Lektionen für Diener
Am Beispiel von Martha und Maria

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 17.01.2018, aktualisiert: 04.05.2023

Leitverse: Lukas 10,40-42

Lk 10,40-42: Martha aber war sehr beschäftigt mit vielem Dienen … Martha, Martha! Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; eins aber ist nötig.

Einleitung

Im Dienst für den Herrn ist es von besonderer Bedeutung, sich klarzumachen, wem wir eigentlich dienen. Wenn wir dann erkannt haben, dass wir dem besten Herrn der Welt dienen, dann wird klar sein, dass Er unser Auftraggeber ist. Wie stellt der Herr Jesus sich unseren Dienst vor? Sollen wir einfach loslaufen und schauen, was in seinem Reich zu tun ist? Wie hat eigentlich der Herr Jesus gedient, welchen Prinzipien folgte Er?

Wären das nicht gute Fragen, bevor wir mit dem Dienst für Ihn starten? Wenn Jesaja vom „Knecht (Diener) des HERRN“ weissagt, spricht er: „Gott weckt jeden Morgen, er weckt mir das Ohr, damit ich höre wie solche, die belehrt werden“ (Jes 50,4). Wenn das schon für den Herrn der ganzen Welt galt, wie viel mehr für uns. Vor jedem Dienst steht das Hören.

Vorbereitung zum Dienst

Im Dienst für den Herrn können wir entweder an dem Martha-Syndrom leiden oder dem Maria-Prinzip folgen. Wenn wir uns gerade erst bekehrt haben, besteht oft der Wunsch, dem Herrn in Hingabe zu dienen. Viele werden sofort auf das Missionsfeld geschickt. Sofort müssen sie Traktate verteilen, Büchertische organisieren und andere Veranstaltungen unterstützen. Es ist einfach so naheliegend.

  • Auch der Apostel Paulus sagte sofort nach seiner Bekehrung: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Der Herr führte ihn aber dann zuerst in die Einsamkeit, bevor er etwas tun konnte.
  • Mose wollte etwas für sein Volk tun; er erschlug den Ägypter und musste in der Folge vierzig Jahre in die Wüste, um Schafe zu hüten.
  • David musste ebenfalls zuerst Schafe hüten, bevor er ein ganzes Volk als König führen sollte.
  • Selbst der Herr Jesus begann seinen öffentlichen Dienst erst mit dreißig Jahren. Er musste an Weisheit vor Gott und den Menschen zunehmen und wurde vor seinem öffentlichen Auftreten vierzig Tage in der Wüste vom Satan versucht.

Bevor wir mit dem Dienst starten, möchte der Herr Jesus uns bei sich zur Ruhe bringen. Maria wollte dem Herrn nicht nur zuhören, sondern wir lesen zuerst, dass sie „sich auch zu den Füßen Jesu niedersetzte“, und dann heißt es weiter, dass sie „seinem Wort zuhörte“ (Lk 10,39). Er möchte, dass wir in Ihm unser völliges Genüge haben. Er möchte nicht nur, dass wir als mit Sünden Beladene zur Ruhe kommen, sondern dass wir auch nach unserer Bekehrung in unserem christlichen Alltag in Ihm Ruhe finden. Wie viel unruhige Betriebsamkeit gibt es nicht unter Christen. Viele dienen eifrig dem Herrn und kommen doch nie vor Ihm zur Ruhe. Guten Tag, Martha! „Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge“ (Lk 10,41).

Der Schein trügt

Jeder Dienst sollte aus dem Wissen hervorgehen, dass unser Dienst nicht das Wichtigste ist. Wir sollen eben nicht „besorgt und beunruhigt um viele Dinge“ (Lk 10,41) sein. Wir können mit „vielem Dienen“ beschäftigt sein, ohne dabei im Herrn wirklich zur Ruhe gekommen zu sein. Wir können sogar, wie Martha, dem Herrn unser Haus geöffnet, Ihm alle Mittel zur Verfügung gestellt haben und bereit sein, unsere Zeit für Ihn einzusetzen, und dennoch die Worte hören: „Eins aber ist nötig“ (Lk 10,42). Man kann für sich denken, alles richtig gemacht zu haben, und trotzdem vom Herrn getadelt werden. Das muss uns einfach aufhorchen lassen.

Es ist wie bei dem reichen Jüngling in Markus 10,21, der die Worte hören musste: „Eins fehlt dir.“

  • War er nicht sehr ernst und aufrichtig? Er „lief herzu“.
  • War er nicht sehr ehrfürchtig? Er „fiel vor ihm auf die Knie“.
  • War er nicht an ewigen Dingen interessiert? Er fragte: „Was soll ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ (Mk 10,17).
  • War er nicht ein sehr gottesfürchtiger junger Mann?  Er sagte: „Dies alles habe ich beachtet von meiner Jugend an“ (Mk 10,20).

Es gab wohl kein schöneres Bild von einem rechtschaffenen Menschen. Auch der Herr Jesus erkannte das an: „Jesus aber blickte ihn an, liebte ihn.“ Und doch hörte dieser reiche Jüngling die Worte: „Eins fehlt dir“ (Mk 10,21).

Es ist offenbar nicht so wichtig, was wir über unseren Dienst oder über unser Leben denken, sondern was der Herr Jesus darüber denkt. Das eine, was dem reichen Jüngling fehlte, war genau das eine, was Martha nötig und Maria offensichtlich gelernt hatte. Und was offenbar auch ein anderer reicher „Jüngling, genannt Saulus“ (Apg 7,58), in seinem Leben gelernt hatte, wenn er an die Philipper später schreiben konnte: „Eins [das eine, was fehlte, und das eine, was nötig war!] aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“ (Phil 3,13.14).

Sowohl Maria als auch der Apostel Paulus stellten Christus, und Ihn allein, vor ihre Blicke. Der reiche Jüngling war nicht bereit, die Vorteile, die die Vorsehung Gottes für ihn bereitgestellt hatte, aufzugeben. Denn der Herr Jesus sagte ihm: „Verkaufe, was du hast“ (Mk 10,21), und der reiche Jüngling „ging betrübt weg“ (Mk 10,22). Der Apostel Paulus, einst der auf seine Weise reiche „Jüngling, genannt Saulus“, war bereit, alles, was ihm an Vorteilen durch die Vorsehung Gottes zuteilgeworden war, für Dreck zu achten. Warum? „Wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne“ (Phil 3,8). Er stellte das eine vor seine Blicke, was dem reichen Jüngling in Markus 10 fehlte und was Martha nötig hatte.

Kennzeichen des Martha-Syndroms

Martha hatte dem Herrn Jesus ihr Haus geöffnet: „Eine gewisse Frau aber, mit Namen Martha, nahm ihn in ihr Haus auf“ (Lk 10,38; viele gute Handschriften fügen hier „in ihr Haus“ ein!). Der Herr Jesus schätzte es sehr, in diesem Haus in Bethanien zu sein. Aus dem Johannesevangelium wissen wir: „Jesus aber liebte Martha und ihre Schwester und Lazarus“ (Joh 11,5). Der Herr schätzte den Dienst von Martha sehr, denn sie sorgte sich um das leibliche Wohl dessen, den sie ebenfalls liebte – dennoch wurde sie getadelt. Später in Johannes 12, einige Tage vor der Kreuzigung, finden wir Martha wiederum besonders erwähnt: „Sie machten ihm nun dort ein Abendessen, und Martha diente“ (Joh 12,2). Hier hören wir von keinem Tadel. Offensichtlich hatte Martha ihre Lektion gelernt. Welche Lektion hatte Martha zu lernen?

Was führte in Lukas 10,38-42 zu dem Tadel des Herrn? Vielleicht müssen wir zuerst einmal zugeben, dass wir Martha nur zu gut verstehen können. Jeder, der sich nur ein wenig kennengelernt hat, wird sich wohl eher in Martha als in Maria wiederfinden. Wie oft leiden wir unter dem Martha-Syndrom, und wie wenig haben wir gelernt, nach dem Maria-Prinzip zu leben. Dennoch müssen wir die Geschichte so nehmen, wie sie ist, und wir können nicht leugnen, dass der Herr Jesus Martha offensichtlich für ihr Verhalten tadelte. Er tadelte sie nicht für ihren eifrigen Dienst in der Küche oder für ihre großzügige Gastfreundschaft. Hätte Martha diesen Dienst in der Stille ausgeführt, hätte kein Grund zum Tadel vorgelegen (vgl. Joh 12,2).

Wie gesagt, der Herr Jesus schätzte es sehr, in diesem Haus, das offensichtlich Martha gehörte, aufgenommen zu werden, und zwar in Zeiten, während man draußen vor der Tür den Herrn verwarf und die Obersten suchten, wie man Ihn töten könnte. Wir können von Martha sehr viel lernen – nicht nur durch das, was sie vermeintlich falsch machte. Auch wir können dem Herrn unsere Türen öffnen in einer Zeit, wo der Herr Jesus von den meisten Menschen verworfen wird.

Martha handelte sich den Tadel ein, weil sie sagte: „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester mich allein gelassen hat zu dienen? Sage ihr nun, dass sie mir helfen soll“ (Lk 10,40). Martha zweifelte an der Liebe und Fürsorge des Herrn zu ihr; ebenso wie die Jünger auf dem See, als sie den Herrn Jesus weckten und sagten: „Liegt dir nichts daran, dass wir umkommen?“ (Mk 4,38). Martha glaubte offenbar, dass der Herr nur Augen für Maria hatte und deshalb weder ihre Mühe in der Küche sah noch ihre Gastfreundschaft gebührend wertschätzte. Wie oft gibt es Lebensumstände, wo wir geneigt sind zu sagen: „Herr, kümmert es Dich nicht?“ Es passieren Dinge in unserem Leben – vielleicht sogar schwerwiegende Dinge –, von denen wir geneigt sind zu sagen: „Herr, kümmert es Dich nicht?“ Vielleicht wird der Dienst eines anderen mehr wertgeschätzt und du kommst damit nicht klar.

Martha vergleicht ihren Dienst mit dem Dienst der Maria und kommt zu dem Entschluss, dass hier doch ein gewisses Ungleichgewicht vorliegt; deshalb sagt sie zum Herrn: „Meine Schwester hat mich allein gelassen zu dienen.“ Dabei stellt sie fest, dass ihr Dienst doch in diesem Moment viel wichtiger erscheint, als sich zu den Füßen Jesu niederzusetzen. Wenn wir beginnen, uns im Dienst für den Herrn mit anderen zu vergleichen, dann werden wir uns einen Tadel des Herrn einhandeln. Es ist eine wichtige Lektion, zu lernen, dass der Diener „seinem eigenen Herrn steht oder fällt“ (Röm 14,4).

Es ist dabei nur schwer zu verstehen, dass Martha doch bereit war, dem Herrn etwas zu geben, wobei Maria offensichtlich „nur“ etwas von Ihm empfangen wollte. Ist denn nicht „Geben seliger als Nehmen“ (Apg 20,35)? Ja, es bleibt wahr: „Geben ist seliger als Nehmen.“ Maria gab dem Herrn eine Gelegenheit, zu geben. Und das war es, warum der Herr Jesus auf die Erde kam; das war seine Mission: „Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). Das Gesetz konnte nur fordern: „Tue dies und du wirst leben“, aber durch Christus trat Gott nicht mehr als der Fordernde, sondern als der Geber auf. Der Herr Jesus konnte der Maria zu seinen Füßen aus der Fülle dessen, was Er in sich selbst war, geben, und das war für Ihn wahrhaftige Speise und echte Erfrischung: „Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe“ (Joh 4,34).

Aber noch ein dritter Punkt führte zu dem Tadel des Herrn, denn Martha sagte zum Herrn: „Sage ihr nun, dass sie mir helfen soll“ (Lk 10,40). Wir halten unseren eigenen Dienst, den wir vielleicht vom Herrn empfangen haben, für so wichtig, dass wir meinen könnten, andere müssten uns darin unterstützen; schließlich gäbe es ja nichts Wichtigeres als den Dienst, den wir vom Herrn empfangen haben. Martha lässt sich sogar dazu hinreißen, dem Herrn Vorschriften zu machen, was Er zu tun und zu sagen hat. Natürlich dürfen wir dem Herrn unsere Nöte im Gebet bringen, aber nie sollten wir Ihm Vorschriften machen. Waren wir auch schon manches Mal enttäuscht, wenn etliche Glaubensgeschwister unseren Dienst nicht unterstützen oder wenigstes dafür beten wollten? Wenn unser Dienst einfach nicht beachtet wurde? Wie schnell leiden wir dann am Martha-Syndrom. Wie leicht kann es da passieren, sich beim Herrn zu beschweren. Wir wollen lernen, uns und unseren Dienst nicht so wichtig zu nehmen. Das bedeutet nicht, dass dem Herrn unser Dienst nicht wertvoll wäre und wir künftig mit halber Kraft weitermachen sollten, sondern wir wollen unseren Dienst nur an den richtigen Platz stellen. Der Herr stellte auch den Dienst der Martha an den richtigen Platz.

Dem Maria-Prinzip folgen

Wir müssen dem Maria-Prinzip folgen. Nachdem wir jetzt die Diagnose gestellt haben, müssen wir zur Therapie kommen. Was kann uns denn dazu führen, dass wir dem Herrn nicht nur in unser Haus aufnehmen, sondern auch in unser Herz (vgl. Spr 23,26)? Interessanterweise waren verschiedene Menschen bereit, dem Herrn zwar die Tür ihres Hauses zu öffnen, aber offensichtlich nicht ihr ganzes Herz. In Lukas 7 finden wir Simon, den Pharisäer, im Vergleich zur Sünderin; in Matthäus 26,3-9 finden wir Simon, den ehemals Aussätzigen, und in Lukas 10 Martha. Simon und Martha liebten sicher ihren Herrn, dennoch finden wir sie nicht zu den Füßen des Herrn.

Was bewahrt uns davor, in bestimmten Lebensumständen zu fragen: „Herr, kümmert es dich nicht?“? Was kann uns denn davor bewahren, uns im Dienst mit anderen nicht zu vergleichen oder unseren Dienst für zu wichtig zu halten und dem Herrn sogar noch Vorschriften zu machen, was Er am besten einmal machen bzw. sagen sollte? Gibt es denn dafür überhaupt eine heilsame Therapie?

Wenn wir dem Maria-Prinzip folgen, wird unser Martha-Syndrom weitgehend geheilt werden. Wir finden Maria in verschiedenen Begebenheiten im Neuen Testament wieder, und interessanterweise ist das Einzige, was wir aus ihrem Mund hören, das Wort: „Herr, wenn du hier gewesen wärest“ (Joh 11,32). Sie sagt damit: Herr, ich habe dich vermisst! – Das sind die einzigen Worte von Maria im ganzen Neuen Testament, obwohl wir sie zu drei verschiedenen Begebenheiten wiederfinden (Mt 26,6-13; Mk 14,3-9; Lk 10,38-42; Joh 11; 12,1-8). Bemerkenswert, dass wir sie an diesen drei Stellen zu den Füßen Jesu finden.

Maria sagte nichts auf die Anklagen ihrer Schwester hin; sie sagte nichts auf die Anklagen der Jünger hin, als diese meinten, die kostbare Narde hätte besser verkauft und damit den Armen gedient werden können (Joh 12,1-8). Sie erlebte, wie der Herr Jesus sie verteidigte; wie Er davon sprach, dass sie „das gute Teil“ gewählt und später auch „das gute Werk“ getan hatte, indem sie Ihn im Vorfeld, im Blick auf sein Begräbnis, gesalbt hatte. Maria hatte weder ihren Dienst mit dem der Martha verglichen, noch nahm sie ihren Dienst für so wichtig, dass sie ruhelos und „beunruhigt um viele Dinge“ war; auch zweifelte sie nicht an der Liebe und Fürsorge des Herrn und fragte selbst in der großen Not, als ihr Bruder Lazarus verstorben war, nicht: „Herr, kümmert es dich nicht?“ Sie blieb ruhig zu Hause sitzen und wartete auf den Ruf ihres Herrn, während Martha sehr beunruhigt zum Herrn lief (Joh 11,20.28). Was hatte sie, was uns so oft fehlt? Sie hatte das eine, was nötig war! Wer zu den Füßen Jesu gesessen hat, empfängt auch die Kraft, im Leid in Ihm Ruhe zu finden.

Bevor wir uns der Therapie zuwenden, müssen wir uns klar darüber sein, dass wir an einem schwerwiegenden Syndrom leiden, dem Martha-Syndrom. Manche Krankheiten können wir nur sehr schwer erkennen, weil nach außen hin alles in Ordnung zu sein scheint. Nach außen hin sind manche Krankheiten nicht zu erkennen, so wie die wahren Probleme bei Martha oder auch bei dem reichen Jüngling nicht an der Oberfläche lagen. Man musste schon ein zweites Mal hinschauen.

Manche Krankheiten sind auf eine Mangelerscheinung zurückzuführen, und so ist es auch bei dem Martha-Syndrom. Wir leiden unter einem Mangel an Sammlung vor dem Herrn. Sogar unsere sogenannten stillen Zeiten können noch von Aktivismus sein geprägt. Wir schaffen es nicht mehr, zur Ruhe zu kommen und uns einfach auf das zu besinnen, was der Herr Jesus uns in seinem Wort zu sagen hat. Wir müssen erkennen, dass zum Hören auch das „Sichniedersetzen“ gehört (vgl. Lk 10,39). Dieses bedeutet so viel wie: bei Ihm sein, in seiner Gegenwart sein. Maria hatte ein ungeteiltes Herz. Ihr Auge war einfältig auf den Herrn ausgerichtet. Sie freute sich im Herrn allezeit. Wir hören nicht einmal, dass der Herr Jesus mit ihr redete, aber dass Er mit ihr weinte (Joh 11,35).

Bei drei unterschiedlichen Begebenheiten finden wir Maria erwähnt, und jedes Mal finden wir sie zu den Füßen des Herrn Jesus. Jede dieser Szenen könnte schöner nicht sein. Nehmen wir noch die Sünderin aus Lukas 7 hinzu, ergibt sich folgendes Bild:

  • Zu den Füßen des Herrn Jesus findet eine Sünderin im Haus des Pharisäers Simon Frieden und lernt, dass der Herr Jesus größer ist als alle ihre Sünden.
  • Zu den Füßen des Herrn hört Maria auf sein Wort (Lk 10,38-42) und lernt, dass der Herr Jesus größer als jeder Dienst ist.
  • Zu den Füßen des Herrn bringt sie ihren Kummer dar (Joh 11,32-36) und lernt, dass der Herr Jesus größer als unser Kummer ist.
  • Zu den Füßen des Herrn bringt sie ihre Anbetung dar (Joh 12,1-8), die der Herr Jesus als ein „gutes Werk“ (Mt 26,10) bezeichnete, und lernt, dass der Herr Jesus größer ist als alles,was in ihrem Leben einen Wert hätte haben können.

Das sind elementare Dinge, die wir nur lernen, wenn wir zuvor zu seinen Füßen Platz genommen haben.

Wir werden sein Wort weder verstehen noch verkündigen können, wenn wir nicht zuvor zu seinen Füßen gesessen und auf sein Wort gehört haben. Ich kenne keinen Diener Gottes, der von Gott in irgendeiner Weise gebraucht wurde, der nicht zuvor fleißig zu den Füßen des Herrn gesessen hat. Wir werden nicht in der Lage sein, in widrigen Lebensumständen, wenn wir sogar mit dem Tod geliebter Menschen konfrontiert werden (vgl. Joh 11), bei Ihm Ruhe zu finden, wenn wir nicht zuvor zu seinen Füßen gesessen haben. Martha war auch bei dem Tod ihres Bruders Lazarus von Unruhe geprägt, während Maria still im Haus abwartete (Joh 11,20). Wenn wir jedoch zu seinen Füßen sein Wort vernommen haben und in unserem Kummer durch seine Tränen getröstet wurden, dann verstehen wir besser, dass dieser Eine all unserer Anbetung wert und würdig ist. Wir verstehen, dass unser gemeinsames Leben als Christen eben von diesen Dingen gekennzeichnet wird. Wir kommen zusammen, um sein Wort zu hören (Predigt), um unsere Anliegen, Sorgen und Kummer vor Ihn zu bringen (Gebetsstunde) und um beim Brechen des Brotes seines „Begräbnisses“ (Joh 12,7) in Anbetung zu gedenken (Abendmahl). „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (Apg 2,42).

Wenn wir diesem Maria-Prinzip in unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben folgen, dann werden wir vor dem Martha-Syndrom bewahrt bzw. davon geheilt. Unser Dienst, der dem Herrn sehr wertvoll ist, bekommt seinen richtigen Platz.

Martha-Christsein reicht!?

Die arme Martha kam in diesem Artikel möglicherweise nicht gut weg, wobei sie uns doch viel ähnlicher als Maria ist. Viele mögen sogar mit einem Martha-Christsein zufrieden sein, haben vielleicht nie entdeckt, dass es noch etwas gibt, was der Herr das „gute Teil“ nennt und als das bezeichnet, was vor allen Dingen „nötig“ ist. Nie haben sie entdeckt, dass dem Herrn die Anbetung unseres Herzens zu bringen ein „gutes Werk“ genannt wird und dass es von dem Dienst der Maria heißt: „Wahrlich, ich sage euch: Wo irgend dieses Evangelium gepredigt werden wird in der ganzen Welt, wird auch davon geredet werden, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis“ (Mt 26,13). Es ist nicht von ungefähr, dass Martha und Maria zu drei verschiedenen Begebenheiten erwähnt werden und dass es immer Maria ist, die zu den Füßen des Herrn sitzt – sie erwählte stets das „gute Teil“.

Maria-Christen haben es nicht leicht

Wundern wir uns nicht, dass viele um uns herum diese Art von Dienst kritisieren werden. Martha hatte in Lukas 10 kein Verständnis für ihre Schwester, und in der Begebenheit in Johannes 12 hatten weder Judas noch alle anderen Jünger (nach dem Matthäusevangelium) Verständnis für Maria. Was der Herr Jesus das „gute Werk“ nannte, nannten sie Verschwendung. Zu den Füßen des Herrn lernen wir, die Prioritäten in unserem Leben richtig zu setzen. Dort lernen wir, was für den Herrn Wert hat und was nicht.

Stelle allein Christus vor deine Blicke

Wenn Christus, wie bei Maria, stets vor unseren Blicken steht, kommen auch alle anderen Bereiche in unserem Leben zurecht. Alles steht dann an seinem Platz und hat den richtigen Stellenwert. Das „eine“ zu lernen ist die große Herausforderung in unserem Leben. David konnte in Psalm 27 beten: „Eins habe ich von dem HERRN erbeten, danach will ich trachten: zu wohnen im Haus des HERRN alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeit des HERRN und nach ihm zu forschen in seinem Tempel“ (Ps 27,4). David war ein geschäftiger König mit mancherlei Verpflichtungen, aber er wollte den HERRN stets vor seine Blicke stellen. Er wollte sein ganzes Leben in der Gegenwart des HERRN und vor seinem Angesicht leben. Er kannte das eine, was dem reichen Jüngling fehlte und was Martha so sehr nötig hatte. Auch Asaph hatte eine Vorstellung davon, wenn er betet: „Wen habe ich im Himmel? Und neben dir habe ich an nichts Lust auf der Erde“ (Ps 73,25). Der Dichter des ersten Psalms konnte schreiben: „… sondern seine Lust hat am Gesetz des HERRN und über sein Gesetz sinnt Tag und Nacht!“ (Ps 1,2). Was sollte die Folge sein? „Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und dessen Blatt nicht verwelkt; und alles, was er tut, gelingt“ (Ps 1,3).

Maria war jemand, der Frucht brachte zu seiner Zeit. Sie hat verstanden: Wenn sie Christus nicht haben und festhalten kann, dann ist auch jeglicher Besitz (die kostbare Narde) wertlos, es sei denn, sie bringt ihn mit Christus in Verbindung. Sie verstand, was Petrus später schreiben sollte: „Euch nun … ist die Kostbarkeit“ (1Pet 2,7). Deshalb konnte sie die sehr kostbare Narde weggeben oder dorthin geben, wohin Christus gehen sollte – in den Tod –; sie tat es im Blick auf sein Begräbnis! Sie hätte diese Narde auch als Geschenk verpackt ihrem Herrn überreichen können. Sie hätte diese Narde auch für Lazarus verwenden können, aber sie sparte sie für ihren Herrn auf, um Ihn mit diesem Wohlgeruch zu umhüllen. Diese Lektion nannte Paulus später: „Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleisch, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,19.20). Wir müssen es täglich lernen, unsere „kleine“ Welt mit Christus in den Tod zu geben und zu begreifen, dass unser „Leben verborgen ist mit dem Christus in Gott“ (Kol 3,3).

Der Herr Jesus anerkennt die Werke, die um seines Namens willen getan werden. Nicht einmal ein Glas Wasser, gebracht zur rechten Zeit, ist bei Ihm vergessen (Mk 9,41; Heb 6,10). In dem Sendschreiben an Philadelphia anerkennt der Herr die Werke, indem Er sagt: „Ich kenne deine Werke“, aber was Er dort lobt, ist: „Du hast mein Wort bewahrt“ (Off 3,8). Sie hatten verstanden, was bei dem Herrn zählt. Der Herr anerkennt im Sendschreiben an Ephesus ihre Werke, beklagt aber, dass sie ihre „erste Liebe“ verlassen hatten (Off 2,2-4). Wir dürfen den Dienst oder unsere vermeintlich guten Werke nicht über den Herrn stellen: Ihm muss unser ungeteiltes Herz gelten; an Ihm dürfen wir unsere „ganze Lust“ haben; sein Wort wollen wir bewahren; unsere vornehmste (was das Wort „erste“ auch bedeutet!) Liebe Ihm schenken. Die Werke oder der Dienst dürfen nicht einmal neben den Herrn gestellt werden. Der Herr Jesus muss in allem den Vorrang haben (Kol 1,18).

Maria fand Frieden und Ruhe zu den Füßen des Herrn. Sie hörte dort auf sein Wort, brachte dorthin ihren Kummer und wurde fähig, dem Herrn in besonderer Weise einen Dienst zu tun. So finden wir es auch in Kolosser 3,15-17: „Und der Friede des Christus regiere in euren Herzen ... Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen ... Und alles, was immer ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, danksagend Gott, dem Vater, durch ihn.“ Wenn der Friede des Christus unsere Herzen regiert, können wir das Wort des Christus zu seinen Füßen sitzend aufnehmen und wahrhaft gute Werke vollbringen und Gott Lob, Dank und Anbetung bringen.

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