Beginnt in Matthäus 18,19 eine ganz neue Sache?
Eine Wortstudie

Dirk Schürmann

© SoundWords, online seit: 01.01.2001, aktualisiert: 17.11.2022

Frage

Beginnt in Matthäus 18,19 mit dem Wörtchen „wiederum“ („Wiederum sage ich euch …“) eine ganz neue Sache? Redet der Herr von einer ganz neuen Sache, die nicht unbedingt etwas zu tun hat mit dem Vorhergehenden? Die Schlussfolgerung daraus wäre: Die Versammlung der „zwei oder drei“ in Matthäus 18,20 hat nicht unbedingt etwas zu tun mit der Versammlung in Matthäus 18,15-18, die die dort beschriebene göttliche Autorität hat.

Antwort

Dieser Gedanke widerspricht der Auslegung dieses Schriftabschnittes der meisten Brüder des vorletzten Jahrhunderts und auch vieler des vergangenen Jahrhunderts. Beispiel: J.N. Darby, W. Kelly, H. Rossier, F.W. Grant, J.B. Stoney. G.V. Wigram, H.L. Heijkoop, W.J. Ouweneel. Das bedeutet zwar nicht unbedingt, dass der Gedanke falsch ist. Doch ist es allein deswegen unseres Erachtens sehr wichtig zu überprüfen, ob das Wörtchen „wiederum“ wirklich etwas Neues andeutet. Bedeutet das Wörtchen „wiederum“ (griechisch palin) nicht vielmehr „zu dem vorherigen noch ergänzend“? Da keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist (2Pet 1,20) wollen wir daher untersuchen, in welchem Zusammenhang das Wort „wiederum“ im Matthäusevangelium sonst noch vorkommt.

Mt 4,5-7: Der Teufel … spricht zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so wirf dich hinab, denn es steht geschrieben: „Er wird seinen Engel über dir befehlen …“ Jesus aber sprach zu ihm: „Wiederum steht geschrieben, du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“

Was bedeutet hier das „wiederum“? Der Teufel hatte hier eine aus dem Zusammenhang gerissene Schriftstelle angeführt, und jetzt sagt der Herr in gewisser Weise zu ihm: Moment mal, Satan, du musst da unbedingt noch eine Schriftstelle hinzunehmen, denn zusätzlich heißt es: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.

Mt 4,8: Wiederum nimmt der Teufel ihn mit auf einen sehr hohen Berg.

Bezieht sich direkt auf Vers 5: „Dann nimmt der Teufel ihn mit“ (Mt 4,5). Der Zusammenhang ist also eindeutig derselbe, es geht darum, dass der Teufel den Herrn mitnimmt, um Ihn zu versuchen, und in Vers 8 macht er es nun noch einmal.

Mt 5,33: Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist, du sollst nicht fälschlich schwören.

Dieser Vers bezieht sich ganz klar auf Vers 27: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist, du sollst nicht ehebrechen“ (Mt 5,27). Es geht hier also um Gebote des Gesetzes, die sie gelehrt worden waren. Zuerst kommt der Herr auf den Ehebruch zu sprechen und dann sagt Er: „Zusätzlich / dazu noch / des Weiteren habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist: du sollst nicht fälschlich schwören.“ Nach dieser dritten Stelle ist sicherlich schon ganz deutlich geworden, dass sich „wiederum“ immer auf ein Tätigkeitswort bezieht, das schon einmal vorher in demselben Zusammenhang gebraucht worden war. Das gemeinsame Tätigkeitswort bei der ersten Stelle war: „steht geschrieben“ (Mt 4,5-7), bei der zweiten: „mitnehmen“ (Mt 4,8), bei der dritten: „gehört haben“ (Mt 5,33).

Mt 13,45.47: Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann … Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Netz, das ins Meer geworfen wurde.

Hier bezieht sich das „wiederum“ auf Vers 44: „Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz“ (Mt 13,44). Das gemeinsame Tätigkeitswort ist „gleich sein“. Das Gleichnis von dem Schatz im Acker ist das erste der drei Gleichnisse, die uns die innere Seite des Reiches der Himmel in Matthäus 13 zeigen. Die beiden folgenden Gleichnisse von der Perle und dem Netz vervollständigen diesen Gedanken. Auch hier lässt sich „wiederum“ ganz gut durch „dazu noch“, „ergänzend“, „des Weiteren“ ersetzen.

Mt 19,24: Wiederum aber sage ich euch, es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr eingehe, als dass ein Reicher in das Reich Gottes eingehe.

Hier bezieht sich das „wiederum“ auf Vers 23: „Wahrlich ich sage euch, schwerlich wird ein Reicher in das Reich der Himmel eingehen“ (Mt 19,23). Das gemeinsame Tätigkeitswort ist „sagen“. Dass es sich hierbei um den gleichen Gegenstand handelt, zu dem der Herr in Vers 24 etwas Ergänzendes sagt, braucht sicherlich nicht näher erklärt zu werden.

Mt 20,5: Wiederum aber ging er aus um die sechste und neunte Stunde und tat desgleichen.

Bezieht sich auf Vers 3: „Und als er um die dritte Stunde ausging …“ (Mt 20,3); „ausgehen“ ist das gemeinsame Tätigkeitswort. Dass es um die gleiche Handlung geht, steht diesmal sogar wörtlich in Vers 5 am Schluss.

Mt 21,36: Wiederum sandte er andere Knechte, mehr als die ersten; und sie taten ihnen ebenso.

Bezieht sich auf Vers 34: „Er sandte seine Knechte zu den Weingärtnern“ (Mt 21,34). Gemeinsames Tätigkeitswort ist „senden“. Auch hier handelt es sich ganz deutlich um eine zweite Sache von derselben Art und auch hier ist es bezeichnend, dass am Schluss das Wörtchen „ebenso“ steht. Das „mehr als die ersten“ deutet an, dass „wiederum“ eine Bekräftigung des ersten ist.

Mt 22,1: Jesus antwortete und redete wiederum in Gleichnissen zu ihnen und sprach: Das Reich der Himmel ist einem König gleich geworden, der seinem Sohne Hochzeit machte.

Bezieht sich auf Matthäus 21,33: „Höret ein anderes Gleichnis: Es war ein Hausherr, der einen Weinberg pflanzte.“ Das Wörtchen „wiederum“ hat als Gemeinsames hier einmal, dass es ein Gleichnis ist und zweitens auch den Gegenstand des Gleichnisses, denn beide Male handelt es sich darum, wie das Volk Israel die Gabe Gottes behandelt.

Mt 22,4: Wiederum sandte er andere Knechte aus.

Bezieht sich auf Vers 3: „Er sandte seine Knechte aus“ (Mt 22,3). Auch hier hat „wiederum“ dieselbe Bedeutung wie in der achten Stelle (Mt 21,36).

Mt 26,42.44: Wiederum zum zweiten Male ging er hin und betete und sprach: …

Bezieht sich auf Vers 39: „Und er ging ein wenig weiter und fiel auf sein Angesicht und betete und sprach“ (Mt 26,39). Und er ließ sie und ging wiederum und betete zum dritten Male und sprach dasselbe Wort. Auch hier wird wieder ganz deutlich gesagt, dass es sich um „dasselbe Wort“ handelt. Auch an dieser Stelle bedeutet „wiederum“ also keinesfalls etwas Neues oder Anderes. Es deutet eine Wiederholung zu derselben Sache an.

Mt 26,43: Und als er kam, fand er sie wiederum schlafend, denn ihre Augen waren beschwert.

Bezieht sich auf Vers 40: „Er kommt zu den Jüngern und findet sie schlafend“ (Mt 26,40). Eindeutig heißt hier „wiederum“ ein zweites Mal dieselbe Sache.

Mt 26,72: Wiederum leugnete er mit einem Eide: „Ich kenne den Menschen nicht.“

Bezieht sich auf Vers 70: „Er aber leugnete vor allen und sprach“; gemeinsames Tätigkeitswort: „leugnen“. Hier ist das „wiederum“ eine Bekräftigung desselben Leugnens mit einem Eid (Mt 26,70).

Mt 27,50: Jesus aber schrie wiederum mit lauter Stimme und gab den Geist auf.

Bezieht sich eindeutig auf Vers 46: „Um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme“ (Mt 27,46). Gemeinsames Wort: „aufschreien mit lauter Stimme“. Auch hier geht es eindeutig um dieselbe Person, um dieselbe Situation und um denselben Gedanken, dass nämlich der Herr in der vollen Kraft seines Lebens sprach und nicht ermattet und schwach.

Das sind alle Stellen, wo das Wort „wiederum“ (palin) im Matthäusevangelium vorkommt, und in jeder dieser Stellen, die wir behandelt haben, hat das Wort „wiederum“ die Bedeutung von „dazu noch“, „ergänzend“, „des Weiteren“, „dieselbe Sache betreffend“.

Lasst uns jetzt noch eine Stelle beleuchten, die wir bisher noch nicht behandelt haben, die in obiger These angeführte Stelle:

Mt 18,19: Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, um welche sie auch bitten werden, so wird sie ihnen werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.

Welches ist nun der Vers, auf den sich das „wiederum“ hier bezieht? Welches das gemeinsame Tätigkeitswort? Der Ausdruck „Wiederum sage ich euch“ ist derselbe Ausdruck, wie wir ihn bei Matthäus 19,24 gefunden haben: „Wiederum sage ich euch: Es ist leichter …“

Hier bezog sich „wiederum“ auf Vers 23: „Wahrlich, ich sage euch“ (Mt 19,23), und tatsächlich finden wir auch in Matthäus 18,18 denselben Ausdruck wieder: „Wahrlich, ich sage euch, was irgend ihr auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein, und was irgend ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein.“ Ist daher nicht anzunehmen, dass sich hier das „wiederum“ in Vers 19 auf Vers 18 bezieht? Was ist aber nun der gemeinsame Gegenstand in diesen beiden Versen? Der gemeinsame Gegenstand ist die außerordentliche Machtbefugnis und Autorität der Versammlung, die von Gott gegeben wird. In Vers 18 die Macht und Autorität, dass das, was auf der Erde gebunden bzw. gelöst wird, im Himmel gebunden und gelöst wird, und in Vers 19, dass das gemeinsame Gebet erhört wird.

Worin liegt nun der Grund für diese außerordentlich hohe Befugnis, Autorität und Macht der Versammlung? Begründung für beide Verse gibt Vers 20, der mit einem „denn“ beginnt. Grund ist die Gegenwart des Herrn in der Mitte dieser Versammlung. Wenn Vers 20 keinen Bezug mehr hätte zu Vers 18, würde die Frage offenbleiben, wie eine menschliche Versammlung eine solche Autorität haben kann. Somit ist auch hier deutlich, dass „wiederum“ nur einen ergänzenden Charakter hat. Zusätzlich zu dieser großen Autorität, dass der Himmel das, was auf der Erde beschlossen wird im Hinblick auf Binden und Lösen, anerkennt, kommt nun auch noch diese gewaltige Verheißung, dass das gemeinsame Gebet erhört wird, das Gebet um irgendeine Sache. Ein Binden und Lösen, das nicht – wie es in 1. Korinther 5,4 heißt – geschieht, wenn man in der Kraft des Herrn Jesus Christus versammelt ist (hier geht es gerade um ein Beispiel für das Binden!), oder, anders ausgedrückt, nicht geschieht, wenn man – wie es in Vers 20 heißt – zu seinem Namen hin versammelt ist, wird auch im Himmel nicht anerkannt werden!

Für den jedoch, der diesen Zusammenhang nicht sehen kann, mögen die anderen Stellen, wo wir „wiederum“ gefunden haben, ausreichen um zu beweisen, dass „wiederum“ nicht etwas Neues bedeutet.

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