Der richtige Zustand der Seele
Voraussetzungen zum Erkennen der Wahrheit

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, online seit: 10.07.2021, aktualisiert: 01.07.2022

Voraussetzungen, um die Wahrheit zu erkennen

Wir könnten fragen: „Warum akzeptieren so viele Christen dieses ganze von Menschen erfundene System in der Christenheit, ohne deren Glaubwürdigkeit auch nur in Frage zu stellen?“ Wir könnten auch fragen: „Warum haben so viele Christen die biblische Ordnung für die wahre christliche Anbetung und den wahren Dienst verfehlt?“ Die Antwort: Es gibt eine Voraussetzung, die dem Verständnis der Wahrheit vorausgeht. Diese wichtige Voraussetzung ist im Zustand der Seele zu finden. Die folgenden Punkte sind absolut notwendig, damit wir einen Seelenzustand haben, um die Wahrheit der Schrift zu begreifen:

1. Zeit in der Gegenwart des Herrn in Gemeinschaft mit Ihm verbringen

Das Wort Gottes sagt:

  • Ps 77,13: Gott, dein Weg ist im Heiligtum!

Da sein Weg „im Heiligtum“ ist, müssen wir dort mit Ihm sein, wenn wir erkennen wollen, was sein Wille ist. In seinem Heiligtum zu sein, bedeutet für Christen, in seiner Gegenwart zu leben, in Gemeinschaft mit Ihm. Die Gedanken des Herrn und sein Wille werden uns offenbart, wenn wir uns in der Verborgenheit seiner Gegenwart aufhalten.

  • Ps 36,9: In deinem Licht werden wir das Licht sehen.

Es gibt keinen Ersatz für die Gemeinschaft mit dem Herrn. Dieses gewaltige Vorrecht der Gemeinschaft mit Ihm können wir jederzeit genießen, denn wir haben durch das Gebet freien Zugang zu seiner Gegenwart:

  • Spr 8,34: Glückselig der Mensch, der auf mich hört, indem er an meinen Türen wacht Tag für Tag, die Pfosten meiner Tore hütet!

2. Bereitschaft, den Willen Gottes zu tun

Die Bibel sagt:

  • Joh 7,17: Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich von mir selbst aus rede.

Die meisten, wenn nicht alle Christen wollen Gottes Willen für ihr Leben kennenlernen. Aber das ist nicht das, was dieser Vers sagt. Dieser Vers spricht von der Bereitschaft, Gottes Willen zu „tun“, nicht nur vom bloßen Wissen darüber. Viele Christen verbringen ihr ganzes Leben damit, nicht zu wissen, was der Wille Gottes für sie ist. Das kann viele Bereiche umfassen, einschließlich der Frage, wo und wie Gott sie mit anderen Christen zur Anbetung und zum Dienst versammeln möchte. Der Grund dafür: Nur den Wunsch zu haben, seinen Willen zu kennen, reicht nicht aus.

  • Spr 13,4: Die Seele des Faulen begehrt, und nichts ist da.

Die Erkenntnis des Willens Gottes wird denen offenbart, die bereit sind, seinen Willen zu tun, koste es, was es wolle. Wenn wir bereit sind, Gottes Willen zu tun, wird Er ihn uns offenbaren.

3. Die Übung der Seele, Fleiß aufzuwenden, um die Wahrheit zu lernen

Es heißt:

  • Esra 7,10: Esra hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz des HERRN zu erforschen und zu tun.

  • Esra 8,21: Ich rief dort am Fluss Ahawa ein Fasten aus, um uns vor unserem Gott zu demütigen, um von ihm einen geebneten Weg zu erbitten für uns und für unsere Kinder und für alle unsere Habe.

Wir müssen das Gleiche tun. Es muss ein Eifer vorhanden sein, die Wahrheit zu suchen, indem wir das Wort Gottes durchforschen (Apg 17,11). Im Buch der Offenbarung muss der Apostel Johannes das „Büchlein“, das die Wahrheit der Ratschlüsse Gottes über Christus und sein Erbe auf der Erde enthielt, „nehmen“, wenn er es haben wollte. Er hatte darum gebeten, aber das war nicht genug, der Engel antwortete:

  • Off 10,9: Nimm es und iss es auf.

Die Wahrheit wird also nicht automatisch denen gegeben, die nur darum bitten, sondern denen, die die geistige Energie haben, sie zu nehmen und zu essen – das heißt sie sich einzuverleiben. Dies erfordert Fleiß:

  • Spr 13,4: Die Seele der Fleißigen wird reichlich gesättigt.

Paulus sagt zu Timotheus:

  • 2Tim 2,15: Befleißige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt.

Paulus spricht auch von dem „Wort des Glaubens und der guten Lehre“, die Timotheus in fleißigem Studium „genau befolgen“ soll (1Tim 4,6). Es gibt unter den Christen heute im Allgemeinen einen bedauerlichen Mangel an persönlichem Bibelstudium. Manche verlassen sich einzig und allein auf die geistliche Nahrung, die sie vom „Pastor“ in ihrer Kirche bekommen, oder auf das, was sie im Radio hören.[1] Solche Medien sind nicht geeignet, um ihren Zuhörern die Wahrheit zu vermitteln über das Thema, das wir hier betrachten. Daher ist es kein Wunder, dass viele Christen Gottes Ordnung für die Anbetung und den Dienst nicht kennen.

4. Aufrichtigkeit des Herzens, um die Wahrheit anzuerkennen, wenn sie vorgestellt wird

Das Wort Gottes sagt:

  • Ps 112,4: Den Aufrichtigen geht Licht auf in der Finsternis.

Die Wahrheit mag uns nicht gefallen, wenn sie uns vorgestellt wird, aber wenn wir ein ehrliches und aufrechtes Herz haben, werden wir anerkennen, dass sie die Wahrheit ist. Wenn uns die Wahrheit gegen den Strich geht, ist das nur ein Beweis dafür, dass wir nicht in die richtige Richtung schauen, denn die Wahrheit tut nicht weh, es sei denn, sie sollte es.

Unsere einzige Schlussfolgerung, warum so viele Christen diese ganze Situation im christlichen Bekenntnis einfach akzeptieren, ohne sie in Frage zu stellen, ist, dass einer oder alle dieser wichtigen Punkte nicht beachtet werden. Wenn wir heute so viele Christen sehen, die sich mit der unbiblischen Situation im christlichen Bekenntnis zufriedengeben, fragen wir uns, ob es vielleicht so ist wie in den Tagen Jeremias, als er sagte: „Die Propheten weissagen falsch, und die Priester herrschen unter ihrer Leitung, und mein Volk liebt es so“ (Jer 5,31).

Paul Wilson pflegte zu sagen, dass, wenn es ein Hindernis für unser Verständnis einer Schriftstelle gibt, dies auf eines oder alle der folgenden drei Dinge zurückzuführen ist:

  1. Wir haben die Stelle nicht sorgfältig gelesen.
  2. Wir haben eine vorgefasste Meinung (oder Lehre) zu dem Thema, die uns daran hindert, die wahre Bedeutung zu erkennen.
  3. Unser eigener Wille ist am Werk, und wir wollen die Wahrheit nicht hören.

Wir sind nicht dazu berufen, den Verfall im christlichen Zeugnis richtigzustellen

Viele aufrechte und besorgte Gläubige fragen: „Was kann ich tun, um zu helfen, die Dinge im christlichen Zeugnis wiederherzustellen? Vielleicht sollte ich diese Dinge meinem ‚Pastor‘ vorlegen, damit wir eine biblischere Gemeinde haben können?“

Für die Antwort darauf müssen wir uns wieder an das Wort Gottes wenden. Die Heilige Schrift weist darauf hin, dass der gefallene Zustand des christlichen Zeugnisses nicht wiederhergestellt, sondern vielmehr von Gott gerichtet wird. In Römer 11 spricht der Apostel Paulus von „dem Ölbaum“, dessen Zweige „ausgebrochen“ sind, um bildlich zu veranschaulichen, wie Israel als Nation von dem Platz des Vorrechts, den es bei Gott innehatte, abgesetzt würde. Dies geschah, weil sie jegliches Zeugnis von Gott in Christus (wie in den Evangelien festgehalten) und dem Heiligen Geist (wie in der Apostelgeschichte berichtet) ablehnten. Der Apostel spricht dann von den Zweigen eines „wilden Ölbaums“, die „der Wurzel und Fettigkeit des Ölbaums teilhaftig geworden“ sind. Er benutzt dies, um zu illustrieren, wie Gott die Heiden durch das Evangelium in eine Stellung des Segens bringen würde. Diejenigen, die den Namen Christi bekennen, sind jetzt an diesem Ort des Vorrechts und der Verbindung mit Ihm. Dies ist der Platz, den die Christenheit durch Gottes Gnade einnimmt. Aber der Apostel warnt: Wenn die Zweige des wilden Ölbaums (der Christenheit) nicht in der Güte Gottes blieben, würden sie von dem Ort des Vorrechts abgeschnitten. Stattdessen würden die Zweige, die vorher abgetrennt worden waren (Israel), wieder an diesen Ort des Vorrechts gebracht werden. Wie wir gezeigt haben, hat die Christenheit in allen Punkten ihrer Verantwortung versagt und wartet auf Gericht. Dieses Gericht findet statt, nachdem der Herr bei seinem Kommen (der Entrückung) die wahren Gläubigen aus der Christenheit herausgerufen hat. Wir sehen also: Das Ende der Christenheit ist Gericht, nicht Wiederherstellung. Ein weiteres Vorbild in der Heiligen Schrift dafür sehen wir in Vasti (die heidnische Königin, die das Christentum symbolisiert): Vasti wird beiseitegesetzt und Esther (die Jüdin) wird an ihre Stelle gebracht (Est 1–2).

Auch in den Sendschreiben des Herrn an die sieben Gemeinden in Asien, die prophetisch die aufeinanderfolgenden Stationen des Niedergangs aufzeigen, die die bekennende Kirche durchläuft, gibt Er keinerlei Hinweis darauf, dass das christliche Zeugnis wiederhergestellt werden würde. Im Gegenteil: Er wird es am Ende vielmehr aus seinem Mund ausspeien (Off 3,16). Es gibt auch in keinem der Briefe ein Wort, dass es eine Wiederherstellung des christlichen Zeugnisses geben würde.[2]

Mehr noch: In Matthäus 13,28-30 haben wir das Wort des Herrn selbst, dass wir von dem Versuch, den gefallenen Zustand im christlichen Zeugnis zu beheben, ablassen sollen. Als der Feind das Unkraut unter den Weizen gesät hat, sagen die Knechte des Hausherrn: „Willst du denn, dass wir hingehen und es zusammenlesen?“ Sie fragen, ob sie versuchen sollen, die Situation zu beheben, und der Hausherr antwortet:

  • Mt 13,30: Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts zugleich mit diesem den Weizen ausrauft. Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte.

Die „Ernte“ ist das Ende des Zeitalters (Mt 13,39). Es ist also klar: Wir sind nicht dazu aufgerufen, die Verwirrung in der Christenheit in Ordnung zu bringen, sondern wir überlassen alles dem Herrn, dass Er es am Ende des Zeitalters auseinandersortiert (vgl. 2Chr 11,1-4).

Wenn nun Gott sagt, dass das christliche Zeugnis nicht wiederhergestellt wird, dann ist es sicherlich eine vergebliche Anstrengung unsererseits, zu versuchen, den gegenwärtigen Zustand in Ordnung zu bringen. Würde Er uns bitten, etwas zu tun, von dem sein Wort uns sagt, dass es nicht getan werden sollte? Würde Er von uns verlangen, etwas zu tun, von dem Er uns in seinem Wort gesagt hat, dass wir es nicht tun sollen? Stattdessen sagt der Herr:

  • Off 2,24.25: Ich werfe keine andere Last auf euch; doch was ihr habt, haltet fest, bis ich komme.

Engl. Originaltitel: „A Right State of Soul: The Necessary Pre-Requisite to Learning the Truth“ 
aus God’s Order for Christians Meeting together for Worship and Ministry: The Biblical Answer to Church Traditions
Christian Truth Publishing 1999

Übersetzung: Nathanael Imming

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Dies trifft auch auf diejenigen zu, die ihre geistliche Speise lediglich aus den wöchentlichen Zusammenkünften entnehmen.

[2] Anm. d. Red.: Mit der Wiederherstellung des christlichen Zeugnisses meint der Autor, dass wir die verschiedenen Trennungen und Spaltungen innerhalb der Kirche nicht rückgängig machen können. Dennoch sollten wir all das zu verwirklichen suchen, was noch möglich ist. Es geht nicht darum, dass wir den Kopf in den Sand stecken und nicht persönlich oder gemeinschaftlich lebendige Christen sein könnten.

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