Psalm 42

Hamilton Smith

© SoundWords, online seit: 04.10.2013, aktualisiert: 12.01.2021

Die Erfahrung eines gottesfürchtigen Menschen, die das Vertrauen auf Gott ausdrückt, das der gläubige Überrest aus den Juden in den letzten Tagen hat, wenn er aus Jerusalem ausgestoßen wird

Das große Thema des Psalms ist das Vertrauen der Seele auf Gott selbst. Ausgestoßen aus dem Land und von den Segnungen des Heiligtums abgeschnitten, klammert sich die Seele an Gott als ihre einzige Zuflucht, wenn alles andere verloren ist.

Verse 2.3

Ps 42,2.3: 2 Wie ein Hirsch lechzt nach Wasserbächen, so lechzt meine Seele nach dir, o Gott! 3 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott: Wann werde ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht?

Die leidvollen Umstände erzeugen einen Seelendurst nach Gott – dem lebendigen Gott. Wie die Wasserbäche den lechzenden Hirsch beleben, so blickt der Gläubige auf Gott als den Lebensspender und erwartet von Ihm, seine Seele zu erquicken; während er auf die Zeit wartet, zu der er vor Gott in seinem Heiligtum erscheinen wird.

Verse 4.5

Ps 42,4.5: 4 Meine Tränen sind mir zur Speise geworden Tag und Nacht, da man den ganzen Tag zu mir sagt: Wo ist dein Gott? 5 Daran will ich mich erinnern und in mir ausschütten meine Seele, wie ich einherzog in der Schar, mit ihnen schritt zum Haus Gottes, mit der Stimme des Jubels und des Lobes – eine feiernde Menge.

Das Leid des Gottesfürchtigen entsteht dadurch, dass er von Spöttern umgeben ist, während er von seinen Vorrechten abgeschnitten ist. Die Spötter nehmen die Umstände zum Anlass, in denen die gottesfürchtige Seele verlassen scheint, um ständig den Spott zu erheben: „Wo ist dein Gott?“ Überdies leidet die Seele darunter, die Feinde im Besitz des Tempels zu sehen, wo sie in vergangenen Tagen in der Gemeinschaft seines Volkes Gott angebetet hatte. Einst genossene Vorrechte werden nun, da sie verloren sind, stärker wertgeschätzt.

Vers 6

Ps 42,6: 6 Was beugst du dich nieder, meine Seele, und bist unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihn noch preisen für die Rettung seines Angesichts.

Doch führt die Erinnerung an den Genuss vergangener Segnungen die Seele dazu, ihre gegenwärtige Niedergeschlagenheit zu rügen, und ermutigt sie dazu, für die Zukunft auf Gott zu hoffen. Was Gott in sich selbst ist, das ist unsere Hoffnung, und nicht, was wir zu diesem oder jenem Zeitpunkt fühlen mögen, was Er sei. „Meine Seele … harre auf Gott.“ Indem er über die gegenwärtige Trübsal hinausschaut, kann der Gottesfürchtige sagen: „Ich werde ihn noch preisen für das Heil seines Angesichts.“ Der Feind ist gegen ihn, aber das Angesicht Gottes ist auf ihn gerichtet; und wenn Gott für ihn ist, wer kann gegen ihn sein? [Röm 8,31].

Verse 7-9

Ps 42,7-9: 7 Mein Gott, es beugt sich nieder in mir meine Seele; darum denke ich an dich aus dem Land des Jordan und des Hermon, vom Berg Mizhar. 8 Tiefe ruft der Tiefe beim Brausen deiner Wassergüsse; alle deine Wogen und deine Wellen sind über mich hingegangen. 9 Am Tag wird der HERR seine Güte entbieten, und bei Nacht wird sein Lied bei mir sein, ein Gebet zu dem Gott meines Lebens.

Nichtsdestoweniger sind die gegenwärtigen Umstände solcher Art, dass die Seele niedergeschlagen ist, wenn sie auch nicht aufhört, aus der öden Berggegend jenseits des Jordan, wohin sie verbannt wurde, an Gott zu denken. Dort vergleicht sie ihre Schicksalsschläge mit Fluten und Wellen, denen Gott erlaubt hat, sie zu überschütten. Dennoch schaut der Gottesfürchtige nach vorn zu dem kommenden Tag, an dem Jahwe seine Gnade aufbieten wird. In der Zwischenzeit macht er sich seine Nacht erträglicher mit Lobgesang und Gebet (vgl. Apg 16,25).

Verse 10-12

Ps 42,10-12: 10 Sagen will ich zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen? Warum gehe ich trauernd umher wegen der Bedrückung des Feindes? 11 Wie eine Zermalmung in meinen Gebeinen verhöhnen mich meine Bedränger, indem sie den ganzen Tag zu mir sagen: Wo ist dein Gott? 12 Was beugst du dich nieder, meine Seele, und was bist du unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihn noch preisen, der die Rettung meines Angesichts und mein Gott ist.

In der Gewissheit des kommenden Tages stillt der Gottesfürchtige seine Seele mit Gott als seinem Felsen. Er mag Stürmen der Gegnerschaft ausgesetzt sein durch Feinde, die ihn unterdrücken und schmähen, die ihm ständig vorwerfen: „Wo ist dein Gott?“ Aber kein Sturm kann den Felsen, auf den er traut, erschüttern oder ins Wanken bringen. Die Umstände mögen ihm den Ruf entlocken: „Warum hast du mich vergessen?“ Doch weil Gott sein Fels ist, kann er wiederum seinen natürlichen Hang zur Niedergeschlagenheit schelten und sagen: „Was bist du so gebeugt, meine Seele, und was bist du so unruhig in mir? Harre auf Gott!“[1] Dann kann die Seele mit erneuerter Zuversicht hinzufügen: „Ich werde ihn noch preisen, das Heil meines Angesichts und meinen Gott.“ Das Wohlwollen von Gottes Angesicht (Ps 42,6) wird zum Heil des Angesichts des Gottesfürchtigen.


Übersetzung: S. Bauer

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Anmerkungen

[1] Anm. d. Übers.: Diese Übersetzung aus den Fußnoten der Elberfelder Bibel entspricht am ehesten der englischen Übersetzung.


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