Das Geheimnis des Christus im Kolosserbrief
Kolosser 1,26.27

Dirk Schürmann

© SoundWords, online seit: 12.12.2005, aktualisiert: 06.01.2024

Leitverse: Kolosser 1,26.27

Einleitung

In diesem Artikel soll es ganz besonders darum gehen, aufzuzeigen, was das Geheimnis des Christus oder auch das Geheimnis Gottes ist und was damit in Verbindung steht, so wie es uns speziell im Kolosserbrief gezeigt wird. Auch der Epheserbrief entfaltet uns die Wahrheit von dem Geheimnis des Christus, aber von einer anderen Perspektive, die wir hier allerdings ein wenig außen vor lassen wollen.

Was ist das Geheimnis?

Kol 1,26.27: Das Geheimnis war von den Zeitaltern und von den Geschlechtern her verborgen, ist jetzt aber seinen Heiligen offenbart worden, denen Gott kundtun wollte, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses sei unter den Nationen, welches ist Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.

Wir brauchen nicht lange herumrätseln, was das Geheimnis ist, denn es wird uns ganz explizit gesagt: „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“. Was dieser Ausdruck nun beinhaltet, das wollen wir uns in diesem Abschnitt ansehen.

In euch

Wir sind es gewohnt, daran zu denken, dass Christus im Himmel ist. Er ist als auferstandener und verherrlichter Mensch in den Himmel zurückgegangen und sitzt jetzt zur Rechten des Thrones Gottes. Wir wissen auch, dass wir „in Christus“ sind. Doch das Wunderbare – und das wird uns hier offenbart in dem Geheimnis – ist: Christus ist nicht nur zur Rechten Gottes, sondern auch hier auf der Erde, und wir sind nicht nur „in Christus“, sondern „Christus ist in uns“. Christus war hier auf der Erde, 33 Jahre, dann ging Er in den Himmel zurück. Er ist jetzt von der Erde verschwunden. Aber, mit Ehrfurcht gesagt, Gott wollte nicht, dass jetzt von Christus auf der Erde nichts mehr gesehen werden kann, deswegen ist Er jetzt hier in seinem Leib, das heißt in seiner Gemeinde, auf der Erde.

Die Gemeinde ist das verbindende Glied zwischen Vergangenheit und Zukunft. In der Vergangenheit war Christus leiblich hier; in der Gegenwart ist Christus hier in seiner Versammlung, seinem Leib; in der Zukunft, wenn die Hoffnung der Herrlichkeit erfüllt wird, wird Er wieder sichtbar werden und die Erde mit seiner Herrlichkeit erfüllen, von der wir dann einen Teil ausmachen werden.

Er ist sogar nicht nur unter den Seinen, nein, Er wohnt in ihnen als ihr Leben. Das bedeutet natürlich auch, dass Er auch ganz praktisch in meinem Herzen leben muss; in unseren Zuneigungen muss Er ganz lebendig sein, sonst bleibt das für uns eine trockene Lehre.

Es ist die gewaltige und überraschende Reaktion Gottes auf die Verwerfung Christi, dass Er gerade da, wo Er starb und verworfen wurde, wieder sichtbar wird: in den Gliedern seines Leibes. Ein Mensch wird durch seinen Leib gesehen. Der Leib ist das Gefäß, durch das das Wesen des Menschen sichtbar wird; so wird auch Christus hier auf der Erde durch seinen Leib gesehen. Nicht wir sollten gesehen werden, sondern Christus. Diese Entfaltung der Charakterzüge Christi ist daher korporativ, aber sie wird doch verwirklicht in jedem Einzelnen persönlich.

Es war der Wille Gottes, dass die moralischen Herrlichkeiten des Hauptes im Himmel eine gegenwärtige Darstellung in dem Leib auf der Erde haben sollten. Dazu ist eine göttliche Person auf die Erde gekommen: der Heilige Geist; und der, der aus der Herrlichkeit gekommen ist, vertritt Christus in dir und mir so direkt, dass der Apostel Paulus im Kolosserbrief schreiben kann: „Christus in euch“. Er schreibt ihnen nicht von dem Heiligen Geist, denn dann hätten sie wieder etwas gehabt, was sie neben Christus gestellt hätten, wie sie es schon mit anderem getan hatten. Und dass die Gefahr wirklich besteht, den Heiligen Geist gegenüber Christus „auszuspielen“, zeigt eine große Strömung in der Christenheit heute.

Seit Pfingsten also wird diese Tatsache, dass Christus in uns ist, realisiert. Das beinhaltet daher natürlich ganz besonders auch die praktische Realisierung der Einheit der Gemeinde mit Christus. Christus in uns, mit uns als Haupt verbunden, ist heute ein Muster von dem, was in der Zukunft sein wird, wenn Er Haupt über alles sein und alles erfüllen wird.

In euch

Gerade haben wir uns mit dem „in“ beschäftigt, jetzt wollen wir einmal näher auf das „euch“ eingehen. Der Apostel hätte auch schreiben können „in uns“. Das wäre auch wahr gewesen. Das Grandiose ist jedoch, dass er schreibt „in euch“, in denen aus den Nationen! Solche, die wie die Hündlein waren, die gerade mal von den Brosamen, die von den Tischen der Herren herabfallen, essen dürfen (Mt 15,27), die ohne Verheißungen, ohne Bündnisse und ohne Bürgerrecht waren, fern von Gott in jeder Hinsicht (Eph 2,12), in solchen nimmt Christus seine Wohnung!

Lasst uns das Überraschende einmal ein wenig genauer anschauen. Alle Erwartungen werden auf den Kopf gestellt:

  • Statt dass Christus bei Israel ist, das Gottes Verheißungen hatte, ist Christus in den Nationen, die „ohne Gott in der Welt“ waren.
  • Statt dass Christus unter seinem Volk ist, ist Christus in seinem Volk, gemeinsam und in jedem Einzelnen.
  • Statt dass die Nationen über den Mittler Israel gesegnet werden, ist Christus direkt in ihnen, und Israel wird nicht einmal erwähnt!
  • Statt dass die Herrlichkeit anwesend ist, wie wenn Christus zu Israel kommt, ist die Herrlichkeit zukünftig – bis jetzt nur Hoffnung.
  • Statt den „Kranz der Herrlichkeit“ (Jes 28,5), wie bei Israel, gibt es die „Hoffnung der Herrlichkeit“.
  • Statt Herrlichkeit auf der Erde gibt es eine Hoffnung der Herrlichkeit im Himmel, mit der wir allerdings hier erscheinen werden mit Christus (Eph 3,4).

Die Hoffnung der Herrlichkeit

Lasst uns nun noch kurz auf den Ausdruck „die Hoffnung der Herrlichkeit“ etwas spezieller eingehen. Christus in uns ist die Garantie der Herrlichkeit in der Zukunft. Seine Herrlichkeit wird in der Zukunft durch seine Versammlung gesehen. Wir finden das auch sehr schön in dem neuen Jerusalem von Offenbarung 21 vorgebildet. Dort wird auch sichtbar, wie unsere Herrlichkeit aus seiner Herrlichkeit hervorströmt, weil wir mit Ihm verbunden sind. Doch wenn auch die Offenbarung der Herrlichkeit noch aussteht, sollte doch eine moralische Herrlichkeit schon heute sichtbar werden. Weil Er in uns ist, sollte die Herrlichkeit seiner Charakterzüge sichtbar werden.

Warum ist es ein Geheimnis?

Was das „Geheimnis“ nicht bedeutet

Vorab wollen wir ganz deutlich sagen, dass es sich bei dem „Geheimnis“ nicht um etwas Geheimnisvolles, etwas Mystisches handelt. Es geht vielmehr um etwas, worin wir durch Gottes Offenbarung und Belehrung eingeführt werden müssen.

Weil es die Wertschätzung der Adressaten angibt

Ein Geheimnis gibt einen Eindruck von dem Charakter derer, denen es mitgeteilt wird. Wir sagen unsere Geheimnisse solchen, die uns am nächsten, am liebsten sind, mit denen wir die größte Vertrautheit haben: unseren Freunden. Der Herr Jesus sagt zu den Jüngern in Johannes 15,15: „Ich habe euch Freunde genannt, weil ich alles, was ich von meinem Vater gehört, euch kundgetan habe.“ Und Gott sagt von dem, der im Wort Gottes dreimal „Freund Gottes“ genannt wird: „Sollte ich vor Abraham verbergen, was ich tun will?“ (1Mo 18,17). Gott betrachtet uns als seine Freunde; deswegen vertraut Er uns gerne seine geheimen Pläne an. Es heißt in Kolosser 1,27: „Ihnen wollte Gott kundtun, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses sei unter den Nationen, welches ist Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.“ Das Wort „wollen“ (griech. theloo = „wünschen, begehren, wollen“) zeigt uns an, dass es sich um den Wunsch Gottes handelt, uns sozusagen in sein Geheimnis einzuweihen.

Weil es früher nicht offenbart war

Neben der Betonung der speziellen Herrlichkeit des Geheimnisses wird besonderer Wert auf den Zeitpunkt gelegt, an dem das Geheimnis offenbart wird. Das ist daher auch ein besonderer Grund, warum es ein Geheimnis genannt wird: weil es „von den Zeitaltern und von den Geschlechtern her verborgen war“ (Kol 1,26). Die Frage, die sich uns natürlich jetzt stellt, ist die: Warum ist es jetzt offenbart und nicht vorher?

Weil drei große Ereignisse stattfinden mussten, ohne die die Kirche (Versammlung) tatsächlich nicht existieren oder als Wahrheit bekannt gemacht werden konnte. Christus war als verherrlichtes Haupt im Himmel erhöht worden, der Heilige Geist war auf die Erde gekommen, und schließlich war Christus von den Juden endgültig verworfen worden.

Die beiden ersten Ereignisse waren absolut notwendig, ehe die Versammlung (Kirche) gebildet werden konnte. Es musste ein Haupt im Himmel sein, bevor der Leib auf der Erde gebildet werden konnte, und der Heilige Geist musste kommen und in den Gliedern Wohnung nehmen und sie so auf der Erde zu einem Leib formen, mit dem einen Haupt im Himmel verbunden. Doch der Leib existierte als eine Tatsache, bevor die Wahrheit selbst bekannt gemacht wurde. Dafür war das dritte große Ereignis notwendig. Wenn die Wahrheit, dass Jude und Grieche zu einem Leib verbunden werden sollten, vor der Verwerfung Christi offenbart worden wäre, so hätte sie allen ausdrücklichen Verheißungen Gottes an die Juden unter dem ersten Bund widersprochen. Doch nachdem die Juden den Herrn endgültig verworfen hatten, war der erste Bund ganz klar zum Ende gekommen und der Weg für die Entfaltung der Wahrheit von der Versammlung als dem Leib Christi vorbereitet. Die Verwerfung war endgültig und vollständig, als Stephanus gesteinigt wurde. Durch das Kreuz hatte der Mensch Christus auf der Erde verworfen, und durch den Märtyrertod des Stephanus verwarfen sie Christus im Himmel. Sie steinigten den Mann, der die Tatsache bezeugte, dass Christus im Himmel ist. So kam der Augenblick heran, das große Geheimnis zu enthüllen, dass, obwohl Christus selbst verworfen wurde, sein Leib jedoch auf der Erde ist. Beachten wir: Es geht nicht darum, dass Sünder, die durch Gnaden errettet worden sind, im Himmel sein werden; das ist das Evangelium, und das ist kein Geheimnis, das wusste schon der sterbende Räuber am Kreuz; sondern das jetzt offenbarte Geheimnis besteht darin, dass Christus die Kirche (Versammlung) hat, seinen Leib an dem Ort seiner Verwerfung und in der Zeit seiner Verwerfung. Die erste Andeutung dieser gewaltigen Wahrheit wird in Verbindung mit der Bekehrung des Mannes gemacht, der der Diener dieser Wahrheit werden sollte. Der Herr sagt zu Saulus: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ Es heißt nicht: „Was verfolgst du meine Jünger?“, oder „die Meinigen“ oder „die, die mit mir eins sind“, sondern: „Warum verfolgst du mich?“ Wie ein anderer einmal sagte: „In diesem kleinen Wort wird die Tatsache ausgedrückt, dass Christus hier ist.“[1]

Zu diesem Zitat noch eine kleine Anmerkung:
Vielleicht sagt jemand: Das sieht doch nach „Show“ aus, als ob Gott es gar nicht ehrlich gemeint hätte mit Israel, wo doch der Leib schon zu Pfingsten in Apostelgeschichte 2 gebildet worden war. Ja, es war auch in Wirklichkeit eine „Show“, aber eine „Show“ in einem anderen Sinn, als du gedacht hast. Es wurde nämlich gezeigt, dass Israels Ablehnung der Person Christi auf Golgatha endgültig war. Geprüft hat Gott Israel jedoch nach Golgatha nicht mehr. Das heißt, die Phase zwischen Golgatha und der Steinigung des Stephanus war kein Test mehr für Israel. Die Ablehnung Israels stand für Gott fest, deswegen konnte der eine Leib auch schon vor Apostelgeschichte 7 gebildet werden, wo wir dann die Steinigung des Stephanus finden. Interessant ist auch, dass direkt im Anschluss daran, in Apostelgeschichte 9 (nur 44 Verse weiter), dieser Hinweis auf das Geheimnis folgt in dem Satz: „Was verfolgst du mich?“

Weil es später nicht nötig sein wird

Für die Welt ist diese Wahrheit auch heute ein Geheimnis und leider auch für viele Gläubige. Denn nur wer sich durch die Belehrung des Apostels und die Führung des Heiligen Geist einweisen lässt, wird etwas von dem Geheimnis verstehen. In der Zukunft wird das nicht nötig sein, wenn die Herrlichkeit öffentlich sichtbar werden wird und die Verbindung von Christus mit seiner Gemeinde für alle deutlich ist.

Warum ist die Kenntnis des Geheimnisses wichtig?

Es werden uns zwei Dinge genannt, warum die Kenntnis des Geheimnisses so wichtig ist, auch für unser ganz praktisches Leben.

Jeden Menschen vollkommen in Christus darstellen

Zum einen ging es Paulus darum, dass er „jeden Menschen vollkommen in Christus darstellen“ wollte. „Vollkommen“ hat nichts mit „sündlos“ zu tun; „vollkommen“ heißt „voll erwachsen“, und so wird es auch in Epheser 4,13 mit „erwachsen“ übersetzt. Das entspricht dem Zustand der Väter in 1. Johannes 2, die an Christus volle Genüge hatten. Es geht hier um „jeden Menschen“. Das ist individuell. Ich kann nicht für jemand anders wachsen. Es geht um mich und um dich, um mein Wachstum und um dein Wachstum. Nur der Heilige Geist kann in jedem das Wachstum bewirken. Allerdings kann ich auch durch meinen Dienst, genauso wie Paulus, meinen Mitgeschwistern dabei helfen. – Hoffentlich bin ich ihnen aber wenigstens kein Hindernis im Wachstum.

Wir haben gesehen, dass „Christus in euch“ auch bedeutet: Christus in dem Leib. Aber dass Christus sichtbar wird, muss erst einmal individuell wirksam werden, deswegen „jeder Mensch“. Das, was Gott möchte, ist allerdings das Gesamtbild, das sollten wir auch nicht vergessen. So eng, wie das Geheimnis hier mit dem Wachstum verbunden wird, sehen wir auch: Nur wenn man in dem Geheimnis unterwiesen ist, kann man voll erwachsen sein.

Wandeln in Ihm

Kommen wir nun zu dem zweiten Grund. „Christus in uns“ ist eine Tatsache, eine Realität unabhängig von unserem Verhalten. Dennoch: Glaubst du, dass Gott sich einfach mit dieser Tatsache begnügen wird? Für Ihn ist es genauso wichtig, dass dies auch sichtbar wird. „Wie ihr nun den Christus Jesus, den Herrn, empfangen habt, so wandelt in ihm“ heißt es dann auch in Kolosser 2,6.

Welche Vorsorgemaßnahmen hat Gott nun getroffen, damit „Christus in euch“ auch wirklich sichtbar wird? Dazu schreibt H. Smith:

  1. Wir sind „vollendet in ihm“. In Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Deshalb finden wir in Ihm alles, was wir je brauchen werden, um Christus zu erkennen und Christus darzustellen, wir sind vollendet in Ihm. Wir sind vom Menschen als solchem völlig unabhängig. Seine Meinungen, seine Philosophie und seine Religion können uns nicht zu Christus bringen, können uns seinen Charakter nicht entfalten noch uns befähigen, seine moralischen Schönheiten darzustellen.

  2. Wir sind „mit Ihm“ einsgemacht. Am Kreuz, im Begrabenwerden, in der Auferstehung und im Leben hat Gott den Gläubigen mit Christus einsgemacht. Am Kreuz in der Beschneidung vorgestellt starb Christus tatsächlich allem, was mit dem Fleisch zu tun hat; als Er begraben wurde, wurde Er allen Blicken entzogen; bei der Auferstehung verließ Er für immer den Bereich des Todes; und als Auferweckter fuhr Er auf zu dem Schauplatz der Herrlichkeit in einem Leben und in einem Zustand, der für die Herrlichkeit Gottes völlig passend ist. Was nun von Christus gilt, gilt auch von den Gläubigen, aus der Sicht Gottes betrachtet, der uns „mit Ihm“ einsmacht, und der Glaube sieht alles mit den Augen Gottes. Wir wissen, dass unser Fleisch in dem Tod Christi ausgezogen wurde; und nicht nur ausgezogen, sondern auch den Blicken entzogen, „mit ihm begraben in der Taufe“. Im Geist sind wir darüber hinaus mit Ihm auferstanden, so dass der Tod seine Macht über uns verloren hat. Und wiewohl unsere sterblichen Leiber noch nicht auferweckt sind, so leben wir doch, was unsere Seelen betrifft, für Gott in jenem himmlischen Leben, das in Christus vorgestellt wird.

  3. Wir sind von seiner Ordnung – „der Körper ist Christi“. Die Vorschriften des Gesetzes waren nur Schatten und wurden dem ersten Menschen gegeben, der von der Erde, also irdisch ist. Doch die zukünftigen Dinge, von denen die Vorschriften nur Schatten waren, sind von Christus, gehören dem himmlischen Menschen. Und wenn Christus himmlisch ist, dann ist auch der Leib, der Christus gehört, himmlisch. „Wie der Himmlische, so auch die Himmlischen.“ Im Augenblick weilen wir noch auf der Erde, doch wir sind von dem himmlischen Menschen und deshalb gehören wir zum Himmel.

  4. Wir empfangen alle Nahrung von dem Haupt. Wenn die Versammlung himmlisch ist, kann sie nur vom Himmel her ernährt werden. Es gibt nichts von der Erde, was dem Menschen im Himmel dienlich sein könnte. Es gibt nichts von dem Menschen als solchem, was zur Ernährung des Leibes dienen und die Glieder miteinander verbinden oder zu geistlichem Wachstum führen könnte. Alles muss von dem Haupt im Himmel kommen und dem Leib durch die Gelenke und Bande des Leibes dargereicht werden. Wie das Haupt im Himmel für die Ernährung des Leibes auf der Erde sorgt, so ist der Leib auf der Erde um die Darstellung des Hauptes im Himmel bemüht. Wenn wir das Haupt nicht festhalten, mögen wir in der Darstellung des Hauptes fehlen, doch Christus, das Haupt, wird nie darin fehlen, seinen Leib zu nähren, Er sorgt für den Leib und jedes einzelne Glied dieses Leibes.

Diese vier großen Tatsachen – dass wir „in Ihm vollendet“ sind, dass wir „mit Ihm einsgemacht“ sind, dass wir „von Ihm“ sind und dass von Ihm alle Nahrung kommt – führen alle zu der Erfüllung von Gottes gegenwärtiger Absicht für den Leib, nämlich den Charakter des Hauptes in dem Leib vorzustellen.[2]

Wie dies dann in der Praxis sichtbar wird, zeigt uns das dritte Kapitel des Kolosserbriefes:

Kol 3,12-15: Zieht nun an, als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut, einander ertragend und euch gegenseitig vergebend, wenn einer Klage hat gegen den anderen; wie auch der Christus euch vergeben hat, so auch ihr. Zu diesem allen aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist. Und der Friede des Christus regiere in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen worden seid in einem Leib; und seid dankbar.

Was für eine schöne Darstellung Christi würde es sein, wenn die Heiligen als „ein Leib“ von Gnade, Liebe und Frieden gekennzeichnet wären. Obwohl wir in Tagen des Verfalls leben und unser praktischer Zustand von diesem schönen Bild weit entfernt ist, wollen wir doch die Maßstäbe nicht niedriger schrauben. Ein anderer hat zu Recht gesagt: „Auch wenn die Praxis nicht heranreicht und auch wenn es unmöglich geworden ist, die Heiligen zu dem wirklichen Maßstab zurückzuführen, lasst uns die richtige Vorstellung bewahren. Es ist eine große Sache, die rechte Vorstellung zu haben; doch wenn wir sie haben, dann lasst uns dem Herrn vertrauen, dass Er Gnade schenkt, den rechten Vorstellungen gemäß zu wandeln, nach der Wahrheit, auch wenn wir nicht erwarten können, die Dinge zu dem wiederhergestellt zu sehen, was sie am Anfang waren.“[3]

Kol 3,17–4,1: Alles, was immer ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, danksagend Gott, dem Vater, durch ihn. Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, wie es sich geziemt in dem Herrn. Ihr Männer, liebt eure Frauen und seid nicht bitter gegen sie. Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem, denn dies ist wohlgefällig im Herrn. Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden. Ihr Knechte, gehorcht in allem euren Herren nach dem Fleisch, nicht in Augendienerei, als Menschengefällige, sondern in Einfalt des Herzens, den Herrn fürchtend. Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen, da ihr wisst, dass ihr vom Herrn die Vergeltung des Erbes empfangen werdet; ihr dient dem Herrn Christus. Denn wer unrecht tut, wird das Unrecht empfangen, das er getan hat; und da ist kein Ansehen der Person. Ihr Herren, gewährt euren Knechten, was recht und billig ist, da ihr wisse, dass auch ihr einen Herrn in den Himmeln habt.

Weil Christus in uns ist, sind wir von einem anderen Menschentyp. Wir sind nicht nur ganz anders als die Menschen dieser Welt. Selbst wenn wir zum Beispiel diesen Menschentyp vergleichen mit dem im Tausendjährigen Reich, dann werden die Menschen dort zwar moralisch, nicht aber wesensmäßig anders sein als der natürliche Mensch (von dem Besitz des neuen Lebens mal abgesehen). Wir dagegen sind wesensmäßig ganz anders, weil Christus „in uns“ ist. In den Gläubigen wird dann das Gesetz sein, und das wird sie moralisch prägen. Uns dagegen prägt (oder sollte prägen) Christus. Deswegen sind wir nicht von der Welt, und wegen der „Hoffnung der Herrlichkeit“ ist unser Blick nach oben gerichtet.

Dieses neue Wesen, das wir haben, gehört zu einer anderen Schöpfung, und man kann es nicht mit der alten Schöpfung verbinden. Dennoch sind wir in die alte Schöpfung gestellt. Und da Christus in uns ist, sollte dies auch unser Verhalten darin prägen. Christus sollte in den tagtäglichen Dingen alles leiten, selbst all die Dinge, die zurückbleiben, wenn wir entrückt werden, alle zwischenmenschlichen Beziehungen, Verwandtschaftsbande und Verpflichtungen, Arbeitsbeziehungen usw. All dieses kann ich nicht direkt mit Christus verbinden, denn Er ist außerhalb von diesem. Aber solange ich in diesen Umständen bin, sollte Christus mich darin leiten. In allem, was ich darin tue, selbst wie ich mich kleide oder wie ich mein Haus oder meine Wohnung einrichte, werde ich mich fragen: Passt das moralisch zu Christus, der in mir ist?

Was ist „der Reichtum der Herrlichkeit des Geheimnisses“?

Kol 1,27: Ihnen wollte Gott kundtun, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses sei.

Was ist denn hier eigentlich der besondere „Reichtum der Herrlichkeit“? Ist es nicht das, dass Gott für Rebellen wie uns das Herrlichste, was Er hat, aufbewahrt hat: nämlich uns mit sich selbst so zu verbinden, dass Christus selbst in uns ist? Es ist die Freude des Vaters an dem Sohn, mit der Er uns verbindet. Für die Ewigkeit vor der Zeit sagt der Sohn: „Du hast mich geliebt“ (Joh 17,24). Hier finden wir also schon die Freude des Vaters an dem Sohn. Auf der Erde sagt der Vater: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Und heute kann Er sagen: Es gibt Menschen auf der Erde, die die Charakterzüge dessen tragen, der immer mein Herz erfreut. Gott verbindet sein Bestes mit denen, die es am wenigsten verdient haben, und das wird so herrlich, dass Er sich selbst daran erfreuen kann.

Was ist mit dem Genuss des Geheimnisses verbunden?

Wenn wir von dem großen Kampf lesen, den der Apostel hatte, damit die Kolosser und Laodizeer in der praktischen Verwirklichung „zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes“ kommen würden, dann ging es ihm darum, zwei Dinge zu erreichen:

  1. dass die Herzen getröstet sind und
  2. dass die Herzen vereinigt sind in Liebe.

Wenn Christen, so wie die Kolosser, außerhalb von Christus noch etwas suchen, können sie nicht glücklich werden. Wie würde es die Kolosser „stärken“ (so könnte man statt „trösten“ auch übersetzen), wenn sie erkennen, was für einen Reichtum Gott ihnen mit Christus „in ihnen“ geschenkt hatte.

Aber das Geheimnis ist – obwohl die Wertschätzung immer persönlich ist – auch eine Sache für den gemeinsamen Genuss. Die Darstellung ist eine vereinigte Darstellung, vereinigt durch das Band der Liebe. F.B. Hole schreibt hierzu sehr ernst:

Wir dürfen Kolosser 2,2 nicht verlassen, ohne auf den Ausdruck „ihre Herzen … vereinigt in Liebe“ einzugehen. Im Geheimnis Gottes liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. Durch eine volle Erkenntnis dieses Geheimnisses erlangen wir die volle Gewissheit des Verständnisses. Aber nur wenn göttliche Liebe unter den Gläubigen regiert, wird die volle Erkenntnis des Geheimnisses eine einfache Sache. Ein Gläubiger, der von jeglicher christlichen Gemeinschaft isoliert ist, kann seine Bibel studieren, in Abhängigkeit vom Heiligen Geist lernen und dadurch ein gutes geistiges Verständnis bekommen, aber er könnte es nicht mit seiner Erfahrung bestätigen. Wir können es nie wirklich erfassen, wenn wir nicht in etwa erlebt haben, was es bedeutet.

Hier liegt zweifellos der Grund, warum das Geheimnis heute so wenig verstanden wird. Die wahre Gemeinde Gottes ist leider so zersplittert, dass es nur wenig Verbundensein in Liebe gibt. Wir können die Zersplitterung der Kirche nicht heilen, aber wir können unseren Geschwistern, soweit wir sie kennen, Liebe erweisen. In dem Maß, wie wir das tun, werden unsere Herzen weit, und wir können diese Wahrheit erfassen. In dem Maß werden wir auch unseren Platz im Leib Christi einnehmen, anstatt, wie so viele es fast ausschließlich tun, an einen Platz in einer christlichen Körperschaft oder Benennung zu denken.[4]

Wenn ich in dem anderen etwas davon sehe, wie Christus dargestellt wird – wie „Christus in ihm“ ist –, dann fühle ich mich zu ihm hingezogen. Wenn ich an „Christus in mir“ denke, dann denke ich auch an „Christus in meinem Bruder“. Das verbindet. Das bildet die Einheit.

Kol 3,10.11: Der neue Mensch wird erneuert zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat; wo nicht ist Grieche und Jude, Beschneidung und Vorhaut, Barbar, Skythe, Sklave, Freier, sondern Christus alles und in allen.

Wenn Christus alles und „Christus in allen“ ist, dann sind alle trennenden Unterschiede kein Problem mehr. Die Unterschiede verschwinden nicht, aber es ist eine Kraft da, sie zu überwinden. Sie haben dann keine trennende Wirkung mehr.

„Christus alles“ heißt, durch jeden Dienst, jedes Handeln wird niemand anders als Christus erhoben. „Christus in allen“ – Er ist in allen das Hervortretende, nicht die religiösen, kulturellen oder sozialen Unterschiede. Dann kann die Einheit leicht verwirklicht werden.

Was ist mit der Verkündigung des Geheimnisses verbunden?

Ein verwunderliches Ergebnis

Kol 1,29–2,3: … wozu ich mich auch bemühe, indem ich kämpfend ringe gemäß seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft. Denn ich will, dass ihr wisst, welch großen Kampf ich habe um euch und die in Laodizea und so viele mein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben, damit ihre Herzen getröstet sein mögen, vereinigt in Liebe und zu allem Reichtum der vollen Gewissheit des Verständnisses, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, in dem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.

Wir hätten erwarten können, dass jemand mit so einer grandiosen Botschaft, mit so einer erstaunlichen Neuigkeit, mit so einem Reichtum an Segnung mit Begeisterung empfangen wird. Doch das ganze Gegenteil ist leider der Fall: Der Bote dieses Geheimnisses wird abgelehnt. Wenn er dann doch seine Botschaft „anbringen“ will, bedeutet das für ihn Kampf. Was es damit auf sich hat, damit wollen wir uns im Folgenden etwas beschäftigen.

Wer kämpfte diesen Kampf?

Zunächst ist es Paulus, weil er derjenige war, dem dieser spezielle Dienst anvertraut worden war. Das war in gewisser Weise eine einzigartige Sache, die für niemand anders gilt:

Kol 1,24-26: Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch, was noch rückständig ist von den Drangsalen des Christus für seinen Leib, das ist die Versammlung, deren Diener ich geworden bin nach der Verwaltung Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden: das Geheimnis.

Dennoch werden wir sehen, dass es auch für uns Kampf bedeuten wird, wenn wir uns selbst und andere mit dem Geheimnis vertraut machen und den Genuss in der Praxis haben wollen.

Was war das für ein Kampf?

Von dem griechischen Wort agon, dass hier für „Kampf“ benutzt wird, ist unser Wort „Agonie“ abgeleitet. Ein ähnliches Wort agonia wird in Lukas 22,44 von dem Kampf des Herrn in Gethsemane benutzt. Es weist auf intensivsten Kampf gegen starken Widerstand hin. Für den Apostel bedeutete es einerseits Leiden und Gefängnis und andererseits Gebetskampf.

Gegen wen richtet sich der Kampf?

Der Apostel hatte mit zwei Gegnern zu tun. Einmal waren es die Juden, von denen er Verfolgungen zu erdulden hatte, weil er ihre Sonderstellung damit missachtete, dass er so eine Botschaft verkündigte von „Christus in den Nationen“. Hierbei müssen wir uns bewusstmachen, das dieser Gedanke damals so revolutionär war, wie wir es uns heute kaum vorstellen können. In Apostelgeschichte 22,21-23 lesen wir: „Er sprach zu mir: Gehe hin, denn ich werde dich weit weg zu den Nationen senden. Sie hörten ihm aber zu bis zu diesem Worte und erhoben ihre Stimme und sagten: Hinweg von der Erde mit einem solchen, denn es geziemte sich nicht, dass er am Leben blieb! Als sie aber schrien und die Kleider wegschleuderten und Staub in die Luft warfen …“ Das war der eigentliche Grund, warum Paulus dann in die Gefangenschaft kam. Dem Hochmut der Juden war diese Botschaft ein Gräuel.

Aber Paulus hatte auch noch einen anderen Gegner: Satan. Und dieser wirkte nicht nur durch die Juden. Sein Widerstand geschah auch durch falsche Lehren. Das Geheimnis ist der spezielle Plan Gottes für unsere heutige Zeit, deswegen gibt es auch die besonderen Bemühungen Satans; gerade dies zunichtezumachen.

Kol 2,8-23: Seht zu, dass nicht jemand sei, der euch als Beute wegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt und nicht nach Christus … Lasst niemand euch um den Kampfpreis bringen, der seinen eigenen Willen tut in Demut und Anbetung der Engel, indem er auf Dinge eingeht, die er nicht gesehen hat, grundlos aufgebläht von dem Sinn seines Fleisches … Wenn ihr mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerft ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in der Welt? Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht! (Dinge, die alle zur Zerstörung durch den Gebrauch bestimmt sind) nach den Geboten und Lehren der Menschen (die zwar einen Schein von Weisheit haben, in eigenwilligem Gottesdienst und in Demut und im Nichtverschonen des Leibes und nicht in einer gewissen Ehre), zur Befriedigung des Fleisches.

Statt „Christus in euch“ bietet Satan etwas anderes an:

  • Aberglauben, der kein Glaube an Christus ist
  • Traditionen, die das christliche Leben so „einfach“, wenn auch seelenlos machen können
  • Philosophie, die dem Verstand des Menschen schmeichelt
  • überredende Worte, die die Wankelmütigen verführen
  • das Gesetz, das den Menschen verurteilt, aber Gott im Dunkeln lässt
  • Engel für solche, die lieber vom Fahrer oder Portier Anweisungen entgegennehmen, als die Möglichkeit, den persönlichen Kontakt zur Majestät zu haben, nutzen wollen.

Das sind die Gefahren, mit denen Satan verhindern will, dass Christus in unseren Zuneigungen den ersten Platz einnimmt und seine Charakterzüge in uns wirksam werden. Und dagegen richtete sich der Gebetskampf und der Dienst des Apostels Paulus.

Für wen kämpfte Paulus?

Einen wunderschönen Gedanken finden wir noch, wenn wir nachforschen, für wen Paulus diesen Kampf kämpfte:

Kol 2,1: Ich will, dass ihr wisst, welch großen Kampf ich habe um euch und die in Laodizea und so viele mein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben.

Obwohl der Brief in erster Linie an die Kolosser gerichtet war, dachte Paulus auch an die Laodizeer, die, wenn sie diese Belehrung zu Herzen genommen hätten, von dem furchtbaren Zustand, den wir bei ihnen in Offenbarung 3 finden, bewahrt geblieben wären. Das Schönste ist jedoch, dass das noch nicht alle sind: „… und so viele mein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben.“ Auch du und ich haben Paulus nicht gesehen, auch wir sind hierin eingeschlossen. Der Geist Gottes hatte damals schon dich und mich gesehen und für uns diese Belehrung und diesen Kampf in Paulus bewirkt.

Allerdings steckt in dieser Zusammenstellung „die in Laodizea und so viele mein Angesicht im Fleische nicht gesehen haben“ auch eine ernste Warnung für uns. Wenn wir das Geheimnis geringschätzen, werden wir über kurz oder lang dahin kommen, wo die Laodizeer auch landeten. Dort finden wir nicht mehr „Christus in den Laodizeern“, sondern Christus steht draußen, steht an der Tür und klopft, ob einer von den Gleichgültigen, Selbstgenügsamen Ihm doch noch die Tür aufmacht, damit Er hineinkommen kann: „Zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir“ (Off 3,20).

Warum war Paulus bereit zu kämpfen?

Es waren zwei Gründe, die den Apostel Paulus antrieben, für dieses Geheimnis jeden Kampf auf sich zu nehmen. Zum Ersten war es die Sorge, dass der Dienst aufgrund des starken Widerstands des Feindes durch die o.a. Methoden nicht das ersehnte Ziel erreichen würde. Diese Listen waren derart erfolgreich gewesen und auch so „flexibel“, dass es eines großen Kampfes bedurfte, um dagegen anzutreten. Mit „Flexibilität“ meinen wir, dass Satan nahezu für jeden sein Spezialmittel hatte, mit dem er Christus ersetzen konnte. Da waren die einen, die die Tradition (aus dem Judentum) hochhielten, für die wäre zum Beispiel Philosophie nichts gewesen. Die anderen jedoch, die aus dem Kreis der intellektuellen Griechen kamen, konnte er mit jüdischer Tradition kaum beeindrucken; für solche hatte er aber dann wieder Philosophie parat. Es ist Satan eigentlich ganz egal, womit er die Christen von Christus abziehen kann, Hauptsache, sie suchen etwas anderes als Ihn.

Der andere Grund für Paulus war die Wichtigkeit der Botschaft, die er zu verkündigen hatte.

Kol 1,24.25: Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch und ergänze in meinem Fleisch, was noch rückständig ist von den Drangsalen des Christus für seinen Leib, das ist die Versammlung, deren Diener ich geworden bin nach der Verwaltung Gottes, die mir in Bezug auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden: das Geheimnis.

Kol 2,3: … des Geheimnisses Gottes, in dem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.

Bei der Botschaft dieses Geheimnisses ging es nämlich darum, das Wort Gottes zu „vollenden“, „voll zu machen“, „zu Ende zu bringen“, „zu komplettieren“, wie man auch übersetzen könnte. Es ist das, was letztlich die Fülle gibt für jeden anderen Gegenstand, von dem die Schrift spricht. Wie ein Schlussstein bei einem Haus wird alles dadurch zusammengehalten. Alle Einzelheiten bekommen ihren Zusammenhang, werden verständlich und harmonisch. Das, worum es Gott ging, sein höchstes Ziel, wird sichtbar. Durch das Geheimnis werden die einzelnen Wahrheiten zu einem kompletten Ganzen zusammengefügt, denn alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis sind hierin – das heißt in Christus, der in uns ist – verborgen, und es ist das einzige Hilfsmittel gegen die Verführung durch Menschenmeinungen, obwohl die Christenheit leider trotzdem gerade in diese Fallstricke geraten ist. Neben Ihm, den wir in uns besitzen, gibt es keine Quelle an wahrer Weisheit und Erkenntnis. Alle Menschenmeinungen, so intelligent sie sich auch anhören mögen, sind, wenn sie nicht mit Ihm in Verbindung stehen, völlig nutz- und wertlos, was die fundamentalen Fragen des Lebens angeht. Er ist die Antwort auf all unser Fragen und Suchen und der Zentralpunkt unseres Denkens und Handelns, und Er ist in uns.

Warum gibt es hierbei Kampf?

Warum ist der Widerstand eigentlich so groß? Warum hat Satan so viel Gelingen, die Christen auf diesem Gebiet zu behindern? Die Antwort besteht vielleicht in einer Gegenfrage: Gibt es irgendetwas, was der gefallenen Natur des Menschen so entgegen ist und über den natürlichen Blick des Menschen so hinausgeht wie das Geheimnis? Selbst die, die durch das Gesetz eine gewisse Kenntnis von Gott hatten, wie die Juden, hatten größte Mühe; ja, von ihnen kam sogar der meiste Widerstand, so „abgehoben“ ist dieser Plan Gottes.

Kampf auch für uns?

Wir haben gesehen, dass der Kampf ganz besonders und einzigartig ein Kampf für den Apostel Paulus war. Doch eins ist uns sicher auch klargeworden: Auch wir werden diesen Kampf bekommen, wenn wir diese Wahrheit wertschätzen. Denn das Ziel und die List Satans und auch seine Methoden sind heute noch dieselben wie damals, und sie sind noch genauso wirksam. Die Frage ist nur die: Ist es auch uns so ein Anliegen, wie es das für den Apostel Paulus war, dass wir und unsere Mitgeschwister gerade dieses Geheimnis verstehen?

Auch uns sollte es ein ernstliches Anliegen sein, dass diese Wahrheit in den Gläubigen wirksam wird, denen wir dienen möchten. Wie können wir in diesem Dienst mithelfen? So wie der Herr uns die Gnade schenkt, indem wir den Gläubigen mit dieser Botschaft dienen und ihnen helfen, sie zu verstehen; in jedem Fall aber durch ein ernstes Ringen im Gebet.

Das möge der Herr schenken!

Anmerkungen

[1] H. Smith, „8. The Church as the Body of Christ“ in Short Papers on the Church.

[2] H. Smith, „8. The Church as the Body of Christ“ in Short Papers on the Church.

[3] H. Smith, „8. The Church as the Body of Christ“ in Short Papers on the Church.

[4] F.B. Hole, Grundzüge des Neuen Testaments. Galaterbrief – Philemonbrief, Hückeswagen (CSV) 1998, S. 160; siehe auch Paul’s Epistles, Bd. 2, S. 99.

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