Psalm 94

Hamilton Smith

© SoundWords, online seit: 22.02.2014, aktualisiert: 02.06.2020

Der Ruf des gottesfürchtigen Überrestes in Israel zu m HERRN in der Zeit der Drangsal, die dem Kommen Christi vorangeht, Er möge durch das Gericht über das Böse Ordnung und Segen schaffen

Verse 1.2

Ps 94,1.2: 1 Gott der Rache, HERR, Gott der Rache, strahle hervor! 2 Erhebe dich, Richter der Erde, vergilt den Stolzen ihr Tun!

Das Thema des Psalms wird in den ersten beiden Versen genannt. Die Gottesfürchtigen erkennen, dass der Segen Israels wie auch der der ganzen Welt nur durch das Gericht über das Böse herbeigeführt werden kann, und so schauen sie auf Gott und erwarten, dass Er die Verfehlungen seines Volkes bereinigt und die Gottlosen richtet. Die Gottlosen, die die Machtstellung innehaben, haben sich in ihrem Hochmut gegen Gott und sein Volk erhoben. Nun bitten die Gottesfürchtigen Gott, hervorzustrahlen und sich zu erheben und so auf direkte und offenkundige Weise einzuschreiten.

Verse 3-7

Ps 94,3-7: 3 Bis wann werden die Gottlosen, HERR, bis wann werden die Gottlosen frohlocken, 4 werden übersprudeln, Freches reden, sich rühmen alle, die Frevel tun? 5 Dein Volk, HERR, zertreten sie, und dein Erbteil bedrücken sie. 6 Sie töten die Witwe und den Fremden, und sie ermorden die Waisen 7 und sagen: Jah sieht es nicht, und der Gott Jakobs merkt es nicht.

Die Grundlagen, auf die sich diese Bitte stützt, werden deutlich festgestellt. Erstens verlangt das triumphierende Frohlocken der Gottlosen nach dem Eingreifen Gottes. Aus ihrer Machtstellung heraus behandeln sie andere Menschen voller Arroganz mit Beschimpfungen, während sie sich selbst rühmen. Zweitens verlangt die Verfolgung von Gottes Volk durch die Gottlosen nach dem Eingreifen Gottes. Sie unterdrücken Gottes Volk und plagen sein Erbteil. Drittens ruft ihre Missachtung von Gott selbst laut danach, dass Gott eingreift. Der Unglaube der Gottlosen verleitet sie dazu, zu sagen: „Der Herr sieht es nicht! Der Gott Jakobs merkt es nicht!“

Verse 8-11

Ps 94,8-11: 8 Habt Einsicht, ihr Unvernünftigen unter dem Volk! Und ihr Toren, wann werdet ihr verständig werden? 9 Der das Ohr gepflanzt hat, sollte er nicht hören? Der das Auge gebildet hat, sollte er nicht sehen? 10 Der die Nationen zurechtweist, sollte er nicht strafen, er, der Erkenntnis lehrt den Menschen? 11 Der HERR kennt die Gedanken des Menschen, dass sie Eitelkeit sind.

Eine ernste Warnung ergeht an die ungläubige Masse des Volkes, die sich in Bezug auf die Torheit und das Böse ihrer Lebensführung mit den Gottlosen verbündet hat. Diese Masse wird als „ihr Unvernünftigen [bzw. „Viehischen“ nach der englischen Übersetzung] unter dem Volk“ angesprochen. Das Volk meint das Volk Israel, und unter den Israeliten findet sich eine große Zahl derer, die ihren Weg wie Tiere gehen, ohne Bezug zu Gott, und die wie Toren ohne Gottesfurcht ihre Gelüste befriedigen. Die Torheit dieses Lebenswandels wird aufgedeckt. Sollte derjenige, der das Ohr gestaltet hat, die frechen Reden der Gottlosen nicht hören? Der das Auge gebildet hat, sollte der die Gewalt und die Ungerechtigkeit der Gottlosen nicht sehen? Der die Völker unterweist, sollte der die Menschen nicht zurechtweisen, wenn sie seine Unterweisung nicht beachten? Der die Menschen Erkenntnis lehrt, sollte der nicht die Nichtigkeit der menschlichen Gedanken kennen?

Verse 12.13

Ps 94,12.13: 12 Glückselig der Mann, den du züchtigst, Jah, und den du belehrst aus deinem Gesetz, 13 um ihm Ruhe zu geben vor den bösen Tagen, bis dem Gottlosen die Grube gegraben wird!

Der Gottesfürchtige lernt in der Stunde der Drangsal, dass Gott, wie Er es immer tut, die Zeit der Drangsal zum Segen seines Volkes nutzt. So kann er sagen: „Glücklich der Mann, den du züchtigst, Herr.“ Indem er über die vordergründigen Verursacher der Drangsal hinausschaut, sieht er die züchtigende Hand Gottes in der Drangsal. So kann er sagen: „Du züchtigst“, und: „Du belehrst, um ihm Ruhe zu geben vor den bösen Tagen.“

„Du züchtigst“ ist das Eingeständnis, dass hinter der Hand derjenigen, die Gottes Volk plagen, die an seinem Volk handelnde Hand Gottes steht. „Du belehrst“ ist das Bekenntnis, dass Gott sein Volk durch die Züchtigung nicht nur lehrt, was in ihren Herzen ist, sondern auch die Gnade, die Güte und die Heiligkeit seines eigenen Herzens, damit sie sich selbst misstrauen und in Gott ruhen. So ist Gottes Züchtigung oft seine Art, zu lehren; und göttliche Unterweisung führt zu göttlicher Ruhe – „um ihm Ruhe zu geben vor den bösen Tagen“.

Verse 14.15

Ps 94,14.15: 14 Denn der HERR wird sein Volk nicht verstoßen und sein Erbteil nicht verlassen; 15 denn zur Gerechtigkeit wird zurückkehren das Gericht, und alle von Herzen Aufrichtigen werden ihm folgen.

Wenn sie das schreckliche Böse der Welt verspüren, versuchen die Gottesfürchtigen vielleicht, die Dinge wieder ins rechte Lot zu bringen, nur um festzustellen, dass alle solche Versuche nur zur Ermüdung und zu herzzerreißender Enttäuschung führen. Wenn die Seele sich jedoch demütig und gehorsam Gott unterwirft und durch die Züchtigung und Unterweisung Gottes die Wege Gottes sieht, die es dem Bösen erlauben, eine Zeitlang zu triumphieren, während die Gottesfürchtigen leiden, dann findet sie Ruhe. Dann sieht sie, dass, obwohl die Gottlosen Gottes Volk zertreten (Ps 94,5), Gott dennoch sein Volk nicht verstoßen wird (Ps 94,14) und dass, obwohl die Gottlosen Gottes Erbteil bedrücken (Ps 94,5), Gott sein Eigentum nicht verlassen wird (Ps 94,14). Überdies sieht sie, dass die Zeit nicht fern ist, zu der das Recht zur Gerechtigkeit zurückkehren wird. Heutzutage sind Recht (bzw. Gericht) und Gerechtigkeit allzu oft voneinander losgelöst. Macht und Autorität sind in die Hände der Heiden gegeben, aber diese haben die Macht missbraucht, indem sie die Gerechtigkeit von Recht und Gesetz getrennt haben. Dies geschah ganz deutlich am Richterstuhl des Pilatus, als dieser das Recht hatte, während die Gerechtigkeit bei seinem heiligen Gefangenen lag. Doch der Tag wird kommen, an dem das Recht zur Gerechtigkeit zurückkehren wird. Das Recht wird gerecht ausgeübt werden, und alle, die aufrichtigen Herzens sind, werden ihm folgen. Sie werden das Gericht über das Böse billigen und bestätigen.

So findet das Herz Ruhe vor dem Bösen: nicht, indem es versucht, selbst damit fertig zu werden, sondern indem es sich während der Drangsal Gott unterwirft voller Vertrauen darauf, dass Gott sein Volk nicht verstoßen, sondern zu seiner eigenen Zeit mit dem Bösen abrechnen wird.

Verse 16-19

Ps 94,16-19: 16 Wer wird für mich aufstehen gegen die Übeltäter? Wer wird für mich auftreten gegen die, die Frevel tun? 17 Wäre nicht der HERR mir eine Hilfe gewesen, wenig fehlte, so hätte im Schweigen gewohnt meine Seele. 18 Wenn ich sagte: „Mein Fuß wankt“, so unterstützte mich deine Güte, HERR. 19 Bei der Menge meiner Gedanken in meinem Innern erfüllten deine Tröstungen meine Seele mit Wonne.

Wenn man jedoch angesichts des Bösen in stiller Demut verharrt, kommt vielleicht die Frage auf: „Wer wird für mich aufstehen gegen die Übeltäter? Wer wird für mich auftreten gegen die, die Böses tun?“ Die Antwort lautet, dass so jemand die Hilfe Jahwes haben wird (Ps 94,17), die Gnade Jahwes (Ps 94,18) und die Tröstungen Jahwes (Ps 94,19). Die Gottesfürchtigen können im Angesicht des Bösen sagen: „Er ist meine Hilfe“; im Angesicht der Versuchung: „Seine Gnade hat mich unterstützt“; und wenn unruhige Gedanken sie bedrängen: „Sein Trost hat meine Seele beglückt.“

Wenn seine Hilfe nicht gewesen wäre, wären wir im Angesicht des Bösen verstummt. Wir hätten kein Zeugnis für Gott abgelegt und hätten unsere Herzen eng und unsere Zungen stumm werden lassen. Wäre seine Gnade nicht gewesen, wären unsere Füße ins Böse abgeglitten. Wäre sein Trost nicht gewesen, hätten unruhige und ängstliche Gedanken unsere Seele überwältigt.

Verse 20-13

Ps 94,20-23: 20 Sollte mit dir vereint sein der Thron des Verderbens, der aus Frevel eine Satzung macht? 21 Sie dringen ein auf die Seele des Gerechten, und unschuldiges Blut verurteilen sie. 22 Doch der HERR ist meine hohe Festung, und mein Gott der Fels meiner Zuflucht. 23 Und er lässt ihre Ungerechtigkeit auf sie zurückkehren, und durch ihre Bosheit wird er sie vertilgen; vertilgen wird sie der HERR, unser Gott.

Der Gottesfürchtige erkennt, dass es unmöglich eine Gemeinschaft zwischen dem Thron der Ungerechtigkeit [nach der englischen Übersetzung] und einem heiligen Gott geben kann. Daher muss Gott die Gottlosen richten; denn es ist offensichtlich, dass Gott nichts zulassen kann, was nicht mit Ihm verbunden werden kann. So erfährt die Seele in der Zeit der Drangsal Ruhe in dem Bewusstsein, dass Gott ihr Schutz vor den Gottlosen und ihre Zuflucht im Sturm ist, bis die Zeit kommt, wenn Er mit dem Bösen abrechnen und die Gottlosen vertilgen wird.

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Übersetzung: S. Bauer


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