Der Kampf gegen Amalek
2. Mose 17

Christian Briem

© CSV, online seit: 27.07.2023, aktualisiert: 06.01.2024

In Verbindung mit dem Murren der Kinder Israel in der Wüste finden wir in 2. Mose 16 und 17 drei wichtige Vorbilder:

  • Das Man spricht von dem Fleisch gewordenen Christus.
  • Der geschlagene Fels weist auf den gekreuzigten Christus hin.
  • Und in dem Wasser, das aus dem geschlagenen Felsen hervorfloß, sehen wir ein Bild von dem Heiligen Geist. Man kann die Reihenfolge dieser drei Vorbilder nicht umkehren, ohne das Bild in seiner Gesamtheit zu zerstören.

Es ist tatsächlich beeindruckend, mit welcher Genauigkeit oft schon die Vorbilder des Alten Testaments christliche Wahrheiten des Neuen Testaments vorstellen. Selbst die Reihenfolge der Ereignisse ist oft nicht ohne Belang. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, wenn wir zum zweiten Abschnitt in 2. Mose 17 kommen und ein viertes Stück finden: Nach dem Genuss des lebendigen Wassers wird das Volk Gottes in Rephidim unvermittelt in Kampf mit Feinden verwickelt.

2Mo 17,8-10: Und Amalek kam und kämpfte gegen Israel in Rephidim. Und Mose sprach zu Josua: Erwähle uns Männer und zieh aus, kämpfe gegen Amalek; morgen will ich auf dem Gipfel des Hügels stehen mit dem Stab Gottes in meiner Hand. Und Josua tat, wie Mose ihm gesagt hatte, um gegen Amalek zu kämpfen; und Mose, Aaron und Hur stiegen auf den Gipfel des Hügels.

Als Gott seinem irdischen Volk das Man gab, wurde der Sabbat eingeführt: Christus bringt die Seele zur Ruhe, ja Er führt sein Volk zur ewigen Ruhe Gottes. Aber nachdem das Volk den „geistlichen Trank“ [1Kor 10,4] getrunken hatte und dadurch gestärkt worden war, ist Kampf mit dem Feind die unmittelbare Folge.

Nun, das ist genau das, was wir hier lernen sollen, was aber zu verwirklichen uns mitunter schwerfällt. Wenn wir als Erlöste von der Knechtschaft Satans befreit worden sind und nun auf der Seite Christi stehen, bringt das unweigerlich Kampf mit sich. Wir mögen das ebenso wenig erwartet haben, wie die Kinder Israel einst darauf vorbereitet waren. Als sie durch den starken Arm des HERRN von der Macht Pharaos erlöst und durch das Rote Meer gegangen waren, mochten sie gedacht haben, dass sie nun alsbald in das verheißene Land kommen würden, um von dessen „Milch und Honig“ zu genießen (vgl. 2Mo 3,8). Aber stattdessen fanden sie sich in der Wüste wieder und sahen sich nach der Stärkung durch das Man und das Felsenwasser einem starken Feind gegenüber – Amalek und seinem Volk. Gewiss, Gott hatte sie zu sich gebracht; denn Er sagt ihnen ein wenig später: „Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe, wie ich euch getragen auf Adlers Flügeln getragen und euch zu mir gebracht habe“ (2Mo 19,4). Wie köstlich ist dieses ZU MIR! Was jedoch ihre äußeren Umstände und Erfahrungen anging, waren sie nirgendwo anders als in der Wüste mit all ihren Entbehrungen und Gefahren.

Uns geht es nicht anders, Geliebte. In dem Augenblick, wo wir durch die Gnade erlöst werden, sind wir in der Tat „zu Gott“ gebracht worden; nichtsdestoweniger befinden wir uns aber auch in der Wüste. Doch es kommt noch etwas Weiteres hinzu: Durch den Empfang des Heiligen Geistes aufgrund des vollbrachten Werkes Christi haben wir nicht allein Stärkung und Erfrischung erfahren, um unseren Weg durch die Wüste fortzusetzen, sondern wir sind auch in die Lage versetzt worden, den Kampf mit dem Widersacher Gottes aufzunehmen. Diesen Kampf kannten wir nicht, als wir noch in ‚Ägypten‘ und unter der Macht Satans waren.

Worüber wir uns nun nicht selten überrascht zeigen, ist dies: Mit diesem Kampf, dem christlichen Kampf, verschont uns Gott nicht! Im Gegenteil, Er gestattet ‚Amalek‘, zu kommen und uns zu widerstehen, so dass wir uns genötigt sehen, mit ihm zu kämpfen. Auch wir hören die Aufforderung Gottes: „Kämpfe gegen Amalek!“ Und das gilt nicht nur für das Erleben des Einzelnen, sondern wir sehen dasselbe auch in historischer Hinsicht im Blick auf die Versammlung Gottes. Nachdem der Heilige Geist am Tag der Pfingsten gegeben worden und die Versammlung entstanden war, begann kurze Zeit danach der Kampf der ersten Christen gegen die Mächte des Bösen.

Natürlich erhebt sich eine Reihe von Fragen in Verbindung mit unserem „Kampf gegen Amalek“. Über sie müssen wir zur Klarheit kommen, wenn wir Nutzen aus dem vor uns liegenden Abschnitt ziehen wollen: Welchen Feind haben wir heute unter ‚Amalek‘ zu verstehen? Warum lässt Gott diesen Kampf für sein Volk zu? Worin besteht der Kampf gegen ‚Amalek‘, wie wird er geführt? Welche Hilfsmittel sind uns für diesen Kampf gegeben? Wie lange währt er? Ich denke, dass wir anhand unseres Abschnittes die Antwort auf diese Fragen aus Gottes Wort erhalten können.

Amalek

Viele haben geglaubt, in ‚Amalek‘ das Fleisch, die in uns wohnende Sünde, sehen zu müssen. Sicher ist dieser Gedanke nicht rundweg abzulehnen, als habe nämlich das Fleisch gar nichts mit ‚Amalek‘ zu tun. Dennoch erscheint er etwas zu schmal, zu einseitig. Auch fordert uns Gott im Neuen Testament nicht direkt auf, gegen das Fleisch in uns, gegen die Sünde als Natur, zu kämpfen. Vielmehr sollen wir uns „der Sünde für tot halten“ (Röm 6,11). „Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und den Begierden“ (Gal 5,24). Die „Handlungen des Leibes“ allerdings sollen wir in der Kraft des Geistes „töten“ (Röm 8,13). Trotzdem kämpfen wir nicht gegen die Sünde in uns. Hat sie jedoch Früchte getragen und „Handlungen“ hervorgebracht, sind wir gehalten, diese im Selbstgericht vor Gott schonungslos zu verurteilen. Wenn in Hebräer 12,4 gesagt wird, dass die Gläubigen aus den Juden „noch nicht, gegen die Sünde ankämpfend, bis aufs Blut widerstanden“ hätten, so widerspricht das keineswegs dem Gesagten; denn hier ist von einem Kampf gegen die Sünde in anderen die Rede, von Verfolgungen also, die sie von Außenstehenden erlitten und die bis zum Tod gehen konnten.

Amalek war ein erklärter Feind des Volkes Israel und versuchte, das Volk bei seinem Zug durch die Wüste aufzuhalten und es, wenn möglich, zu vernichten. Die anderen Feinde Israels waren nicht minder gefährlich, aber die Methoden ihres Kampfes waren anderer Art. Die Philister gingen politisch vor, die Jebusiter zeichneten sich durch Tapferkeit aus. Die Kampfesweise der Amalekiter dagegen war gemein und niedrig. Gott wollte nicht, dass das in Vergessenheit geriet: „Erinnere dich daran, was Amalek dir getan hat auf dem Weg, als ihr aus Ägypten zogt, wie er dir auf dem Weg entgegentrat und deine Nachzügler schlug, alle Schwachen hinter dir her, als du erschöpft und müde warst; und er fürchtete Gott nicht“ (5Mo 25,17.18). „So spricht der HERR der Heerscharen: Ich habe angesehen, was Amalek Israel getan, wie er sich ihm in den Weg gestellt hat, als es aus Ägypten heraufzog“ (1Sam 15,2).

Gehen wir fehl in der Annahme, dass wir in ‚Amalek‘ ein Bild Satans selbst und seiner Macht haben, in der er versucht, das Volk Gottes heute auf seinem Weg durch die Wüste aufzuhalten und ihm Schaden zuzufügen?

Gewiss, er kann uns nicht wieder unter die Sklaverei ‚Ägyptens‘, unter seine Macht, zurückbringen, aber er kann uns empfindlich schlagen und verwunden. Dazu kann er alle möglichen Dinge und Umstände benutzen, die Welt um uns und besonders das Fleisch in uns, diesen treuen Verbündeten Satans „hinter den Festungslinien“. Wie sehr haben wir die List ‚Amaleks‘ zu fürchten, der uns gerade dann, wenn wir schwach, matt und müde sind, angreifen, der uns gerade dann zusetzen wird, wenn wir – wie Israel in Rephidim – gesündigt haben und so umso leichter verwundbar sind! Liebe Freunde, lasst uns darüber klar sein: Wenn wir den fleischlichen Lüsten in uns nachgeben, statt auf sie das Todesurteil Gottes zu schreiben, dann kämpfen wir nicht gegen ,Amalek‘, sondern spielen ihm in die Hände. Satan wird stets versuchen, fleischliche, weltliche Grundsätze in unser Leben einzuführen. Auf diese Weise schwächt er uns und hindert uns, auf unserem Weg des Glaubens Fortschritte zu machen.

Um das bisher Gesagte noch einmal kurz zusammenzufassen: Der eigentliche Kampf des Christen richtet sich nicht gegen das Fleisch, sondern gegen Satan, der das Fleisch benutzt. Nur wenn wir verwirklichen, dass wir mit Christus der Sünde gestorben sind, sind wir in der Lage, den Kampf gegen ‚Amalek‘ in der Kraft des in uns wohnenden Geistes aufzunehmen. Dass wir auch nicht gegen unsere Mitmenschen oder gar gegen Brüder kämpfen, sei noch ausdrücklich erwähnt. Natürlich kann Satan Menschen oder Brüder als seine Werkzeuge gebrauchen (Mt 16,23), aber wir kämpfen nicht gegen sie.

Ein Kampf des HERRN

Der Kampf gegen ‚Amalek‘ findet zwar nicht in den himmlischen Örtern statt (vgl. Eph 6,10-20), sondern in der Wüste ­­– Satan übt seine Macht in verschiedenen Bereichen aus –, dennoch ist es Gottes Kampf. Er führt ihn gegen den Widersacher, aber Er tut das durch sein Volk. Das gibt diesem Kampf in unseren Augen einen so erhabenen Charakter und verleiht uns auch Mut, ihn zu führen. Ist es doch der Kampf Gottes, in dem Er sich verherrlichen will. Zugleich finden wir hier auch eine Antwort darauf, warum er geführt werden soll: Gott will dem Satan in dieser Welt „Terrain“ abnehmen, und dazu will Er uns benutzen. Deswegen sollen wir nicht nur nicht von ‚Amalek‘ geschlagen werden, sondern Raum gegen ihn gewinnen.

Zum einen kann dies im Gewinnen von Menschen für Christus durch die Verkündigung des Evangeliums geschehen. Die Welt ist in Finsternis. Trotzdem leuchtet das wahrhaftige Licht schon, und mit jeder Seele, die aus der Finsternis zum Licht geführt wird, „vergeht die Finsternis“ (1Joh 2,8) – ein beglückender Gedanke!

Aber zum anderen gibt es auch im persönlichen Bereich jedes einzelnen Christen viele Möglichkeiten, wodurch wir Raum gegen Satan gewinnen können. Bleiben wir einmal bei dem Gedanken von Licht und Finsternis. Es ist stets Satans Bemühen, durch Unkenntnis das Licht Gottes von der Seele fernzuhalten. Das gilt auch für uns Gläubige. In wie vielen Bereichen unseres Herzens gibt es dunkle Stellen, die wir dem Herrn noch nicht geöffnet haben! Der Teufel hat Interesse daran, dass das so bleibt. Und wie viel Unkenntnis über die Gedanken und den Willen Gottes herrscht doch oft bei uns vor! Insofern „vergeht die Finsternis“ im Blick auf uns auch dadurch, dass wir uns dem Wirken des Geistes Gottes öffnen und in der Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesus Christus wachsen. Auch Fortschritte in der praktischen Heiligung, in der Hingabe an Gott, in der Liebe zu den Brüdern, in Geduld und Ausharren sind ein „Geländegewinn“ gegen den Widersacher, sind Siege über den, der die Entfaltung solcher Tugenden verhindern will.

Doch das alles bedeutet Kampf, jeder Fußbreit muss errungen werden. Es ist zwar der Kampf des Herrn, aber wir müssen ihn kämpfen. Er unterscheidet sich darin grundsätzlich von dem Kampf des HERRN in 2. Mose 14. Dort vernichtete Er den Pharao und sein ganzes Heer – ein wunderbares Vorbild der Erlösung. Und dieses Werk tat Er ganz allein, so dass Mose zu dem Volk sagen konnte: „Fürchtet euch nicht! Steht und seht die Rettung des HERRN, die er euch heute verschaffen wird; denn die Ägypter, die ihr heute seht, die werdet ihr fortan nicht mehr sehen in Ewigkeit. Der HERR wird für euch kämpfen, und ihr werdet still sein“ (2Mo 14,13.14).

Im Kampf mit ‚Amalek‘ hingegen müssen wir kämpfen, nichts fällt uns in dieser Hinsicht in den Schoß. Ein mächtiger Feind will uns am Weiterkommen hindern, und mit unserer Kraft können wir gegen ihn nichts ausrichten. Wie gut, dass wir da Hilfsquellen haben, die Gott uns gewährt, damit wir in diesem Kampf nicht unterliegen!

Hilfsquellen und Ergebnisse

2Mo 17,10-13: Und Josua tat, wie Mose ihm gesagt hatte, um gegen Amalek zu kämpfen; und Mose, Aaron und Hur stiegen auf den Gipfel des Hügels. Und es geschah, wenn Mose seine Hand erhob, so hatte Israel die Oberhand, und wenn er seine Hand ruhen ließ, so hatte Amalek die Oberhand. Und die Hände Moses wurden schwer. Da nahmen sie einen Stein und legten diesen unter ihn, und er setzte sich darauf; und Aaron und Hur unterstützten seine Hände, hier einer und dort einer; und so waren seine Hände fest, bis die Sonne unterging. Und Josua streckte Amalek und sein Volk nieder mit der Schärfe des Schwertes.

  1. Als Erstes finden wir hier Josua, wie er seine Brüder im Kampf gegen Amalek anführte. Josua ist zweifellos ein Bild von Christus, der in der Kraft des Heiligen Geistes sein erlöstes Volk in den Kampf führt. Wenn wir diese Wahrheit mit dem Herzen erfassen, welch eine Ruhe und Gelassenheit strömt dann in unser Herz! Wie entmutigend die Umstände auch sein mögen, in denen wir uns befinden, wie dreist die Angriffe des Feindes auf das Zeugnis des Herrn in dieser Welt – es ist sein Kampf, den wir führen, und Er geht uns in diesem Kampf voran. Lasst uns daher von Menschen absehen und uns nur auf Ihn stützen und die Kraft seines Geistes, in der allein wir gegen den Feind bestehen und den Sieg davontragen können!

  2. Aber selbst wenn wir den Kampf des Herrn kämpfen und dazu ‚Josua‘ in den Ebenen der Wüste als Anführer haben, so brauchen wir Ihn doch auch in noch anderer Weise. Das wird uns in Mose auf dem Gipfel des Hügels vorgestellt. So groß ist die Person und der Dienst unseres Herrn, dass zu deren Illustration ein Bild nicht ausreicht. Deshalb tritt nun neben Josua in der Ebene die Person Moses – Mose auf dem Hügel mit dem Stab der Macht Gottes in seiner Hand. Nur wenn Mose auf dem Gipfel des Hügels seine Hände erhob, unterstützt von Aaron und Hur, hatten die Kämpfer in der Ebene unter Josua die Oberhand über Amalek.

Zwei äußerst wichtige Wahrheiten lernen wir aus diesem Bild:

  1. Die erste betrifft den Dienst unseres Herrn und Erlösers für uns im Himmel. In der Würde seines Priestertums (‚Aaron‘) und unter Aufrechterhaltung der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes (‚Hur‘ = Licht) verwendet Er sich zur Rechten Gottes für Heilige Gott gemäß (Röm 8,34). Er erscheint jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns und vermag die „völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden“ (Heb 9,24; 7,25). Wie unendlich viel wir hier auf der Erde diesem Dienst unseres Hohenpriesters im Himmel verdanken, werden wir wohl erst dann ganz erfassen können, wenn wir das Ziel unserer Wanderung durch die Wüste erreicht haben. Jedenfalls macht uns das Vorbild, das uns beschäftigt, dies eine ganz klar: Unser Sieg über den Feind hängt vollständig von Ihm ab.

    Das Vorbild selbst erreicht natürlich nie ganz die Wirklichkeit, es ist nur ein Schatten der Dinge in den Himmeln. Und so verstehen wir, dass die Hände unseres großen Hohenpriesters nie schwach werden: Sie sind fest, „bis die Sonne untergeht“. Er lebt immerdar, das heißt ununterbrochen, um sich für uns zu verwenden; und sein ununterbrochener Dienst kann nicht ohne Wirkung und Ergebnis sein. Wie tröstet es uns, das zu wissen!

  2. Die zweite Wahrheit betrifft direkt uns selbst: die Notwendigkeit unserer Abhängigkeit von unserem Herrn und Meister im Himmel. Wir müssen uns stets bewusstmachen und uns dessen bewusst bleiben, dass wir vollkommen von Ihm und seinem Dienst abhängig sind, ob wir nun allgemein an unseren Gang durch die Wüste denken oder im Besonderen an unseren Kampf mit ‚Amalek‘. „Außer mir könnt ihr nichts tun“, hat der Herr Jesus gesagt (Joh 15,5), und das ist und bleibt in jeder Beziehung wahr.

    Doch wie schnell verlieren wir das Bewusstsein unserer Abhängigkeit von Ihm! Nirgends versagen wir wohl im praktischen Leben mehr als darin, alles nur in Abhängigkeit vom Herrn zu tun! Haben wir Ihn überhaupt gefragt, ob wir dieses oder jenes beginnen sollen? Und selbst wenn wir eine Sache in Abhängigkeit von Ihm begonnen haben, liegt die Möglichkeit nahe, dass im weiteren Verlauf das Fleisch die Führung übernimmt. Das kann selbst bei unserem Dienst für den Herrn geschehen oder während wir im Gebet sind. Dann verlieren wir nicht nur selbst den Segen, sondern unterliegen auch der Gefahr zu fallen. Ein gesegneter Diener des Herrn hat einmal in einem Vortrag gesagt: „Wenn ich jetzt zu euch spreche und ich hörte dabei auf, vom Herrn abhängig zu sein, würde ich jeden Segen für meine Seele einbüßen … Weder kann ich reden noch könnt ihr hören zum Nutzen ohne Abhängigkeit vom Herrn.“

    Der Segen Gottes für unseren Weg durch die Wüste liegt in der Verwirklichung unserer Abhängigkeit von Ihm. Ist dagegen unser Leben durch Unabhängigkeit gekennzeichnet, wird Satan trotz aller Vorsorge Gottes Vorteile über uns erringen und unserer Seele Schaden zufügen. Und kehren wir in einem solchen Zustand nicht bald zu Gott um, kann es sein, dass unser Leben, obwohl wir erlöst sind, für den Herrn weitgehend nutzlos ist. Dennoch dürfen wir in jedem Umstand auf die Gnade und Güte des Herrn rechnen. Er ist willig und in der Lage, uns in der Kraft seines Priestertums und seiner Gerechtigkeit im Kampf aufrechtzuerhalten und jede Segnung zu sichern.

So finden wir in dem allen eine weitere Antwort auf die Frage, warum Gott ‚Amalek‘ gegen uns kommen lässt: Nur im Kampf entwickeln sich und gedeihen unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes bestimmte geistliche Tugenden, deren wichtigste die Abhängigkeit vom Herrn ist. Und wo lernten wir besser solche Tugenden wie Mut, Tapferkeit, Entschlossenheit, Entsagungsbereitschaft, Beherrschung, Ausharren, Misstrauen gegen uns selbst und Vertrauen zu Gott als im Kampf gegen ‚Amalek‘? Bleiben wir daher nahe beim Herrn und lassen wir uns im Kampf nicht entmutigen! Denn wir werden das erfahren, was in unserem Abschnitt so beschrieben wird: „Josua streckte Amalek und sein Volk nieder mit der Schärfe des Schwertes“ (2Mo 17,13) – Sieg über Satan und seine Verführungen. Doch bedenken wir: Niemals flieht der Teufel vor uns. Wenn wir aber mit Christus in Gemeinschaft sind und ihm so widerstehen, dann flieht er von uns (Jak 4,7). Und warum? Weil er in uns Christus begegnet ist.

Satan – unter unsere Füße zertreten

War nun mit dem Sieg Josuas über Amalek der Feind für immer geschlagen und der Krieg beendet? Durchaus nicht! Wohl war der Sieg bei dieser Gelegenheit errungen worden, aber der Kampf musste, wie uns die letzten Verse des Kapitels zeigen, fortgesetzt werden „von Geschlecht zu Geschlecht“.

2Mo 17,14-16: Und der HERR sprach zu Mose: Schreibe dies zum Gedächtnis in ein Buch, und lege in die Ohren Josuas, dass ich das Gedächtnis Amaleks ganz und gar unter dem Himmel austilgen werde. Und Mose baute einen Altar und gab ihm den Namen: „Der HERR, mein Banner!“ Und er sprach: Denn die Hand ist am Thron Jahs: Krieg hat der HERR gegen Amalek von Geschlecht zu Geschlecht!

Zuerst jedoch sollte Mose das, was mit Amalek in Rephidim geschehen war, zum Gedächtnis in ein Buch schreiben. Die Kinder Israel sollten sich später immer wieder daran erinnern, was der HERR in der Vergangenheit für sie getan hatte. In Verbindung damit baute Mose in Dankbarkeit und Anbetung den Altar „Jahwe-Nissi“ und bekannte damit vor dem ganzen Volk, dass der HERR sein Banner und dass Ihm allein die Errettung vom Feind zu verdanken war.

Haben auch wir in unsere Herzen eingeschrieben, was der Herr Jesus als „unser Banner“ in den zurückliegenden Jahren unserer Wanderschaft durch die Wüste für uns getan hat? Hat Er uns nicht in unermeßlicher Gnade bei unzähligen Gelegenheiten seine Hilfe gegen den Feind gewährt? Nicht immer haben wir seinen Beistand überhaupt bewusst erlebt. Und doch können auch wir uns an manche Gelegenheit erinnern, wo wir es tief empfunden haben, wie Er uns geholfen hat. Haben diese Siege uns zur Anbetung und zu größerer Wertschätzung dessen geführt, der sie uns geschenkt hatte? Wie oft, ach, wie oft haben wir sogar vergessen, Ihm dafür zu danken! Dass doch jeder von uns persönlich von Ihm sagen lernte: „Der HERR, mein Banner!“ Ist Er nicht unserer ganzen Hingabe und unseres uneingeschränkten Vertrauens wert?

Aber dann wird der Blick von der Erinnerung an das in der Vergangenheit Geschehene in die Zukunft gelenkt, und das in zweifacher Weise:

  1. Das Erste ist, dass der Kampf gegen Amalek nicht aufhören würde. Es war der Kampf des HERRN, und Er würde ihn von Geschlecht zu Geschlecht führen. Nicht nur sollte der Kampf während der ganzen Zeit eines Geschlechts fortgeführt werden, sondern auch in den zukünftigen Geschlechtern sollte dies geschehen.

    Auch wir müssen lernen, dass der Kampf gegen ‚Amalek‘ mit einem Sieg über ihn nicht zu Ende ist. Der gütige Herr gibt uns zwar die Zusage auf den Sieg und gewährt uns jede Sicherheit für die Zeit unserer Wüstenreise, aber Er verheißt uns nicht, dass der Kampf aufhört. Nach einem Sieg dürfen wir uns nicht zufrieden zurücklehnen, sondern müssen das Bewusstsein unserer Abhängigkeit von Ihm ständig pflegen und mit weiteren Angriffen rechnen. Gewiss, wir dürfen uns nach der ewigen Sabbatruhe sehnen, und wir werden sie auch erlangen. Doch solange wir hier in der Wüste sind, hat Er seinen Krieg gegen Satan, und Er will uns benutzen, ihn zu führen. Welch ein Trost liegt bei aller Not darin, dass es nicht unser, sondern des Herrn Krieg ist! Dann aber ist es ein Vorrecht, daran teilzuhaben und gleichsam unter seinem Banner zu kämpfen.

  2. Als Zweites sollte Mose in die Ohren Josuas legen, dass der HERR „das Gedächtnis Amaleks ganz und gar unter dem Himmel austilgen“ würde. Hier dürfen wir einen weiteren Blick in die Zukunft lenken – einen Blick, der über die gegenwärtige Zeit hinausgeht. Einmal wird Agag, der Amalekiter, vor dem HERRN in Stücke zerhauen werden (1Sam 15,33). Ja, in kurzem wird der Gott des Friedens den Satan unter unsere Füße zertreten (Röm 16,20). Gewaltiges Wort! Welch einen Triumph über Satan wird Gott denen gewähren, die bereit waren, in der Zeit ihrer Fremdlingschaft auf der Erde den Kampf des Herrn gegen Satan zu führen!

Dadurch dass Er uns Siege über Satan erringen lässt, gewährt uns Gott schon heute einen gewissen Vorgeschmack davon, was es bedeuten wird, wenn der alte Widersacher Gottes und der Menschen einmal endgültig beseitigt sein wird. Die Beiseitesetzung Satans selbst wird in drei Schritten geschehen:

  1. Zunächst wird dreieinhalb Jahre vor Errichtung des Tausendjährigen Reiches der „große Drache, die alte Schlange, welcher Teufel und Satan genannt wird“, auf die Erde geworfen werden (Off 12,9). Dadurch verliert er mit seinen Engeln seinen Wirkungsbereich im Himmel (vgl. Jud 9; Dan 10,13.20.21), wo er als der „Verkläger unserer Brüder“ [Off 12,10] den gläubigen Überrest jener Endzeittage Tag und Nacht vor Gott verklagte. Nie mehr wird er dorthin zurückkehren.

  2. Unmittelbar vor der Aufrichtung des Friedensreiches Christi wird er dann für die Dauer des Reiches gebunden in den Abgrund geworfen werden (Off 20,1-3). Unmöglich, dass Christus herrschen und zu gleicher Zeit der „Gott dieser Welt“ [2Kor 4,4] seinen verderblichen Einfluß ausüben könnte!

  3. Aber das, was Gott ganz zu Anfang zur „Schlange“ gesagt hatte – dass der „Same der Frau“ ihr, der Schlange, den Kopf zermalmen würde (1Mo 3,15) –, wird sich erst dann völlig erfüllen, wenn der Teufel nach kurzer Freilassung endgültig in den Feuer- und Schwefelsee geworfen wird, um dort von Ewigkeit zu Ewigkeit gepeinigt zu werden (Off 20,7-10).

Diese überaus ernsten Vorgänge kleidet der Heilige Geist in Römer 16,20 jedoch in die für uns so ermunternden und unermeßlichen Worte: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten.“ Ja, Er ist der Gott des Friedens, nichts kann seinen Frieden stören oder seinen Thron erschüttern. Und Er wird gewisslich das Gedächtnis ‚Amaleks‘ gänzlich unter dem Himmel austilgen: Wir werden uns nicht einmal mehr an ihn zu erinnern haben! Unsere glückselige Beschäftigung wird Christus sein, der durch das Blut seines Kreuzes Frieden gemacht und damit die Grundlage für alles das gelegt hat, was der Gott des Friedens in seinem Herzen für uns hat.

Ausklang

Noch führt unser Weg durch die Wüste, Geliebte, und wir empfinden das zuweilen tief. Doch wir gehen ihn nicht allein: Gott geht ihn mit uns. Er hat jede Vorsorge für uns getroffen, für Hunger und Durst, für Entbehrung und Not, für Gefahr und Kampf, für Leben und Tod. Vertrauen wir Ihm! Was auch kommen und geschehen mag – Gott führt die vielen Söhne zur Herrlichkeit (Heb 2,10). Das ist das Endergebnis der Wege Gottes in Gnade, und dafür hat der Herr Jesus den Tod geschmeckt.

So sehen wir das Ziel schon herüberleuchten. Gott will seine ewige Sabbatruhe in Herrlichkeit mit uns teilen. Und wie wir uns bei unserer Bekehrung einst unverhofft in die Wüste versetzt fanden, so unversehens wird unsere Wüstenreise auch ihr Ende finden. Der Herr Jesus wird kommen und uns aus dieser Welt wegnehmen und uns in das Haus seines Vaters führen. Nach allem Erdenleid werden wir die Wüste mit all ihren Erfahrungen vertauschen mit der unvergleichlichen Herrlichkeit Gottes; „und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein. So ermuntert nun einander mit diesen Worten“ (1Thes 4,17.18).

Nicht mehr fern
bist Du, heller Morgenstern.
Bald wird die Posaune schallen
Deinen gläub’gen Streitern allen,
sie zu rufen aus der Welt,
die sie feindlich hier umstellt.
Bist nicht fern,
Morgenstern![1]


Originaltitel: „Kampf mit Amalek“
aus Ermunterung und Ermahnung, Jg. 45, 1995, S. 315ff., 341ff.

Anmerkungen

[1] Aus dem Lied „Aufgeschaut! Nicht mehr fern“ von Carl Brockhaus (1822–1899).


Hinweis der Redaktion:

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