Wahrscheinlich wird jeder, der diesen Artikel liest, zugeben, dass er irgendwann in seinem Leben schon einmal entmutigt war. Ebenso haben wir, wenn wir wirklich zu Christus gehören, auch schon Ermutigung durch Ihn erfahren. Es ist gut, wenn wir die Ursachen für beides verstehen, damit wir hoffentlich Entmutigung vermeiden und uns über die Ermutigung Christi freuen.
Die Wurzel der Entmutigung
Eine grundlegende Ursache für Entmutigung liegt darin, dass wir etwas erwarten und es nicht erhalten oder zumindest nicht zu dem gewünschten Zeitpunkt und so, wie wir es gerne hätten. Normalerweise erwarten wir etwas von Menschen, aber leider kann dies dazu führen, dass wir auch etwas von Gott erwarten. Wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir erhoffen, können wir leicht entmutigt sein.
Wir alle erwarten von unseren Mitmenschen, dass sie sich uns gegenüber auf eine bestimmte Weise verhalten. Dieser allgemeine Grundsatz gilt sowohl für Gläubige als auch für Ungläubige. Weil wir zu Christus gehören, neigen wir als Gläubige dazu, an unsere Mitgläubigen höhere Maßstäbe anzulegen, da auch sie neues Leben in Ihm haben. Wir wollen die Früchte dieses neuen Lebens in anderen, die ebenfalls Gott kennen, sehen, und wir wollen auch die Freude, den Segen und die Ermutigung erfahren, die normalerweise von denen ausgehen, die in Gemeinschaft mit dem Herrn leben. Doch wenn wir von ihnen keinen Segen und keine Ermutigung erfahren, kann unser Herz leicht niedergeschlagen sein.
Elia und Jona
Elia
Dies war bei Elia so. Er wurde in den Tagen des Königs Ahab von Gott erweckt, um Israel (die zehn Stämme) vom Götzendienst zurück zu Gott zu führen. Er ertrug eine dreijährige Hungersnot, stellte sich dann Ahab mutig entgegen und hielt treu an den Ansprüchen des HERRN fest. Gott benutzte ihn auf dem Berg Karmel als Werkzeug, um seine göttliche Macht über die heidnischen Götter zu demonstrieren und anschließend alle Propheten des Baal zu töten. Dies führte dazu, dass Isebel das Leben Elias bedrohte. Daraufhin wurde Elia mutlos und wandte sich später gegen das Volk Gottes, anstatt für das Volk einzutreten, und sagte:
- 1Kön 19,10: Ich allein bin übriggeblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen.
Dieses Versagen konnte Gott nicht übergehen. Das Ergebnis: Gott sagte Elia, er solle Elisa an seiner Stelle zum Propheten salben. Es ist sehr ernst, dass dies das einzige Versagen eines alttestamentlichen Gläubigen ist, das im Neuen Testament niedergeschrieben ist. (Siehe Römer 11,2-4.) All dies mahnt uns, dass wir von Menschen nichts erwarten sollen, selbst nicht von den Klügsten und Besten unter ihnen, sondern dass wir unsere Gedanken und unseren Blick auf Gott richten sollen.
Jona
Doch selbst wenn wir unseren Blick auf Gott richten, reicht das vielleicht nicht aus, wenn unser Herz nicht aufrichtig ist: Vielleicht schauen wir wirklich auf Gott und erwarten etwas von Ihm, doch unsere Gedanken sind weit von seinen Gedanken entfernt, und wenn Er dann nicht tut, was wir uns wünschen, werden wir entmutigt. Ein Beispiel dafür sehen wir bei Jona, den Gott aussandte, um dem Volk von Ninive eine Gerichtsbotschaft zu verkünden. Als das Volk Buße tat, erwies Gott ihnen Gnade und hielt das Gericht zurück. Dann lesen wir:
- Jona 4,1: Es verdross Jona sehr, und er wurde zornig.
Er wurde sehr entmutigt und bat den Herrn, ihn sterben zu lassen. Zweifellos lernte er schließlich mehr über das Herz Gottes, denn der Herr benutzte einen unbedeutenden „Wunderbaum“, um Jona zu lehren, welchen Wert ein Mensch in seinen Augen hat. Dass Jona seine Lektion lernte, sehen wir daran, dass er das Buch Jona über sich selbst schrieb.
Gott und sein Wort
Was lernen wir daraus?
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Zunächst einmal lernen wir, dass wir nichts von Menschen erwarten sollen, denn früher oder später werden wir bestimmt enttäuscht werden. Um dies auf die gegenwärtige Zeitepoche der Gnadenzeit zu beziehen: Wenn wir uns darüber aufregen, dass unsere Mitgeschwister nicht geistlicher sind, dann ist das nur unser eigenes Ich und nicht das Herz Christi. Wir müssen auf Ihn schauen, um Freude, Kraft und Ermutigung zu empfangen. Andere können uns zwar manchmal ermutigen, aber sie tun dies nur in dem Maß, wie sie Christus vor uns bringen. Wenn dies geschieht, können wir dafür sehr dankbar sein; aber wenn andere darin versagen, uns zu ermutigen, dann sollten wir daran denken, dass unser Meister darin niemals versagt.
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Zweitens lernen wir, dass unsere Gedanken durch Gottes Wort und in der Kraft seines Geistes geformt werden müssen. Selbst in göttlichen Dingen und in unserem christlichen Leben können wir leicht zulassen, dass wir von unseren eigenen Gedanken beherrscht werden statt von Gottes Gedanken. Wenn der Herr dann nicht nach unseren Gedanken handelt, können wir entmutigt werden. Der natürliche Mensch nimmt ständig diese Haltung ein; dazu können wir bis zu Kain und sein Opfer zurückgehen. Doch gerade als Gläubige müssen wir mit dem Herrn wandeln, damit unsere Gedanken in seiner Gegenwart geformt werden. Wenn wir feststellen, dass Gott nicht so handelt, wie wir es erwarten, dann lasst uns auf die Knie gehen und sein Angesicht suchen und Ihm erlauben, uns seine Gedanken zu lehren.
Ermutigt, nicht entmutigt
Gott kann auf vielerlei Weise Ermutigung in unser Leben bringen, wenn wir Ihn lassen. Das Wort „Ermutigung“ kommt in der CSV-Elberfelder nicht vor, aber das Wort „Trost“ (paraklesis) wird mehrfach verwendet und hat im griechischen Original fast dieselbe Bedeutung. Letztendlich muss alle Ermutigung vom Herrn selbst kommen, so wie Paulus den Korinthern sagen konnte:
- 2Kor 1,5: Unser Trost ist durch den Christus überreichlich.
In seinem Brief an die Thessalonicher konnte er schreiben:
- 2Thes 2,16: Gott, unser Vater, hat uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben durch die Gnade.
Wir stellen fest, wie erbaulich und aufmunternd Paulus sich in diesen Versen ausdrückt („überreichlich“ und „ewig“). Damit zeigt er uns: Wenn Gott ermutigt, dann handelt es sich dabei nicht nur um ein wenig Hilfe, sondern um die Fülle Christi und um alle Ratschlüsse Gottes, die uns in Christus zuteilwerden.
Nun könnte jemand fragen: „Sollte ein Gläubiger niemals entmutigt sein, selbst nicht in entmutigenden Umständen?“ Unsere Antwort: Ein klares Nein, denn egal, was passiert – ob uns oder anderen, ob einzeln oder gemeinsam –, wir haben wirklich kein Recht, entmutigt zu sein. Wir dürfen zu Recht traurig sein, aber nicht entmutigt. Jemand hat einmal gesagt, dass ein wahrhaft demütiger Christ niemals entmutigt ist, denn er sucht nicht in sich selbst nach etwas, sondern außerhalb seiner selbst: bei Gott. Möglicherweise sind die Umstände sehr schwierig, und Treue wird von denen, die selbst untreu sind, vielleicht nicht geschätzt. Darüber hinaus kann es im kollektiven christlichen Zeugnis zu Gleichgültigkeit und Niedergang kommen. Das alles trägt dazu bei, unseren Geist niederzudrücken. Es ist nicht verkehrt, wenn ein gottesfürchtiger Gläubiger dies als Last empfindet und darüber sogar weint. Aber er sollte niemals entmutigt sein.
Nicht den Mut verlieren
An mehreren Stellen im Neuen Testament werden die Gläubigen ermutigt, nicht zu „ermatten“, nicht zu verzagen. Der Gedanke dahinter ist, sich nicht entmutigen zu lassen – nicht den Mut zu verlieren. Die Begründungen dafür sind für uns heute sehr hilfreich.
In Lukas 18,1 fordert der Herr seine Jüngern auf, „dass sie allezeit beten und nicht ermatten sollten“. Das anschließende Gleichnis vom ungerechten Richter (Lk 18,1-8) zeigt uns: Gott ist mindestens ebenso bereit wie der sündige Mensch, den Seinen zuzuhören und ihnen Recht zu verschaffen. Wenn wir also heutzutage die Neigung verspüren, entmutigt zu werden, dann werden wir ermahnt, zu beten. Wenn wir auf diese Weise beten, so bewirkt das zweierlei:
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Erstens drücken wir damit unsere völlige Abhängigkeit von Gott aus, und so wenden sich unsere Gedanken von uns selbst und von der Situation um uns herum weg und hin zu Ihm.
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Zweitens werden unsere eigenen Gedanken durch das Gebet in die Gegenwart Gottes gebracht und auf diese Weise mit seinen Gedanken in Einklang gebracht, denn das Gebet basiert auf dem unermesslichen Vorrecht, dass wir gemeinsame Interessen mit Gott haben. In seiner Gegenwart werden wir ermutigt, während unsere Gedanken und unser Herz darauf ausgerichtet sind, die Dinge aus Gottes Sicht und nicht aus der Sicht des Menschen zu betrachten.
In 2. Korinther 4,1 sagt Paulus: „Darum, da wir diesen Dienst haben, wie wir begnadigt worden sind, ermatten wir nicht.“ Im vorhergehenden Kapitel führt er den Korinthern vor Augen, welche Glückseligkeit es ist, Christus im Herzen zu haben, „ein Brief Christi“ in dieser Welt zu sein (2Kor 3,2-3) und den auferstandenen Christus in Herrlichkeit zu sehen. Wenn wir all dies in unserer Seele verwirklichen und genießen, werden wir „nicht ermatten“, auch wenn wir nicht der Brief Christi sind, der wir gern sein möchten. Wenn wir wirklich „mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen“, werden wir allmählich „von Herrlichkeit zu Herrlichkeit verwandelt“ und Ihm ähnlicher (2Kor 3,18). Wir werden die Gnade bekommen, „den geheimen Dingen der Scham zu entsagen“ (2Kor 4,2) und alles zu beseitigen, was diese fortwährende Verwandlung behindert, die uns Christus ähnlicher macht.
Die Zukunft ist hell
Am Ende des Kapitels führt Paulus noch einen weiteren Grund an, nicht zu ermatten. Er sagt:
- 2Kor 4,14-16: Wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, auch uns mit Jesus auferwecken und mit euch darstellen wird; denn alles ist um euretwillen, damit die Gnade, überreich geworden durch die Vielen, die Danksagung zur Herrlichkeit Gottes überströmen lasse. Deshalb ermatten wir nicht, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch unser innerer Tag für Tag erneuert.
Wenn der Geist Gottes jetzt daran wirkt, uns Christus ähnlicher zu machen, „so wird er, der Christus aus den Toten auferweckt hat“, „die durch Jesus Entschlafenen“ beleben und „unsere sterblichen Leiber“ verwandeln (Röm 8,11; 1Thes 4,14). Dann werden wir alle, wenn Christus kommt, um uns zu holen, in einem Augenblick bei Ihm und Ihm ähnlich sein. Können wir entmutigt sein, wenn die Zukunft so strahlend, so hoffnungsvoll ist? Vielleicht gibt es hier auf der Erde viele Schwierigkeiten, sowohl in der Welt als auch unter Gottes Volk, doch für den Gläubigen gibt es keine Zukunft auf der Erde. Die Schrift spricht nur von einer Zukunft für den Gläubigen: Herrlichkeit! Darum lasst uns
- 2Kor 4,18: … nicht das anschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; denn das, was man sieht, ist zeitlich, das aber, was man nicht sieht, ewig.
Die Tage sind finster, doch die Gelegenheiten sind groß und die Zukunft ist hell. Wir haben keinen Grund, entmutigt zu sein!
Originalartikel: „Sources of Discouragement and Encouragement“
in The Christian, Jg. 4, Februar 2008.
Quelle: www.bibletruthpublishers.com
Übersetzung: Gabriele Naujoks