Stark, aber (charakter-)schwach!
Richter 13–16

David Roderick Reid

© SoundWords, online seit: 20.10.2002, aktualisiert: 02.12.2023

Leitverse: Richter 13–16

Ri 16,21: Dann packten die Philister ihn und stachen ihm die Augen aus. Und sie führten ihn nach Gaza hinab und banden ihn mit ehernen Fesseln, und er musste im Gefängnis die Mühle drehen.

Lies die ganze Geschichte über Simson in Richter 13–16.

Einleitung

[…] Die Bibel hat ziemlich wenig über Simson zu sagen. Nur vier Kapitel zeichnen eine Charakterstudie dieses starken Mannes. Jeder erinnert sich an das, was die Bibel über Simsons Kraft sagt, aber der biblische Bericht erzählt uns noch mehr über diesen Führer des alten Israel. Simsons Geschichte ist eine Studie der Gegensätze: Auf der einen Seite sehen wir die Beweise von Simsons gewaltiger körperlicher Stärke; auf der anderen Seite sehen wir seine offensichtlichen geistlichen Mängel. Er war (körperlich) stark, aber (charakter-)schwach! Gott hat diesen Bericht über Simson nicht deshalb in die Bibel aufnehmen lassen, damit wir in Ehrfurcht vor der Kraft des stärksten Mannes der Welt erstarren, sondern damit wir aus diesem Bericht Lektionen für uns lernen (s. Röm 15,4 „Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“).

Geschichtlicher Hintergrund

Simson lebte in Israel während der Zeit der Richter. Er war Israels letzter Richter vor Samuel. Kurz nach Simsons Tod salbte Samuel Saul zum ersten König von Israel. Die Zeit der Richter war in Israels Geschichte sicher keine Zeit geistlichen Wachstums. Seit den Tagen Moses und Josuas ging es mit dem Volk Israel bergab. Der Grund für diese Abwärtsspirale: Ungehorsam gegenüber dem Wort des Herrn. Die Zeit der Richter war von einer „Tu-was-du-willst“-Einstellung charakterisiert. Richter 17,6 und 21,25 (17:6) In jenen Tagen war kein König in Israel; jeder tat, was recht war in seinen Augen.“ „(21:25) In jenen Tagen war kein König in Israel; jeder tat, was recht war in seinen Augen.“ stellen fest, dass „jeder tat, was recht war in seinen Augen“. Wegen Israels Sünden erlaubte Gott ihren Feinden, ins Land einzufallen und das Volk zu unterdrücken und zu besiegen. In dieser schweren Zeit schrie das Volk immer wieder zum Herrn um Hilfe. Schließlich erweckte Gott in seiner Gnade einen Richter, um sie zu erretten. Aber bald nachdem sie befreit waren, wandten sie dem Herrn wieder den Rücken zu und fielen erneut in Götzendienst und Unmoral.

Vor diesem Hintergrund erschien Simson auf der Bildfläche. Damals unterdrückten die Philister das Volk. Gleich von Anfang an schien für Simson alles gut zu laufen. Wenn es jemals einen Kandidaten gab, der aller Voraussicht nach erfolgreich sein würde, dann war es der junge Simson. In Richter 13 erfahren wir, dass Simson aus einem guten, anständigen Elternhaus stammte. Er hatte fromme Eltern, die Gott vertrauten und Ihn anbeteten. Darüber hinaus war Simson von Gott selbst dazu bestimmt, Israel aus den Händen der Philister zu befreien (Ri 13,5 „Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und kein Schermesser soll auf sein Haupt kommen, denn ein Nasir Gottes soll der Knabe sein von Mutterleib an; und er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu retten.“). Der Sieg war schon sicher. Was wollte man mehr? Und dann war da natürlich noch Simsons Statur: Gott segnete ihn nicht nur mit großer körperlicher Kraft, sondern Er gab ihm anscheinend auch gutes Aussehen. (Ein hässlicher Simson hätte einfach nicht den „Erfolg“ haben können, den Simson bei den philistäischen Frauen hatte!) Außerdem lesen wir, dass Gott den jungen Simson segnete und dass der Geist des Herrn in seinem Leben wirkte (Ri 13,24.25 (24) Und die Frau gebar einen Sohn; und sie gab ihm den Namen Simson. Und der Knabe wuchs heran, und der HERR segnete ihn. (25) Und der Geist des HERRN fing an, ihn zu treiben in Machaneh-Dan zwischen Zorha und Eschtaol.“). Welch eine gute Grundlage, um darauf aufzubauen! Welches Potential! Aber wie traurig ist es, im Licht eines solchen Anfangs über Simsons tragisches Ende zu lesen (Ri 16,21 „Und die Philister griffen ihn und stachen ihm die Augen aus; und sie führten ihn nach Gaza hinab und banden ihn mit ehernen Fesseln, und er musste im Gefängnis mahlen.“): herausgestochene Augen, in Ketten gebunden, angeschirrt wie ein Ochse, eingekerkert von den Philistern. Statt Israel von den Philistern zu befreien, musste Simson sich selbst vom Feind befreien. Wer hätte gedacht, dass Simson dies jemals hätte passieren können – dem jungen Mann, dem alles glückte? Was war falsch gelaufen?

Nicht dein Wille, sondern mein Wille geschehe!

Wir brauchen keine große Erkenntnis, um den Schlüssel zu Simsons Fall zu entdecken. In Richter 14–16 finden wir diesen Schlüssel immer wieder: Simson hatte keine Selbstbeherrschung. Er konnte seine Leidenschaften nicht zügeln. Er war eigensinnig und willensschwach. Was er wollte, das wollte er sofort. „Nicht dein Wille, sondern mein Wille geschehe“ war Simsons Leitspruch. Betrachten wir zum Beispiel Simsons zügellose Leidenschaft in Richter 14,1-4: Er sah eine schöne heidnische Philisterin und wollte sie haben. Seine selbstsüchtige Antwort auf den frommen Rat seiner Eltern war: „Nimm mir diese, denn sie gefällt meinen Augen.“ Entscheidungen, die wir nur aufgrund von gutem Aussehen und Vergnügen fällen, sind gewöhnlich Zeichen geringer Selbstbeherrschung. Wie fällst du deine Entscheidungen?

Betrachten wir auch Simsons Schwäche für Delila in Kapitel 16. Wegen seiner selbstsüchtigen „Liebe“ zu dieser gottlosen Philisterin offenbarte Simson ihr nicht nur das Geheimnis seiner Stärke, sondern er verkaufte ihr auch seine Seele: „Er vertraute ihr sein ganzes Herz an“ (Ri 16,17). Das fast unglaubliche Ausmaß seiner Charakterschwäche wird deutlich, wenn wir lesen, dass er drei klare Warnungen bekommen hatte, was passieren würde (Ri 16,8-14). Wie blind Simson doch sein konnte – besonders als Delila ihm offen erzählte, warum sie sein Geheimnis wissen wollte: „Vertrau mir doch an, wodurch deine Kraft so groß ist und womit man dich binden muss, um dich zu bezwingen“ (Ri 16,6)! Wie wichtig ist es für einen Christen, sich nicht in einen Ungläubigen zu verlieben. Liebe kann manchmal so blind machen, dass man Dinge tut, die man niemals für möglich gehalten hätte – entgegen alle Logik und den gesunden Menschenverstand. In welche Klemme kann man geraten, wenn man sich in eine „Delila“ verliebt! Kein Wunder, dass die Bibel sagt, dass eine Heirat eines Gläubigen mit einem Ungläubigen verkehrt ist (2Kor 6,14 „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis?“).

Mangel an Selbstbeherrschung

Nach und nach ließ Simson seine mangelnde Selbstbeherrschung die Oberhand gewinnen. Als junger Mann hatte er das Nasiräergelübde abgelegt, aber aufgrund seines undisziplinierten und selbstsüchtigen Lebens brach er nacheinander alle Regeln. Es gab verschiedene Regeln, die ein Nasiräer (nicht verwandt mit dem Wort Nazarener) einhalten musste: Er durfte keinen Wein oder starke Getränke trinken, kein Produkt des Weinstocks essen, die Haare nicht schneiden, keine toten Körper berühren, keine Verbindung haben mit irgendetwas, was Einfluss auf seine Absonderung für Gott hatte (4Mo 6). Verfolgen wir nun Simsons Leben, so stellen wir fest: Aufgrund seiner unbeherrschten, selbstsüchtigen Wünsche brach er jede dieser Regeln:

  • Die Weinberge von Timna (Ri 14,5 „Und Simson ging mit seinem Vater und seiner Mutter nach Timna hinab; und als sie an die Weinberge von Timna kamen, siehe, da brüllte ein junger Löwe ihm entgegen.“) im Philisterland waren der letzte Ort, an dem Simson hätte sein sollen,
  • ganz zu schweigen von der Heirat mit einer Philisterin, was gegen Gottes Anordnung für jeden Hebräer war (5Mo 7,1-6).
  • Dann verunreinigte Simson sich, indem er den Kadaver eines toten Löwen berührte (Ri 14,8.9 (8) Und er kehrte nach einiger Zeit zurück, um sie zu nehmen, und er bog ab, um das Aas des Löwen zu besehen, und siehe, ein Bienenschwarm war im Körper des Löwen und Honig. (9) Da nahm er ihn heraus in seine Hände und ging und aß im Gehen; und er ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen, und sie aßen; aber er berichtete ihnen nicht, dass er den Honig ausdem Körper des Löwen herausgenommen hatte.“). Anstatt die nötigen Schritte für die Reinigung zu unternehmen, nahm er die Übertretung dieser Nasiräerregel auf die leichte Schulter, indem er diese Geschichte ausgerechnet zum Teil eines Rätsels machte (Ri 14,14 „Und er sprach zu ihnen:Aus dem Fresser kam Fraß, und aus dem Starken kam Süßigkeit.Und sie konnten das Rätsel drei Tage lang nicht kundtun.“)!
  • Und wo präsentierte Simson sein Rätsel? Auf einem Fest für die Philister, wo starke Getränke sicher zum Brauch gehörten (Ri 14,10 „Und sein Vater ging zu der Frau hinab, und Simson machte dort ein Festmahl; denn so pflegten die Jünglinge zu tun.“)!
  • Am Anfang von Richter 16 lesen wir, dass Simson sogar mit einer philistäischen Prostituierten zusammen war. Ungezügelte Leidenschaft hatte den Vorrang vor den Nasiräergelübden.

Und zuletzt waren da Delila und das Rasiermesser der Philister! Simson, wie konntest du?

Aber was ist mit Simsons großen Heldentaten, die er dank seiner Körperstärke gegen die Philister vollbrachte? Selbst hier sehen wir, dass Simson seine gottgegebene übernatürliche Kraft für seine eigenen Ziele gebrauchte. Wenn wir den Bericht verfolgen, wie Simson seine Stärke zur Schau stellte, werden wir entdecken, dass Simsons Motive in jedem Fall grundsätzlich selbstsüchtig und nicht zur Ehre Gottes oder zur Befreiung Israels waren. Sogar zum Schluss, als der Herr Simsons letzte Bitte erfüllte (Ri 16,28-30 (28) Und Simson rief zu dem HERRN und sprach: Herr, HERR, gedenke doch meiner und stärke mich doch nur diesmal, o Gott, damit ich an den Philistern eine einmalige Rache nehme für meine beiden Augen! (29) Und Simson umfasste die beiden Mittelsäulen, auf denen das Haus ruhte, die eine mit seiner Rechten und die andere mit seiner Linken, und er stemmte sich dagegen. (30) Und Simson sprach: Meine Seele sterbe mit den Philistern! Und er beugte sich mit aller Kraft; da fiel das Haus auf die Fürsten und auf alles Volk, das darin war; und die Toten, die er in seinem Tod tötete, waren mehr als die, die er in seinem Leben getötet hatte.“), stellen wir fest, dass auf Simsons Seite von Buße nicht die Rede ist. Da gibt es nur eine etwas selbstsüchtige Bitte: „dass ich Rache nehmen kann an den Philistern wegen meiner beiden Augen“.

Was ist mit uns?

In dieser Geschichte steckt eine gewaltige Lektion für uns Christen. Auch wir haben viel Potential, das Gott uns geschenkt hat, aber weil es uns an Selbstbeherrschung mangelt, geben wir gern damit an. Wie Simson haben wir womöglich einen frommen (christlichen) Hintergrund, wo uns die Gebote und Prinzipien aus dem Wort Gottes gelehrt wurden. Aber wie Simson wenden wir uns vielleicht von den klaren Lehren der Bibel ab, weil wir tun wollen, was uns gefällt, und weil wir unseren eigenen Weg gehen wollen. Wie Simson haben auch wir womöglich Vorzüge auf körperlichem Gebiet: gutes Aussehen, Talent usw. Aber wie Simson benutzen wir unser von Gott geschenktes gutes Aussehen und unsere Talente vielleicht, um uns selbstsüchtigen Vergnügungen und Leidenschaften hinzugeben. Wir können wegen selbstsüchtiger Interessen und Ziele sogar unsere geistlichen Gaben falsch gebrauchen und missbrauchen. Ohne Selbstbeherrschung wird ein Christ mit einem großen Potential ebenso (charakter-)schwach wie Simson sein. Im christlichen Leben ist Herrschaft über selbstsüchtige Wünsche und Leidenschaften äußerst wichtig und notwendig. 2. Petrus 1,5-7 (5) so wendet ebendeshalb aber auch allen Fleiß an, und reicht in eurem Glauben die Tugend dar, in der Tugend aber die Erkenntnis, (6) in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottseligkeit, (7) in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe.“ ermahnt uns, „allen Fleiß anzuwenden“, um unserem Glauben Selbstbeherrschung hinzuzufügen. Galater 5,16-23 versichert uns, dass uns mehr Selbstbeherrschung zur Verfügung steht und dass sie denen gegeben wird, für die die Dinge Gottes oberste Priorität haben. Brauchst du mehr Selbstbeherrschung? Was sind deine Prioritäten?

Obwohl es Simson an Selbstkontrolle fehlte, wirkte Gott dennoch mit und durch ihn (Ri 14,4.19; 15,14 (14:4) Sein Vater und seine Mutter wussten aber nicht, dass es von dem HERRN war; denn er suchte einen Anlass gegen die Philister. Und in jener Zeit herrschten die Philister über Israel.“ „(14:19) Und der Geist des HERRN geriet über ihn; und er ging hinab nach Askalon und erschlug von ihnen dreißig Mann und nahm ihre ausgezogenen Gewänder und gab die Wechselkleider denen, die das Rätsel kundgetan hatten. Und sein Zorn entbrannte, und er ging hinauf in das Haus seines Vaters.“ „(15:14) Als er nach Lechi kam, da jauchzten ihm die Philister entgegen; aber der Geist des HERRN geriet über ihn, und die Stricke, die an seinen Armen waren, wurden wie Flachsfäden, die vom Feuer versengt sind, und seine Fesseln schmolzen weg von seinen Händen.“). Hebräer 11,32 „Und was soll ich noch sagen? Denn die Zeit würde mir fehlen, wenn ich erzählen wollte von Gideon, Barak, Simson, Jephta, David und Samuel und den Propheten,“ macht deutlich, dass Simson Glauben hatte. All dies sollte uns ermutigen, die wir, ebenso wie Simson, so oft selbstsüchtig handeln. Gott kann trotzdem seine Ziele durch uns erreichen, aber viel herrlicher ist es, wenn wir uns seiner Herrschaft überlassen und unser volles Potential entfalten!


Originaltitel: „Strong, but weak“
Quelle: www.growingchristians.org

Übersetzung: Gabriele Naujoks

Weitere Artikel des Autors David Roderick Reid (104)

Weitere Artikel in der Kategorie Seelsorge (58)

Weitere Artikel in der Kategorie Speziell für junge Leute (67)

Weitere Artikel zum Stichwort Simson (1)


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen