Psalm 74

Hamilton Smith

© SoundWords, online seit: 15.12.2013, aktualisiert: 18.10.2016

Eine Bitte an Gott, die Gottlosen zu richten, und zwar um seines Volkes willen und zu seiner eigenen Herrlichkeit

Verse 1.2

Ps 74,1.2: 1 Ein Maskil von Asaph. Gott, warum hast du verworfen für immer, raucht dein Zorn gegen die Herde deiner Weide? 2 Gedenke deiner Gemeinde, die du erworben hast vor alters, erlöst als dein Erbteil – des Berges Zion, auf dem du gewohnt hast!

Am Anfang des Psalms wenden sich die Gottesfürchtigen in Israel in ihrer Not an Gott. Sie erkennen, dass sie unter dem Zorn der Herrschaft Gottes leiden; aber sie berufen sich darauf, dass sie, so sehr sie auch versagt haben mögen, dennoch Schafe seiner Weide sind; sie sind Gottes Versammlung, Gottes Teil auf Erden. Überdies hat Gott sie erworben und in ihrer Mitte auf dem Berg Zion gewohnt.

Gott muss mit seinem Volk wegen dessen Sünden abrechnen; doch kann Gott für immer seine Schafe, seine Erlösten und Zion, das Er erwählt hatte, verlassen?

Verse 3-8

Ps 74,3-8: 3 Erhebe deine Tritte zu den immerwährenden Trümmern! Alles im Heiligtum hat der Feind zerstört. 4 Deine Widersacher brüllen inmitten deiner Versammlungsstätte; sie haben ihre Zeichen als Zeichen gesetzt. 5 Sie erscheinen wie einer, der die Axt emporhebt im Dickicht des Waldes; 6 und jetzt zerschlagen sie sein Schnitzwerk insgesamt mit Beilen und mit Hämmern. 7 Sie haben dein Heiligtum in Brand gesteckt, zu Boden entweiht die Wohnung deines Namens. 8 Sie sprachen in ihrem Herzen: Lasst uns sie niederzwingen allesamt! ? Verbrannt haben sie alle Versammlungsstätten Gottes im Land.

Sie breiten vor Gott das Werk des Feindes aus. Sie sagen: „Erhebe deine Schritte zu den ewigen Trümmern.“ Sie bitten Gott, die Zerstörung anzusehen, die der Feind verursacht hat – eine Zerstörung, die nicht mehr gutzumachen ist. Der Feind hat alles an Gottes Versammlungsstätte zerstört. Im Haus Gottes hat der Mensch seine Zeichen anstelle von Gottes Zeichen aufgestellt. Statt Gott zu verkünden, wird das Haus Gottes zum Schauplatz der Selbstinszenierung des Menschen. Alles, was von der Schönheit von Gotte Haus spricht – die Schnitzereien – wird rücksichtslos zerschlagen, genauso bedenkenlos, wie man die Bäume im Wald fällen würde. Gottes Haus wird entweiht, und das Ziel des Feindes ist es, jeden Versammlungsort von Gottes Volk im ganzen Land zu vernichten.

Verse 9-11

Ps 74,9-11: 9 Unsere Zeichen sehen wir nicht; kein Prophet ist mehr da, und keiner ist bei uns, der weiß, bis wann. 10 Bis wann, o Gott, soll der Bedränger höhnen? Soll der Feind deinen Namen immerfort verachten? 11 Warum ziehst du deine Hand und deine Rechte zurück? Hervor aus deinem Schoß, mach ein Ende!

Außerdem gibt es in Gottes Volk keine Zeichen von Gottes Werk. Es gibt keinen Propheten, um das Volk zu Gott zurückzurufen, auch niemanden, der Hoffnung auf eine Begrenzung des Bösen geben könnte. Es ist niemand da, der sagen könnte, „bis wann“ die Leidenszeit gehen wird.

Dies führt zu einer erneuten Anrufung Gottes. Nun lautet die Frage nicht mehr, „bis wann“ Gottes Volk leiden wird, sondern „bis wann“ Gott es dem Feind erlauben wird, seinen Namen zu verhöhnen und zu verachten. Wenn es eine Frage von Gott und dem Feind ist, kann Gott untätig bleiben? Wird Gott nicht seine Hand zeigen und handeln?

So haben die Gottesfürchtigen nun geltend gemacht, dass der Feind Gottes Volk (P 74,1.2), Gottes Heiligtum (Ps 74,3-9) und Gottes Namen (Ps 74,10) angreift.

Verse 12-17

Ps 74,12-17: 12 Gott ist ja mein König von alters her, der Rettungen verschafft inmitten des Landes. 13 Du zerteiltest das Meer durch deine Macht, zerbrachst die Häupter der Wasserungeheuer auf den Wassern. 14 Du zerschmettertest die Häupter des Leviatans, gabst ihn zur Speise dem Volk, den Bewohnern der Wüste. 15 Du ließest Quell und Bach hervorbrechen, immerfließende Ströme trocknetest du aus. 16 Dein ist der Tag, dein auch die Nacht; den Mond und die Sonne hast du bereitet. 17 Du hast festgestellt alle Grenzen der Erde; Sommer und Winter, du hast sie gebildet.

Nachdem der Psalmist die Drangsal vollständig vor Gott ausgebreitet hat, macht er sich selbst Mut durch Gott. Trotz all des Versagens von Gottes Volk und trotz aller Macht des Feindes ist Gott der König und vollbringt Heilstaten auf der Erde.

Er ruft sich Gottes Taten in der Vergangenheit ins Gedächtnis. Er zerteilte das Meer und vernichtete die Macht des Pharao, symbolisiert durch die Wasserungeheuer (Ps 74,13.14). Gott ließ Wasser aus dem Felsen hervorquellen und erhielt so sein Volk in der Wüste; Er trocknete den Jordan aus und brachte sein Volk in das Land (Ps 74,15).

Dann geht der Psalmist von diesem wunderbaren mehrfachen Eingreifen Gottes zur Schöpfung über, in der er ein stets gegenwärtiges Zeugnis für Gottes Gnade den Menschen gegenüber sieht. Der Tag und die Nacht, der Mond und die Sonne, das Land und das Wasser, Sommer und Winter sind ein immerwährendes Zeugnis dafür, dass Gott seine Geschöpfe nicht vergisst.

Verse 18-21

Ps 74,18-21: 18 Gedenke dessen: Der Feind hat den HERRN verhöhnt, und ein törichtes Volk hat deinen Namen verachtet. 19 Gib nicht dem Raubtier hin die Seele deiner Turteltaube; das Leben deiner Elenden vergiss nicht für immer! 20 Schau hin auf den Bund! Denn die finsteren Orte der Erde sind voll von Wohnungen der Gewalttat. 21 Nicht kehre beschämt zurück der Unterdrückte; lass den Elenden und Armen deinen Namen loben!

Nachdem er seiner Seele Mut gemacht hat durch die Erinnerung an Gottes vergangenes Eingreifen zu Gunsten seines Volkes, wendet sich der Psalmist kühn mit der Bitte an Gott, daran zu denken, dass sein Name verhöhnt wird und dass sein Volk wehrlos ist – wie eine Turteltaube – und arm, unterdrückt und elend. Überdies kann Gott den Bund nicht vergessen, den Er zum Segen seines Volkes gemacht hat.

Verse 22.23

Ps 74,22.23: 22 Steh auf, o Gott, führe deinen Rechtsstreit! Gedenke, wie du von den Toren den ganzen Tag verhöhnt wirst! 23 Vergiss nicht die Stimme deiner Widersacher! Das Getöse derer, die sich gegen dich erheben, steigt beständig auf.

Der Gläubige richtet eine letzte Bitte an Gott, aufzustehen und seinen Rechtsstreit zu führen. Es geht nun nicht mehr um „unsere Sache“, denn es ist Gottes Name, der verhöhnt wird. Zum dritten Mal im Verlauf dieses Psalms wird vorgebracht, dass Gott verhöhnt wird (Ps 74,10.18.22). In diesem letzten Appell findet sich kein Wort über das Volk oder den Tempel. Es wird nur geltend gemacht, dass es um Gottes Sache geht. Die Stimme, die erhoben wird, ist die der Feinde Gottes; das Getöse kommt von denen, die sich gegen Gott erheben, und dieses Getöse wird immer lauter.

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Übersetzung: S. Bauer


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