Der Dienst des Wortes
Zwei Aspekte für den Dienst am Wort

Charles Henry Mackintosh

© SoundWords, online seit: 11.02.2001, aktualisiert: 29.05.2022

Für die Ausbildung eines erfolgreichen Dieners des Wortes Gottes sind zwei Elemente unabdingbar:

  1. die genaue Bekanntschaft mit der Bibel und
  2. das richtige Gefühl für den Wert der Seele und was die Seele braucht.

Die Kombination dieser beiden Fähigkeiten ist von größter Wichtigkeit für jeden, der berufen ist zum Dienst am Wort und in der Lehre. Kennt man lediglich eine Seite dieses Dienstes, so ist man ein völlig einseitiger Diener. Ich kann eine wirklich tiefe Schriftkenntnis haben; ich kann eine tiefgreifende Kenntnis haben über den Inhalt der Bibel und ein hervorragendes Bewusstsein von ihrer moralischen Herrlichkeit, aber wenn ich die Seele und ihre vielfältigen Bedürfnisse vergesse, dann wird mein Dienst in beklagenswerter Weise uneffektiv sein. Der Dienst geht am Ziel vorbei, Schärfe und Kraft fehlen. Der Dienst wird nicht das Herzensbedürfnis stillen oder auch das Gewissen erreichen. Es wird ein Dienst des Wortes sein, aber nicht der Seele. Alles, was gebracht wird, mag zwar völlig wahr sein und auch schöne Gedanken beinhalten, ohne Zweifel, aber dennoch mangelt es an Nützlichkeit und praktischer Kraft.

Auf der anderen Seite mag es sein, das ich die Seele und ihre Bedürfnisse ganz klar vor Augen habe. Ich mag mich danach sehnen, nützlich zu sein. Es mag mein Herzenswunsch sein, dem Herzen und dem Gewissen meiner Zuhörer und Leser zu dienen, aber ich bin nicht vertraut mit meiner Bibel. Wenn ich in der Schrift nicht unterwiesen bin, dann habe ich nichts, womit ich mich nützlich machen könnte. Ich habe nichts, was ich der Seele geben könnte, nichts, was das Herz erreichen könnte, nichts, womit das Gewissen angesprochen werden könnte. Mein Dienst wird sich als unfruchtbar und ermüdend erweisen. Anstatt die Seelen zu belehren, werden sie gelangweilt und genervt. Anstatt die Seelen zu erbauen, werden sie nur irritiert. Anstatt dass die Seelen auf dem Weg der Jüngerschaft gestärkt werden, werden sie, weil mir die grundlegenden Dinge fehlen, entmutigt werden.

Diese Dinge sollten es wert sein, berücksichtigt zu werden. Wir kennen Personen, wo man viel von dem Ersteren versteht – dem Dienst des Wortes – und nur wenig von dem Zweiten – dem Dienst der Seele. Jener hat wirklich das Wort und dessen moralische Herrlichkeiten vor seinen Blicken. Er ist so voll davon, dass er vergessen zu haben scheint, dass er es mit Seelen zu tun hat. Der Dienst ist nicht zielgerichtet und kraftvoll auf das Herz gerichtet, kein wirkliches Ringen mit dem Gewissen, keine praktische Anwendung des Inhaltes des Wortes auf die Seelen der Zuhörer. Es ist sehr schön, aber nicht nützlich, wie es sein könnte. Dem Dienst mangelt es an dem Reden zur Seele und zum Herzen. Es ist mehr ein Dienst am Wort als ein Dienst an der Seele.

Dann wiederum findet man manche, die in ihrem Dienst nur mit der Seele und dem Herzen beschäftigt sind und mit Appellieren, Ermahnen und Drängen. Aber durch das Fehlen von Schriftkenntnis und regelmäßiger Beschäftigung mit dem Wort Gottes werden die Zuhörer sehr erschöpft durch ihren Dienst. Ja, es scheint, dass sie das Wort als Basis haben für ihren Dienst, aber sie gebrauchen es so ungeschickt und ihre Anwendungen sind so unglücklich, dass ihr Dienst sich als uninteressant und unbrauchbar herausstellt.

Wenn wir gefragt würden, welchen der beiden Bestandteile des Dienstes wir bevorzugen sollten, so würden wir ohne zu zögern sagen: den ersten! Wenn die moralischen Herrlichkeiten des Wortes entfaltet werden, dann ist das noch wenigstens etwas, was unser Herz angeht und berührt, und wenn jemand ernsthaft und gewissenhaft dient, mag es sein, dass er sich noch entwickelt, während im zweiten Fall der Dienst nichts als langweiliges Appellieren und tadelnde Ermahnung ist.

Aber wir würden so gern sehen, dass jemand sowohl die Bibel gut kennt als auch das richtige Gespür für den Wert der Seele hat und dass beides miteinander kombiniert und im gesunden Mischungsverhältnis vorhanden ist, wenn er aufsteht, um Seelen zu dienen. Die Belehrung wird ohne das Einsetzen von Überzeugungskraft nichts bringen, noch nützt die Überzeugungskraft viel ohne Belehrung. Deshalb soll jeder Diener das Wort studieren und dessen Herrlichkeiten und an die Seelen denken und deren Bedürfnisse. Wir wollen immer an die Verbindung zwischen dem Wort und der Seele denken.


Originaltitel: „The Book and the Soul“
aus Things New and Old, Jg. 6, 1863, S. 48–50

Weitere Artikel zum Stichwort Erfolg (1)

Weitere Artikel des Autors Charles Henry Mackintosh (59)

Weitere Artikel in der Kategorie Nachfolge (74)

Weitere Artikel in der Kategorie Gemeinde (110)


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...