Die Fußwaschung
Johannes 13

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Leitverse: Johannes 13

Unterschiedliche Auslegungen

Das Kapitel in Johannes 13 über die Fußwaschung ist eines der am meisten zu Herzen gehenden Abschnitte der Bibel. Während die Begebenheit an sich recht einfach zu verstehen ist, so gibt es aber in Bezug auf die Auslegung für heute einige konträre Ansichten:

  • Manche nehmen diese Stelle wortwörtlich und waschen sich tatsächlich gegenseitig mit Wasser die Füße. Gegen diese Auslegung spricht deutlich, dass der Herr Jesus sagt: „Was ich tue, weißt du jetzt nicht, du wirst es aber nachher verstehen“ (Joh 13,7). Wenn es sich um wortwörtliches Waschen der Füße gehandelt hätte, dann hätte Petrus sicher nicht darauf warten müssen, es „nachher zu verstehen“. Auch bekommt man sicher nicht durch wortwörtliches Füßewaschen Teil mit dem Herrn Jesus, wie Er sagt: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit mir“ (Joh 13,8).

  • Diese Aussage zeigt übrigens auch, dass eine zweite Auslegungsvariante nicht zutreffen kann: Sie sieht in der Fußwaschung einzig ein Beispiel für Demut und Niedriggesinntheit dem Mitbruder gegenüber. So nötig wie die Demut und Niedriggesinntheit ist, wenn wir selbst jemand die Füße waschen wollen, so ist das doch nicht das Ziel der Fußwaschung. Das Ziel ist, dass der, dem die Füße gewaschen werden, Teil mit dem Herrn bekommt. Wäre Demut die einzige Belehrung der Fußwaschung gewesen, hätte Petrus nicht auf ein „Nachher“ warten müssen. Dass die Fußwaschung ein Akt der Demut des Herrn war, verstand Petrus sofort.

  • Wieder andere meinen, dass es sich hier nur darum handele, was notwendig ist, wenn ein Gläubiger gesündigt hat.

Geht es um Sünde?

Doch wenn wir an die damalige Situation denken, dann wissen wir von keinem der Jünger, dass bei ihm eine spezielle Sünde vorgelegen hätte. Auch wählte der Herr nicht einige Jünger speziell aus, um ihnen die Füße zu waschen, weil Er gewusst hätte, dass sie gesündigt und deshalb die Fußwaschung nötig gehabt hätten. Nein, alle bekommen in gleicher Weise die Füße gewaschen und nicht lediglich Judas, der ja kurze Zeit später hinausgeht und seinen Herrn verrät. Und der Herr betont die absolute Notwendigkeit der Fußwaschung.

Es wäre aber völlig verkehrt, anzunehmen, dass es zwingend so ist, dass wir immer wieder sündigen. Und wir müssten dann davon ausgehen, dass das Wort Gottes und auch der Herr selbst dann wie selbstverständlich davon ausgehen würden, dass wir auch in Zukunft sündigen werden. Im Gegenteil schreibt Johannes später in seinem Brief: „Ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt“, und weiter: „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde.“ Auch sagt Johannes: „wenn jemand gesündigt hat [Vergangenheit]“, und nicht: „wenn jemand sündigt [Gegenwart]“ (1Joh 2,1). Natürlich bestätigt uns unsere Erfahrung, dass wir tatsächlich oft sündigen, aber die Schrift setzt nicht voraus, dass ein Gläubiger sündigen muss oder wenigstens immer wieder sündigt. Im Gegenteil: Wir haben alle Voraussetzungen, nicht mehr sündigen zu „müssen“, und wenn wir dennoch sündigen, dann liegt das immer an unserem Eigenwillen und an der in uns wohnenden sündigen Natur. Aber all dies hat in erster Linie nichts mit Johannes 13 zu tun.

Was ist nun die Bedeutung des Wortes „Du wirst es aber nachher verstehen“?

Aus der Welt zu dem Vater!

Bevor wir uns nun der Bedeutung des 13. Kapitels zuwenden, müssen wir noch einen sehr wichtigen Gedanken verstehen. Der Herr Jesus stand im Begriff, aus dieser Welt zum Vater hinzugehen. Er würde diese Welt als eine gerichtete Sache verlassen. Allein die Tatsache, dass der Sohn Gottes hier auf der Erde war und nichts für sich oder den Vater fand außer Hass und Verachtung und jene wenigen Personen, die Er liebevoll die Seinen nennt, macht deutlich, dass diese Welt nicht mehr zu verbessern ist. Manche meinen, die Welt würde schlechter, und andere wiederum meinen, die Welt würde besser. Beide haben unrecht. Die Welt ist nicht besser als damals, als der Sohn Gottes auf der Erde war, und sie könnte unmöglich schlechter sein als zu dem Zeitpunkt, wo man Ihm deutlich machte, dass ein Verbrecher Ihm allemal vorgezogen würde. Um also in die Gedanken der Kapitel 13 bis 17 eingehen zu können, ist es von großer Wichtigkeit, zu sehen, dass der Herr Jesus aus dieser bösen Welt zum Vater hingehen würde. Wenn wir die Tiefe der Gedanken Christi verstehen wollen, dann funktioniert das nur, wenn wir in unseren Herzen mit der Welt ein für alle Mal abgeschlossen haben (Gal 6,14). Aber das ist nur die eine Seite, die negative, die wir verstehen müssen.

Wir sind noch in der Welt!

Daneben müssen wir jedoch auch folgende besondere Tatsache begreifen: Indem der Herr Jesus an den Ort der göttlichen Liebe, von dem Er als der ewige Sohn gekommen war, als Mensch zurückkehrt, möchte Er aber die Seinen, obwohl noch auf der Erde, in diesen Bereich göttlicher Liebe und Gemeinschaft mit einführen. Wenn wir auch leibhaftig an diesem Ort göttlicher Zuneigungen wären, wie Er nun ist, könnten wir die göttliche Liebe und Gemeinschaft ungestört genießen. Wir sind aber immer noch auf einem Schauplatz und in einem Zustand, wo unzählige Elemente feindlich dagegenwirken. Das Wesen dieser Elemente ist das genaue Gegenteil dieser göttlichen Zuneigungen und Liebe. Deshalb kann also, solange wir in der Welt sind, die göttliche Liebe nicht ruhen. Daher bedenkt der Herr Jesus in seiner Liebe alle diese entgegenwirkenden und hinderlichen Elemente und sorgt dafür, dass wir diesen himmlischen Bereich genießen können und für diesen Ort, zu dem wir ja gehören, passend sind.

Ohne die Fußwaschung des Herrn?

Wenn dieser Dienst der göttlichen Liebe nicht wäre, was würde dann passieren? Durch die Berührung mit der Welt und unsere Empfänglichkeit für die Einflüsse dieser Erde – durch das Fleisch,  das wir noch in uns haben – würden unsere Herzen immer weiter vom Teil mit Christus weggezogen werden. Diesen Ort der göttlichen Liebe nicht mehr genießen zu können, wäre eine schlimme Sache für uns, aber wir können es uns kaum vorstellen, wie sehr der Herr Jesus sich erst danach sehnt, dass Er das mit uns teilen kann, was Er selbst in der Gemeinschaft mit dem Vater genießt.

Die Seinen!

Das 13. Kapitel fängt mit den schönen Worten an: „Da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte er sie bis ans Ende“ (Joh 13,1). Bevor Er den Jüngern also die Füße wusch, macht der Herr Jesus klar, dass die „Seinen“ zu der Sphäre seiner ganz persönlichen Zuneigungen gehören. Vorher lesen wir noch, dass dies Ganze sich abspielte, „als Jesus wusste …, dass er aus dieser Welt zu dem Vater hingehen sollte“ (Joh 13,1). Er selbst würde also in die Welt der Liebe des Vaters – in sein Haus – zurückkehren. Und nun finden wir, dass die Jünger, auch wenn sie noch „in der Welt waren“ (Joh 13,1), doch moralisch zu dem Bereich jener göttlichen Liebe gehörten, in die der Herr Jesus im Begriff stand zurückzukehren. Der Herr Jesus hatte die Seinen nicht außerhalb der Sphäre dieser Liebe gelassen. Was aber die göttliche Liebe betrifft, so ist der Herr nicht in dem einen Bereich der Liebe mit dem Vater und die Seinen sind in einem anderen. Der Kreis der göttlichen und himmlischen Liebe, wo der Sohn beim Vater ist, berührt die Erde und schließt die Seinen, die in der Welt sind, ein. Es ist ein Kreis himmlischer Liebe, worin wir mit dem Sohn und dem Vater verbunden sind. Johannes 17,21.23.26 drückt das so aus: „… damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien …; ich in ihnen und du in mir, damit sie in eins vollendet seien …, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.“

Die Welt hatte klargemacht, dass sie keinen Platz für den Herrn Jesus hatte. Aber jene, die der Vater dem Sohn gegeben hatte (Joh 17,6), die Er die Seinen nennt (Joh 13,1), die die wahre Herde des guten Hirten sind (Joh 10,11.14), die die „viele Frucht“ sind (Joh 12,24), führt Er ein in den Bereich der göttlichen Liebe, die schon vor ewigen Zeiten seine Freude im Haus des Vaters gewesen war; solchen wollte Er vor seiner Rückkehr zum Vater auch das Bewusstsein geben, in welchen Bereich göttlicher Liebe Er im Begriff stand sie einzuführen. Besonders für diesen Gedanken geben die nachfolgenden Kapitel auch reichlich Anlass. Denn in Johannes 14 hören wir etwas von dem Vaterhaus; in Johannes 15 von der direkten Verbindung der Seinen mit dem Weinstock (dem Herrn selbst); in Johannes 16 finden wir die Verheißung des Heiligen Geistes, der kommen würde und in uns Wohnung machen würde, der allein die Kraftquelle in uns ist, diese göttliche Liebe zu verstehen; und in Johannes 17 werden wir dann ein wenig von dieser Erde erhoben und dürfen zuhören, wie der Sohn zu seinem Vater über uns (die Jünger) redet. Gerade dort lesen wir die gewaltigen Verse: „… damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,23).

Liebe bis ans Ende

Die Liebe für diese Menschen ist letztlich ohne Ende. Diese Liebe bedenkt alles, sie weiß, was die Welt ist, sie weiß, was wir sind, und sie liebt bis ans Ende. Es ist eine äußerst innige Liebe – trotz aller Hindernisse. Nichts kann diese Liebe ablenken. Es war der finsterste Augenblick für den Herrn: Er war gerade im Begriff, in den Tod zu gehen; die finsteren Wolken jener gefürchteten „Stunde des Menschen“ umfingen Ihn – und doch stand Er vom Abendessen auf und umgürtete sich, um ihnen die Füße zu waschen. Er dachte nicht an sich, sondern an sie. Andererseits aber geschah dies, „wissend, dass der Vater ihm alles in die Hände gegeben und dass er von Gott ausgegangen und zu Gott hingehe“ (Joh 13,3), dass Er sich erhebt und sich für seinen Liebesdienst umgürtet. Die Erhabenheit und Herrlichkeit, deren Er sich durchaus bewusst war, verleihen dieser einzigartigen Handlung der göttlichen Liebe eine unaussprechlich tiefe Bedeutung. Sie geben seiner demütigen Handlung gerade durch den Kontrast ein außerordentliches Gewicht. Auch der Zustand der Jünger, den Er vollkommen kannte, hielt diese Liebe nicht auf. Er wusste, dass einer Ihn verleugnen und alle Ihn verlassen würden – der Verrat des Judas und die Schwachheit des Petrus standen vor seinen Blicken und legten sich wie eine dunkle Last auf sein Herz –, seine Liebe aber zog sich in sich selbst zurück (wenn man das so ausdrücken darf) und handelte ganz und gar von sich aus. „Jesus steht … von dem Abendessen auf und legt die Oberkleider ab; und er nahm ein leinenes Tuch und umgürtete sich. Dann gießt er Wasser in das Waschbecken und fing an, die Füße der Jünger zu waschen und mit dem leinenen Tuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war“ (Joh 13,3-5).

Aber! Aber!

Du magst sagen: „Aber ich finde so vieles, was mich hindert, und ich verstehe so wenig von dieser Atmosphäre der Beziehungen göttlicher Liebe.“ Denkst du, dass es etwas gibt, was der Herr übersehen hat? Nein! Der Herr sieht alles und weiß alles, und Er liebt bis ans Ende. Du brauchst jetzt genau das, was die Jünger auch brauchten. Sie mussten die Füße gewaschen bekommen, denn bevor der Herr über das Vaterhaus, über den Weinstock und die Reben, den Heiligen Geist und das Gebet zum Vater in unserem Beisein sprechen konnte, musste Er ihnen die Füße waschen. Warum? Weil wir diese Gedanken nur verstehen können, wenn unsere Zuneigungen und unsere Herzen etwas davon verstehen, in welchen Bereich der Herr Jesus uns einführen wollte und in den Er nun zurückkehren würde, denn wir lesen, dass Er „aus dieser Welt zum Vater hingehen“ würde (Joh 13,1). Der Genuss der Liebe des Vaters würde jetzt wieder ohne die Leiden und den Kummer dieser Erde sein Teil sein. Wir, seine Jünger, sind „noch in der Welt“. Aber der Herr möchte, dass wir mit Ihm an diesem Genuss teilhaben, auch wenn wir noch in der Welt sind. Grundsätzlich hat Er uns durch sein Sterben zu Kindern Gottes gemacht. Wir haben dasselbe Leben bekommen, das Er hat, das ewige Leben. Wir haben den Heiligen Geist empfangen. Aber hier geht es um die ganz praktische Seite: Wenn wir nicht unsere Füße dem Herrn bereitwillig hinhalten, dann können wir „kein Teil mit ihm“ haben. Dann werden wir nichts von den Beziehungen der Liebe verstehen, in die Er nun zurückkehren wollte und in die Er uns, obwohl wir noch in dieser Welt sind, einführen will.

Der Staub der Welt

Wie schon gesagt, sind wir unserer Stellung nach an diesen Ort göttlicher Liebe gebracht worden. Aber ob wir uns dessen wohl auch immer bewusst sind und wir in unserem Leben die Freude und Hingabe für diese Tatsache offenbaren, das ist eine ganz andere Frage, und genau darum geht es in der Fußwaschung. Alle Anwesenden, ausgenommen Judas, waren im Wasserbad der Wiedergeburt bereits ganz gebadet und ganz rein. Deshalb sagt der Herr auch: „Wer gebadet ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füße, sondern ist ganz rein; und ihr seid rein, aber nicht alle“ (Joh 13,10). Aber weil die Jünger immer noch in dieser Welt waren, obwohl sie bereits der Stellung nach in die Sphäre der göttlichen Liebe eingeführt waren, würde immer und immer wieder Staub an ihren Füßen kleben bleiben, der sich auch nicht vermeiden ließ. Bei unserem Weg durch die Welt bleibt es nicht aus, dass unsere Zuneigungen, unsere Interessen, unsere Vorlieben immer wieder durch rein irdische Dinge von diesem Ort der göttlichen Liebe abgezogen werden. In uns ist etwas, woran der Staub der Welt klebt. 

Im Fall unseres Herrn gab es nichts, woran der Staub der Welt kleben konnte. Er war ganz und gar der Heilige Gottes, und alle Einflüsse und Neigungen dieser Welt wurden durch die absolute Heiligkeit und Reinheit seiner Person abgestoßen. Es gab keinen sittlichen Berührungspunkt zwischen Ihm und der Welt, obwohl Er sie in demütiger und vollkommener Gnade durchzog. Wir sind nicht nur wegen unseres körperlichen Zustandes in der Welt, sondern es ist etwas in uns, was einen sittlichen Berührungspunkt mit der Welt ergibt. Es ist das in uns, woran der Staub dieser Welt kleben kann: das Fleisch, wie der Apostel Paulus es im Römerbrief nennt. Der Herr Jesus brauchte seine Füße nicht waschen zu lassen, wir aber müssen es. Unser Zustand macht uns empfänglich für die Einflüsse dieser Welt. Es geht nicht darum, dass wir sündigen, sondern dass wir durch die Dinge auf der Erde beeinflusst werden; sie neigen dazu, unsere Herzen zu beschäftigen und uns auf eine Weise zu beeinflussen, dass wir dem Genuss des Ortes göttlicher Liebe entführt werden, zu dem der Herr Jesus eingegangen ist und zu dem wir durch unendliche Gnade angehören. Es ist nicht der Gedanke, dass die Beschmutzung in Johannes 13 tatsächliches Versagen oder Sünde sei.

Was heißt das in der Praxis?

Wenn wir zum Beispiel den ganzen Tag im Büro, in der Fabrik, in der Schule oder sonst wo unter Weltmenschen gewesen sind, dann haben wir manches hören müssen, was uns belastet, manches, was wir vielleicht nicht ganz einordnen können, manches, was uns zur Sünde verführen will; wir haben manche weltlichen Prinzipien und Methoden erfahren, die doch scheinbar so praktikabel sind; wir haben manches gehört und gesehen, was unserem Fleisch auch gefällt, manches erlebt, wo wir vielleicht – mit bestem Gewissen – einen Fehler gemacht haben. Alles das liegt wie eine Last auf uns. Vielleicht war es auch in der Freizeit: manches harmlose Vergnügen, dessen Harmlosigkeit uns im Nachhinein doch nicht mehr so eindeutig ist; manches Spiel, das uns viel mehr Zeit geraubt hat, als wir es im Nachhinein für sinnvoll halten. Es fällt uns danach oftmals schwer, uns recht an der Liebe des Vaters und seinen Interessen wirklich zu erfreuen. Aber wenn wir dann anfangen, uns mit dem Herrn zu beschäftigen, dann kommen naturgemäß auch Zuneigungen zum Herrn und zu unserem himmlischen Vater in uns auf. Je bereitwilliger wir also unsere Füße hinhalten und unsere Füße vom Staub dieser Welt reinigen lassen, desto intensiver können dann unsere Empfindungen für die göttliche Liebe sein. Wer an einem heißen Sommertag einmal seine Füße in kaltes Wasser getaucht hat, wird verstehen, welch eine herrliche Erfrischung das sein kann. So hatte auch die Fußwaschung in der damaligen Zeit die Bedeutung der Erfrischung. Daher lesen wir auch schon in 1. Mose 18,4, dass Abraham seinen himmlischen Gästen Wasser zur Fußwaschung als Erfrischung bringen lässt.

Zwingende Notwendigkeit!

Natürlich ist es so, dass wir den Ort göttlicher Liebe, in den wir versetzt worden sind, nicht genießen können, wenn ungerichtete Sünde in unserem Leben ist. Aber während für die Anwendung der Fußwaschung eine Sünde nicht notwendig ist, so besteht aber wohl eine Notwendigkeit der Fußwaschung für den Staub, der unausweichlich an unseren Füßen kleben bleibt, wenn wir durch die Welt gehen. Deshalb sagt der Herr Jesus auch dann zu seinen Jüngern: „Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich euch getan habe, auch ihr tut“ (Joh 13,15). Der Herr Jesus geht wie selbstverständlich davon aus, dass wir das in Zukunft brauchen werden. Er geht nicht davon aus, dass wir in Zukunft sündigen müssten und deshalb die Fußwaschung nötig hätten, sondern so selbstverständlich wie der Staub ist, der beim Durchgang durch diese Welt an unseren Füßen hängenbleibt, so selbstverständlich soll auch die Fußwaschung sein. Besonders in unserer Zeit, wo unsere Zuneigungen so schnell erkalten können, weil so viele scheinbar sinnvolle Dinge in dieser Welt angeboten werden, die für sich genommen nicht einmal böse sind – gerade in dieser Zeit brauchen wir den Dienst der Fußwaschung. Wir brauchen Geschwister, die uns immer und immer wieder auf den Herrn Jesus hinweisen und unsere Blicke nach oben lenken; die uns helfen, in den Beziehungen der göttlichen Liebe unsere Freude zu haben. Wir brauchen solche, die uns helfen, wirklich das zu erleben, was der Herr meinte, wenn Er sagt, dass wir „Teil mit Ihm“ haben sollen.

Möchtest du das? Vielleicht bist du bekehrt und hast die Notwendigkeit eingesehen, deine Sünden zu bekennen und den Herrn als deinen Erlöser anzunehmen. Aber bleibe nicht dabei stehen; strebe danach, das zu erleben, was es heißt, „Teil mit ihm“ zu haben. Das „Teil an ihm“ ist dir vielleicht sicher durch die Wiedergeburt, du bist „gebadet“; aber schaue danach aus, auch „Teil mit ihm“ zu haben. Vielleicht kannst du dann auch in schweren Tagen, wie heute, erleben, was an die Gemeinde in Laodizea geschrieben wurde: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir (Off 3,20). Oder bist du wie Petrus – und willst dem Herrn nicht erlauben, deine Füße zu waschen? Du gibst Ihm keine Gelegenheit, es zu tun. Du liest das Wort, du betest, aber wendest du dich auch an den Herrn in Bezug auf seinen gegenwärtigen und persönlichen Liebesdienst, den Er so gerne an dir ausüben möchte?

Wenn ich einem anderen die Füße waschen möchte …

Solche, die einmal „Teil mit ihm“ gehabt haben oder auch haben, werden solche lieben, die der Herr die Seinen nennt, und er wird ausgehen, um die Füße jener zu waschen. Jene werden ein Sehnen verspüren, die Füße solcher, die der Herr in gleicher Weise in diesen Kreis der göttlichen Liebe gestellt hat, vom Staub dieser Erde zu befreien. Wenn ich fähig bin, meinen Mitgeschwistern den Herrn groß zu machen und ihnen das Bewusstsein dafür zu geben, in welch einen Bereich göttlicher Liebe wir eingeführt wurden, dann wasche ich ihre Füße. Das geschieht nicht dadurch, dass ich zu ihnen über ihre Fehler rede. Wenn sie gesündigt haben oder „von einem Fehltritt übereilt“ worden sind, muss ich mich anderen Schriftstellen zuwenden, um zu wissen, wie ich mit ihnen umgehen soll (z.B. Gal 6,1). Selbstverständlich droht uns die allergrößte Gefahr, in Sünde zu fallen, wenn unsere Füße nicht gewaschen sind. Wenn sich der Staub auf unseren Füßen sammelt, wird das zweifellos zur Sünde führen.

Wenn wir aber jemand die Füße waschen wollen, damit er wieder neu erfrischt wird für den Genuss der Liebe des Vaters in Gemeinschaft mit Christus, dann müssen wir die Gedanken der göttlichen Liebe kennen und das Herz des anderen mit diesen Gedanken erwärmen. Dabei wollen wir das gar nicht so sehr einschränken. Das Wasser ist das Wort Gottes (vgl. Eph 5,26). Und dieses Wort zeugt von der Liebe, Macht, Gnade und Herrlichkeit unseres Gottes und Vaters. Nehmen wir einmal ein Beispiel: Jemand hat an seiner Arbeitsstelle mitbekommen, wie seine Arbeitskollegen für ihre Karriere arbeiten und kämpfen. Er geht nach Hause und kommt sich schon wie ein Versager vor, wenn er sich mit ihnen vergleicht. Doch abends spricht er mit einem Mitbruder und dieser erinnert ihn – vielleicht ohne die speziellen Umstände zu kennen – daran, dass durch die Liebe unseres himmlischen Vaters dem Christen alle himmlischen Segnungen geschenkt sind, oder daran, wie der Weg des Herrn auf der Erde ein Weg war, der nach unten ging – bis in den Tod, den Tod am Kreuz. Haben wir es nicht alle schon erlebt, wie wir durch so etwas erfrischt worden sind, wie die vielleicht gar nicht so bewusste Belastung durch solche Dienste plötzlich weg war?

Freude im Herrn!

Vielleicht können diese wenigen Gedanken helfen und ermutigen, da wir viel mehr nötig haben, uns miteinander über den Herrn zu unterhalten als über die Probleme, durch die wir einzeln oder auch gemeinsam zu gehen haben. So wichtig es auch sein mag, Probleme und Nöte miteinander zu teilen – auch das ist wahres christliches Verhalten –, wichtiger ist es aber, uns gegenseitig die Füße zu waschen und den Herrn vor unsere Blicke zu stellen. Denn schon der Psalmist sagt: „Sie blickten auf ihn und wurden erheitert“ (Ps 34,6), oder Nehemia sagt: „Betrübt euch nicht, denn die Freude am HERRN ist eure Stärke“ (Neh 8,10), und Paulus sagt: „Freut euch im Herrn allezeit!“ (Phil 4,4). Auch David wusste von der Freude im HERRN zu berichten, wenn er schreibt: Ich werde mich in dem HERRN erfreuen“ (Ps 104,34).

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