Frage: Hat Christus im Totenreich gepredigt?
1. Petrus 3,18-20

Willem Johannes Ouweneel

© SoundWords, online seit: 10.08.2001, aktualisiert: 09.04.2025

Leitverse: 1. Petrus 3,18b-20

1Pet 3,18b-20: … getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist, in dem er auch hinging und predigte den Geistern, die im Gefängnis sind, die einst ungehorsam waren {o. nicht glaubten}, als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde, in die {o. in welche eingehend} wenige, dass ist acht Seelen, durch Wasser {o. durch Wasser hindurch} gerettet wurden.

Was heißt: „getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist“?

Ich gebe erst die Beschreibung und dann die Anwendung. Er wurde getötet durch böse Hände von Menschen, indem Er für die Gerechtigkeit lebte, und starb, aber Er wurde „lebendig gemacht nach dem Geist“. Buchstäblich steht hier „im“, aber das hilft auch noch nicht so viel. Hier ist es, wie das technisch heißt, instrumental gemeint, das heißt, Er wurde „lebendig gemacht durch den Geist“. Es ist hier nicht sein menschlicher Geist. Es ist hier auch nicht seine Gottheit. Es ist hier der Geist Gottes, der Heilige Geist. Eine Person in der Gottheit, unterschieden von dem Vater und von dem Sohn, obwohl dieser Geist auch manchmal „der Geist Christi“ (1Pet 1,11) oder „der Geist des Vaters“ (Eph 3) genannt wird. Aber es ist der Heilige Geist, so wie es auch in Römer 1,4 steht, dass „er sich erwiesen hat als Sohn Gottes durch Totenauferstehung nach dem Geist der Heiligkeit“. Durch diesen Geist, so steht es auch in Römer 6, ist Er auferweckt worden.

Christus predigt durch seinen Geist

Und dann kommt die Anwendung, denn das bedeutet, dass wir jetzt auch Christus nicht mehr nach dem Fleisch kennen – so steht das in 2. Korinther 5,16: „Wir kennen Christus nicht mehr nach dem Fleisch.“ Unter den Juden, an die Petrus schrieb, waren vielleicht solche, die im Land gelebt und Christus auch nach dem Fleisch gekannt hatten, und auch viele Ungläubige hatten Ihn nach dem Fleisch gekannt. Er ist auferstanden in einem Leib der Verherrlichung, und in diesem Leib ist Er zum Himmel gegangen, so dass wir Ihn nur dem Geist nach kennen. Das ist ja eben eine Anspielung auf die Schwierigkeit der gläubigen Juden, die an einen sichtbaren Messias geglaubt hatten und jetzt an einen unsichtbaren Christus glauben mussten, den sie nur nach dem Geist kannten. Nun, sagt der Apostel, darüber braucht ihr gar nicht beunruhigt zu sein, das ist an sich nichts Neues. Es gab eigentlich, sagt er, schon früher einen Zustand, in dem die Gläubigen genauso, vielleicht noch schlimmer, dran waren als ihr jetzt; und dafür geht Petrus zurück bis auf die Zeit von Noah. Diese jüdischen Christen waren nur wenige. Nun, sagt der Apostel, Noah war auch nur mit wenigen, nur mit acht, das ist noch viel weniger als ihr jüdischen Christen in Kleinasien. Damals waren es nur acht auf einer weiten Welt mit vielleicht Millionen und Millionen von Menschen, die alle ungläubig starben. Also, so schlecht seid ihr noch gar nicht dran. Damals waren es noch weniger. Nun, sagt ihr, wir können Christus nicht sehen, es ist schwierig für uns zu glauben. Nun, was sah Noah? Er sah Gott auch nicht, und Gott zeugte damals, verkündigte, predigte zu den Menschen. Wie tat Gott das? War Gott da sichtbar auf der Erde anwesend? Nein! Gott tat das durch seinen Geist, noch stärker ausgedrückt: Christus war das – Christus war ja der ewige Sohn Gottes.

Hier sagt Petrus, das war Christus, der damals durch seinen Geist dieser Welt eine Botschaft verkündigte, dass die Menschen sich bekehren sollten. War Christus denn sichtbar anwesend? Nein! Genauso wenig wie heute! Wie tat Er es dann und predigte er diese Botschaft? Durch seinen Geist! Wie tat Er das denn getan durch seinen Geist? Durch Prediger! Noah war ja der „Prediger der Gerechtigkeit“ (2Pet 2,5). Also, was Petrus sagen möchte ist dieses: Damals war ein kleiner Überrest auf dieser Erde, Christus war abwesend, aber Er wirkte durch seinen Geist durch den Prediger der Gerechtigkeit – ohne viel Erfolg. Die Welt ging in dem Gericht verloren. Aber Noah hatte lange und lange gepredigt, und schließlich wurden nur wenige gerettet. Das ist eure Lage. Die ist gar nicht so neu! Die ist gar nicht so besonders! Das war schon früher auch der Fall, und die Geschichte Noahs ist wohl natürlich das beste Beispiel aus dem ganzen Alten Testament.

Predigte Christus im Gefängnis?

Das ist nach meiner festen Überzeugung die einzige vernünftige Auslegung dieser Stelle, obwohl ich mir dessen bewusst bin, dass viele, viele Christen wirklich aufrichtig 1. Petrus 3,19 so lesen, als ob der Herr Jesus nach seinem Tod in das Gefängnis – das ist der Ort, wo sich die Ungläubigen befinden, also der Hades – gegangen wäre und dort zu den ungläubig Gestorbenen gepredigt hätte (1Pet 3,19).

Nun, das ist eine sehr seltsame Lehre. Erstens finden wir dafür keine Bestätigung in der übrigen Schrift. Zweitens wissen wir, dass der Herr Jesus gar nicht im Gefängnis war. Nach Lukas 23 war Er im Paradies bei den Gläubigen. Seine menschliche Seele war bei den Seelen der Gläubigen im Paradies. Und drittens, wie sollten wir verstehen, dass der Herr Jesus Ungläubigen eine Botschaft predigte; was sollte das heißen? Und viertens, warum nur diesen Ungläubigen, die da in den Zeiten Noahs durch die Sintflut umgekommen waren, warum dann nicht auch den anderen Ungläubigen? Das gibt alles keinen Sinn – um es mal nur schwach auszudrücken. Es ist eine unmögliche Auslegung, und viele haben sich auch darum gekümmert, wie man das dann nun lesen müsste.

Aber wenn wir einfach so lesen: „in dem er auch hinging“ – in dem, im was? Nicht im Fleisch, sondern im Geist! Er ging in diesem Geist hin und predigte. Da sehen wir schon, das war nicht nach seinem Tod vor seiner Auferstehung, denn hier steht: „lebendig gemacht nach dem Geist, in dem Er hinging“. Also, Er ist auferstanden in diesem Geist, und da sollte Er noch nach seiner Auferstehung den Geistern im Gefängnis gepredigt haben? Das ist noch weniger vernünftig! Aber das steht da auch nicht, es steht da, dass Er in diesem Geist „hinging“ und den Geistern predigte. Wann tat Er das? Als diese Geister noch in menschliche Leiber gehüllt auf dieser Erde waren in der Zeit Noahs. Christus verkündete durch seinen Geist den Menschen eine Botschaft in den Tagen Noahs, nicht als sie im Gefängnis waren. So sollte man das lesen: Er predigte den Menschen, deren Geister jetzt im Gefängnis sind. Das ist es, was „die einst ungehorsam waren, als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs“ bedeutet. Aber dann predigte Gott.

Es steht auch ganz interessanterweise buchstäblich dort in 1. Mose 6,3: „Mein Geist wird nicht in Ewigkeit mit dem Menschen rechten, seine Tage werden hundertzwanzig Jahre sein.“ Da sehen wir also, dass Gott selbst sagt, dass sein Geist „nicht ewiglich mit dem Menschen rechten wird“. Es war also durch seinen Geist, dass Gott mit dem Menschen rechtete. Wie? Nicht indem irgendwie eine Stimme vom Himmel klang, sondern Er tat das durch Noah. Noah war „der Prediger der Gerechtigkeit“. Gott wirkte durch seinen Geist in Noah. Und hier sagt der Geist Gottes, hier sagt Petrus uns, dieser Geist war der Geist Christi. Das ist nichts Besonderes. In Petrus 1,11 steht ja, dass dieser Geist Christi im Alten Testament auch in den Propheten wirkte. Die Erklärung ist also ganz einfach, wenn wir einmal die unvernünftige Auslegung vergessen haben, dass Christus nach seinem Tod im Gefängnis gewesen wäre. Der Geist Christi predigte durch Noah in diesen Tagen vor der Sintflut, so wie Er auch in den Propheten zeugte (1Pet 1,11). Und dann gibt es auch einen Sinn, und Petrus erklärt das, um deutlich zu machen, dass diese Gläubigen aus den Juden sich getröstet fühlen sollten.

Christus predigte durch seine Zeugen

Auch durch sie predigte Christus. Sie waren lebendige Zeugen in dieser Welt, und sie sollten sehen, dass sie durch den Heiligen Geist, durch den Geist Christi, auch ein Zeugnis abzulegen hatten genau wie Noah; auch sie waren Prediger der Gerechtigkeit. Sie sollten ja um der Gerechtigkeit willen leiden. Das heißt, indem sie gerecht gelebt und gerecht gepredigt hatten, waren sie Prediger der Gerechtigkeit geworden. Der Herr Jesus hatte es ja seinen Jüngern in Apostelgeschichte 1 gesagt, dass sie den Heiligen Geist empfangen würden und sie durch diesen Geist Zeugen sein würden auf der ganzen Erde. Nun sagt Petrus hier: Was ist geschehen? Jetzt merkt ihr, liebe Brüder aus den Juden, dass ihr verfolgt werdet. Das ist eine Enttäuschung! Die Juden nehmen euer Wort nicht an! Obwohl ihr durch den Geist Christi predigt, so wie der Geist Christi auch durch Noah dasselbe getan hatte, so nimmt die Welt euer Wort nicht an. Nun, das ist nichts Besonderes, das hat die Welt nie getan, so war es auch bei Stephanus. Er sagt in Apostelgeschichte 7 zu den Juden: „Ihr widersteht immer dem Heiligen Geist“, denn der Geist Christi sprach auch in den Propheten. Was hatte Israel getan? Das Wort angenommen? Nein, das Wort abgelehnt. Der Geist Christi redete in Noah. Nahmen die Menschen es damals an? Nein, sie lehnten es ab, sie kamen unter das Gericht. „Ihr widersteht immer dem Heiligen Geist“; so ist es jetzt auch.

Gottes Langmut

Petrus sagt: Kümmert euch nicht darum. Na ja, kümmern dürft ihr euch schon, aber verhaltet euch nicht so, als ob das etwas Besonderes, als ob das etwas Neues wäre, dass die Welt euer Wort nicht annimmt. Ja, sagt ihr, aber wir sind so wenige. Ja, aber Noah war noch mit viel weniger dort. Hier steht es so: „… mit wenigen, das ist mit acht Seelen“, war er in der Arche, das ist viel schlimmer. Nein, es ist nichts Neues für euch. Aber vielleicht sagt ihr: Warum dauert es so lange? Warum dauert die Zwischenform des Reiches so lange? Wir wissen, dass es jetzt schon zweitausend Jahre dauert. Aber damals fanden sie es schon lang. Warum kommt der Herr dann nicht? Petrus selbst erwartete das schon in Apostelgeschichte 3, dass das Reich sehr bald kommen würde. Aber es kam nicht, und es dauerte und dauerte und die Menschen fragten: Warum dauert es so lange? Warum kommt der Herr dann nicht, um uns aus diesen Leiden zu erlösen und uns in die Herrlichkeit hineinzuführen? In 2. Petrus 3 gibt Petrus erst die ganz klare Antwort: Es ist die Langmut Gottes. Er will nicht, dass Menschen dieser Welt verlorengehen. Aber auch hier sagt er das schon: „indem die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs“. Warum hatte Noah so lange predigen müssen? Hundertzwanzig Jahre war er ein Prediger der Gerechtigkeit. Warum? Weil Gott langmütig ist. Er wollte nicht, dass die Welt verlorengehen würde. So lange harrte Gott aus. Und das ist der Grund, warum schon zweitausend Jahre Christen leiden hier in dieser Welt, weil Gott langmütig ist und nicht will, dass irgendeiner verlorengehe, sondern dass alle zur Buße und zur Bekehrung kommen.

So war es in den Tagen Noahs. Hundertzwanzig Jahre gab Gott dieser Welt noch. So ist es jetzt. Ihr sollt ausharren und daran denken, dass es die Langmut Gottes ist. Gottes Langmut ist so groß, sagt Petrus, dass Er lieber sieht, dass ihr leiden müsst, als dass die Welt verlorengeht. Gott erträgt das noch immer, dass seine Kinder leiden müssen im Gefängnis. Er erträgt das, damit noch einige aus der Welt zum Glauben kommen. Er erträgt das, dass seine Kinder leiden müssen, damit noch einer in diesem Saal (durch diese Schrift) heute Abend noch zum Glauben kommen kann an den Herrn Jesus, um errettet zu werden. Gott hat kein Wohlgefallen an dem Tod des Sünders, sagt Hesekiel 18. Und darum müssen seine Kinder noch immer in dieser Welt leiden. So war es in den Tagen Noahs. So war es in den Tagen der Propheten. So ist es auch heutzutage.

Was ist das „Gefängnis“?

Er ging hin und predigte den Geistern. Warum steht denn dabei: „die im Gefängnis sind“? Weil Petrus klarmachen will, was mit ihnen geschah? Vielleicht kommt Ungewissheit in den Herzen hinauf. Man denkt vielleicht, ja, weil wir so leiden müssen, vielleicht sind wir diejenigen, die es falsch gesehen haben, und die anderen, die Wohlstand haben, vielleicht haben die recht? Nein, sagt Petrus, Noah musste doch auch leiden. Wir können davon überzeugt sein, dass er auch beschimpft wurde von dieser Welt. Sie nahm doch sein Wort nicht an. Und den Menschen ging es gut und sie aßen und tranken. Der Herr Jesus sagt es selbst: „So war es in den Tagen Noahs.“ War das ein Beweis, dass diese Menschen recht hatten, fragt Petrus? Nein, eben nicht! Wo sind sie jetzt? Ihre Leiber kamen in der Sintflut um. Wo sind ihre Geister? Im Gefängnis! Das erste vorläufige Gericht haben sie schon empfangen in der Sintflut und das endgültige Gericht wartet noch. Sie sind im Gefängnis, und bei dem letzten Gericht vor dem großen weißen Thron, da werden sie ihr endgültiges Gericht empfangen. Darum sagt Petrus hier: Man muss auf das Ende achten. So sagt Asaph es in Psalm 73. Das ist bei einer indirekten Regierung Gottes immer so: Da muss man Glauben und Hoffnung haben, um auf das Ende zu sehen, denn erst am Ende kommt alles wieder in Ordnung, und darum ist das Beispiel so wunderbar schön: hundertzwanzig Jahre! Welch eine Entmutigung für Noah! Man könnte fast zweifeln wie er: Was mache ich denn mit dieser Arche? Was habe ich denn hier angefangen? Warum predige ich denn? Da kommt keiner zum Glauben! Erfolg bei Noah in hundertzwanzig Jahren? Null! Nur seine Familie wurde in der Arche errettet. Das war ein Beispiel! Welch eine Ermunterung für diese Gläubigen aus den Juden! Auch sie sollten auf das Ende sehen. Die Ungläubigen kommen letztendlich unter das Gericht.


Auszug aus einem Vortrag über den Petrusbrief

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