Psalm 45

Hamilton Smith

© SoundWords, online seit: 16.10.2013, aktualisiert: 12.01.2021

Ein Lied über den Geliebten, in dem Christus als Antwort auf die Bitte der Gottesfürchtigen in Psalm 44 vorgestellt wird

Er wird in seiner moralischen Vollkommenheit betrachtet; als der Mächtige im Kampf [vgl. Ps 24,8; Ps 44,4: der Held mit dem Schwert]; und schließlich als der König, der in Gerechtigkeit regiert, wobei das wiederhergestellte Israel durch das Sinnbild der Königin dargestellt wird.

Vers 2

Ps 45,2: Es wallt mein Herz von gutem Wort. Ich sage: Meine Gedichte dem König! Meine Zunge sei der Griffel eines fertigen Schreibers!

Das Herz des Sängers „wallt … von gutem Wort“. Es ist mehr als voll, es fließt über, denn das Thema seines Liedes ist der König in seiner Schönheit. Seine Worte sind keine bloße Wiedergabe dessen, was andere vor ihm gesagt haben; er spricht von der Herrlichkeit und der Pracht, die er selbst in dem König erkannt hat. Seine Zunge ist der Griffel eines geschickten oder bereitwilligen Schreibers. Ein leeres Herz bedeutet eine stumme Zunge. Ein überfließendes Herz führt zu einer bereitwilligen Zunge; denn aus der Überfülle des Herzens spricht der Mund.

Vers 3

Ps 45,3: 3 Du bist schöner als die Menschensöhne, Holdseligkeit ist ausgegossen über deine Lippen; darum hat Gott dich gesegnet in Ewigkeit

Der Psalmist bringt, an den Geliebten gewandt, die Gefühle der irdischen Braut zum Ausdruck, indem er sagt: „Du bist schöner als andere Menschen.“ Der König übertrifft alle anderen an Schönheit und moralischer Vortrefflichkeit. Überdies hat seine moralische Vollkommenheit seine Lippen mit Gnade gefüllt: „Gnade ist ausgegossen über deine Lippen.“[1] Die Gnade seiner Worte ist die Folge der Liebe seines Herzens. „Darum“ – aufgrund seines innewohnenden Wertes –, sagt der Psalmist,  „hat Gott dich gesegnet für ewig.“ Andere werden gesegnet durch sein Werk und seinen Wert; Er allein unter allen Menschen wird gesegnet aufgrund seiner eigenen innewohnenden Vortrefflichkeit.

Verse 4-6

Ps 45,4-6: 4 Gürte dein Schwert um die Hüfte, du Held, deine Pracht und deine Majestät! 5 Und in deiner Majestät zieh glücklich hin um der Wahrheit und der Sanftmut und der Gerechtigkeit willen; und Furchtbares wird dich lehren deine Rechte. 6 Deine Pfeile sind scharf – Völker fallen unter dir –, sie dringen den Feinden des Königs ins Herz.

So vortrefflich der König auch ist, ja gerade wegen seiner moralischen Vollkommenheit, ist ihm die Feindschaft der Menschen entgegengeschlagen, die sich seinen Ansprüchen als König nicht unterwerfen wollen. Seinen Thron kann Er also nur durch das Gericht über seine Feinde erreichen. Also fordert der Gottesfürchtige den König dazu auf, sein Schwert für den Tag des Kampfes umzugürten. Der König ist nicht nur moralisch vollkommen, er ist auch allmächtig – ein mächtiger „Held.

Mit dem Umgürten des Schwertes ist der Tag seiner Demütigung vorbei; die Zeit, seine Majestät und seine Pracht anzulegen, ist gekommen. Wenn Er in seiner Majestät auftritt als der Mächtige im Kampf, wird Er stark sein und erfolgreich ausreiten, denn Er wird die Mächte des Bösen bekämpfen „für die Sache der Wahrheit und der Sanftmut und der Gerechtigkeit“. Er wird die Wahrheit aufrechterhalten, die Unterdrückten rächen und die Gerechtigkeit aufrichten. In den Kriegen dieser Welt achten irdische Könige wenig auf die Wahrheit, die Sanftmütigen werden niedergewalzt, und allzu oft siegt die Macht über das Recht. Ein blühendes Reich und ein dauerhafter Thron können mit solchen Mitteln nicht erlangt werden. Hier jedoch ist Einer, der Krieg führt, nicht einfach, um Land oder Ruhm zu erwerben, sondern um das Recht aufzurichten und die Sanftmütigen auf Erden zu segnen. Mit solchen Beweggründen und Zielen wird der König am Tag der Schlacht durch alle Reihen der Feinde „reiten“ und jedes Hindernis überwinden. Die Völker werden unter Ihm fallen, und die Feinde des Königs werden zerschmettert werden, dass sie nie mehr aufstehen.

Verse 7.8

Ps 45,7.8: 7 Dein Thron, o Gott, ist immer und ewig; ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines Reiches. 8 Gerechtigkeit hast du geliebt und Gottlosigkeit gehasst; darum hat Gott, dein Gott, dich gesalbt mit Freudenöl, mehr als deine Genossen.

So wird Er einen Thron erlangen, der in alle Ewigkeit Bestand haben wird, und das dazugehörige Zepter wird mit Gerechtigkeit geführt werden. Überdies wird der König an jenem Tag als göttliche Person anerkannt und als Gott angesprochen werden. Der König ist kein Geringerer als der Sohn Gottes. Dennoch hat Er einen Platz unter den Menschen angenommen, und als Mensch liebte Er die Gerechtigkeit und hasste die Gottlosigkeit; und von Ihm kann man sagen: „Darum hat Gott, dein Gott, dich gesalbt mit Freudenöl vor deinen Gefährten.“ Gerechtigkeit muss die Grundlage eines Reiches sein, das ewigen Bestand hat, und aus der Gerechtigkeit wird Freude und Wonne kommen. Während andere an der Herrlichkeit des Reiches teilhaben, wird Christus als König immer aus allen herausragen.

So ist uns der König in seiner moralischen Vollkommenheit (Ps 45,3) vor Augen geführt worden; als der Mächtige im Kampf, der jeden Feind überwindet (Ps 45,4-6); und schließlich als der gerechte Herrscher in der Herrlichkeit seiner Person, der in seiner Königswürde über all seine Gefährten erhoben worden ist (Ps 45,7.8).

Vers 9

Ps 45,9: Myrrhe und Aloe, Kassia sind alle deine Kleider; aus Palästen von Elfenbein erfreut dich Saitenspiel.

Wir dürfen nun den König in einer weiteren Herrlichkeit betrachten, nämlich als den Bräutigam am Tag seiner Hochzeit. Genauso wie auf die Anerkennung Christi im Himmel als allmächtiger König die Hochzeit des Lammes folgt (Off 19,6-8), so wird auf das Auftreten Christi, um als König der Könige auf Erden zu herrschen, die Wiederherstellung Israels als seine irdische Braut erfolgen.

Einst trug Er das Gewand der Demut; dann zog Er in den Krieg, bekleidet mit einem in Blut getauchten Gewand [Off 19,13]; nun sind die Tage seiner Demütigung vergangen, und seine Siege sind vollendet, und Er erscheint in Gewändern, die von einem Wesen sprechen, welches jeder Liebreiz ziert, den es wie einen Duft verströmt. Es kommt nicht nur Freude von seinem Thron (Ps 45,8), sondern Er selbst freut sich über die Freude seines Volkes. Endlich wohnt Er unter den Lobgesängen Israels (Ps 22,4).

Vers 10

Ps 45,10: Königstöchter sind unter deinen Herrlichen; die Königin steht zu deiner Rechten in Gold von Ophir.

Die Nationen, durch das Sinnbild der Königstöchter dargestellt, werden dem König huldigen, doch der Ehrenplatz ist für das wiederhergestellte Israels vorgesehen, das uns hier sinnbildlich als Königin zur Rechten des Königs vorgestellt wird (vgl. Jes 54,5; Jer 3,1; Hos 2,19.20).

Verse 11-13

Ps 45,11-13: 11 Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr; und vergiss dein Volk und das Haus deines Vaters! 12 Und der König wird deine Schönheit begehren, denn er ist dein Herr: So huldige ihm! 13 Und die Tochter Tyrus, die Reichen des Volkes, werden mit Geschenken deine Gunst suchen.

Der Psalmist verwendet das Sinnbild einer Braut, um das wiederhergestellte Israel dazu aufzurufen, die neue Beziehung, die das Volk gerade eingeht, zu betrachten und die leidvolle Vergangenheit voller Versagen und Untreue Jahwe gegenüber zu vergessen. In jenen Tagen hatten sich die Anführer des Volks ihrer Väter gerühmt, während sie Christus verwarfen. Das wiederhergestellte Israel wird dazu aufgerufen, zu erkennen, dass es in Verbindung mit dem eigenen Volk jeden Anspruch auf Segen verwirkt hatte. Es soll nun lernen, dass, wenn es Segen erbt, es diesen einzig und allein Christus verdankt und der Verbindung mit Ihm – demjenigen, der von seinen Vätern verworfen worden war. Es wird dazu aufgerufen, von dem schuldigen Volk abzurücken, um ganz für Christus da zu sein. Nur so wird der Herr an Israel Gefallen finden und Israel den Herrn anbeten.

Wenn Israel dem Herrn so treu ergeben ist, wird es eine Anziehungskraft auf die anderen Völker ausüben, dargestellt durch die „Tochter Tyrus“ und die „Reichen unter den Völkern“ [nach der Lesart des Autors]. Solche werden mit ihren Gaben kommen und sich um die Gunst des Volkes bemühen, das in der Gunst des Königs steht. In dem gleichen Geist kann Jesaja sagen: „Und gebeugt werden zu dir kommen die Söhne deiner Unterdrücker, und alle, die dich geschmäht haben, werden sich niederwerfen zu deinen Fußsohlen“ (Jes 60,14).

Verse 14-16

Ps 45,14-16: Ganz herrlich ist des Königs Tochter drinnen, aus Goldwirkerei ihr Gewand; 15 in buntgewirkten Kleidern wird sie zum König geführt; Jungfrauen hinter ihr her, ihre Gefährtinnen, werden zu dir gebracht. 16 Sie werden unter Freude und Jubel geführt, sie ziehen ein in den Palast des Königs.

Das wiederhergestellte Volk Israel hat seinen besonderen Ehrenplatz in Unterwerfung und Hingabe an den König. Die andern Völker sind mit ihren Geschenken gekommen und haben sich so Israel unterworfen. Nun werden das wiederhergestellte Israel und die Bekehrten aus den anderen Völkern, dargestellt durch die Braut und ihre Gefährtinnen, nachdem sie für den König geeignet gemacht worden sind, mit Freude und Jubel vor Christus geführt, um eine Stellung der Vertrautheit und der Nähe zu erhalten – „sie ziehen ein in den Palast des Königs“.

Verse 17.18

Ps 45,17.18: 17 An deiner Väter statt werden deine Söhne sein; zu Fürsten wirst du sie einsetzen im ganzen Land. 18 Ich will deines Namens gedenken lassen alle Geschlechter hindurch; darum werden die Völker dich preisen immer und ewig.

In den Schlussversen des Psalms hören wir die Stimme Jahwes durch den Psalmisten sprechen. Jahwe sagt voraus, dass das wiederhergestellte Israel, statt auf seine Väter zurückzuschauen, durch die aller Segen verwirkt wurde, sich über seine Kinder freuen wird, die als Oberste über die ganze Erde herrschen werden. Vor allem aber wird Christus erhöht und immer und ewig gepriesen werden. Andere Namen werden vergessen werden, aber der Name Christi wird durch alle Generationen bekannt gemacht werden, und Er selbst wird für immer und ewig der Gegenstand des Lobgesangs unter allen Völkern sein.


Übersetzung: S. Bauer

Vorheriger Teil Nächster Teil

Anmerkungen

[1] Anm. d. Übers.: Luther: „Huld“; Elberfelder: „Anmut“. Im Englischen ist das meist verwendete Wort grace doppeldeutig zwischen „Gnade“ und „Anmut“, in manchen Übersetzungen wird aber favour, also „Gnade“/„Huld“ gewählt. Also ist davon auszugehen, dass der Autor diesen Vers so las.


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen