Ehe ohne Standesamt?
... und wie gehen wir als Christen damit um?

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© SoundWords, online seit: 18.01.2009, aktualisiert: 30.05.2022

Einleitung

Am 1. Januar 2009 hat sich das Personenstandsgesetz im Blick auf eine Eheschließung geändert. Das Eherecht, das Bestandteil des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist, ändert sich hingegen nicht. So wird es (theoretisch) möglich sein, eine kirchliche Trauung ohne vorherige standesamtliche Trauung vorzunehmen. Vor dem Gesetz und dem Staat begeht man dann keine Ordnungswidrigkeit mehr. Dennoch ist die rein kirchliche Eheschließung rechtlich nicht verbindlich und wird vom Gesetzgeber nicht anerkannt; weiterhin wird man als „Single“ betrachtet und beim Standesamt als „ledig“ geführt.

Auf einer Internetseite der CSU/CDU heißt es:

Alleinige Grundlage einer vor dem Gesetz gültigen Ehe ist und bleibt die standesamtliche Eheschließung. Nur daraus folgen rechtliche Wirkungen für die Ehepartner. Kirchlichen Trauungen [sic] oder religiöse Eheschließungsfeierlichkeiten haben keine rechtliche Wirkung auf die Ehepartner. Vom staatlichen Recht her gilt eine rein kirchliche Trauung deshalb weiter als nichteheliche Gemeinschaft mit allen Konsequenzen: kein Erbrecht, kein Unterhalt, kein Steuerfreibetrag, kein Zugewinnausgleich, um nur einige Beispiele zu nennen.[1]

Die Großkirchen halten prinzipiell an der Zivilehe, die in Deutschland 1876 eingeführt wurde, fest. Sie wissen, dass das 1875 eingeführte Standesamt keine Erfindung des alten Bismarck ist, sondern genau das, was die Kirchen bereits Jahrhunderte lang zuvor in eigener Regie gemacht haben: nämlich ein öffentliches Personenstandsregister zu führen. Dieses wurde schließlich vom Staat bzw. vom Standesamt übernommen. Die Kirchen arbeiten jedoch an Ausnahmeregelungen[2] zum Beispiel für die sogenannte „Rentnerehe“, bei der die beiden Hinterbliebenen den kirchlichen Segen bekommen können, ohne ihren Anspruch auf die Witwenrente zu verlieren.

Hintergrund für eine rein kirchliche Ehe

Der Hintergrund dieses Wunsches hat in der Regel finanziellen Charakter, da die Witwenrente der Frau wegfällt. Auch Erbschaftsangelegenheiten können eine Rolle spielen. Zweifellos gibt es besonders schwere Fälle, wenn ein Rentnerpaar durch eine Eheschließung finanziell empfindlich getroffen wird. Ist diese Not jedoch eine Rechtfertigung, an den gültigen Gesetzen vorbei eine „Ehe“ einzugehen und gibt es in unserer doch eher reichen Gesellschaft andere Wege, um das Bild der christlichen Ehe zu schützen? Diese Problematik wollen wir nun genauer untersuchen.

Seelsorge in einem biblischen Rahmen

Bei all diesen Fragen wollen wir den seelsorgerlichen Aspekt nicht aus dem Auge verlieren. Für jeden Seelsorger muss es jedoch oberste Priorität sein, Seelsorge in einem klar definierten biblischen Rahmen zu üben und eine Beratung im Blick auf den Schutz des Bildes einer christlichen Ehe anzubieten. Ein Seelsorger darf nicht aufgrund einer Not die biblischen Maßstäbe verschieben, sondern die biblischen Maßstäbe müssen angemessen auf die entstandene Not angewendet werden.

Die Ehe ohne Standesamt ist trotz aller Eheähnlichkeit keine rechtlich anerkannte Ehe und entspricht auch nicht den gesellschaftlichen Gepflogenheiten unseres Landes. Öffnet man mit dieser Möglichkeit nicht auch einer gewissen Verlogenheit Tür und Tor, wenn auf der einen Seite vor den Mitmenschen oder der Gemeinde gesagt wird: Ich bin verheiratet, auf der anderen Seite aber – wenn zum Beispiel der Mietvertrag unterschrieben werden soll, die Rentenversicherung in Anspruch genommen oder ein amtliches Formular ausgefüllt wird – bei „Nicht verheiratet“ ein Häkchen gesetzt wird? Der Herr Jesus anerkannte das eheähnliche Verhältnis der Samariterin in Johannes 4 nicht, denn Er sagte: „Der Mann, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann“ (Joh 4,18).

Ist es nicht auch völlig inkonsequent, dass man einerseits gern auf alle Vergünstigungen des Staates zurückgreifen möchte, andererseits jedoch die rechtsverbindliche Ehe nicht eingehen möchte? Auf diese Weise wird man unter Umständen eventuell noch vom Staat „belohnt“, dass man es bei der rechtsverbindlichen Eheschließung nicht ganz genau genommen hat. Wenn es etwas vom Staat zu bekommen gilt, halten wir gern an jeder nur möglichen Rechtsverbindlichkeit fest, wenn es aber um die Ansprüche Gottes und die christliche Ehe geht und darum, sie auf angemessene Weise hochzuhalten und eher danach zu suchen, wie wir dieses von der Bibel gezeichnete Bild der Ehe ehren können, dann werden Kompromisse nur allzu leicht in Kauf genommen.

Wenn man die Ehe ohne Standesamt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus für gut befindet, was hindert christliche Gemeinden daran, dann auch standesamtliche Scheinehen zu proklamieren, um einen wirtschaftlichen Vorteil für eine Person zu erzielen? Sicherlich würde dies kaum eine Gemeinde befürworten, aber wo ist der prinzipielle Unterschied? Jemand sagte dazu: „Nein! Christen können nicht einfach ihre gesellschaftliche Verantwortung dadurch umgehen, dass sie ihren eigenen Rechtsraum in Ehesachen schaffen. Sie verneinen damit ihr Eheverständnis … Obwohl man es nicht will, leistet die Gemeinde durch ihre Experimente bei der Eheschließung der Auflösung der Ehe in ihren eigenen Reihen Vorschub.“[3]

Der Seelsorger tut also gut daran, die biblischen Prinzipien klar aufzuzeigen und das, „was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (Röm 12,2) vorzustellen. In unserer vom Überfluss geprägten Gesellschaft müssen wir biblische Werte wieder neu entdecken und den Mut haben, darauf zu verweisen (nicht nur bei Rentnerpaaren!). Paulus schrieb an Timotheus, dass die „Gottseligkeit mit Genügsamkeit … ein großer Gewinn“ ist (1Tim 6,6), und: „Wenn wir aber Nahrung und Bedeckung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen“ (1Tim 6,8). Dieser Ratschlag ist sicher geistlicher, als die Möglichkeit zu eröffnen, bestehende Gesetze zu umgehen, um finanzielle Vorteile des Staates mitzunehmen. Sollte es ein älteres Paar besonders schwer treffen, hat der Seelsorger immer noch die Möglichkeit, die Problematik vor die Gemeinde zu bringen, die dann die christliche Pflicht zur Hilfestellung hat.

Ist die Ablehnung der „kirchlichen Ehe“ nicht unbarmherzig?

Manchmal wird auch ins Feld geführt, dass die Ablehnung einer „kirchlichen Ehe“ unbarmherzig, arrogant, menschenverachtend oder richtend sei. Auch hier wollen wir noch einmal Bruder Jeising zitieren:

Aber es ist doch nicht Barmherzigkeit, wenn man sich Wege ersinnt, wie man ein bestimmtes Einkommen erhält und dabei wichtige Eckpunkte des biblischen Eheverständnisses übergeht und auch vor einem Umgehen staatlicher Gesetze nicht haltmacht. Mit diesem Barmherzigkeitsargument wurden schon so viele unbiblische Irrwege gerechtfertigt, dass man endlich begreifen muss, dass es so angewendet nicht taugt. Ich glaube, hier wird regelmäßig das Gefühl des Mitleids schon für Barmherzigkeit gehalten. Ich empfinde auch Mitleid, wenn ich sehe, wie mancher Rentner und manche Witwe mit jedem Cent rechnen muss. Aber das darf mich nicht verleiten, ihnen zu raten, Gottes Ordnungen zu übertreten und es Barmherzigkeit zu nennen. Unbarmherzig ist, wenn der Seelsorger die Menschen wegen ihrer Unwissenheit verachtet oder verurteilt. Barmherzig ist, wenn er ihnen geduldig die Zusammenhänge biblischer Ehe und der Versorgung Bedürftiger darstellt und aufzeigt, was das für konkrete Konsequenzen für sie hat, einschließlich der schmerzhaften. Unbarmherzig ist, wenn er sie in ihrem Irrtum lässt oder sogar noch darin bestärkt. Barmherzig ist, wenn er ihnen hilft, ein „Ja“ zu einem einfacheren Leben zu finden und ihnen den Weg zu allen möglichen Hilfen aufzeigt, die für Christen angemessen sind. Unbarmherzig ist, wenn er die Gemeinde durch eigenmächtiges Handeln in eine Spaltung treibt. Barmherzig ist, wenn er die Gemeinde auffordert, sich an der Lösung des Problems zu beteiligen und die entstehenden Lasten mitzutragen.[4]

Unsere Stellung als Christen zum Staat

Wenden wir uns zum Schluss noch einigen Versen aus Römer 13 und 14 zu, wo wir auch Hinweise für die Beurteilung dieser Frage finden.

Vielleicht mögen einige sagen: Sind wir nicht Himmelsbürger und sowieso nur Fremdlinge und ohne Bürgerrecht hier (Phil 3,20; 1Pet 2,11)? Was haben wir mit dem Staat zu tun? Doch ganz so einfach verhält sich die Sachlage nicht. Christen leben nicht auf einer Insel, sondern sind Teil der Gesellschaft und Kultur, in der sie leben. Für einen Christen gilt nach wie vor das Wort aus Römer 13,1.2: „Jede Seele sei den obrigkeitlichen Gewalten untertan; denn es gibt keine Obrigkeit, außer von Gott, diejenigen aber, die bestehen, sind von Gott eingesetzt. Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes.“ In Titus 3,1 heißt es: „Erinnere sie daran, Obrigkeiten und Gewalten untertan zu sein, Gehorsam zu leisten“, und in 1. Petrus 2,13: „Unterwerft euch jeder menschlichen Einrichtung um des Herrn willen.“

Das sind klare Anordnungen Gottes, und gottesfürchtige Christen tun gut daran, sich diesem Wort zu unterwerfen. Ein Paar, das sich ab 2009 allein kirchlich trauen lässt, ist weder im rechtlichen noch im biblischen Sinn „verheiratet“, und diese „Ehe“ muss als außereheliches Verhältnis[5] betrachtet werden. In Deutschland gilt man vor dem Staat erst als „verheiratet“, wenn man dies auf dem Standesamt bekundet. Wenn die Bibel uns auffordert, uns „aller menschlichen Einrichtung“ zu unterwerfen haben, „um des Herrn willen“, dann gilt man auch vor Gott erst als im biblischen Sinn als „verheiratet“, wenn man sich diesen Anordnungen Gottes unterworfen hat; schließlich wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klar dargelegt, wann wir es in Deutschland mit einer im vollem Umfang gültigen Ehe zu tun haben.

Selbst wenn eine kirchliche Trauung keine Ordnungswidrigkeit mehr ist und diese Trauung auch gesellschaftlich (nicht rechtlich!) anerkannt sein mag, wird der gottesfürchtige Christ, um des Zeugnisses für den Herrn willen und weil die Ehe ein Bild von Christus und der Gemeinde ist, sich besonders in diesem Punkt der Obrigkeit unterwerfen. Alles, was dieses einzigartige Bild verwässert oder zerstört, gilt es zu meiden. Stellen wir uns vor, Christus würde solch eine Beziehung mit Seiner Gemeinde haben, wie sie im obigen Eingangszitat der CSU/CDU beschrieben wurde: kein Erbrecht (kein Eph 1,11), keine Unterhaltsverpflichtung (kein Eph 5,29), keine besondere Vergünstigung (kein Eph 1,22) und den Zugewinnausgleich von Johannes 17,22 gibt es auch nicht („Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben“). Wie würden wir durch solch eine „Rentnerehe“ das Bild von der Liebe Christi zu seiner Braut verunstalten. Paulus sagt dazu: „Lasst nun euer Gut nicht verlästert werden“ (Röm 14,16).

Wem wollen wir gefallen?

In Römer 14,7.8 heißt es: „Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn; sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn. Sei es nun, dass wir leben, sei es, dass wir sterben, wir sind des Herrn.“ Das Leben des Christen sollte also davon bestimmt sein, dass er dem Herrn gehört und Ihm gefallen will. Aber was bewegt in der Regel die christlichen Rentner, eine solche „kirchliche Ehe“ der standesamtlichen Ehe vorzuziehen? Ist es, weil sie dem Herrn mehr gefallen wollen? Vielleicht möchte noch jemand kulturphilosophische Argumente anführen – aber wird nicht allzu oft die Frage nach der Rente den Ausschlag geben, also letztlich das Geld? Sollen Christen ihre Ethik durch das Geld bestimmen lassen? Eine Entscheidung, die durch das Geld bestimmt ist, hat schon an sich den Stempel der „Welt“ und nicht den Segen des Herrn. Wir sollten eher danach fragen, was Christus am meisten ehrt und was vor den Menschen als bewährt gilt, wie es auch Römer 14,18 sagt: „Denn wer in diesem dem Christus dient, ist Gott wohlgefällig und den Menschen bewährt.“

Vorbild für die Jugend sein

In Römer 14,19 finden wir noch einen weiteren Grund, den es zu bedenken gilt: „Also lasst uns nun dem nachstreben, was zum Frieden und was zur gegenseitigen Erbauung dient.“

Was bedeutet denn eine „christliche“ Rentnerehe für die Jugendlichen? Welches Vorbild wird ihnen dadurch vorgelebt? Werden sie zu einem Gott wohlgefälligen Verhalten in Ehefragen angespornt? Warum sollte nicht die „christliche Rentnerehe“ auch eine passable Sache für „christliche“ junge Menschen sein? Man übernimmt nicht die ganze Verantwortung vor dem Gesetz; wenn es mal „schiefgeht“, braucht man sich nicht von einem Richter mit all den damit verbundenen Konsequenzen scheiden zu lassen. Die Verbindlichkeit der Ehe wird letztlich auf den sexuellen Bereich herabgewürdigt. Die „kirchliche Trauung“ ist dann (mal etwas auf die Spitze getrieben) lediglich die Legitimation, um reinen Gewissens Sex haben zu können.

Schlussgedanken

„Lasst uns nun nicht mehr einander richten, sondern richtet vielmehr dieses: dem Bruder nicht einen Anstoß oder ein Ärgernis zu geben“ (Röm 14,13). Wenn wir die Ehe ohne Standesamt befürworten würden, müssten wir uns dann nicht den Vorwurf gefallen lassen, einen Strauchelblock vor die Füße jüngerer Christen gelegt zu haben?

Vielleicht ist jemand unter den Lesern, der sagt: So ganz überzeugt bin ich aber noch nicht. Den möchten wir noch an Vers 5 in Römer 14 erinnern: „Jeder sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt“ (Röm 14,5), und auch an Vers 23: „Wer aber zweifelt, … ist verurteilt, weil er es nicht aus Glauben tut“ (Röm 14,23).

Weil die Ehe ohne Standesamt das Bild der christlichen Ehe nicht fördert und es in manchen Punkten sogar verdunkelt, gibt es keinen Grund, das Standesamt zu umgehen, auch nicht für die sogenannte Rentnerehe.

Anmerkungen

[2] Zumindest aus katholischer Richtung kann man solche Stimmen hören.

[3] Siehe T. Jeising in „Bibel und Gemeinde“, Heft 3/2006, S. 53/54.

[4] Siehe T. Jeising in „Bibel und Gemeinde“, Heft 3/2006, S. 61.

[5] Die Bibel nennt jeden Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe „Hurerei“, auch wenn wir in der heutigen Zeit unter „Hurerei“ in der Regel nur den Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten verstehen. Das ist jedoch nicht die biblische Bedeutung des Wortes „Hurerei“!

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