Gnade und Regierung
... oder: Wie Gott mit uns handelt

Charles Henry Mackintosh

© EPV, online seit: 15.01.2005, aktualisiert: 06.04.2021

Leitverse: 1. Mose 3; 4; 6; 28-45; 4. Mose 20; 5. Mose 34; 2. Samuel 12,20; 15,30

Einleitung

Vielleicht haben einige Leser dem Thema dieser Abhandlung noch nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt; es ist außerordentlich wichtig. Die Schwierigkeiten, die bei der Auslegung mancher Schriftstellen und der Erklärung vieler Wege der Vorsehung Gottes entstehen, sind in den meisten Fällen darauf zurückzuführen, dass der Unterschied zwischen den Gnadenratschlüssen und den Regierungswegen Gottes nicht verstanden wird. In Abhängigkeit von der Belehrung des Heiligen Geistes möchte ich daher versuchen, einige wesentliche Schriftstellen zu erläutern, in denen uns der Unterschied zwischen Gnade und Regierung vorgestellt wird.

Die Gnaden- und Regierungswege Gottes mit …

Adam

Die ersten Unterweisungen in dieser Hinsicht finden wir in 1. Mose 3. Dort werden zum ersten Mal Gnade und Regierung offenbart. Einerseits zeigt sich, dass der Mensch ein Sünder ist – ein verdorbener, schuldiger, nackter Sünder. Aber andererseits wird uns auch die Gnade Gottes vor Augen geführt, der das Verderben heilt, die Schuld sühnt und die Blöße bedeckt. All dies tut Er auf seine eigene Weise. Er bringt die Schlange zum Schweigen und verurteilt sie zu ewiger Schande. Er legt die Grundlage seiner eigenen ewigen Verherrlichung und stellt dem Sünder Leben und Gerechtigkeit bereit – alles durch den Samen der Frau.

Nun, das war Gnade – uneingeschränkte, freie, bedingungslose und vollkommene Gnade, die Gnade Gottes. Gott gab seinen Sohn, der als der „Same der Frau“ für die Erlösung des Menschen „zermalmt“ wurde, der geschlachtet wurde, um so dem Sünder das Kleid göttlicher Gerechtigkeit zu erwerben. Ich wiederhole, das war Gnade in ihrem unverkennbaren Wesen. Aber andererseits müssen wir sorgfältig beachten, dass in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser ersten großen Entfaltung der Gnade auch der erste ernste Akt der Regierung Gottes erwähnt wird. Die Gnade bekleidete den Menschen – die Regierung vertrieb ihn aus Eden. „Und Gott der HERR machte Adam und seiner Frau Röcke von Fell und bekleidete sie.“ Hier haben wir reine Gnade vor uns. Aber danach lesen wir: „Und er trieb den Menschen aus, und ließ lagern gegen Osten vom Garten Eden die Cherubim und die Flamme des kreisenden Schwertes, um den Weg zum Baume des Lebens zu bewahren.“ Diese Tat ist eine ernste und demütigende Offenbarung der Regierung Gottes. Die Fellröcke waren der liebliche Ausdruck der Gnade. Das flammende Schwert war das ernste Zeichen der Regierung. Adam war der Gegenstand von beidem. Wenn er auf das Fell sah, das er anhatte, konnte er die göttliche Gnade betrachten – wie Gott ihm ein Kleid bereitet hatte, um seine Blöße zu bedecken. Wenn er auf das Schwert sah, wurde er dagegen an die unerbittliche Regierung Gottes erinnert.

Wir können also den „Rock“ und das „Schwert“ als die frühesten Ausdrucksformen der „Gnade“ und der „Regierung“ Gottes betrachten. Natürlich werden wir diese Dinge in anderer Gestalt wiederfinden, wenn wir das inspirierte Wort weiter erforschen. Die Gnade wird immer heller erstrahlen, die Regierung wird in tieferem Ernst erscheinen. Außerdem werden sowohl die Gnade als auch die Regierung Gottes immer deutlicher hervortreten, wenn sie in Verbindung mit der Geschichte des Volkes Gottes (in welcher Haushaltung auch immer) zur Geltung kommen. Trotz allem ist es aber sehr interessant, dass diese großen Wahrheiten durch die Bilder von „Rock“ und „Schwert“ schon so früh deutlich unterschieden werden.

Vielleicht fragt ein Leser: Aber warum vertrieb Gott den Menschen denn noch aus Eden, wenn Er ihm vorher bereits vergeben hatte? – Diese Frage könnte im Hinblick auf nahezu alle Ereignisse gestellt werden, die uns das Wort Gottes mitteilt. In der gesamten Geschichte des Volkes finden wir diese Verbindung von Gnade und Regierung. Die Gnade vergibt, aber die Räder der Regierung rollen in ihrer ganzen furchtbaren Majestät weiter. Adam erlangte eine vollkommene Vergebung, aber seine Sünde zog ihre Folgen nach sich. Die Schuld seines Gewissens wurde hinweggetan, nicht aber der Schweiß seines Angesichts. Er ging begnadigt und bekleidet aus Eden hinaus, aber er ging mitten unter Dornen und Disteln. In seinem Herzen konnte er sich an den kostbaren Früchten der Gnade erfreuen, während er nach außen hin die ernsten und unwiderruflichen Wege der Regierung Gottes anerkennen musste.

So war es bei Adam, so war es seitdem immer, und so ist es auch heute noch. Jeder Leser sollte sich bemühen, im Licht der Heiligen Schrift ein klares Verständnis über dieses Thema zu erlangen. Es ist es wert, dass wir ihm unter Gebet unsere Aufmerksamkeit schenken. Zu häufig geschieht es, dass Gnade und Regierung verwechselt werden. Als notwendige Folge hiervon wird die Gnade ihrer Schönheit und die Regierung ihrer feierlich-ernsten Würde beraubt. Der Sünder, der sich auf dem Boden freier Gnade der vollen und uneingeschränkten Vergebung seiner Sünden erfreuen könnte, ergreift diese Tatsache nur wenig im Glauben, weil sein Herz mit den strengen Regierungswegen Gottes beschäftigt ist. Andererseits legen solche, die sich der Gnade Gottes erfreuen, eine erschreckende Gleichgültigkeit im Hinblick auf den Ernst seiner Regierung an den Tag.

Beide Seiten sind so deutlich wie möglich unterschieden; und diese Unterscheidung wird in 1. Mose 3 so klar wie in jeder anderen Stelle des inspirierten Wortes aufrechterhalten. Standen die Dornen und Disteln, unter denen sich Adam nach seiner Vertreibung aus Eden vorfand, im Widerspruch zu der vollen Vergebung, die ihm die Gnade Gottes soeben zugesichert hatte? Auf keinen Fall! Sein Herz hatte sich an den hellen Strahlen der Verheißung erfreut. Er war mit dem Kleid angetan, das ihm die Gnade bereitet hatte, ehe er in eine verfluchte und seufzende Schöpfung hinausgesandt wurde, um dort unter der gerechten Regierung Gottes zu arbeiten und sich abzumühen. Die Regierung Gottes trieb den Menschen aus Eden hinaus, aber erst nachdem ihm die Gnade Gottes vergeben und ihn bekleidet hatte. Die Regierung sandte ihn in eine Welt voller Dunkelheit. Zuvor hatte ihm jedoch die Gnade das Licht der Verheißung gegeben, das ihn in der Finsternis trösten konnte. Adam konnte den ernsten Urteilsspruch Gottes nur in dem Maß ertragen, wie er auch die reiche Vorsorge der Gnade erfuhr.

So weit also die Geschichte Adams, insofern sie unser Thema erläutert. Wir wollen uns jetzt mit der Arche und der Flut in den Tagen Noahs beschäftigen, die wie die Fellröcke und das Flammenschwert in treffender Weise die Gnade und die Regierung Gottes zum Ausdruck bringen.

Kain und Abel

Die Geschichte Kains und seiner Nachkommen zeigt in schonungsloser Offenheit, wie der Mensch in seinem gefallenen Zustand fortschreitet. Im Gegensatz dazu entfaltet sich in der Linie Abels der geistliche Fortschritt derer, die berufen waren, inmitten der Umgebung, in die die Regierung Gottes Adam versetzt hatte, ein Leben des Glaubens zu führen. Diejenigen, die den Weg Kains gingen, fielen sehr rasch immer tiefer, bis das Maß ihrer Schuld schließlich so voll war, dass sie das schwere Gericht der Regierung Gottes treffen musste. Dagegen nahm die Geschichte der Nachkommen Abels (bzw. Seths) durch die Gnade Gottes einen positiven Verlauf. Sie wurden sicher durch das Gericht auf eine erneuerte Erde getragen.

Noah

Es ist nun interessant, zu beobachten, dass die auserwählte Familie Noahs vor dem Gericht in der Arche, dem Gefäß der Gnade, in Sicherheit gebracht wurde. Noah war sicher in der Arche, so wie Adam mit den Fellen bekleidet war. Auf diese Weise wurde er ein Zeuge der uneingeschränkten Gnade Gottes. Er konnte in aller Ruhe den Regierungsthron Gottes betrachten, von dem aus sich das furchtbare Gericht über eine verunreinigte Welt ergoss. In seiner Gnade rettete Gott Noah, bevor Er in seiner Regierung die Erde mit den Fluten des Gerichts überschwemmte. Hier haben wir also wiederum Gnade und Regierung. Die erste rettet, letztere richtet; aber Gott offenbart sich in beiden. Jeder Teil der Arche trug den lieblichen Stempel der Gnade; jede Welle der Flut war ein Beweis für den Ernst der Regierung.

Jakob

Ich möchte aus dem ersten Buch Mose nur noch eine Begebenheit von tiefer praktischer Bedeutung herausgreifen, an der wir die Verbindung von Gnade und Regierung in sehr ernster und eindrucksvoller Weise sehen können. Ich meine den Fall des Patriarchen Jakob. Die ganze lehrreiche Geschichte dieses Mannes enthält viele Illustrationen zu unserem Thema. Ich will mich jetzt nur auf die Begebenheit beschränken, in der Jakob seinen Vater betrügt, um seinen Bruder aus dem Erstgeburtsrecht zu verdrängen. Schon lange bevor Jakob geboren wurde, hatte die souveräne Gnade Gottes ihm einen Vorrang zugesichert, den ihm kein Mensch jemals rauben konnte. Aber er war nicht damit zufrieden, auf die Zeit und den Weg Gottes zu warten, sondern machte sich daran, diese Angelegenheit selbst zu regeln. Was war das Resultat? Sein ganzes späteres Leben gibt darauf die warnende Antwort. Fern von dem Haus seines Vaters; zwanzig Jahre harter Knechtschaft; sein Lohn veränderte sich zehnmal; seine Mutter durfte er nicht wiedersehen; er lebte in dauernder Angst, von seinem beleidigten Bruder ermordet zu werden; seiner Familie wurde Schmach zugefügt; Angst um sein Leben wegen des Vorfalls in Sichern; betrogen von seinen zehn Söhnen; tiefer Schmerz wegen des angeblichen Todes seines Lieblingssohnes Joseph; aufgrund der Hungersnot den Tod vor Augen; und schließlich ereilte ihn der Tod in einem fremden Land.

Welch eine Lektion für uns! Jakob war ein Gegenstand der Gnade – einer souveränen, unwandelbaren und ewigen Gnade. Das steht ohne Zweifel fest. Aber er war ebenso ein Gegenstand der Regierung Gottes. Lasst uns stets daran denken, dass die Gnade sich niemals in die Regierungswege Gottes einmischt! Deren Ausführung kann nicht aufgehalten werden. Es wäre leichter, die Fluten des Ozeans mit einer Feder oder einen Wirbelsturm mit einem Spinngewebe aufzuhalten, als durch irgendeine Macht, sei sie menschlich, überirdisch oder unterirdisch, die machtvolle Regierung Gottes zum Stehen zu bringen (vgl. Hes 1).

All dies ist sehr ernst. Die Gnade vergibt – ja, sie vergibt frei, vollständig und ewig. Aber was ein Mensch sät, das muss er ernten. Ein Herr kann seinen Knecht aussenden, um sein Feld mit Weizen zu besäen; und aufgrund von Unkenntnis, Dummheit oder grober Unaufmerksamkeit streut er irgendein schädliches Unkraut aus. Sein Herr hört von diesem Fehler und vergibt ihm in seiner Gnade – vergibt ihm frei und völlig. Was nun? Wird diese Vergebung die Frucht des Feldes verändern? Natürlich nicht. Zur Zeit der Ernte wird der Knecht also keine goldenen Ähren, sondern nur das unnütze Unkraut vorfinden. Lässt ihn dieser Anblick an der Gnade seines Herrn zweifeln? Auf keinen Fall! Wie die Gnade des Herrn die Natur der ausgestreuten Frucht nicht veränderte, so tut diese auch ihrerseits der Gnade und Vergebung des Herrn keinen Abbruch. Diese Dinge haben nichts miteinander zu tun und müssen deshalb deutlich unterschieden werden. Auch wenn aus dem Unkraut noch ein Stoff gewonnen werden könnte, der viel wertvoller als Weizen ist, würde das den obigen Grundsatz nicht antasten. Immer noch würde gelten: „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten.“

Dieses schwache Beispiel mag den Unterschied zwischen Gnade und Regierung veranschaulichen. Die soeben aus Galater 6 angeführte Stelle beschreibt den großen Grundsatz der Regierung in kurzen, aber umfassenden Worten – ein Grundsatz von sehr tiefer und praktischer Bedeutung, ein Grundsatz mit den größten Anwendungsmöglichkeiten: „Was irgend ein Mensch sät.“ Es spielt keine Rolle, wer dieser Mensch ist; was er sät, wird er ernten. Die Gnade vergibt, ja, sie kann sogar glücklicher als je zuvor machen. Aber wenn jemand im Frühling Unkraut sät, wird er im Sommer keinen Weizen ernten. Das ist klar und von großer praktischer Tragweite. Sowohl die Heilige Schrift als auch die Erfahrung bestätigen und veranschaulichen dieses göttliche Prinzip.

Mose

Nehmen wir den Fall Moses! An den Wassern von Meriba redete er unbedacht mit seinen Lippen (4Mo 20). Was war die Folge? In seinen Regierungswegen verbot Gott ihm, in das verheißene Land einzugehen. Beachten wir dabei aber, dass, während die Regierung Gottes Mose nicht nach Kanaan hineinließ, die Gnade Gottes ihn doch auf den Pisga führte (5Mo 34). Von dort aus durfte er das ganze Land sehen – nicht nur in den Grenzen, wie es tatsächlich von Israel eingenommen wurde, sondern entsprechend der göttlichen Verheißung. Und was geschah dann? Gott begrub seinen geliebten Knecht! Welch eine Gnade kommt hierin zum Vorschein! Wenn uns das ernste Urteil der Regierung in Meriba erschüttert, so werden wir von der unvergleichlichen Gnade auf dem Gipfel des Pisga überwältigt. Die Regierung Gottes hielt Mose aus Kanaan. Die Gnade Gottes bereitete ihm ein Grab in den Ebenen Moabs. Gab es jemals ein solches Begräbnis? Können wir nicht sagen, dass die Gnade, die das Grab Moses bereitete, nur noch am Grab Christi übertroffen wurde? Ja, Gott ist in der Lage, ein Grab auszuheben oder einen Fellrock zu machen. Die Gnade, die aus diesen wunderbaren Taten hervorstrahlt, wird durch den Gegensatz zu den ernsten Regierungswegen nur noch größer.

David

Sehen wir uns nun David „in der Sache Urijas, des Hethiters“ an. Hier finden wir wieder eine treffende Entfaltung der Gnade und der Regierung. Unter der verblendenden Macht der Lust fiel David von seiner hohen und heiligen Berufung in den tiefen und furchtbaren Abgrund moralischen Verderbens. Dort wurde sein Gewissen getroffen und überführt. Seinem gebrochenen Herzen entrang sich das Bekenntnis: „Ich habe gegen den HERRN gesündigt.“ Was war die Folge? Eine sofortige und eindeutige Antwort der bedingungslosen Gnade, an der Gott sein Wohlgefallen findet: „So hat auch der HERR deine Sünde hinweggetan.“ Das war absolute Gnade. Die Sünde Davids war damit vollkommen vergeben. Das steht außer Frage. Aber wenn David auch nach seinem Schuldbekenntnis die Stimme der Gnade vernehmen durfte, so setzte diese doch die Regierung Gottes nicht außer Kraft. Kaum hatte die Gnade seine Schuld getilgt, als das Schwert der Regierung aus der Scheide fuhr, um das notwendige Gericht auszuüben. Das ist sehr ernst. David empfing eine völlige Vergebung, aber Absalom empörte sich gegen ihn. „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten.“ Es mag einem Menschen vergeben werden, wenn er Unkraut sät, aber die Ernte wird dadurch nicht verbessert. Das Erste ist Gnade, das Zweite Regierung. Beide werden in ihrem eigenen Bereich ausgeübt und geraten niemals in Widerspruch zueinander. Sowohl die Strahlen der Gnade als auch die ernste Würde der Regierung sind ihrem Wesen nach göttlichen Ursprungs. Als ein Gegenstand der Gnade durfte David in das Haus Gottes gehen (2Sam 12,20), bevor er unter der Regierung Gottes die raue Anhöhe des Ölberges ersteigen musste (2Sam 15,30). Ja, wir dürfen sicher sein, dass das Herz Davids die Gnade Gottes nie tiefer empfunden hat als gerade zu der Zeit, in der er Gottes gerechte Regierung erfahren musste.

Gnade hebt die Folgen der Sünde nicht auf

Ich habe genug gesagt, um dem Leser dieses Thema zu eröffnen, und er kann sich leicht persönlich damit weiterbeschäftigen. Die Heilige Schrift ist voll davon, und auch das menschliche Leben redet täglich dieselbe Sprache. Wie oft sehen wir Menschen, die sich völlig an der Gnade Gottes erfreuen, das Bewusstsein der Vergebung ihrer Sünden haben und in ununterbrochener Gemeinschaft mit Gott wandeln, obwohl sie gleichzeitig an ihrem Leib oder ihrem Besitz die Folgen früherer Torheiten und Ausschweifungen tragen müssen. Auch darin offenbaren sich wiederum Gnade und Regierung. Das ist von tiefer praktischer Bedeutung. Beachten wir diesen Grundsatz, so wird er uns nicht nur beim Studium der Schrift, sondern auch im Hinblick auf unser eigenes Leben von großem Nutzen sein.

Zum Schluss möchte ich noch eine Stelle erwähnen, die fälschlicherweise oft als eine Offenbarung der Gnade hingestellt wird, während sie eindeutig ein Grundsatz der Regierung Gottes ist: „Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und groß an Güte und Wahrheit, der Güte bewahrt auf Tausende hin, der Ungerechtigkeit, Übertretung und Sünde vergibt – aber keineswegs hält er für schuldlos den Schuldigen –, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, am dritten und am vierten Glied“ (2Mo 34,6.7). Wollten wir diesen Abschnitt als eine Offenbarung Gottes betrachten, wie sie uns im Evangelium vorgestellt wird, würden wir nur sehr wenig von dem Charakter des Evangeliums verstehen. Die Sprache des Evangeliums lautet: „Gott war in Christus, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2Kor 5,19). „Die Ungerechtigkeit heimsuchen“ und „nicht zurechnen“ sind doch wohl zwei völlig verschiedene Dinge. Das Erste entspricht der Regierung, das Zweite der Gnade Gottes. Es ist derselbe Gott, der sich aber auf verschiedene Weise offenbart.


Originaltitel: „Gnade und Regierung“
aus Hilfe und Nahrung, Ernst-Paulus-Verlag, Jg. 15, 1976, S. 217–225-
Englischer Originaltitel: „Grace and Government“
aus Miscellaneous Writings, Bd. 5, S. 201–211

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