Leitverse: Philipper 2
Das erste Kapitel des Briefes zeigt Christus als unser Leben und die christliche Erfahrung, die das glückliche Ergebnis dessen ist, wenn man die verschiedenen Umstände unseres Weges in Verbindung mit Christus betrachtet. Das zweite Kapitel zeigt Christus als Vorbild und die christliche Erfahrung, die von der demütigen Gesinnung herrührt, die in Christus dargestellt wird. Im ersten Kapitel ist Christus der Gegenstand, der das christliche Leben regiert, in dem zweiten das Vorbild, das diesem Gnade verleiht. So ist das christliche Leben nicht nur ein Christus gewidmetes Leben, sondern auch ein Leben, das durch die Demut und Sanftmut Christi gekennzeichnet ist.
- In Philipper 2,1-4 äußert der Apostel seine Sehnsucht nach Eintracht der Gläubigen und ermahnt zu einer demütigen Gesinnung, ohne die es keine praktische Eintracht geben kann.
- In Philipper 2,5-11 zeigt er Christus als das vollkommene Vorbild einer demütigen Gesinnung.
- In Philipper 2,12-16 gibt er ein schönes Bild des nach dem Muster der Gesinnung Christi geführten christlichen Lebens.
- Endlich haben wir in Philipper 2,17-30 drei Beispiele aus dem gegenwärtigen Leben von Gläubigen, die nach diesem Vorbild ihren Weg gingen: Paulus, Timotheus und Epaphroditus.
Eintracht
Verse 1-4
Phil 2,1-4: Wenn es nun irgendeine Ermunterung gibt in Christus, wenn irgendeinen Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn irgend innerliche Gefühle und Erbarmungen, so erfüllet meine Freude, dass ihr einerlei gesinnt seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes, nichts aus Parteisucht oder eitlem Ruhm tuend, sondern in der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen.
Man sollte beachten, dass der Apostel, wenn er an die Heiligen schreibt, niemals die Gnade, die man an ihnen sehen kann, übersieht, während er sich gewissenhaft mit den Fehlern, die sie kennzeichnen mögen, befasst. Er erkennt mit Freude die Frucht des Geistes an, obgleich er die Werke des Fleisches gewissenhaft tadelt. So redet er, wenn er an die Philipper schreibt, eine an Gnaden Christi reiche Versammlung von Heiligen, mit Freude von den Früchten des Geistes, die sie an den Tag legen: „Ermunterung in Christus“, „Trost der Liebe“, „Gemeinschaft des Geistes“ und „innerliche Gefühle und Erbarmungen“. Nichtsdestoweniger sieht er bei all diesen Vortrefflichkeiten einen ernsten Mangel, obgleich er ihn, sich ihrer Gnade erinnernd, sehr sanft berührt. Er nimmt in dieser Versammlung einen Mangel an Eintracht wahr. Immer wieder bezieht er sich darauf in einem gelinde tadelnden Ton. In Philipper 1 spielt er darauf an, wenn er wünscht, dass sie in „einem Geist feststehen“ und „mit einer Seele mitkämpfen“ möchten. Wenn das alles gewesen wäre, was über praktische Eintracht gesagt worden ist, würden wir kaum erkannt haben, dass sie in der Versammlung zu Philippi fehlte. Jedoch gibt der Apostel in Philipper 2 mit größerer Klarheit zu verstehen, dass es Anzeichen von Spaltungen unter ihnen gab. Deshalb ermahnt er sie wieder, „einerlei gesinnt zu sein, dieselbe Liebe zu haben, einmütig eines Sinnes zu sein“. Dann scheint er etwas später in dem Brief diesen Mangel an Eintracht im Sinn zu haben, wenn er sagt: „Lasst uns in denselben Fußstapfen wandeln“ (Phil 3,16). Endlich sendet er eine besondere Botschaft an zwei Schwestern, indem er sie eindringlich bittet, „einerlei gesinnt zu sein in dem Herrn“ (Phil 4,2).
Wenn er diesen Mangel an Eintracht auch sehr zart berührt, so behandelt er ihn nicht leichtfertig. Er stellt ihnen vor, dass, wenn sich ein Geist der Trennung in eine Versammlung einschleicht, wenn auch nur zwischen zwei Schwestern, dieser das Werk des Evangeliums hindern, ihr Zeugnis für Christus vernichten und geistigen Fortschritt hemmen wird. Wenn in den Tagen des Apostels das Fehlen der Eintracht so ernst war, ist es dann heute weniger so? Gewiss nicht. Doch ach, wir sind an dem Tag des Verfalls so an Trennungen gewöhnt worden und sehen fortwährend Meinungsverschiedenheiten mit an, dass wir in Gefahr stehen, das Fehlen der Eintracht mit träger Gleichgültigkeit zu betrachten als eine bedauerliche Sache, aber von keinem großen Einfluss. Wenn jedoch irgendeine kleine Versammlung von Gottes Volk in gewissem Maß die Gnade Christi aufzeigen, geistlichen Fortschritt machen und irgendein kleines Evangeliumszeugnis abgeben soll, wird Eintracht unter ihnen selbst die erste Notwendigkeit sein.
Überdies lasst uns beachten, dass die Eintracht, von der der Apostel spricht, nicht bloß eine äußere Einheit in Worten und Wegen ist. Es ist die Einheit des Herzens und der Gesinnung. Der Apostel sagt: „… einerlei gesinnt sein, dieselbe Liebe habend, einmütig eines Sinnes.“ Deshalb bringt er, um diese Eintracht herzustellen, kein formelles Glaubensbekenntnis vor uns, das alle unterschreiben, oder eine Reihe von Regeln, an die sich alle halten müssen. Er geht einen besseren Weg: Er bringt Christus vor uns.
Zuerst jedoch weist er in Philipper 2,3 auf das große Hindernis zu dieser Eintracht des Herzens und der Gesinnung hin. Er sagt: „… nichts aus Parteisucht oder eitlem Ruhm tuend.“ Das Hindernis in einem Wort ist „Wichtigtuerei“. Parteisucht ist die Bemühung, andere zu unterdrücken, eitler Ruhm ist der Versuch, sich selbst zu erhöhen. Etwas, was im Widerspruch mit anderen oder mit dem Ziel der Selbsterhöhung getan wird, neigt dazu, die Eintracht zu vernichten.
Dann zeigt der Apostel, dass der wahre Weg, Eintracht zu fördern, durch Selbstverleugnung geht. Er sagt: „In der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst, ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen“ (Phil 2,4). Ein demütig Gesinnter denkt nicht an sich, sondern nur an das Wohl der anderen. Natürlich finden wir es schwer, uns selbst aus dem Auge zu verlieren und nur in Liebe an andere zu denken, denn die Neigung bei uns allen ist, eine gewisse Wichtigkeit mit uns zu verknüpfen. Es ist leicht, eine demütige Haltung einzunehmen und demütige Worte zu gebrauchen. Die wirkliche Schwierigkeit ist, eine demütige Gesinnung zu haben. Wir mögen in demütiger Weise von uns sprechen, aber Selbsterniedrigung ist kein Beweis der demütigen Gesinnung, eher umgekehrt. In Selbsterniedrigung sprechen wir nach wie vor über uns und das ist die schlimmste Form des Stolzes, der Stolz auf Demut. Die demütige Gesinnung denkt weder gut noch schlecht von sich, sie denkt an andere, um in Liebe zu dienen. Es ist Nichtbeachten des Selbst, nicht bloß dessen Herabsetzung.
Lasst uns auch sorgfältig beachten, dass die Förderung der Eintracht in diesem Abschnitt als eine persönliche Sache vor uns gebracht ist. Es heißt: „… einer den anderen höher achtend als sich selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen.“ In Tagen der Spaltung und Zerstreuung werden wir nicht aufgefordert, die unmögliche Aufgabe zu übernehmen, die Einheit des Christentums zustande zu bringen, sondern wir werden ermahnt, die Einheit dadurch zu fördern, dass ein jeder sich selbst vergisst und in demütiger Gesinnung das Wohl der anderen in Liebe sucht.
Es ist belehrend, zu sehen, dass Parteisucht und eitler Ruhm sowie auch die demütige Gesinnung in den Versen Philipper 2,3 und 4 in der Begebenheit in Markus 9,33-37 beleuchtet wird. Dieser Abschnitt spricht von einem Streit unter den Jüngern. Wie es bei uns zu oft geschieht, waren auch sie vom Weg abgekommen. Die Ursache des Wortstreites war dem sehr ähnlich, was in unseren Tagen so viele Spaltungen unter dem Volk Gottes verursacht: Jemand begehrte, der Größte zu sein, denn wir lesen: „Sie hatten sich untereinander besprochen, wer der Größte sei.“ Hier waren Streitsucht und eitler Ruhm am Werk. Der Herr nimmt die Gelegenheit wahr, ihnen und uns in seiner sanftmütigen und gütigen Weise eine Lektion von der demütigen Gesinnung zu geben. Etwas vorher hatte Er von seiner Erniedrigung bis zum Tod am Kreuz gesprochen; sie streiten sich unmittelbar hernach mit anscheinender Herzenshärtigkeit und Unempfindlichkeit, wer der Größte sei. Nichtsdestoweniger erhebt sich der Herr nicht mit Entrüstung und Tadel über seine Jünger. Er setzt sich in seiner sanften Art und ruft sie zu sich. Die demütige Gesinnung in Christus will ihnen in Liebe dienen, wo die natürliche Gesinnung sie mit Verachtung getadelt haben würde. Als Er sie um sich versammelt hat, zeigt Er ihnen, was eine demütige Gesinnung ist. Er sagt: „Wenn jemand der Erste sein will, so soll er aller Diener sein.“ Damit scheint Er zu meinen: „Denkt nicht an euch, sondern dient anderen in Liebe.“ Und als Er ihnen den Weg zur Größe gezeigt hat, belehrt Er sie praktisch, indem Er „ein Kindlein in seine Arme nimmt“. Der Herr der Herrlichkeit kommt auf die Erde und nimmt ein Kindlein zu sich. Er hatte wahrlich eine demütige Gesinnung.
Wenn wir zu dem Brief an die Philipper zurückkehren, werden wir finden, dass der Weg des Herrn mit seinen Jüngern der Lehre des Geistes mit der Kirche vorausgeht. Wie wir gesehen haben, unterrichtet der Herr seine Jünger, dass das Ende aller Streitsucht und der Pfad zu wahrer Größe darin gefunden wird, die demütige Gesinnung eines in Liebe Dienenden zu besitzen, und zeigt sich dann als das vollkommene Vorbild. Nachdem der Apostel die demütige Gesinnung als den alle Streitsucht beendenden Weg den Heiligen nahegelegt hat, stellt er Christus als das vollkommene Vorbild demütiger Gesinnung vor sie.
Wir werden auf diese Weise erinnert, dass eine demütige Gesinnung nicht durch Anstrengung erworben werden kann oder durch den Versuch, demütig zu sein. Anstrengung bringt das Eigene immer mehr ans Licht und führt eher dazu, mit sich selbst beschäftigt zu sein, als sich zu verleugnen. Die demütige Gesinnung kann nur durch das Annehmen dessen, was in Christus vorgestellt wird, hervorgebracht werden. Wenn wir sie in unumschränkter Vollkommenheit in Christus sehen, können wir nur seine vollkommene Gnade und Schönheit bewundern und werden dadurch verwandelt: „Die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden wir verwandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (2Kor 3,18).
Christus, unser Vorbild
Verse 5-8
Phil 2,5-8: Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, welcher, da er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam ward bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze.
Damit die Gesinnung Christi in uns gebildet werden möge, stellt uns der Apostel Christus als unser vollkommenes Vorbild hin. Wir haben eine rührende Darstellung der demütigen Gesinnung in Ihm auf einem wunderbaren Weg von der Gottheit Herrlichkeit zu dem Kreuz der Schande. Lasst uns beachten: Die Bedeutung des Abschnittes ist es nicht einfach, den abwärts führenden Pfad, den Er ging, zu zeigen, sondern die demütige Gesinnung, die Ihn auf diesem Weg kennzeichnete.
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Erstens wird von Christus gesagt, dass Er „in Gestalt Gottes“ war. Niemand konnte vorgeben, die Gestalt dessen zu beschreiben, „den niemand gesehen hat oder sehen kann“. Nichtsdestoweniger wird uns berichtet, was die Gesinnung Christi war, als Er noch in der Gestalt Gottes war. Seine Gesinnung ging dahin, anderen in Liebe zu dienen, nicht an sich und seinen Ruf zu denken, „sondern sich selbst zu nichts zu machen“ und die äußere Gestalt Gottes abzulegen, obgleich Er niemals aufhörte, Gott zu sein.
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Zweitens zeigt Er die demütige Gesinnung durch das Annehmen der Knechtsgestalt. Er dient nicht nur, sondern nimmt auch die einem Diener eigene Gestalt an.
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Drittens drückt Er noch weiter die demütige Gesinnung aus durch die besondere Art der „Knechtsgestalt“, die Er annimmt. Die Engel sind Diener, aber Er ging an den Engeln vorüber. Er wurde ein wenig unter die Engel erniedrigt und nahm seinen Platz „in Gleichheit der Menschen“ ein. Er überging die höhere Knechtsgestalt um die niedrigere anzunehmen. Er wurde in „Gleichheit der Menschen“ gemacht, ein Wort, das sicher die Menschheit in ihrer vollen Zusammensetzung, Geist, Seele und Leib, umfasst, doch – es sei daran erinnert – nicht Menschheit in ihrem gefallenen Zustand.
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Viertens ist die demütige Gesinnung in Christus noch weiter ausgeprägt, denn als Er in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden wurde, erniedrigte Er sich selbst. Er benutzte nicht die Gelegenheit, sich unter den Menschen zu erhöhen, wie es die Meinung seiner Brüder war, die sagten: „Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt“ (Joh 7,4), sondern Er erniedrigte sich selbst. Er nahm seine Rechte als Mensch nicht in Anspruch.
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Fünftens zeigt Er noch weiter die demütige Gesinnung, indem „gehorsam“ war. Er hätte nur Mensch werden und befehlen können, aber Er nimmt den Platz des Gehorsams ein. Das schließt die Beiseitesetzung des persönlichen Willens ein, um den Willen eines anderen zu tun.
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Sechstens wird die demütige Gesinnung wieder im Ausmaß seines Gehorsams gesehen, denn Er war „gehorsam bis zum Tod“. Das war mehr als Gehorsam. Im Gehorsam gab Er seinen Willen auf, im Tod sein Leben.
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Siebentens ist endlich seine demütige Gesinnung durch den Tod, den Er starb, ausgedrückt. Es gibt viele Arten des Todes, aber von diesen allen starb Er den verachtetsten Tod, den Tod am Kreuz. Das war mehr als ein gewöhnlicher Tod, denn wenn ein Mensch in den Tod geht, gibt er sein Leben auf; wenn aber ein Mensch den Tod am Kreuz erleidet, gibt er nicht nur sein Leben, sondern seinen Ruf vor Menschen auf. So war es mit dem Herrn. Als Er in den Tod am Kreuz ging, war seine demütige Gesinnung derart – so wahrhaftig verleugnete Er sich selbst –, dass Er seinen Ruf vor Menschen aufgab und „den Übertretern beigezählt“ wurde.
Hier haben wir nun die demütige Gesinnung Christi in seinem Herabsteigen. Der Zweck dieses großen Abschnittes ist es nicht, zu beweisen, dass Christus Gott ist oder dass Er ein wahrer und vollkommener Mensch wurde, obgleich beide Wahrheiten eingeschlossen sind. Es ist mit Recht gesagt worden: „Seine Erniedrigung ist ein Beweis, dass Er Gott ist. Nur Gott konnte seinen ersten Zustand in den unumschränkten Rechten seiner Liebe verlassen; für jedes Geschöpf wäre es Sünde, das zu tun.“ Andererseits, wenn es keine wahre Menschheit gewesen wäre, die Er annahm, würde kein Ausdruck wahrer, demütiger Gesinnung wahrgenommen werden. Während der Abschnitt die Herrlichkeit seiner Gottheit wahrt und die Wirklichkeit seiner Menschheit aufrechterhält, so ist doch der unmittelbare Gegenstand, wie jemand gesagt hat, „die Gesinnung des Einen zu zeigen, der von einer herrlichen Höhe, die über jedes Begriffsvermögen hinausgeht, durch seine Liebe bewegt, in die niedrigsten Verhältnisse herabkam, wohin kein Auge Ihm folgen kann, und jeder Schritt von neuem auf etwas verzichtet, was geschätzt werden konnte“.
- Er gab die Gestalt Gottes auf.
- Er gab die Herrschaft auf, um zu dienen.
- Er gab die höhere Knechtsgestalt auf, um die niedrigere in Gleichheit der Menschen anzunehmen.
- Er gab seine Rechte als Mensch auf.
- Er gab seinen Willen auf, um zu gehorchen.
- Er gab sein Leben auf, um zu sterben.
- Er gab seinen Ruf auf, als Er den Tod am Kreuz erlitt.
Hier ist wahrlich das vollkommene Vorbild der demütigen Gesinnung – einer Gesinnung, die sich selbst vergisst, indem sie an andere denkt; die zum Opfern führt, um zu dienen; die aufgibt, damit andere gewinnen möchten. Augenscheinlich wird das Leben, das von dieser Gesinnung beherrscht wird, der Gesinnung, die in Christus Jesus war, ein Leben demütiger Gnade sein, das keinen Raum für „Parteisucht und eitlen Ruhm“ lässt, ein Leben, das zur Eintracht führt.
Die Erhöhung Christi
Verse 9-11
Phil 2,9-11: Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf dass in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.
Überdies ist es das Leben, das eine reiche Belohnung hat. Dieses kommt vollkommen zum Ausdruck in dem Herrn Jesus. Die demütige Gesinnung stellte Christus an den niedrigsten Platz; deshalb hat Gott Ihn an den höchsten erhoben. An dem höchsten Platz trägt Er den größten Namen, „einen Namen, der über jeden Namen ist“. Und noch mehr, an dem höchsten Platz mit dem größten Namen wird Er eine unumschränkte Macht haben. Jedes Knie wird sich vor Ihm beugen. Himmlische, irdische und unterirdische Wesen, alle müssen sich vor dem Einen beugen, der den Namen Jesus trägt. Alle werden bekennen, dass Er Herr ist, zur Verherrlichung Gottes des Vaters. So hat die demütige Gesinnung in Christus Jesus zum Segen der Heiligen und zur Verherrlichung des Vaters geführt. So wie in unserem kleinen Maßstab, mit dem vollkommenen Vorbild vor uns, die demütige Gesinnung in uns gebildet ist, wird sie auch zum Segen und zur Eintracht des Volkes Gottes und über alles hinaus zur Verherrlichung des Vaters führen.
Das christliche Leben
Verse 12.13
Phil 2,12.13: Daher, meine Geliebten, gleichwie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein als in meiner Gegenwart, sondern jetzt vielmehr in meiner Abwesenheit, bewirket eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, nach seinem Wohlgefallen.
Der Apostel fährt fort, ein schönes Bild eines diesem Muster entsprechenden christlichen Lebens zu zeigen. Er sagt gleichsam: Ich habe euch ermahnt, demütig gesinnt zu sein, und ich habe das vollkommene Vorbild dazu vor euch gebracht. Jetzt erwarte ich, dass ihr dem entsprecht, ich wünsche, dass ihr gehorcht. – Der Gehorsam zur Wahrheit, den der Apostel vor uns gebracht hat, wird ein zweifaches Ergebnis haben: Erstens wird er zur Errettung von allen Feinden und Schlingen führen, von denen der Gläubige auf seiner Reise durch die Wüste umgeben ist; zweitens wird er zum Ausdruck des christlichen Lebens leiten.
Was die Errettung, von der der Apostel spricht, betrifft, so stellte er, als er bei ihnen anwesend war, die verschiedenen Angriffe des Feindes bloß und widerstand ihnen. Jetzt, bei seiner Abwesenheit, sollten sie ihre eigene Errettung bewirken. Dieses wird Furcht und Zittern hervorrufen; „Furcht“ wegen der Macht des Feindes, „Zittern“ wegen ihrer eigenen Schwachheit. In diesem Streit würden Selbstvertrauen und fleischliche Energie nur zur Niederlage führen. Doch, wenn der Teufel gegen sie war, Gott war für sie und wirkte in ihnen. Paulus war abwesend, der Böse zugegen, aber Gott war mit ihnen, um in ihnen beides hervorzubringen, das Wollen und Wirken nach seinem Wohlgefallen.
Das Wohlgefallen Gottes
Verse 14-16
Phil 2,14-16: Tut alles ohne Murren und zweifelnde Überlegungen, auf dass ihr tadellos und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes, inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr scheinet wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens, mir zum Ruhm auf den Tag Christi, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch auch vergeblich gearbeitet habe.
Was ist nun das Wohlgefallen Gottes? Die Verse in Philipper 2,14-16 sagen es uns. Gott hat Gefallen daran, dass alles, was vom Fleisch ist, bei seinem Volk praktisch beiseitegesetzt wird, um für die Entfaltung Christi Raum zu machen. So geht der Apostel gleich vom „Wollen“ und „Wirken“ zum „Sein“ über. „Alles dieses“, sagt er, „ist, damit wir etwas sein möchten.“ Und was sollen wir sein? Dem Wesen nach, was Christus war: tadellose, lautere, unbescholtene Kinder Gottes, scheinend als Lichter, darstellend das Wort des Lebens. Das Fleisch mit seinem Murren und zweifelnden Überlegungen verworfen und die Kennzeichen Christi hervorgebracht, die in einem Zeugnis für Gott bestehen, scheinend als Lichter in einer dunklen und darstellend das Wort des Lebens in einer toten Welt. „Scheinen“ ist nicht, was ein Mensch sagt, sondern was er ist. „Darstellen“ ist nicht predigen, denn es heißt: „darstellend das Wort des Lebens“. Das „Wort Gottes“ ist, was Gott sagt, nicht, was wir sagen. Wir stellen dar, was Gott sagt.
Praktische Vorbilder des christlichen Lebens
In dem restlichen Teil des Kapitels lesen wir von drei ergebenen Männern, in deren Leben wir die demütige Gesinnung dargestellt sehen, die, während sie sich selbst vergaßen, nur daran dachten, anderen in Liebe zu dienen. So brachten sie das christliche Leben nach dem Muster Christi zum Ausdruck.
Zuerst der Apostel selbst
Verse 17.18
Phil 2,17.18: Wenn ich aber auch als Trankopfer über das Opfer und den Dienst eures Glaubens gesprengt werde, so freue ich mich und freue mich mit euch allen. Gleicherweise aber freuet auch ihr euch und freuet euch mit mir.
Natürlich sagt er nicht, dass er ein Vorbild der demütigen Gesinnung sei, doch augenscheinlich beabsichtigt der Geist Gottes, dass wir ihn als solches betrachten sollen, denn er ist ein treffendes Beispiel von einem Menschen, der in der Gesinnung Christi bereit war, sein Leben in dem Dienst anderer zu verwenden. In der Gabe der Philipper sieht er den Glauben, der sie leitete, ein Opfer darzubringen, einen Dienst der Liebe für ihn. Was ihn selbst anbelangt, so hat er ihnen immer gesagt, dass es seine Überzeugung ist, dass er leben und bei ihnen zur „Förderung und Freude im Glauben“ bleiben will (Phil 1,25). Aber wenn Gott anders wollte und er berufen war, das größte Opfer der Liebe in seinem Dienst für die Heiligen zu bringen, würde er sich freuen, es zu tun, und auch ihnen wird zugerufen, sich zu freuen, indem sie es schätzen sollten, dass sein Leben als ein zur Verherrlichung Gottes ausgeschüttetes „Trankopfer“ hingegeben wird.
Timotheus
Verse 19-24
Phil 2,19-24: Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, auf dass auch ich guten Mutes sei, wenn ich eure Umstände weiß. Denn ich habe niemand gleichgesinnt, der von Herzen für das Eure besorgt sein wird; denn alle suchen das Ihrige, nicht das, was Jesu Christi ist. Ihr kennet aber seine Bewährung, dass er, wie ein Kind dem Vater, mit mir gedient hat an dem Evangelium. Diesen nun hoffe ich sofort zu senden, wenn ich gesehen haben werde, wie es um mich steht. Ich vertraue aber im Herrn, dass auch ich selbst bald kommen werde.
Dann fährt er fort, von Timotheus zu sprechen. Er ist ein anderes Vorbild eines Menschen, der mit der demütigen Gesinnung erfüllt war, der, sich selbst vergessend, anderen in Liebe dient, ein Mensch, der die Gesinnung Christi hat und so mit dem Apostel gleichgesinnt ist, einer, von dem er sagen kann: „… der von Herzen für das Eure besorgt sein wird.“ Ach, die Masse der christlichen Bekenner hatte sogar in jenen Tagen eine ganz andere Gesinnung. Der Apostel sagt: „Alle suchen das Ihrige, nicht das, was Jesu Christi ist.“ Im Gegensatz zu diesen hatte Timotheus den Beweis der demütigen Gesinnung durch seine liebevolle Gemeinschaft mit dem Apostel an dem Dienst des Evangeliums erbracht.
Epaphroditus
Verse 25-30
Phil 2,25-30: Ich habe es aber für nötig erachtet, Epaphroditus, meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter, aber euren Abgesandten und Diener meiner Notdurft, zu euch zu senden; da ihn ja sehnlich nach euch allen verlangte, und er sehr bekümmert war, weil ihr gehört hattet, dass er krank war. Denn er war auch krank, dem Tode nahe; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, nicht aber über ihn allein, sondern auch über mich, auf dass ich nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte. Ich habe ihn nun desto eilender gesandt, auf dass ihr, wenn ihr ihn sehet, wieder froh werdet, und ich weniger betrübt sei. Nehmet ihn nun auf im Herrn mit aller Freude und haltet solche in Ehren; denn um des Werkes willen ist er dem Tode nahe gekommen, indem er sein Leben wagte, auf dass er den Mangel in eurem Dienste gegen mich ausfüllte.
Drittens haben wir in Epaphroditus ein weiteres treffendes Vorbild der demütigen Gesinnung. Er war nicht nur ein Gefährte, sondern auch ein Mitarbeiter, ein Mitstreiter in dem Kampf und ein Abgesandter, der den Bedürfnissen des Apostels diente. Nicht an sich denkend oder sich schonend, war er bereit, mitzukämpfen, zu streiten, zu dienen. Und inmitten dieses mit Dienst ausgefüllten Lebens vergaß er die Philipper nicht, sogar in seiner Krankheit, die ihn dem Tod nahe brachte, dachte er nicht an sich, sondern an die Heiligen, die, wie er fürchtete, in Besorgnis und Kummer seinetwegen geraten würden, weil sie von seiner Krankheit gehört hatten.
In jedem dieser leuchtenden Vorbilder sehen wir die demütige Gesinnung Christi, die in einem Leben der gütigen Rücksicht auf andere zum Ausdruck kommt, die sich selbst vergisst und bereit ist, sich und das Leben und alles, was Menschen wertschätzen, aufzugeben, um in Liebe zu dienen.
Originaltitel: „The Epistle to the Philippians“
aus Scripture Truth, Jg. 22, 1930, S. 102–105, 130–131