Leitvers: Jakobus 5,11
Jak 5,11: Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist.
Mit diesen Worten werden wir im Jakobusbrief auf Hiob hingewiesen. Er ertrug seine Leiden mit außergewöhnlicher Geduld. Dadurch wurde er ein besonderes Beispiel für alle Erlösten, die nach ihm ebenso durch Prüfungen gehen würden.
Das Buch Hiob erzählt von sieben verschiedenen Prüfungen, die Hiob zu erdulden hatte:
- Verlust der Rinder und Eselinnen sowie fast aller Knechte, die bei ihnen waren (Hiob 1,14.15)
- Verlust des Kleinviehs und fast aller Knechte, die es hüteten (Hiob 1,16)
- Verlust der Kamele und fast aller Knechte, die sie weideten (Hiob 1,17)
- Verlust aller zehn Kinder (Hiob 1,18.19)
- Hiobs schwere Krankheit (Hiob 2,7,8)
- Aufruf der Ehefrau zum Abfall von Gott (Hiob 2,9.10)
- Das Schweigen der drei Freunde Hiobs und ihre verkehrten Gedanken über ihn (Hiob 2,11.13).
Diese sieben Prüfungen teilen sich in zwei Gruppen: Die ersten vier kamen über Hiob, nachdem Satan zum ersten Mal vor Gott erschienen war. Die zweite Gruppe traf Hiob, nachdem Satan ein weiteres Mal vor Gott gegen Hiob aufgetreten war.
Hiobs Reaktionen auf seine Bewährungsproben fielen nicht alle gleich aus: Nach den ersten vier „Schicksalsschlägen“ betete Hiob Gott an, er sündigte nicht und machte Gott keinerlei Vorwürfe. Auch die vierte und fünfte Prüfung ertrug er auf bewundernswürdige Art. Der göttlich inspirierte Bericht besagt hier allerdings im Unterschied zu Hiob 1,22 nicht mehr, dass Hiob dabei keinerlei Sünde begangen hätte. Es heißt einfach, dass dieser leidgeprüfte Mann bei diesem allem mit seinen Lippen nicht sündigte.
Wenn es im Jakobusbrief heißt: „Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört“, müssen wir besonders an Hiobs Geduld in Verbindung mit den sechs ersten Prüfungen denken. In der siebten Prüfung hatte Hiob nämlich nicht wirklich ausgeharrt. Während die Leiden Hiobs in den sechs ersten Versuchungen Leiden zu Gottes Ehre waren, so handelte es sich bei der letzten Prüfung um Leiden zur Erziehung dieses großen Mannes Gottes.
Es ist eigenartig: Die sechs ersten Prüfungen brachten unsägliches Elend über Hiob – dennoch blieb Hiob ein Überwinder. Die letzte Prüfung war zwar sicher sehr unangenehm, aber bestimmt etwas, das man mit einem etwas „breiten Rücken“ einfach aushalten müsste. Doch hier versagte Hiob! Er verfluchte seine Geburt und begann, Gott schwere und maßlose Vorwürfe zu machen.
Was ist es schon, wenn alte Freunde schweigen und sich Gedanken machen? Hiob hatte genug Empfindsamkeit, um zu spüren, dass seine Freunde sein Leben und Verhalten in Frage stellten und sich überlegten, ob sie sich in ihm nicht getäuscht hatten. „Wie sollte Hiob ein treuer Gläubiger sein, wenn er nun so schwer leiden muss?“, so dachten sie über ihren einstigen Freund. Ihre späteren Gespräche in gehässigem, lieblosem Ton gaben seinem Gefühl schließlich recht.
So unbegreiflich es klingt, für Hiob war diese letzte Prüfung die schwerste Versuchung, denn sie traf ihn da, wo wir alle höchst empfindlich sind: in dem, was man als Gläubiger von sich hält. Gott ließ diese Prüfung zu, um im Herzen Hiobs etwas aufzudecken: Selbstgefälligkeit in seiner Treue, Gerechtigkeit und Hingabe an Gott.
Während die Ermahnungen der drei „weisen“ Freunde Hiob nur noch mehr in eine falsche Richtung trieben, führten ihn die ausgewogenen Worte Elihus und Gottes Reden aus dem Sturm zum Ziel: In Hiob 42,1-6 wird uns gezeigt, wie Hiob seinen geistlichen Hochmut als Sünde erkennt und bekennt.
Was Eliphas aus falschen Beweggründen ausgesprochen hatte, wurde schließlich Wirklichkeit: „In sechs Drangsalen wird er dich erretten, und in sieben wird dich kein Übel antasten“ (Hiob 5,19). Der Herr führte Hiob wieder aus der Not heraus und segnete ihn noch mehr als zuvor. Jede Prüfung ist zeitlich begrenzt, und am Ende hat der Herr neuen Segen bereit. Daran müssen wir denken, wenn es im Jakobusbrief heißt: „Das Ende des Herrn (d.h. das gute Ende, das Er herbeiführte) habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist.“
Originaltitel: „Die sieben Prüfungen Hiobs“
aus der Monatsschrift Halte fest, 1992, S. 295–308
mit freundlicher Genehmigung des Beröa-Verlages, Zürich