Unsere Beschneidung in Christus in der Praxis
Die stellungsbedingte Beschneidung praktisch umsetzen

Walter Thomas Turpin

online seit: 18.01.2017, aktualisiert: 13.11.2023

Leitverse: Josua 5; Kolosser 3,5-11

Jos 5,10: Die Kinder Israel lagerten in Gilgal {d.h. an dem Ort, der alle seine Eigenschaften und seine Bedeutung mit der Beschneidung verbindet}; und sie feierten das Passah am vierzehnten Tag des Monats, am Abend, in den Ebenen von Jericho.

Gottes Erlösung

Wie schön ist das! Gott hatte die Kinder Israel aus Ägypten herausgebracht, durch das Rote Meer geführt und durch die geöffneten Fluten des Jordan nach Kanaan hineingebracht. Nun konnten sie die Erlösung vollkommen genießen – in Gottes eigenem Land, in dem Gebiet, das Gott in seinem Herzen für sie vorgesehen hatte. Sie waren beschnitten und setzen sich, um das Passah zu feiern. Sie hielten das Passah am Abend des vierzehnten Tages in den Ebenen von Jericho. Sie feierten die Erlösung, als sie in Gottes eigenem Land waren. Ich kenne nichts, was bewegender ist als das.

Wie sehr unterschied sich diese Feier von der Nacht der Passahfeier in Ägypten und als sie es in der Wüste feierten. In der Nacht des Passahs in 2. Mose 12 gab es Schrecken und Angst und Schmerz. Das hatte damit zu tun, dass sie in Verbindung mit Ägypten standen. Als sie das Passah in der Wüste feierten – wie wir es in 4. Mose 9 lesen –, war das mit den Umständen der Wüste verbunden. Aber als sie es in Kanaan in den Ebenen von Jericho feierten, spiegelte es, so glaube ich, die grundsätzlichen Gedanken Gottes über uns in Verbindung mit dem Mahl des Herrn wider. Die Mahlfeier ist eine himmlische Erinnerung an den einmal gekreuzigten Jesus, dessen Blut für Gott und für uns alles geregelt hat. Das finden wir nicht bei dem Passah in Ägypten und auch nicht bei dem Passah in der Wüste, so gesegnet diese Passahfeiern zu jenem Zeitpunkt auch waren. Das finden wir nur bei dem Passah in Gilgal. Dort erlebten die Israeliten das ganze Ergebnis der Erlösung, die Gott in seiner eigenen Kraft erwirkt hatte, und sie waren in das Land gebracht, das Er für sie vorgesehen hatte. Die Reihenfolge ist die: zuerst Beschneidung, dann die Feier des Passah.

Praktisch beseitigen, was Gott bereits beseitigt hat

Dann gibt es da noch etwas: Wenn Gott sie nun versorgt, ist nicht die Nahrung am wichtigsten, sondern das Messer der Beschneidung. Das Messer wird die Wucherungen und die praktischen Erscheinungsformen all dessen beseitigen, was Gott schon vor sich selbst beseitigt hat. Und ich bin davon überzeugt: Das, was Christen brauchen, ist dieses Messer. Man kann sagen: Das Messer ist die praktische, völlige Entsagung alles dessen, was richterlich verurteilt worden ist. Es ist großartig, wenn wir verstehen, dass Gott all das beseitigt hat und kein bisschen davon vor sich sieht. Aber dann sagt Gott auf dieser Grundlage: „Ich werde dir nicht gestatten, auch nur ein wenig davon zuzulassen.“ Deswegen sagt der Apostel, „dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde {d.h. das Prinzip der Sünde} abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr {als Sklaven} dienen“ (Röm 6,6). Zuvor waren wir Sklaven der Sünde, aber jetzt sollen wir nicht Sklaven der Sünde sein; wir sind frei.

„Frei“ heißt in der Schrift nie, dass es eine Sache nicht gibt, sondern dass wir nicht unter ihrem Herrschaftseinfluss stehen. Manche liebe Geschwister begehen einen großen Fehler: Wenn sie davon reden, frei von Sünde zu sein, denken sie, dass die Sünde nicht da wäre. Nein; „frei von Sünde“ bedeutet: Ich bin nicht mehr unter ihrer Herrschaft. Zwar habe ich das Fleisch in mir und werde es immer haben, bis ich diesen armen, elenden Leib  ablege; aber Gott hat diese Stellung im Fleisch[1] völlig beseitigt. Gott hat das Fleisch juristisch verurteilt und in dem Tod des Herrn Jesus Christus aus seinem Blickfeld beseitigt; und Er sagt gleichsam zu mir: „Das Fleisch ist in dir, aber ich will nicht, dass du ihm erlaubst, sich auch nur zu regen; im Gegenteil, ich bestehe darauf, dass du das praktischerweise annimmst, was über dich wirklich wahr ist.“

Und hier wird das scharfe Messer wirksam. Es wäre keine Kraft in der Beschneidung, wenn das Fleisch nicht existierte. Wenn Gott zu mir sagt: „Du musst ein scharfes Messer nehmen und dich beschneiden“, dann ist es genau das Gleiche, wie zu sagen, dass das Fleisch vorhanden ist. Und wenn Leute sagen, dass sie das Fleisch losgeworden wären, dann erkennen sie nicht an, was das Wort Gottes sagt. Man braucht kein scharfes Messer, wenn das Fleisch nicht vorhanden ist oder wenn es verändert wurde. Das Fleisch ist unverändert da, und deswegen benötigt man das scharfe Messer, um praktisch das zum Schweigen zu bringen, was Gott rechtlich verurteilt hat. Nun, das ist am wichtigsten, und ich glaube, das ist das Geheimnis, warum Christen schwach und kraftlos sind: weil sie das Messer der Beschneidung nicht benutzen.

Gott sei Dank ist jeder Christ in gewissem Sinn beschnitten, aber oft beschneiden Christen sich nicht praktischerweise; das Messer ist irgendwie stumpf geworden oder, anders gesagt, sie verwenden das scharfe Messer nicht im Glauben und in der Freiheit. Manche versuchen, das Gesetz hineinzubringen, aber anstelle des Gesetzes sollte das Messer da sein. Lieber Bruder, liebe Schwester, wenn du das Gesetz erproben willst – erprobe stattdessen das Messer. Vergiss nicht: Das Gesetz erlaubt das Fleisch; es ist das Fleisch, das vom Gesetz Einschränkungen unterworfen wird. Ich nehme an, keiner, der heute Abend hier ist, würde sagen, dass er das neue Leben Beschränkungen unterwerfen will. Du würdest zum neuen Leben nicht sagen: Berühre nicht dies oder das oder jenes. – Aber wenn du das zu dem Fleisch sagst, dann gibst du dem Fleisch eine Position; dann gestehst du ihm zu, dass es lebendig ist; dann gibst du ihm einen Status.

Du siehst: Einschränkung ist sehr verschieden von dem Messer; das Messer ist das, was die Sache nicht erlaubt; das Gesetz ist das, was sie erlaubt. Das Gesetz erlaubt das Fleisch, aber es sagt: „Ich werde dir nicht erlauben, dies und das zu tun“; aber das Fleisch ist immer noch da. Ich will dir sagen, was das Gesetz ist: Handschellen – „Ich werde es dir erlauben, aber ich werde dir Handschellen anlegen.“ Doch das Messer sagt: „Ich erkenne dich nicht an, ich entsage dir bis hin zum Tod, ich weise dich ganz und gar ab; ich lege dir nicht wie das Gesetz Beschränkungen auf, sondern ich erkenne dich in keiner Form an.“ – „Tötet eure Glieder“ – sie mit Einschränkungen zu belegen, ist das genaue Gegenteil von „töten“; es bedeutet, ihnen Leben zu geben.[2]

Nahrung für die neue Stellung

Wir wollen noch ein wenig weiter gehen. Was wir eben behandelt haben, ist die negative Seite der Wahrheit: all das praktisch zu beseitigen, was Gott in seiner unendlichen, wundervollen Gnade juristisch bereits beseitigt hat. Doch jetzt kommen wir zu dem Positiven. Gott sagt sozusagen: „Damit du kämpfen kannst, musst du ernährt werden, und ich habe gute Nahrung für dich.“ Und deswegen lesen wir:

Jos 5,11: Sie aßen am nächsten Tag nach dem Passah vom Erzeugnis des Landes, ungesäuertes Brot und geröstete Körner, an ebendiesem Tag. 

Nun, das war die angemessene Nahrung für die neue Stellung, in die Gott sie gebracht hatte. Jemand hat gesagt – und ich zweifle nicht, dass das richtig ist –: Der Ertrag des Landes, das alte Korn (es war die Nahrung, die dort wuchs), stellt Christus in den neuen himmlischen gesegneten Örtern und Umständen dar. Er ist ein himmlischer, siegreicher, triumphierender Christus geworden, der durch alles hindurch- und dann in den Himmel gegangen ist; das ist der Ertrag des Landes; Nahrung, die passend ist für Kanaan. Es ist wunderschön, all diese kleinen Punkte in den Vorbildern der Schrift zu sehen im Hinblick darauf, auf welche verschiedenen Arten uns der Herr Jesus Christus vor Augen gestellt wird.

Jos 5,12: Das Man hörte auf am nächsten Tag, als sie vom Erzeugnis des Landes aßen, und es gab für die Kinder Israel kein Man mehr; und sie aßen vom Ertrag des Landes Kanaan in jenem Jahr.

Und jetzt beachte Folgendes: Das Manna hörte auf. Andererseits ist es interessant, zu sehen, dass sie Manna in Kanaan hatten. Vermutlich denken deshalb manche Leute, dass wir kein Manna brauchen: weil es hier heißt, dass es aufhörte; und tatsächlich habe ich diese Schriftstelle schon als Argument für diesen Gedanken gehört. Aber das ist ein sehr törichter Einwand, denn wir wissen sehr genau, dass die Israeliten nicht gleichzeitig in der Wüste und in Kanaan waren, so wie wir es sind. Eine Zeit ihres Lebens waren sie in der Wüste und eine Zeit in Kanaan. Wir Christen hingegen gehen durch die Wüste und sitzen zur  gleichen Zeit in den himmlischen Örtern in Christus Jesus, und zwar während der gleichen Zeitspanne unseres natürlichen Lebens – obwohl die Erfahrungen der zwei Orte verschieden sind und wir sie gleichzeitig machen.

Wir brauchen himmlisches Manna

Unserer Stellung nach sitzen wir in den himmlischen Örtern in Christus und doch sind wir hier unten in dieser Welt. Wenn wir in Übereinstimmung mit Gottes Gedanken sind, ist die Welt eine Wüste für uns, und deswegen brauchen wir Manna. Aber die Kinder Israels aßen Manna, nachdem sie ins Land Kanaan gezogen waren; das Manna hörte zweifellos auf, aber sie hatten es auch noch im Land. Und du wirst feststellen: Wenn es um unsere himmlischen Freuden geht, um Kampf oder um unsere Stellung oder darum, was uns [an geistlichen Mächten der Bosheit] in den himmlischen Örtern begegnet, dann brauchen wir dafür himmlische Nahrung; nichts anderes wird unsere Seelen sättigen; wir brauchen den himmlischen Christus, damit Er uns am Leben erhält; wir brauchen die himmlische Nahrung, damit unsere Herzen gestärkt werden.

Wenn wir gegen diesen schrecklichen Feind kämpfen müssen, gegen diesen listigen Gegner, dann brauchen wir diese himmlische Nahrung. Und deswegen sagt Gott, dass wir nicht kämpfen können, wenn wir nicht gesättigt sind; wir müssen das Messer haben, um die Kraft des Feindes hinwegzutun; wir müssen Nahrung haben, um uns selbst zu stärken, damit wir gegen den Feind kämpfen können. Das Messer der Beschneidung weist alles ab, wovon der Feind profitieren würde; die Nahrung ist die Kraft des neuen Lebens, die uns dazu befähigt, dem Feind entgegenzutreten.

Aber ich gehe ja durch diese Welt hier und ich begegne Sorgen und Versuchungen – ich habe eine kranke Ehefrau oder ein krankes Kind oder einen schwachen Körper oder versuchende Umstände. Will ich dafür nicht Manna haben? Ich habe den erniedrigten Christus für die Umstände hier, diese demütige Freundlichkeit und Sanftheit, die Ihn charakterisierten; dieses Manna, so wie der kleine Raureif, der – wie jemand so wunderschön gesagt hat – auf jeder Rose und jedem Dorn lag. Und sie sammelten es, und es war süß und sie wurden davon gesättigt. Du und ich brauchen das, während wir durch diese Wüste gehen. Ich habe – Dank sei Gott – Christus sowohl in Kanaan als auch in der Wüste; ich brauche Manna als Nahrung, wenn ich durch die Wüste gehe; ich brauche das Getreide des Landes, damit es mich in meiner wahren himmlischen Stellung stärkt.


Jemand hat einmal gesagt, dass wir das Fleisch in anderen schonen, weil wir das Fleisch in uns selbst schonen. Das ist wahr; und man kann ruhig hinzufügen: Wer so handelt, wird wahrscheinlich jene anfeinden, die das Fleisch richten. (Roy A. Huebner)


Übersetzt aus „Chapter 7.2: The Practice of Our Circumcision in Christ. Answering in Practice to Positional Circumcision. Col. 3:5-11“
aus Elements of Dispensational Truth, Bd. 3, Present Truth Publishers, 2012, S. 305–308;
Auszug aus einem Vortrag über Josua 5
Originaltitel: „Joshua 5“ aus The Salvation of Jehovah; Being Addresses on the Book of Exodus

Übersetzung: Philipp-Richard Schulz

Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: „Diese Stellung im Fleisch“ bedeutet, dass ich meine, ich selbst könnte und müsste etwas tun, um von Gott anerkannt zu werden.

[2] Anm. d. Red.: Ein Beispiel mag diesen Gedanken etwas erläutern. Das Gesetz sagt mir beispielsweise: Du darfst nicht schreien, wenn du wütend bist. – Dann bin ich wütend und will herumschreien und darf nicht. Das sind die Handschellen, die ich bekomme. Doch ich sprenge die Handschellen auf und schreie dann doch herum. Kommt hingegen das Messer zum Einsatz, dann denke ich, wenn ich wütend werde: „Das ist nicht von mir, das ist von dem Fleisch. Aber das will ich jetzt nicht wirken lassen.“ Beide Handlungsweisen unterscheiden sich bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht kaum voneinander, aber Gottes Wort zeigt uns einen großen Unterschied auf, und wenn wir diesen beachten, werden wir ihn auch in der Praxis unseres Glaubenslebens entdecken, wenn wir so wie beschrieben handeln.


Hinweis der Redaktion:

Die SoundWords-Redaktion ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüft aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21). – Siehe auch „In eigener Sache ...

Bibeltexte im Artikel anzeigen