Das Brandopfer
3. Mose 1

John Nelson Darby

© J. Das, online seit: 18.11.2009, aktualisiert: 23.11.2023

Leitverse: 3. Mose 1

Das dritte Buch Mose beginnt damit, dass der HERR aus dem Zelt der Zusammenkunft Mose ruft. Es geht hier um das Nahen zu Gott. Die Opfer sind die Hilfsmittel dazu, indem sie das Werk Christi, durch welches wir zu Gott gebracht worden sind, versinnbildlichen. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden ersten Opfern, die wir hier finden – das dritte Opfer ist sozusagen ein Anhang –, und den Opfern für die Sünde. Das Brandopfer und das Speisopfer stehen für sich. Von diesen hängt das Friedens- (oder Gemeinschafts-)opfer ab. Danach folgen Opfer einer anderen Natur, nämlich das Sünd- und das Schuldopfer. Das sind die beiden Opfergruppen.

Wenn wir den tatsächlichen Gebrauch und die Anwendung der Opfer betrachten, dann ist ihre Reihenfolge anders, als wir sie hier finden. In der Darstellung vor uns sehen wir sie so, wie Gott sie vorstellt, indem Er auf Christus blickt. In der Anwendung hingegen kommt zuerst das, was dem Bedürfnis des Menschen entspricht. Es geht in 3. Mose 1 um die Seite Gottes; und das Brand- sowie auch Speis- und Friedensopfer sind Feueropfer lieblichen Geruchs dem HERRN. Der Ausdruck wird mit Ausnahme eines einzigen Verses (3Mo 4,31) nie im Zusammenhang mit dem Sündopfer gebraucht. Dieser Unterschied gibt den beiden ersten Opfern einen bestimmten Charakter, und zwar in Hinsicht auf Gott – auf sein Wesen und seine Natur. Wenn wir als Sünder zu Gott kommen, geht es darum, was unsere Sünden in den Augen Gottes sind. Doch unser Verständnis über die Bedeutung und den Wert des Todes Christi vergrößert sich gewaltig, wenn wir das Teil Gottes in diesem Tod sehen. Ich muss meine Sünden bekennen. Das ist der einzige richtige Weg, zu Gott zu kommen. Durch den Glauben an Christi Blut bin ich zudem versöhnt. So finde ich in diesen Opfern ihrer besonderen Natur und ihrem Wert nach alles, was unbedingt notwendig ist in Bezug auf Gott. Es geht beim Brandopfer nicht um eine bestimmte Sünde. Das Opfer war natürlich für die Sünde; doch es handelt sich jetzt nicht um eine Einzelperson, die eine bestimmte Sünde bekennt. Es fällt besonders auf, dass wir bis zur Einrichtung des Gesetzes nicht von Sündopfern lesen. Die einzige Ausnahme finden wir bei Kain, wo es, wie ich nicht bezweifle, heißen muss: „So lagert ein Sündopfer vor der Tür“ (1Mo 4,7; vgl. Fußnote in der CSV-Elberfelder). Ich weiß, es ist eine Frage der Auslegung, ob man hier „Sünde“ oder „Sündopfer“ liest; denn für beides gibt es im Hebräischen nur ein einziges Wort. Auf jeden Fall wird dieses Wort niemals wieder in diesem Sinn gebraucht bis zum Gesetz. Dagegen finden wir häufig Brand- und Friedens-(Schlacht-)opfer. Das Brandopfer ist die große Grundlage von allem; denn es stellt die Herrlichkeit Gottes dar in dem, was für die Sünde vollbracht wurde. Wir müssen, wie schon gesagt wurde, zuerst mit dem Sündopfer kommen. „Er (ist) treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt“ (1Joh 1,9).

Ganz anders ist es aber, wenn wir die Opferung Christi und sein Schlachtopfer betrachten, wie es Gott in allem, was Er war, vollkommen verherrlichte, und zwar in Hinsicht auf die Sünde. Er sagte: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse“ (Joh 10,17). Das ist ein bemerkenswertes Wort. Niemand konnte Gott ein „Darum“ für seine Liebe liefern als nur Christus. Der Unterschied zwischen göttlicher und menschlicher Liebe besteht darin, dass Gott seine Liebe gegen uns erwies, indem Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist. Für einen gerechten Menschen würde kaum jemand sterben wollen. Vielleicht würde für einen gütigen Menschen jemand zu sterben wagen (Röm 5,7.8). Wenn ein Mensch ein ausreichendes Motiv bekommt, wird er sein Leben opfern. Christus gab sich jedoch selbst – Gott gab seinen Sohn –, ohne dass der Mensch in sich selbst Ihm ein Motiv dazu gab. Das kennzeichnet die Liebe. In Johannes 10,11 lässt Er sein Leben „für die Schafe“. In Johannes 10,17 sagt Er nicht, dass es für die Schafe sei. Er hat Gott im Tod – an dem Ort der Sünde – verherrlicht. Und dafür ist jetzt Er als Mensch zur Rechten Gottes verherrlicht worden. Er ist zu dem Platz hinaufgestiegen, von dem aus wir in sittlicher Hinsicht erfahren, was sein Opfer in den Augen Gottes wirklich war. In 3. Mose 1 wird nichts von Sünde gesagt, obwohl die Sünde da war. Das Blutvergießen und der Tod zeigen, dass es hier um Sünde geht. Und doch war dieses Opfer ein uneingeschränkt lieblicher Geruch in seinem Charakter als Opfer Christi, das jede Frage bezüglich Gut und Böse in den Augen Gottes beantwortete. Es ist eine schreckliche Wahrheit, dass durch das Geschöpf, das Gott besonders liebte, die Sünde in die Welt kam.

Einige Menschen sagen, dass Adam das Böse kennenlernte, während er vorher nur das Gute gekannt hatte. Das erfasst jedoch nicht alles. „Der Mensch ist geworden wie einer von uns, zu erkennen Gutes und Böses“ (1Mo 3,22). Er kannte jetzt den Unterschied zwischen Gut und Böse. Gott wollte sich im Menschen vollkommen verherrlichen. Seine Wonne war bei den Menschenkindern (Spr 8,31). Er nahm sich nicht der Engel an, sondern des Samens Abrahams (Heb 2,16). Wir sollen in Ewigkeit dem Bild seines Sohnes gleichförmig sein (Röm 8,29). In der Zwischenzeit hatte Satan die Oberhand über den ersten Menschen gewonnen. Auf die Lust folgte die Übertretung; und in Hinsicht auf seine Verantwortlichkeit war alles vorbei. Adams ganze Stellung beruhte auf einer einzigen Anordnung, die Gehorsam erforderte. Er hätte von allen Früchten der Bäume des Gartens essen dürfen; doch Gott hatte ihm die eine verboten. Es ging nicht um eine eindeutige Sünde, sondern um das Recht auf Gehorsam. Da geschah etwas, was sogar die Engel verwirrte. Die schöne Schöpfung Gottes war ruiniert! Lust und Gewalttat sind auf die Erde gekommen bis zu jener Zeit, in der Gott alles vernichten wird. Jeder Mensch kennt das Böse. Man kann in keine große Stadt wie diese kommen, ohne zu erkennen, dass das Böse ein solches Ausmaß angenommen hat, dass allein Gott damit Geduld haben kann. Es ist richtig gesagt worden: Wenn jemandem von uns diese Welt anvertraut würde, dann hätten wir sie innerhalb einer Stunde vernichtet. Der Mensch hat sich in die Hand Satans fallen lassen und alles in Verwirrung gestürzt. 

Noch etwas muss bedacht werden. Gott hatte den Menschen auf jede Weise erprobt. Es erhob sich die Frage: Gab es gegen die Sünde kein Heilmittel? Zunächst vernichtete Gott die Menschheit im Gericht. Danach berief Er Abraham. Es folgte die Prüfung durch das Gesetz. Die Forderungen, die das Gesetz stellte, waren auch vorher schon für den Menschen Pflichten gewesen. Nicht erst das Gesetz machte sie zu Pflichten. Doch im Gesetz machte Gott diese Pflichten zu uneingeschränkten Forderungen. Gott legte auf das Volk den Anspruch, sie zu erfüllen. Als Folge davon wurden die Opfer eingesetzt. In Hinsicht auf den Zustand des menschlichen Herzens war alles endgültig entschieden, als es Gott um der einen Sache willen, die es nicht tun durfte, beiseitesetzte. Zuletzt wurde etwas ganz und gar Neues eingeführt. Als der Mensch nicht nur zum Sünder, sondern auch zum Übertreter geworden war, kam Gott in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst, indem Er Übertretungen nicht zurechnete (2Kor 5,19). Er kam in vollkommener Güte zum Menschen. Er berührte den Menschen sozusagen. Christus war heilig auf seinem ganzen Weg, zeigte jedoch in all seinem Tun göttliche Liebe. Er wurde Fleisch und wohnte unter uns. Er kam nicht einfach zu Besuch wie bei Abraham, sondern Er wandelte hier auf der Erde als ein Mensch und offenbarte, was Gott für den Menschen ist. Das war die letzte Probe, auf die Gott den Menschen stellte. Er wollte sehen, ob es irgendetwas gab, das in Hinsicht auf Gott im Menschen erweckt werden konnte.

Der Sohn kam in Güte von seinem Vater und wandelte unter den Menschen in Gnade, so dass Ihm kein Leid erspart blieb. Doch wir wissen, wie diese Probe ausging. Er wurde völlig verworfen; und das schloss die Geschichte des Menschen, seine sittliche Geschichte, ab. Jetzt hatte er nicht nur gesündigt, so dass er aus einem unschuldigen Paradies hinausgeworfen werden musste, weil er nicht mehr unschuldig war, sondern er hatte auch Gottes Sohn, der in Liebe gekommen war, verworfen. Es folgte jedoch die Vollendung des göttlichen Werkes der Erlösung; es gab ein Opfer. Wir sehen, wie der gepriesene Sohn Gottes, der sich selbst hingab, in den Augen Gottes zur Sünde gemacht und, völlig allein, in den Leiden seiner Seele von Gott verlassen wurde. Die Frage der Sünde ist gelöst. Ich muss mit meiner Schuld kommen. Dagegen stellt das Brandopfer dieses Werk von der Seite und dem Blickwinkel Gottes dar. Im Menschen findet man ausschließlich das Böse. Und Gott begegnet dem Menschen mit der vollkommenen Offenbarung des Guten. Diese Offenbarung rief jedoch Hass hervor. Ihre Folgen waren fleischliche Gesinnung, Feindschaft gegen Gott und Hass gegen den, der sich in Güte offenbart hat. Die Macht Satans über den Menschen hatte ihren Gipfel erreicht. Christi eigene Jünger verließen Ihn. Die übrigen Menschen schüttelten über Ihn den Kopf und waren froh, Gott und das Gute losgeworden zu sein. Er hatte sich um unserer Schuld und der Herrlichkeit Gottes willen so tief erniedrigt, dass sogar der mit Ihm gehängte Räuber Ihn lästern konnte. Für den gepriesenen Herrn galt genau das Gegenteil. Er war ein Mensch voll vollkommener Güte, Liebe zum Vater und Gehorsam um jeden Preis. „Damit die Welt erkenne, dass ich den Vater liebe und so tue, wie mir der Vater geboten hat“ (Joh 14,31). Er war an dem Ort der Sünde, wo diese Frage zur Entscheidung gebracht wurde, in seinem Wesen tadellos. Er wurde in den Augen Gottes zur Sünde gemacht in vollkommener Liebe zu seinem Vater und in vollkommenen Gehorsam. 

Weiterhin sehe ich im Kreuz Gott in absoluter Gerechtigkeit gegen die Sünde und gleichzeitig in völliger Liebe gegen den Sünder. Der Mensch zeigte seine uneingeschränkte Schlechtigkeit. Satans Macht stand auf dem Höhepunkt. Doch in Christus finden wir einen Menschen im bedingungslosen Gehorsam. Das legte die Grundlage für alles. Das führte Engel zu dem Verlangen, in diese Dinge hineinzuschauen – der Gerechte litt für die Ungerechten! Das war keine schwache Barmherzigkeit, die ihre Heiligkeit und Gerechtigkeit aufgab, sondern der absolute Ausdruck von Majestät und Gerechtigkeit. Wenn Gottes Sohn zur Sünde gemacht wurde, dann „geziemte (es) ihm“ (Heb 2,10), dass Er auch wie Sünde behandelt wurde. Es gab keinen Ausweg. Dazu hatte Jesus sich hingegeben. „Einen Leib aber hast du mir bereitet“ (Heb 10,5). Als Er völlig allein war ohne jemand, um Ihn zu trösten, und Stiere Basans Ihn umgaben, sagte Er: „Sei nicht fern von mir!“ (Ps 22); und doch wurde Er von Gott verlassen.

In dem oben beschriebenen Zustand befand sich der Mensch, als er seine Freude daran fand, Gott loszuwerden. Zur selben Zeit war Gott gekommen – nicht um den Menschen zu richten, sondern um ihn mit sich zu versöhnen. Christus gab sich selbst. Doch in diesen Umständen herrschten die ewigen Ratschlüsse Gottes. Als der Mensch unter der Macht Satans stand und es ihm gelang, sich Christus zu entledigen, wurde alles, was Gott ist, herausgestellt und bestätigt. Christus gab sich selbst und verherrlichte Gott. Im Kreuz lief das geheime Werk Gottes ab, indem Er das ausführte, was Satan durchkreuzen wollte. Satans Macht schien freie Bahn zu haben, als er Christus aus dieser Welt herausgeworfen hatte. Dabei wurde jedoch nur vor Gott alles zur Entscheidung gebracht. Darauf beruht die Unveränderlichkeit des Segens. Alles war vollendet, auf das die ewige Gerechtigkeit gegründet ist. Es ist nicht mehr ein Zustand der Unschuld, dessen Dauer von einer noch nicht beendeten Verantwortlichkeit abhängt. Der unveränderliche Segen des neuen Himmels und der neuen Erde ruht auf Grundlagen, deren Wert sich nicht ändern kann. Sittlich gesehen ist es das Kreuz, das alles aufrechterhält. Die Frage aus dem Garten Eden nach dem Guten und dem Bösen wurde am Kreuz beantwortet. Wir sehen den gepriesenen Sohn Gottes, der seine göttliche Macht niemals dazu benutzte, sich gegen das Leiden abzuschirmen. Er gebrauchte sie nicht, um das Leiden aufzuhalten, sondern um sich in demselben zu stützen. Sie ermöglichte Ihm, das zu ertragen, was niemand sonst ohne ihre Hilfe hätte durchleiden können.

Wenn ich auf diesem Weg zu Gott komme, erfasse ich, was die Sünde ist. Das sind nicht nur meine tatsächlichen Sünden; ich erkenne auch an, dass in mir nichts Gutes wohnt. Ein Mensch hing am Kreuz und wurde vor Gott zur Sünde gemacht; und das geschah in dem Augenblick, als der volle Charakter der Sünde in der Verwerfung Christi offenbar wurde. Und dort, wo sich der Mensch vollständig als Sünder erwies und Christus seinen Platz als Sünder für ihn einnahm, wurde alles, was Gott ist, herausgestellt. Wo findet man die ganze Gerechtigkeit hinsichtlich der Sünde? An keinem anderen Platz als dem Kreuz! Das Kreuz offenbart die vollkommene Gerechtigkeit gegenüber der Sünde und die Liebe in Bezug auf den Sünder in demselben gesegneten Werk. Und dieses zeigte sich in einem Menschen und zu einer Zeit, als sich die Sünde in ihrem schlimmsten Charakter enthüllte. 

Schaue Ihn an am Grab des Lazarus! Eine wunderbare Szene! Der Herr stand da in vollkommenem Gehorsam; denn als man die liebevolle Botschaft zu Ihm sandte: „Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank“ (Joh 11,3), blieb Er noch zwei Tage dort, wo Er war. Der Tod drückte auf die Seelen der Trauernden. Was veranlasste sein Weinen? Er weinte nicht wegen Lazarus. Der Tod war eingetreten, und alles schien vorbei. Doch nein – „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25). „Ich bin auf diesen Schauplatz gekommen, wo der Tod auf euren Herzen lastet. Ich bin die Auferstehung und das Leben inmitten dieser Szene.“ Und als sich sein Tod abzeichnete, den sogar Thomas auf seinem Weg erkennen konnte (Joh 11,16), machte Er sich auf, um selbst zu sterben. Es blieb kein Makel oder Flecken hinsichtlich des Wesens Gottes zurück. Es wurde nicht nur sein gerechtes Gericht gegen die Sünde in einer Weise gezeigt wie nirgendwo sonst, sondern auch seine Liebe, indem Er seinen eigenen Sohn nicht schonte. Das Werk und die Tat des Sohnes stiegen auf als ein lieblicher Wohlgeruch zu Gott. Er gab sich selbst in vollkommener, hingebungsvoller Liebe zu seinem Vater. Die vollkommene Liebe und alles, was Gott ist, wurden offenbart. „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht und Gott ist verherrlicht in ihm“ (Joh 13,31). Äußerlich gesehen war alles Schande, und doch, innerlich, voll sittlicher Herrlichkeit. Die ganze Natur Gottes und all der Hass im Menschen gegen Gott wurden herausgestellt. Christus gab sich selbst ganz und uneingeschränkt auf, damit Gott vollkommen verherrlicht würde.

Dadurch wurde Gott in diesem Sinn sozusagen ein Schuldner dem Menschen gegenüber wegen der unendlichen Herrlichkeit, die Ihm zuteilwurde, und zwar an dem Ort, wo Sünde und Tod eingebrochen waren. Christus hing dort, indem Er zur Sünde gemacht wurde; und Gott ist mehr verherrlicht worden, als wenn die Sünde niemals aufgetreten wäre. Das ist wunderbar! Nichts ist hiermit zu vergleichen! Er trug unsere Sünden. Gepriesen sei sein Name! Wenn wir den gesegneten Sohn Gottes zur Sünde gemacht sehen – gab es jemals ein ähnliches Ereignis? Keiner von uns hat die rechten Worte, um hiervon zu reden. Ich vertraue jedoch darauf, dass unsere Herzen dorthin blicken und uns davon ernähren.

Ich habe bisher noch nicht erwähnt, dass der Opferer das Brandopfer „zum Wohlgefallen für ihn“ darbringen sollte. Ich verlasse jetzt das Opfer selbst und wende mich dem Menschen zu, der mit dem Opfer kommt. „Durch Glauben brachte Abel Gott ein vorzüglicheres Opfer dar als Kain, durch das er Zeugnis erlangte, dass er gerecht war, wobei Gott Zeugnis gab zu seinen Gaben“ (Heb 11,4). Wenn ich mit diesem Opfer komme, ist es wichtig, festzuhalten, dass ich in dem Geliebten wohlannehmlich bin. Ich gehe zu Gott in dem lieblichen Wohlgeruch all dessen, was Christus ist. Es geht nicht einfach darum, dass meine Sünden weggetan sind. Bezüglich meiner Sünden kann ich in Gerechtigkeit vor Gott stehen. Hier handelt es sich vielmehr darum, dass ich im Brandopfer mit dem zu Gott komme, was Ihn erfreut. Und Er erfreut sich an mir genauso wie an dem, was ich bringe. Ich werde so geliebt, wie Christus geliebt wird. Das Opfer bringt mich in Gemeinschaft mit Gott entsprechend dem Wert der Stellung Christi. Ich weiß, dass Gott vollkommenes Wohlgefallen an mir findet. In mir selbst bin ich ein wertloses Geschöpf; und je mehr ich das weiß, umso besser. Doch es gibt keine Verdammnis für die, welche in Christus Jesus sind (Röm 8,1). Ich gehe zu Gott im Glauben und im vollkommenen, lieblichen Wohlgeruch Christi. Es handelt sich nicht um eine besondere Sünde, sondern ich gehe zu Gott im Bewusstsein, dass ich angenommen bin und dass Er sich an mir erfreut. Ich gehe zu Ihm als die Frucht der Mühsal der Seele Christi. Gott sieht in mir die Vollkommenheit Seines Werkes; und es besteht für immer. Auch der Segen dieses Werkes ruht jetzt schon auf meinem Herzen. 

Zuerst müssen wir mit dem Sündopfer kommen. Das Brandopfer enthält jedoch noch viel mehr. In ihm wird von keiner besonderen Sünde gesprochen, sondern von der Bedeutung dessen, was die Herrlichkeit Gottes fordern musste – und was in Christus erfüllt wurde – an dem Ort, wo die Sünde war. Es gibt jetzt auch nichts mehr im Wesen Gottes, was nicht vollkommen verherrlicht wurde, und zwar in Liebe gegen uns. Meine Sünden sind nicht nur weggetan, sondern ich gehe hin, um sozusagen Christus zu opfern. Ich reiche Christus dar; und Gott gibt Zeugnis zu meiner Gabe. Welches Maß hat meine Gerechtigkeit? Es ist Christus! Darum werde ich zur Verherrlichung Gottes angenommen. Wenn wir von unserer Stellung vor Gott sprechen, so besitzen wir trotz unseres Zustandes der Schwachheit und Fehlbarkeit hier auf der Erde nicht nur alles in all dem Wohlgefallen, das Gott an Christus als lebenden Menschen hienieden fand, sondern auch in der ganzen Vollkommenheit seines Werkes an dem Ort der Sünde. Die Gesamtheit des Wesens Gottes wurde verherrlicht durch den Gehorsam bis zum Tod.

Ich liebe es nicht, zu fragen: Sind eure Herzen damit beschäftigt? Doch ich wünsche für uns alle, dass wir uns fragen: Naht meine Seele zu Gott, indem ich jene Gerechtigkeit Gottes, jene Liebe Gottes und jene Gabe Gottes in Liebe anerkenne und dabei festhalte, dass Er zu den Gaben Zeugnis gibt? Möge Er es uns schenken, dass wir sehen – obwohl wir es nie ergründen können –, was es für jenen Heiligen, der Wonne im Schoß des Vaters, war, zur Sünde gemacht zu werden. Dann können unsere Seelen sich von Ihm nähren, sein Fleisch essen und sein Blut trinken; und wir werden mehr erkennen, als nur dass wir von unseren Sünden gewaschen sind.


The Bible Treasury, Jg. 14, 1882, S. 33–35, Collected Writings, Bd. 34, S. 240–245. 
Vgl.: J.N. Darby, Betrachtungen über das Wort Gottes – 1. Mose bis Ruth, Neustadt/W. (Ernst Paulus) 1972, S. 153.
Der Inhalt des Artikels wurde 1880 als Vortrag gehalten.

Übersetzung: J. Das

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