Das stille Gebet
Stille Zeit mit Gott

John Nelson Darby

© SoundWords, online seit: 07.05.2001, aktualisiert: 19.07.2022

Leitverse: Matthäus 6,6; Psalm 27,8

Mt 6,6: Du aber, wenn du betest, so geh in deine Kammer, und nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist, und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten.

Ps 27,8: Von dir hat mein Herz gesagt: Du sprichst: Sucht mein Angesicht! – Dein Angesicht, HERR, suche ich.

Wir müssen uns einmal ganz in die Stille zurückziehen, um wirklich mit Gott allein zu sein. Das ist es, was wir nötig haben: das stille Gebet. Das ist der Stützpfeiler von allem. Und doch bringen wir Entschuldigungen vor und sagen, dass wir keine Zeit haben. Wenn wir aber keine Zeit finden für das stille Gebet, bedeutet es in Wahrheit wenig für den Herrn, ob wir für den öffentlichen Dienst Zeit finden oder nicht.

Ist es nicht oft so, dass wir für alles Zeit haben, nur nicht dafür, einmal in die Stille zu gehen, um mit Gott allein zu sein? Wir finden Zeit, uns mit unseren Brüdern zu unterhalten, und die Minuten werden dabei unbemerkt zu Stunden und wir haben noch nicht einmal Probleme damit. Aber wenn wir in der Stille unserer Wohnung auf die Knie gehen wollen, um für eine Zeit allein mit Gott zu sein, kommen immer so viel Schwierigkeiten in den Weg, die uns zurückhalten. „Zehntausend Feinde stehen auf“, die uns von dem Platz auf den Knien zurückhalten wollen. Es scheint, dass Satan sich nicht darum kümmert, wie wir uns beschäftigen, solange wir nur nicht das Angesicht unseres Vaters suchen; aber der große Verführer weiß sehr wohl, dass er uns in seiner Gewalt hat, wenn er nur die Gemeinschaft zwischen uns und Gott verhindern kann. Ja, wir können für alles Zeit finden, aber wir lassen die Gelegenheit, im Gebet mit Gott zu ringen, vorbeigehen. Vielleicht finden wir sogar Zeit, das Evangelium zu predigen und den Gläubigen zu dienen.

Das alles können wir tun, während unsere eigenen Seelen dürr und ohne Leben sind, weil das stille Gebet und die Gemeinschaft mit Gott mangelt. Wie fromm scheinen wir oft vor den Augen der Menschen zu sein! Oh, die Schlauheit unserer alten Natur! Wenn wir in unser Zimmer gehen und die Tür schließen, sieht und hört uns niemand als nur Gott. Dort ist kein Platz, um einen frommen Anschein zu geben. Niemand ist dabei, vor dem wir unsere Frömmigkeit sehen lassen können; niemand, der von unserem Eifer für den Herrn Kenntnis nimmt; niemand, der weiß, wie lange und wofür wir alles gebetet haben; niemand als nur Gott, und wir wissen, dass wir Ihm nichts vormachen können, dass wir etwa anders seien, als wir wirklich sind. Wir fühlen, dass Er uns durchschaut und uns durch und durch kennt, fühlen, dass Gott gegenüber keine Fassade etwas nützt und dass das Böse bei Ihm nicht bestehen kann (Ps 5,5).

Gewiss, es ist ein Platz der Prüfung – allein in der Gegenwart Gottes. Es ist kein Wunder, dass deshalb so viele Gläubige sich entschuldigen. Aber Geliebte, gerade das Versäumnis des stillen Gebets ist die Erklärung dafür, dass so wenig Lebendigkeit und so viel fleischliches Denken und Handeln vorhanden ist. Die Gebetsstunde der Gemeinde darf uns nicht genügen, obwohl es sicherlich ein großes Vorrecht ist, daran teilzunehmen.

„Du aber, wenn du betest, so geh in deine Kammer und, nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete.“ Wie viele mögen nach und nach das stille Gebet versäumt haben, so dass dadurch die Gemeinschaft mit Gott ebenso effektiv abgebrochen wurde, als ob es für sie überhaupt keinen Gott mehr gäbe. Dass Gott auch seine betenden Kinder hat, glauben wir, ja wir freuen uns, dies zu wissen. Er ist nie ohne seine Treuen, die Tag und Nacht zu Ihm rufen. Doch reißen die schrecklichen, abwärtsgehenden Strömungen dieser letzten Tage viele von dem Volk Gottes mit sich, und der große Feind der Seelen hätte keinen tödlicheren Plan ausdenken können, um die Gläubigen mit fortzureißen, als den, ihre Gebetsverbindungen mit Gott zu unterbrechen. Das Unterlassen des stillen Gebets schließt das Fehlen des Verlangens nach der Gegenwart Gottes in sich, ja es ist gerade das Indiz dafür. Solche Gläubige werden leicht eine Beute in den Versuchungen, und Satan hat bald einen Sieg über sie errungen.

Wenn ein Bruder mehrmals nicht zur Gebetsstunde kommt, kann (und sollte) man mit ihm sprechen und ihn ermahnen. Von seinem Fehlen wird Kenntnis genommen. Aber wenn er das persönliche Gebet zu Hause unterlässt, so ist dies etwas, was keiner merkt. Man fühlt nur, wenn man mit ihm in Verbindung kommt, dass irgendetwas sein geistliches Leben zu untergraben scheint.

Das Versäumen des stillen Gebets bewirkt unberechenbaren Verlust. „Erst ließ ich das Beten ein paar Mal aus“, sagte jemand, der die Freude der Gemeinschaft mit Gott bereits einmal geschmeckt hatte, „dann immer öfter, und so kam es so weit, dass ich alles aufgab und wieder in die Welt zurückgegangen bin.“

Welch ein Unterschied zwischen denen, die sorgfältig darauf aufpassen, dass der Herr Jesus nicht vernachlässigt wird, und den anderen, die die ihnen zur Verfügung stehende Zeit nur für sich selbst ausnutzen. Ihr Verhalten, ihr ganzer Lebenswandel lässt erkennen, dass sie da gewesen sind, wo sie die Sphäre des Himmels genossen haben. Ihr Vater, der sie im Verborgenen gesehen hat, vergilt ihnen öffentlich (Mt 6,6). Sie tragen, ohne es zu wissen, den Frieden mit sich von dem stillen Platz, wo sie mit Gott gesprochen haben. Wo das mangelt, ist es kein Wunder, wenn die Gläubigen mit der Zeit ebenso weltlich werden wie richtige Weltmenschen. Kein Wunder, wenn dann die einfachsten Vorschriften des Wortes Gottes an ihnen abprallen.

Abraham, der in vertrauter Gemeinschaft mit Gott lebte, kannte das Schicksal Sodoms, lange bevor die Einwohner Sodoms eine Gefahr ahnten. Menschen, die Gemeinschaft genießen, sind auch Menschen des Gehorsams. Es sind Menschen, die sich – wie die Helden Davids – freuen, nahe bei ihrem König zu sein; die bereitstehen, ihr Leben zu wagen, um für ihn einen Trunk Wasser aus der Zisterne bei Bethlehem zu holen (1Chr 11,17). Es sind Menschen des Gebets, die zu allen Zeiten den Arm des allmächtigen Gottes bewegt haben, obwohl es schien, als hätten sie das Gebet am wenigsten nötig; gerade ihnen war die stille Gemeinschaft im Gebet mit Gott der wichtigste Ort. Unser großes Vorbild, der Herr Jesus, war ein Mann des Gebets. Wir lesen von ihm, dass Er des Morgens früh aufstand, als es noch finster war, und an einen öden Ort ging, um dort zu beten (Mk 1,35).

Lasst uns Ihm ganz besonders darin nachfolgen. Wenn Er ständig im Gebet die Nähe zu seinem Gott suchte – ja sogar sagen konnte: „Ich aber bin stets im Gebet“ –, wie viel mehr haben wir das dann nötig! Lasst uns doch jetzt noch einmal wieder neu ins Bewusstsein einprägen, dass das stille Gebet eines der Hauptbedürfnisse unseres geistlichen Lebens ist. Ohne dies werden wichtige Dienste nutzlos sein in den Augen des Herrn, der uns in das Herz sieht.

Lasst einen jeden von uns sich selbst die Frage stellen: Ist es eine Freude für mich, in mein Zimmer zu gehen, um mit dem Herrn zu reden, meine Kraft zu erneuern? Wenn nicht, wollen wir das dann nicht jetzt vor Ihm bekennen? Gott möchte uns das gern vergeben und uns wiederherstellen.

Weitere Artikel des Autors John Nelson Darby (67)

Weitere Artikel in der Kategorie Nachfolge (74)


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen