Leitvers: Matthäus 24,32
Mt 24,32: Von dem Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon weich wird und die Blätter hervortreibt, so erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch ihr, wenn ihr dies alles seht, so erkennt, dass es nahe an der Tür ist.
Frage
Stimmt die Auffassung, dass der Herr Jesus mit dem Feigenbaum das Volk Israel meint, und was bedeutet dieses Gleichnis dann?
Antwort
Der Feigenbaum ist tatsächlich ein Bild vom Volk Israel. Der Herr Jesus macht in diesem Gleichnis klar, dass die Wiederherstellung des Volkes Israels in zwei Phasen geschieht. Die Jünger hatten den Herrn Jesus zu Beginn dieses Kapitels gefragt, was das Zeichen seiner Ankunft und der Vollendung des Zeitalters sei (Mt 24,3). Das Gleichnis vom Feigenbaum ist ein Teil der Antwort, die der Herr auf diese Frage gab. Die Frage drehte sich also um ein Ereignis in Verbindung mit dem Kommen Jesu. Sein Kommen wird ein bestimmtes Zeitalter zur Vollendung bringen und zugleich ein neues einläuten, nämlich das Friedensreich. Nun, um welche Zeit geht es? Es geht zum einen um den Abschluss der Zeit der Zerstreuung Israels unter alle Völker als Folge der Verwerfung und Kreuzigung des Messias. Diese Zeit wird zu Ende kommen, wenn das Volk Israel zu Gott umkehrt und seinen Messias von Herzen mit den Worten willkommen heißen wird: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn“ (Mt 23,39). Wenn das Volk auf diese Weise zubereitet ist, kann die Zeit des Friedensreiches beginnen.
Auch hier sehen wir deutlich, dass die Wiederherstellung Israels in zwei Phasen erfolgt, die der Herr Jesus mit den Jahreszeiten Frühling und Sommer vergleicht. Der Frühling ist die Zeit, wo die Blätter ausschlagen, und der Sommer die Zeit, wo die Früchte reif werden.
Woher wissen wir, dass der Feigenbaum ein Bild des Volkes Israel ist? Wenige Tage bevor Jesus zu den Jüngern über den Feigenbaum sprach, ging er morgens mit ihnen von Bethanien, wo sie übernachtet hatten, nach Jerusalem. Er hatte Hunger. Als sie an einem Feigenbaum vorbeikamen, trat Er darauf zu und suchte Feigen (vgl. Hos 14,9; Joel 2,22). Er fand jedoch nichts als nur Blätter. Daraufhin verfluchte Er den Baum, der augenblicklich verdorrte. Auf ihre Verwunderung hin sagte Er zu ihnen, dass sie mit dem Feigenbaum dasselbe tun könnten, wenn sie Glauben hätten. Sie würden sogar einen Berg ins Meer werfen können. Sie brauchten nur im Glauben Gott zu bitten (siehe Mt 21,19-22).
Der Feigenbaum ist hier ein Bild des ungläubigen Volkes Israel! Der Herr hatte viele Jahre unter diesem Volk gearbeitet und Frucht für Gott gesucht, aber keine gefunden. Stattdessen fand Er Ablehnung. Wenige Tage nach dieser Begebenheit schlug sein Volk Ihn ans Kreuz. Statt Frucht für Gott zu bringen, töteten sie den Sohn Gottes (vgl. Mt 21,33-41)! Der Herr bereitete seine Jünger auf die Feindschaft vor, die auch sie erfahren würden. Doch im Glauben würden sie die Feindschaft überwinden. Auch sie würden das gerichtsreife Volk als einen dürren Baum betrachten können und als einen Berg, den sie jedoch im Glauben ins Meer werfen und somit überwinden könnten.
Vom damaligen Volk Israel zur Zeit des Herrn Jesus ist nichts übriggeblieben. Gott selbst hat den Berg im Jahr 70 ins Völkermeer geworfen. Nach vielen Jahrhunderten jedoch ist das Volk wieder als Nation zum Vorschein gekommen. Es gibt wieder einen Feigenbaum: einen Staat Israel. Die Zweige sind weich geworden und haben Blätter hervorgebracht. Der Frühling der nationalen Wiederherstellung des Volkes ist bereits vorbei — und das war ein großartiges Ereignis. Es ist immer etwas Besonderes, wenn man im Frühling miterleben kann, wie alles zu grünen und zu blühen anfängt. Allerdings ist der Frühling eben noch kein Sommer, wo die Früchte zur Reife kommen. Wie nahe mag der Sommer sein?
Der Herr Jesus bestätigte also mit diesem kurzen Gleichnis das, was wir aus Hesekiel 37 gelernt haben. Und wenn die nationale Wiederherstellung schon ein großes Wunder war, dann wird die geistliche Wiederherstellung ein noch weitaus größeres Wunder sein. Von dieser Wiederherstellung schreibt der Apostel Paulus in Römer 11,15: „Was wird die Annahme anderes sein als Leben aus den Toten?“