Warum Paulus den Propheten Hosea zitiert
Römer 9,25

R. John Reid

© SoundWords, online seit: 26.11.2005, aktualisiert: 07.02.2024

Leitvers: Römer 9,25

Röm 9,25: Wie er auch in Hosea sagt: „Ich werde Nicht-mein-Volk mein Volk nennen, und die Nicht-Geliebte Geliebte“ {Hos 2,23}.

Der Apostel gebraucht dieses Zitat nicht nur, um zu zeigen, wie Gnade die Tür für die Heiden in der gegenwärtigen Zeit geöffnet hat, sondern er tut dies tatsächlich gerade weil Gott Hosea befohlen hatte, zu Israel zu sagen: „Ihr seid nicht mein Volk“; Er hatte ihnen die Anerkennung versagt. Aber Hosea wurde auch befohlen hinzuzufügen: „An dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: ,Ihr seid nicht mein Volk!‘, wird zu ihnen gesagt werden: ,Kinder des lebendigen Gottes‘“ (Hos 2,1). Darüber hinaus sagt Er: „Ich werde ihr das Tal Achor zu einer Tür der Hoffnung geben“ (Hos 2,17); gerade den Ort, wo das Gericht über Achan ausgeführt wurde für die Sünde, die Not über Israel gebracht hatte (Jos 7,25.26). In ähnlicher Weise wird es so mit Israel sein. Wenn das Gericht über ihre Sünde über sie ausgeführt wird, wird die „Tür der Hoffnung“ für sie geöffnet werden. Dann wird der Herr zu ihnen, „die nicht mein Volk waren“ (als Nicht-Anerkannte), sagen: „Du bist mein Volk“ (als Wiederhergestellte), und sie werden sagen: „Mein Gott“ (Hos 2,25).

Gerade wegen dieses göttlichen Grundsatzes der Gnade, die Israel verheißen war durch ihren eigenen Propheten Hosea, wird der Apostel durch den Geist zu dieser Schriftstelle hingeführt, um zu zeigen: So wie Gott verheißen hat, sich in Gnade zu seinem nicht anerkannten Volk hinzuwenden und es wieder anzuerkennen (und Gnade ist unverdiente Gunst), so sollten sie doch deutlich sehen, dass Er keinen neuen Grundsatz des Handels angekündigt, wenn Er zu den Heiden sagt, die niemals sein Volk waren: „Ich werde sie mein Volk nennen, die nicht mein Volk waren.“

Aber die Juden waren wütend wegen der Offenbarung dieser Gnade für diejenigen, die nicht des Herrn Volk waren. Trotzdem hatten sie den Bericht von solch einem wirksamen Grundsatz in ihren eigenen Schriften: eine Manifestation von Gnade, die ihnen selbst gezeigt werden würde als ein Volk, das nicht anerkannt war. So war die gegenwärtige Gnade des Evangeliums vom Grundsatz her dem Charakter nach – wie ihr eigener Prophet Hosea ihnen berichtet hatte – dasselbe wie die Gnade, die ihnen in der Zukunft gezeigt werden würde. Das heißt also: Wenn die Juden sich diesem in ihrer gegenwärtigen weltweiten Wirkungsweise widersetzten, schlossen sie ihre Augen für ihre eigene Geschichte und die Prophezeiungen ihres eigenen Propheten Hosea. Obwohl sie nicht mehr anerkannt waren, indem der Herr sie „Nicht-mein-Volk“ nannte, und obwohl sie dem Fleisch nach alles verloren hatten, schlossen sie ihre Augen für den Charakter der Gnade, die einmal aus ihnen ein geistliches Volk nehmen würde, was unter dem Gesetz nicht möglich gewesen wäre. So rechtfertigt der Apostel seine Handlungsweise, indem er den göttlichen Willen in seiner Predigt ausführte. Und er tut es, ohne damit im Widerspruch zu den Verheißungen und Prophezeiungen an Israel in ihren heiligen Schriften zu kommen.

Dass dies der Grund ist, weshalb er Hosea zitiert, wird bewiesen durch die gesamte Zeugnislast in drei gut bekannten Kapiteln: Römer 9–11. Denn in ihnen zeigt der Apostel Folgendes:

  1. Obwohl Israel (das „natürliche“ Israel) „gestrauchelt war“, waren sie doch nicht gestrauchelt, damit sie fallen sollten; das war nicht der Sinn (Röm 11,11). Mit ihrem Straucheln war ein anderer Zweck verbunden, nämlich Heil den Heiden zu bringen und sie selbst zur Eifersucht zu reizen, denn Gott hatte sie nicht endgültig aufgegeben.
  2. Es war unübersehbar: „Blindheit zum Teil“ über sie gekommen, „bis die Fülle der Nationen eingegangen ist“ (Röm 11,25). Diese teilweise Blindheit war für eine Zeit.
  3. Der Befreier würde aus Zion kommen und „die Gottlosigkeit von Jakob wegwenden“ (Röm 11,26).
  4. Aber dieses „Israel“, dieses „Jakob“, so wie es in dieser Evangeliumszeit betrachtet wird, wird angeklagt, „Feinde“ zu sein „bezüglich des Evangeliums“; obwohl geliebt „um der Väter willen“ (Röm 11,28), „hinsichtlich der Auswahl“, bewiesen in den Verheißungen, die nicht ungültig gemacht werden können.

Was „hinsichtlich der Auswahl“ angeht – das Volk „geliebt um der Väter willen“ –, so muss noch ein großes Werk geschehen. Ihre Starrsinnigkeit in allen Umständen hat keinen Vergleich in der Geschichte gefunden; ihr Widerstand gegen das Evangelium hat durch die Jahrhunderte hin angehalten.

Aber Gott wird schließlich seinen Weg mit ihnen haben. Sein wirkungsvolles Handel mit ihnen wird schön illustriert in der Strafe, die auf Mirjam kam für ihren Widerstand gegen die Wege Gottes (4Mo 12). Als Zippora ankam, die Frau Moses aus den Heiden (die Jethro, ihr Vater, mit sich in das Lager Israels gebracht hatte, begleitet von ihren zwei Söhnen; 2Mo 18), flammte sofort die Eifersucht in ihrem Herzen auf, und sie brachte ihren Bruder Aaron, der einen schwächeren Willen hatte, dazu, mit ihr einen bösen Angriff gegen Mose zu starten. Ihre Eifersucht auf Zippora war vorbildlich von der jüdischen Feindschaft der Gnade gegenüber, die nun den Nationen in der Verkündigung des Evangeliums gezeigt wird. Derselbe Charakter von Feindschaft wird auch deutlich in der Wut gegen den Apostel Paulus: Nachdem der Herr ihn gewarnt hatte, dass Jerusalem seine Botschaft nicht annehmen würde, erklärte Paulus, dass ihm befohlen worden war: „Geh hin, denn ich werde dich weit weg zu den Nationen senden“ (Apg 22,21). Die Wut über diese Aussage war so schrecklich, dass seine jüdische Zuhörerschaft ihre Kleider zerriss, Staub in die Luft warf und schrie: „Weg von der Erde mit einem solchen, denn es geziemt sich nicht, dass er am Leben bleibt!“ (Apg 22,22).

Und genauso wie Mirjam mit Aussatz geschlagen wurde und außerhalb des Lagers sieben Tage ausgeschlossen war, dann der Gegenstand der Fürbitte Moses wurde und die Bewegung des ganzen Lagers verzögert wurde, bis sie ihre Lektion gelernt hatte und sich den Wegen Gottes unterwarf, so muss Israel seit 1900 Jahren in geistlicher Isolation sein und macht keine Bewegung nach dem Willen Gottes. Und es wird so bleiben, bis es gereinigt ist und befreit von dem Widerstand gegenüber der Gnade, die nun der Menschheit offenbart wird – der Gnade aufgrund der Kraft des erlösenden Todes dessen, den sie verworfen haben. Wenn sie jene Lektion gelernt haben, wird ihnen ein neues Herz gegeben werden als Antwort auf die Fürbitte des Herrn für sie. Dann werden sie verstehen, was ihr eigener Prophet Hosea prophezeit hatte.


Aus Remarks on the Amillennialism and Kindred Teaching of Philip Mauro, New York (Loizeaux Brothers) 1943, S. 27–32

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