Herzen ist. Wenn wir wie die Thessalonicher ein Überrest sein möchten, dann müssen wir auch unsere Erwartungshaltung überprüfen. Dann müssen wir auch unsere Aktivitäten und Prioritäten neu ordnen, so dass wir wirklich wieder dem Herrn von ganzem Herzen dienen. Nehmen wir uns das vor: Punkte in unserem Leben wirklich zu verändern!

„Ich habe euch geliebt“

Ich hoffe, es war nicht zu entmutigend, aber auch Maleachi ist letztendlich ein Prophet gewesen, dem Gott nicht einfach die Rute in die Hand drücken wollte, sondern was Gott getan hat, hat Er aus dem Grund getan, den wir bereits in Maleachi 1,2 fanden: „Ich habe euch geliebt.“ – Wir haben manchmal eine eingeschränkte Sichtweise von dem, was in Gottes Augen Liebe ist. Wir können es fast nicht glauben, dass Gott so eine ernste und deutliche Sprache spricht und dies gerade deswegen tut, weil Er uns liebt. Gott sei gedankt für seine große Liebe und Geduld mit uns!

Anmerkungen

[1] Warren Wiersbe, aus Sei erstaunt, Dillenburg (CVD).

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