Wie ich Frieden mit Gott fand
Erinnerungen von W.W. Fereday

William Wooldridge Fereday

© SoundWords, online seit: 22.05.2003, aktualisiert: 21.05.2025

Leitverse: Römer 4,25–5,1

Röm 4,25–5,1: Er wurde unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt. Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.

Christliche Eltern zu haben, ist ein großes Vorrecht. Ich hatte dies Vorrecht leider nicht. Aufrichtigkeit und Rechtschaffenheit charakterisierten mein Elternhaus, doch Gott und Christus hatten dort keinen Platz. Es kam allerdings so, dass der Rektor der Tagesschule, die ich besuchte, auch Superintendent der Anglikanischen Sonntagsschule war, und er erwartete, dass seine Wochenschüler auch sonntags unter seiner Obhut zusammenkamen. So genoss ich wenigstens einmal die Woche christliche Vorrechte. Ich bin sicher, dass mein Sonntagsschullehrer bekehrt war. Einige seiner Worte klingen mir heute noch im Ohr. Ganz besonders ein Satz, mit dem er die Jungs tadelte, die den Heiland einfach „Jesus“ nannten. „Sag ‚Herr Jesus‘, mein Lieber“, war dann gewöhnlich seine Korrektur.

Mit dreizehn fing ich dann an, mir ernstlich Gedanken über meinen geistlichen Zustand zu machen. Ich wusste, dass ich ein Sünder war, und ich hatte Angst vor Gott und Angst zu sterben. Ich offenbarte mich dem Leiter der Gemeinde und sein Rat war: Ich sollte mich „konfirmieren“ lassen. Das, so versicherte er mir, würde alle meine Schwierigkeiten lösen. Das tat ich. An einem gewissen ernsten Tag, den ich nie mehr vergessen werde, ging ich in die Gegenwart Gottes mit vielen anderen und gelobte, „den Teufel und alle seine Werke abzuweisen, den eitlen Pomp und die Herrlichkeit der Welt, mit all ihren lüsternen Begierden, und die Begierden des Fleisches“. Der Bischof von London legte dann seine Hände auf meinen Kopf.

Der Ort war ein wahrhaftiger Sinai für mich. Viele, die dasselbe Gelübde wie ich abgelegt hatten, waren ziemlich leichtfertig damit, aber mein Empfinden war, dass ich mich damit in eine schreckliche Stellung meinem Schöpfer gegenüber gebracht hatte. Der Tag ging zu Ende mit einer Gartenparty beim Gemeindeleiter, einer der gottlosesten Abende, an die ich mich erinnern kann. Christus wurde nicht erwähnt und die Bibel nicht geöffnet.

Man hatte mir zur Hilfe Bischof Oxendens Buch mitgegeben – The Earnest Communicant: A Course of Preparation for the Lord’s Supper („Der ernsthafte Abendmahlsgänger: Ein Vorbereitungskurs auf das Mahl des Herrn“). Die Gebete und Gelübde aus diesem Buch benutzte ich sorgfältig. So nahm ich denn am nächsten Tag des Herrn meinen Platz am Gemeinschaftstisch ein. Aber der Dienst brachte mir überhaupt nichts. Tief enttäuscht ging ich nach Hause und empfand, dass derjenige, der mich in diese ganze Sache hineingebracht hatte, meine Situation völlig missverstanden hatte. Trotzdem machte ich einige Zeit so weiter. Nur wurde ich von Woche zu Woche elender. Ich kam zu der Überzeugung, dass das Mahl des Herrn nicht für mich war, weil ich den Herrn überhaupt nicht kannte.

Nach einigem Nachdenken kam ich auf den Gedanken, dass die Methodisten vielleicht meinen Fall besser verstehen würden. Also unterdrückte ich mein Vorurteile gegen die „Nonkonformisten“ und ging an einem Sonntagmorgen zu der Wesley-Kapelle. Ich wurde herzlich willkommen geheißen und unverzüglich eingeladen, mich in der Sonntagsschule zu beteiligen. Ich lehnte dankend ab. Abends ging ich wieder hin, und man drängte mich, beim Chor mitzumachen. Auch das lehnte ich ab. Am nächsten Sonntag machte ich einen neuen Versuch. Jetzt wurde ich gebeten, doch bei einem Treffen mitzumachen, das jeden Mittwochabend in einem Schulraum stattfand. Als ich nicht wollte, drängten sie mich, doch wenigstens mal zu kommen und mir anzuschauen, was so ablief. Ich fühlte mich an diesem Abend voller Albernheiten völlig deplatziert und quälte meine Seele. Diese Leute schienen meine Seelennot kein bisschen besser zu verstehen als die Kirchenleute der anglikanischen Hochkirche. So ließ ich auch sie fallen und ging mit meiner Bibel ins Grüne, um sie zu lesen und um Gott um Licht zu bitten.

Kurz danach fragte mich jemand aus London, der entdeckt hatte, wie es um mich stand, ob ich nicht mal am Tag des Herrn zu einem Ort kommen wollte, den er mir nannte. Ich versprach zu kommen, und er gab mir eine kurze Notiz mit, die mich dort einführen sollte.

Ich kam ziemlich früh bei dem Gebäude an und war erstaunt, einen einfachen Tisch in der Mitte zu finden mit Brot und Wein darauf. Ungefähr dreihundert Personen versammelten sich an jenem Morgen, und zu meiner Verwunderung fand der ganze Dienst statt ohne irgendeinen „Diener“[1]. Wenigstens ein Dutzend unterschiedliche Männer nahmen Anteil am Dienst, und trotzdem war eine wunderbare Harmonie da, und die ganze Versammlung schien das durch und durch zu genießen, was sie taten. Es war selbst für einen zufälligen Beobachter wie mich klar, dass etwas mehr als bloße religiöse Routine diese Zusammenkunft zustande gebracht hatte.

Da ich mich hier wohl fühlte, blieb ich noch, um mich noch ein bisschen zu unterhalten. Ein netter Herr, schon in den Jahren fortgeschritten, legte die Hand auf meine Schulter und fragte: „Junger Mann, sind Sie gerettet?“ Ah, genau das wollte ich! Warum bloß hatte niemand vorher mir diese direkte Frage gestellt? Ich antwortete, dass ich gern gerettet sein würde, aber sicherlich könne sich ja niemand seiner Errettung sicher sein, solange er auf dieser Welt wäre. Der alte Herr holte seine Bibel hervor und befragte mich folgendermaßen:

„Wissen Sie, dass Sie ein Sünder sind?“ Ich antworte, dass ich das wüsste und tief empfand. (Sagt nicht die Schrift: „Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“ [Röm 3,23]?) Seine nächste Frage war: „Glauben Sie, dass Christus für Sünder gestorben ist?“ Ich sagte, dass ich daran keinen Zweifel hätte. (Römer 5,8 versichert uns, dass, „da wir noch Sünder waren, Christus für uns gestorben ist“.) „Dann“, sagte er, „ist Er sicherlich für Sie gestorben.“ Mein neuer Freund fragte mich dann, wo Christus nun sei. Ich antwortete: „Im Himmel.“ – „Nun dann“, argumentierte er, „wenn Christus im Himmel ist, wo sind dann Ihre Sünden, da wir ja wissen, dass Er sie an seinem Leib auf dem Holz getragen hat?“ Das war ein neuer Gedanke für mich, daher erklärte er mir die Sache so: „Wenn Christus die Verantwortung für unsere Sünden übernommen hat, könnte Er heute nicht im Himmel sein, wenn eine einzige davon übriggeblieben wäre. Da wir aber sehen, dass Er unbestritten zur Rechten Gottes sitzt, welchen klareren Beweis könnten Sie haben, dass Er die ganze Frage Ihrer Sünden am Holz von Golgatha geregelt hat?“ Ich sah es sofort. Jede Schwierigkeit verschwand,  und von nun an wusste ich, dass ich gerettet war. Ich hatte Frieden mit Gott.

Ich erzähle diese kleine Geschichte in der Hoffnung, dass sie anderen hilft, die heute in ähnlichen Seelennöten sind. Bei Gott zählen keine kirchlichen Einrichtungen oder religiöse Werke irgendeiner Art, sondern das Opferwerk unseres Herrn Jesus und auf unserer Seite schlichter Glaube daran.

„Durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“ (Eph 2,8-9).


Wiedergegeben mit freundlicher Erlaubnis von W.S. Penfold, Bicester

Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Gemeint ist Leiter, Prediger.

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