Die Leiden des Herrn
Markus 14,17-50

John Nelson Darby

© SoundWords, online seit: 01.01.2001, aktualisiert: 06.05.2022

Leitverse: Markus 14,17-50

Der Herr Jesus hat in zweierlei Hinsicht gelitten: Zunächst gab es da die Leiden, die Er während seiner irdischen Laufbahn vonseiten der Menschen zu erdulden hatte, und nachher die Leiden, die Er erfuhr, als Er die Last des Zornes Gottes trug, indem Er den Kelch nahm, den Er trinken sollte.

Die Größe der Verdorbenheit des Menschen erscheint auch auf zwei Arten: unmittelbar in allem, was der Mensch tat, indem er sich Jesus widersetzte und Ihn verwarf; aber besonders in dem Gewicht der Sünde, das der Herr Jesus tragen musste, als Er den Kelch trank, den der Vater Ihm gegeben hatte. Dies war für Ihn keine leichte Sache: „Er fing an sehr bestürzt und beängstigt zu werden. Und er spricht zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tod“ (Mk 14,33).

Sind nicht manche unter denen, die dies lesen, die nie tief betrübt wegen ihrer Sünden waren? Und wie deckt das die Unwissenheit und Leichtfertigkeit des menschlichen Herzens auf! Wir, die durch die Sünde den Kelch, den Jesus trank, so bitter und schrecklich machten, wir betrachten die Sünde als etwas Unbedeutendes vor dem Auge Gottes! Er aber, Jesus, hat es empfunden, wie schrecklich sie ist. Wenn unsere Herzen, elend wie sie sind, die Sünde nicht fühlen, so hat Christus sie doch gefühlt, als Er den Kelch für uns ausleerte und die Sünde für uns trug. Wenn das Herz die Schwere der Sünde nicht versteht, nicht in demselben Grad wie Jesus es kannte, aber wenigstens in schwachem Maße; wenn, so schwach es auch sei, das Gefühl der Schwere der Sünde uns noch fremd ist, so sind wir durchaus noch nicht in die Gedanken Jesu eingegangen.

Ich meine hier nicht das bloße Verstehen; denn es gibt einen großen Unterschied zwischen bloßem Verstehen und nur ein ergriffenes Herz zu haben. Wissen, wie schwer die Sünde ist, wie viel sie Jesu gekostet hat, und davon kein ergriffenes Herz zu haben, ist schlimmer, als gar nichts davon zu verstehen. Der Zustand des Herzens ist in dem einen Falle wesentlich schlechter als in dem anderen.

Nun wollen wir sehen, zwar schwach, sehr schwach, was die Leiden Jesu waren. Niemand kann ganz ergründen, was diese Leiden gewesen sind. Jeden Tag denkst, sprichst und tust du die Dinge, die die Ursache dafür sind, dass Jesus diesen Kelch trinken und den Zorn Gottes tragen musste. Trotzdem glaubst du vielleicht gar nicht, so böse zu sein. Wenn du aber daran denkst, dass Christus für deine Sünden gelitten hat, so wirst du entdecken, dass sie jedenfalls für Ihn keine Kleinigkeiten waren. Er war sehr bestürzt und beängstigt. Christus bereitete sich im Garten Gethsemane vor für andere, seinem Gott gemäß der Heiligkeit seines Gerichts zu begegnen. Seine Seele war tief betrübt „bis zum Tod“ (Mk 14,34).

Ihr, die ihr meint, euch vorzubereiten, eurem Gott zu begegnen, habt ihr diese Ängste und Schrecken? Wenn ihr euch das auch vielleicht nur schwer vorstellen könnt, so seht hin, wie in Gethsemane Christus bedrängt und bestürzt war wegen der Sünde. Daran könnt ihr es lernen. Habt ihr das noch nicht getan, so habt ihr auch weder die Liebe Jesu noch das Werk Jesu in Gnade wert geachtet. Denn es ist wichtig und nötig, dass unsere Gewissen ergriffen sind durch den Gedanken, dass Christus dort war, um für uns zu leiden, um unsere Sünden zu tragen. Wenn meine Seele nicht dahin geführt wird, dies anzuerkennen, so werde ich selbst den Zorn Gottes und seine Gerechtigkeit erfahren und tragen müssen, wie Christus es erfuhr. Wenn sein Sohn, sein Geliebter, in dem keine Sünde war, für uns zur Sünde gemacht wurde und Gott die Sünde in Ihm schlagen musste, wenn seine Gerechtigkeit und Heiligkeit Jesus nicht verschonen konnte – wie wollt ihr entrinnen, wenn ihr dem Angesicht Gottes begegnet? Und wenn ich Christus betrachte, wie Er den Zorn und Fluch trägt, kann ich dann noch glauben, meine Sünden seien etwas Geringes? Das Böse, was ich getan, war in Gottes Augen und in Jesu Augen so schlimm, dass, als Jesus es auf sich nahm, Todesangst und die ganze Last des Zornes Gottes auf Ihn kam. Warum hat Christus auf dem Kreuz den Zorn Gottes getragen? Weil du diesen Zorn und die ewige Verdammnis verdient hast.

Viele gehen, ohne es zu wissen, mit Sünden beladen Gott entgegen. Manche sind in dieser Stellung und merken es selbst nicht. Oder ist es denn nicht wahr für viele von euch, dass ihr in diesem Leben Gott und seinem Gericht entgegengeht, ohne etwas zu fürchten? Wenn dem so ist und ihr wirklich angesichts des Gerichts gemächlich weitermacht, was ist es anderes, als dass das Gewissen nicht erweckt (oder gar verstockt) ist ungeachtet der Todesangst Jesu und seiner Leiden, ungeachtet des Kelches, den Jesus nehmen musste wegen der Sünde?

Mk 14,17-21: Und als es Abend geworden war, kommt er mit den Zwölfen. Und während sie zu Tische lagen und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich überliefern, der, welcher mit mir isst. Sie aber fingen an, betrübt zu werden und einer nach dem anderen zu ihm zu sagen: Doch nicht ich? [und ein anderer: Doch nicht ich?] Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Einer von den Zwölfen, der mit mir in die Schüssel eintaucht. Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, wie über ihn geschrieben steht; wehe aber jenem Menschen, durch welchen der Sohn des Menschen überliefert wird! Es wäre jenem Menschen gut, wenn er nicht geboren wäre.

Es ist etwas außergewöhnlich Großes, Jesus inmitten seiner Leiden und seiner Angst zu betrachten! Wir sehen Ihn vollkommen ruhig und mit Gelassenheit die Schwere des Kelches, den Er trinken wollte, erwägen. Und unter welchen Umständen? Umgeben von allem, was geeignet war, die Empfindungen der Liebe seines Herzens zu verwunden und zu zermalmen. Je mehr die Welt uns verwirft und verachtet, desto mehr bedürfen wir der Liebe; Jesus war voller Güte und mitfühlender Anteilnahme für seine Jünger. Er hatte sie immer geliebt und getragen. Aber wie erging es Ihm? Was fand Er unter ihnen, als die Bosheit der Menschen zügellos auf Ihn einstürmte? Was Er fand? Dass selbst unter denen, die Er liebte, die mit Ihm als Freunde und Gefährten am gleichen Tische aßen (Mk 14,18), einer war, von dem Er sagte: „Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich überliefern.“ Ja, einer aus euch, die ihr mit mir gewesen seid als meine Gefährten! Sein Herz ist tief verwundet. Und als sie traurig wurden und anfingen zu fragen, einer nach dem andern: Ich doch nicht?, antwortete Jesus, um zu zeigen, wie sein Herz gebrochen war: „Einer von den Zwölfen, der mit mir in die Schüssel eintaucht.“ Einer von euch, die ihr mich gekannt und gesehen habt und mit mir engsten Kontakt hattet. Und doch war Jesus vollkommen ruhig.

Mk 14,22-26: Und während sie aßen, nahm Jesus Brot, segnete und brach und gab es ihnen und sprach: Nehmet; dieses ist mein Leib. Und er nahm [den] Kelch, dankte und gab ihnen denselben; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Dieses ist mein Blut, das des [neuen] Bundes, welches für viele vergossen wird. Wahrlich, ich sage euch, dass ich hinfort nicht mehr von dem Gewächs des Weinstocks trinken werde bis an jenem Tage, da ich es neu trinken werde in dem Reiche Gottes. Und als sie ein Loblied gesungen hatten, gingen sie hinaus nach dem Ölberg.

Er sollte bald gekreuzigt werden. An wen denkt Er? An seine Jünger. Sein Leib sollte in den Tod gegeben und sein Blut vergossen werden; bald sollte Gottes Zorn über Ihn kommen – und im Frieden erklärt Er ihnen den Wert dessen, was Er im Begriff war, für sie zu tun. Er versetzte sich – die Jahrhunderte, in denen wir nun leben, überschreitend – im Geist in jene Zeit, in der Er die Frucht der Mühsal seiner Seele genießen wird (Jes 53,11) und vom Gewächs des Weinstockes erneut trinken wird im Reich Gottes (Mk 14,25). Wie schön ist es, den Herrn Jesus zu sehen, wie Er durch seine Blicke in dieser Weise die Zeiten durchdringt! Mitten unter den schauerlichen Umständen, in denen Er sich befand, ist seine Seele ruhig genug, um an das seinen Jüngern durch sein Leiden errungene, ewige Glück zu denken und an die Freude, die Er empfinden wird, sie in diesem Zustand der Herrlichkeit wiederzusehen. Ohne sich durch den Gedanken an seine nahen Leiden irritieren zu lassen, ohne Aufregung, ohne Schrecken betrachtete Er in Frieden den Wert seines Opfers und das Glück, seine Jünger zuletzt wiederzufinden. Der Verrat des Judas, die Verleugnung des Petrus, das Verlassen der Jünger, die Verwerfung der Welt, die Feindschaft des Satan, nichts stört Ihn: Sie sangen ein Loblied (Mk 14,26)!

Mk 14,27.28: Und Jesus spricht zu ihnen: Ihr werdet euch alle ärgern, denn es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden zerstreut werden.“ Nachdem ich aber auferweckt sein werde, werde ich vor euch hingehen nach Galiläa.

„Und Jesus spricht zu ihnen: Ihr werdet euch alle ärgern.“ Wir schämen uns Seiner, wir elenden Geschöpfe! Doch wie erhebt selbst dies die unaussprechliche Liebe Jesu! Er sagt seinen Schafen, die bald zerstreut werden sollen, dass Er in Kürze wieder bei ihnen sein werde. Erst würde Er das ganze Werk vollenden, das die Seinen erretten und die Vollkommenheit seines Gehorsams und – leider! – auch all die Schwäche ihres Fleisches ans Licht bringen sollte. Aber dann würde Er ihnen nach Galiläa vorausgehen.

Mk 14,29.30: Petrus aber sprach zu ihm: Wenn sich auch alle ärgern werden, ich aber nicht. Und Jesus spricht zu ihm: Wahrlich, ich sage dir, dass du heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, mich dreimal verleugnen wirst.

Petrus hat das falsche Vertrauen des Fleisches. Aber wirft ihm Jesus dies vor? Was erzeugte im Gegenteil diese Anmaßung des Petrus in seinem Herzen? Er warnt Petrus und betet für ihn. Seine feste, unbewegliche Liebe gibt niemals auf. Sein Herz ist nicht entmutigt. Es ist Er selbst, der alle Leiden tragen sollte, der seine Jünger ermutigt und sie tröstet.

Mk 14,31: Er aber sprach über die Maßen [mehr]: Wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen. Desgleichen aber sprachen auch alle.

Es mag noch vielen gehen, wie es dem Petrus gegangen ist, zu sagen: „Wenn ich mit dir sterben müsste, so will ich dich nicht verleugnen“; denn „desgleichen aber sprachen auch alle“. Da, wo Christus geehrt und anerkannt ist, inmitten der Seinen, derer, die seinen Namen bekennen, erkennt man Ihn auch gern an, will Ihn auch haben, obwohl Er von den Menschen verworfen ist; aber in anderer Gesellschaft, inmitten derer, die Ihn verwerfen und verachten, wie schnell ist man da bereit, zu verbergen, dass man Ihn kennt. Und wenn du das bei Petrus schlecht findest, ist es dann weniger grässlich bei dir? Oder wenn wir der Schmach seines Namens ausgesetzt sind und ihn nicht gerne bekennen, verleugnen wir Ihn denn nicht so schlimm wie Petrus? Das passiert, weil das Gewissen nicht erweckt und ergriffen ist darüber, dass Jesus der Sünde wegen gelitten hat. Was ich erreichen will, ist, dass das Gewissen dazu kommt, den Ernst der Sünde zu fühlen, die Jesus in das Leiden führte; und diese Sünde ist die eure. Es soll dahin kommen, dass euer Herz beeindruckt wird vom Gefühl der Liebe und von der Liebesmacht, mit der Jesus vor Gott das ganze Gewicht der Verantwortlichkeit der Sünden auf sich lud und all dieses ertrug, als Er „verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen“ war (Jes 53,5).

Mk 14,32-39: Und sie kommen an einen Ort, mit Namen Gethsemane, und er spricht zu seinen Jüngern: Setzet euch hier, bis ich gebetet habe. Und er nimmt den Petrus und Jakobus und Johannes mit sich und fing an, sehr bestürzt und beängstigt zu werden. Und er spricht zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tode; bleibet hier und wachet. Und er ging ein wenig weiter und fiel auf die Erde; und er betete, dass, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüber gehe. Und er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir weg; doch nicht was ich will, sondern was du willst! Und er kommt und findet sie schlafend, und er spricht zu Petrus: Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht eine Stunde zu wachen? Wachet und betet, auf dass ihr nicht in Versuchung kommet; der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach. Und er ging wiederum hin, betete und sprach dasselbe Wort.

Jesus sagt seinen Jüngern, dass sie beten sollten (Mk 14,38). Schon ist die Zeit für Ihn vorbei, die Seinen zu trösten. Nun soll Er für sie dem Zorn Gottes entgegengehen. Er bedenkt vor Gott in seinem Geist, was Er leiden muss durch das Trinken der Zornschale Gottes. Jesus, der heilig war und immer in der Liebe des Vaters geblieben war, konnte allein die Heiligkeit Gottes und den Wert seiner Liebe begreifen. Aber deshalb war Er allein auch umso fähiger, zu verstehen, wie abscheulich die Sünde und schauderhaft der Zorn Gottes ist. Nur solche, die mitten in der Sünde lebend die Heiligkeit Gottes nicht kennen, die, da sie Gott nicht kennen, seine Liebe nicht gekostet haben, können diesem Zorn Gottes gegenüber gleichgültig sein. Wie furchtbar ist es, zu sehen, wie wir ruhig, zufrieden mit uns selbst und sorglos sein können und gleichzeitig um die Todesangst wissen, mit der Jesus die Sünde zu bezahlen hatte, und warum Er so bestürzt und beängstigt war.

In seiner Laufbahn des Gehorsams erlitt Jesus das Widersprechen der Sünder, ohne sich davon abzuwenden, und nie hat Er gebeten, dass jener Kelch von Ihm genommen würde. Warum aber nun dieser? Weil es nicht nur derjenige Kelch des Verbrechen der Menschen oder der Bosheit Satans war, sondern der Kelch des Zornes Gottes. In allem, was Er vorher vonseiten der Menschen zu leiden gehabt hatte, war Ihm die Freude geblieben, den Willen seines Vaters zu erfüllen; aber in diesem Kelche, dem des Zornes Gottes, war kein Tropfen Süßigkeit. Da bat Jesus: „Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir weg!“ Warum nun war es unmöglich? Darum: Es ist unmöglich, dass Gott die Sünde dulden kann. Und selbst da, wo Jesus für uns zur Sünde wird, muss Gottes Zorn gegen die Sünde seinen Lauf nehmen. Liebe Leser! Seht, wie es um euch steht. Wenn Jesus eure Sünden nicht trug, dann ist es unmöglich, dass ihr dem Gericht Gottes, das über die Sünde ausgesprochen ist, entgeht. Wie ernst ist dieser Gedanke! Erwägt dieses Wort Jesu: „Wenn es möglich ist“. Gewiss, wenn es möglich gewesen wäre, so hätte ja Gott Jesus sicherlich erhört und seinem geliebten Sohn diese unvergleichlichen Leiden erspart. Warum sagt Jesus: „Ist es möglich?“? Weil Er, der wusste, was die Liebe Gottes ist, auch in der Lage war, zu wissen, wie schrecklich der Zorn Gottes war.

Und wie war der Zustand der Jünger? Sie schliefen (Mk 14,37). Sie hatten nicht einmal so viel Liebe, eine Stunde zu wachen. Petrus, der dem Kerker und dem Tod trotzen wollte, konnte nicht eine Stunde wachen. Er hatte ebenfalls geschlafen auf dem Berg während der Verklärung (Lk 9,32), und er schläft in Gethsemane. Das enthüllt im Grunde unseres Herzens eine Selbstsucht, die weder die Empfindungen verspürt, die unsere Herzen in die Herrlichkeit Jesu auf der einen Seite wie auch in die Leiden Jesu auf der anderen Seite einführen.

Mk 14,40-43: Und als er zurückkam, fand er sie wiederum schlafend, denn ihre Augen waren beschwert; und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten. Und er kommt zum dritten Mal und spricht zu ihnen: So schlafet denn fort und ruhet aus. Es ist genug; die Stunde ist gekommen, siehe, der Sohn des Menschen wird in die Hände der Sünder überliefert. Stehet auf, lasst uns gehen; siehe, der mich überliefert, ist nahe gekommen. Und alsbald, während er noch redete, kommt Judas, einer der Zwölf, herzu, und mit ihm eine große Volksmenge mit Schwertern und Stöcken, von den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten und den Ältesten.

War die Liebe Jesu erkaltet oder müde geworden durch dies alles? Nein. Er sollte, Er wollte seinen Vater verherrlichen und die Seinen erlösen, und Er gibt bei keiner Schwierigkeit auf. Da es unmöglich war, dass wir gerettet würden, ohne dass Er den Kelch nahm, so nahm Er ihn. Seine Liebe war stärker als der Tod. Er stellt Gott alles vor; aber vom Augenblicke an, wo Er fand, dass es unmöglich war, dass dieser Kelch vorübergehe, kehrt die Ruhe in seine Seele zurück und Er nimmt ihn.

Mk 14,44-50: Der ihn aber überlieferte, hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Welchen irgend ich küssen werde, der ist’s; ihn greifet und führet ihn sicher fort. Und als er kam, trat er alsbald zu ihm und spricht: Rabbi, Rabbi! – und küsste ihn sehr. Sie aber legten ihre Hände an ihn und griffen ihn. Einer aber von den Dabeistehenden zog das Schwert, schlug den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das Ohr ab. Und Jesus hob an und sprach zu ihnen: Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber, mit Schwertern und Stöcken, mich zu fangen? Täglich war ich bei euch, im Tempel lehrend, und ihr habt mich nicht gegriffen; – aber auf dass die Schriften erfüllt würden. Und es verließen ihn alle und flohen.

Gibt es etwas, dessen das menschliche Herz nicht fähig wäre? Gott erlaubte, dass die ganze Schlechtigkeit und Falschheit des Herzens entblößt und Jesus durch einen Kuss verraten wurde. Keine Angst, keine Prüfung fehlte, um sein Herz zu erproben. Sonst hätte am Kelch etwas gefehlt, den Er trinken sollte. Die Prüfung des Herrn wäre nicht vollständig gewesen und die Frage der Sündhaftigkeit des Menschen wäre nicht entschieden worden in der Gegenwart des Gerichtes Gottes. Aber Jesus verherrlichte Gott den Vater vollkommen, inmitten aller Ungerechtigkeit der Menschen und der Bosheit Satans. Alles, was verwunden und zerschmettern konnte: der Zorn Gottes, der Hass Satans, die Bosheit der Menschen – alles brach sein Herz, und alles bewirkte, dass die unendliche Vortrefflichkeit Jesu vor Gott in Klarheit erstrahlte. Jesu Herz wurde bis auf den Grund geprüft.

Welches ist nun nach all dem die Situation der Sünder? Es bleibt nichts als der Wert der Person Jesu für sie übrig, und in Gottes Augen hat der, der glaubt, den ganzen Wert Jesu vor Gott. Er kann zu Gott kommen als von Gott so geliebt, dass dieser seinen Sohn für ihn hingab, und er trägt an sich den Wert aller Leiden des Herrn Jesus.

Wenn euch Christus so angeboten wird, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder seid ihr schuldig der Leiden Christi, wenn ihr sie verachtet; oder wenn ihr durch die Gnade deren unendlichen Wert durch den Glauben ergreift, so habt ihr den ganzen Nutzen dieser Leiden. Verachtet ihr sie, so werdet ihr wie die behandelt werden, die sie verachten. Sind aber durch die Gnade eure Augen dafür geöffnet, um das zu verstehen, was Jesus getan, so wird die ganze Wirksamkeit seines Werkes euch zugerechnet und ihr genießt die Liebe Gottes. Entweder seid ihr der Leiden Jesu schuldig oder ihr genießt den Wert dieser Leiden.

Wenn ihr bekennt, dass es eure Sünden sind, die Jesus in das Leiden brachten, so glaubt ihr damit, dass Er sie trug. Wenn ihr sprecht: Ich bin schuld, dass Christus also leiden musste, so sagt ihr damit auch: Und ich werde nie so leiden. Hat Jesus meine Sünden getragen und deren Folgen an sich erduldet, so werde ich es nicht mehr erfahren und bin erlöst und befreit von der Verdammnis.

Möge Gott durch das Gefühl der Liebe Jesu eure Herzen ergreifen. Er möge euch erkennen lassen, welch ein unendlicher Wert für euch darin liegt, dass Jesus sich selbst gegeben hat, um den Zorn Gottes zu tragen.

Wie lieb hat uns der Herr!


Originaltitel: „The Sufferings of Christ“
ausThe Collected Writings of J.N. Darby, Bd. 21, S. 84–89
neu bearbeitete Version 6/2000

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