Die himmlische Berufung
Hebräer 3,1

William Kelly

© SoundWords, online seit: 25.11.2005, aktualisiert: 06.03.2021

Leitvers: Hebräer 3,1

Heb 3,1: Daher, heilige Brüder, Genossen der himmlischen Berufung, betrachtet den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesus …

Es ist nicht unwichtig, daran zu denken, dass, während die „himmlische Berufung“ als ein entwickeltes System von der Auffahrt des Herrn Jesus Christus in den Himmel abhängt, doch der Glaube der Gläubigen des Alten Testamentes ihrer Berufung und ihren Umständen weit voraus war. So berief der HERR den Abraham von seinem Heimatland und seiner Verwandtschaft und seinem Vaterhaus in ein Land, das Er ihm zeigen würde. Und es war sicherlich durch Glauben, dass Abraham gehorsam war und ausging, „ohne zu wissen, wohin er kommen werde“ (Heb 11,8). Aber Hebräer 11,9 zeigt uns die weitere Handlung des Glaubens. Denn als Abraham in das Land kam, wanderte er dort umher wie in einem fremden Land, weil ein Strahl entfernter himmlischer Herrlichkeit in seiner Seele aufgebrochen war. „Er erwartete die Stadt, die Grundlagen hat“ (Heb 11,10) usw. So starben er und die anderen Erzväter, so wie sie gelebt hatten: im Glauben, nicht im aktuellen Besitz. Nichtsdestoweniger bedeutet solch eine Fremdlingschaft weder den Besitz noch die Notwendigkeit der „himmlischen Berufung“. Zweifellos ist es so, dass die „himmlische Berufung“ jetzt auch Fremdlingschaft hervorruft und dazu ermuntert. Aber das beweist in keiner Weise, dass eine solche himmlische Berufung damals bekannt war und genossen wurde.

Denn die „himmlische Berufung“, die im Hebräerbrief vor uns gestellt wird, wächst aus der Stellung des Herrn, die Er eingenommen hat als jemand, der hier erschienen ist und als solcher durch sich selbst die Reinigung der Sünden bewirkt und sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt hat. Deswegen verschwinden für solche, die an der „himmlischen Berufung“ teilhaben, die irdische Stiftshütte, die Ruhe im Land, das levitische Priestertum und die Opfer völlig. Und das sind die Personen, an die sich dieser Brief richtet. Diesen Zustand der Dinge gab es weder für die Erzväter noch für die Kinder Israel. Ihre Hoffnung war aufs innigste mit dem Land (kein Zweifel unter dem Messias und einem verherrlichten Zustand, aber immer noch ihr Land und Volk als Mittel zum Segen für alle anderen) verbunden. Aber die „himmlische Berufung“ war nicht offenbart, noch konnte sie es sein, bis der Herr Jesus kam und seine Verwerfung, seine Erlösung und seine konsequente Verherrlichung im Himmel die Grundlage dieser Berufung wurde.

Deswegen hatte Abraham seinen irdischen Altar. Deswegen opferte er – wie auch seine Nachkommen – zur passenden Zeit von seinen Rindern oder von der Schaf- und Ziegenherde oder von bestimmten reinen Vögeln. Dann kommt das weltliche Heiligtum und damit seine sehr belehrenden Einrichtungsgegenstände und Riten, die von besseren Dingen sprachen und in der Zukunft liegen würden. Ich kenne keinen, der abstreitet, dass einzelne Gläubige über diese Schatten hinaussahen, schwach vielleicht, aber doch echt, hin auf einen kommenden Heiland und ein himmlisches Land. Trotzdem war das Land, zu dem die Erzväter berufen waren, ein irdisches Land, und die ganze Politik Israels war die einer Nation, die regiert wird unter dem Auge eines Gottes, der sich selbst auf der Erde in ihrer Mitte gezeigt hatte – im Gegensatz zur der „himmlischen Berufung“, von der es wohl schlagende Vorbilder lieferte, mit den nötigen Abänderungen.

Deswegen finden wir auch in Hebräer 11, nachdem uns die wunderbaren Wege des Heiligen Geistes in den Gläubigen des Alten Testamentes vorgestellt wurden – nicht nur beginnend mit Abraham, sondern von Abel an –, durch die Zwischenbemerkung des letzten Verses [„da Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat, damit sie nicht ohne uns vollkommen gemacht würden“; Heb 11,40] die Warnung vor dem Irrtum, alles in einen Topf zu werfen (siehe auch Heb 12,23). Die Alten haben die Verheißung nicht empfangen; sie warten bis zur Auferstehung darauf. Währenddessen hat Gott unvorhergesehen etwas Besseres für uns bereitet. Er hat uns nicht nur eine Verheißung gegeben, sondern die Erfüllung in Christus. Er hat uns zu Anbetern gemacht, die einmal gereinigt sind und jetzt kein Gewissen mehr von Sünden haben. Er hat uns berufen, mit Freimütigkeit in das Heiligtum einzugehen – auf einem neuen und lebendigen Weg, den Er für uns bereitet hat. Nichts davon konnte von den Alten gesagt werden und doch sind diese Dinge Teil der himmlischen Berufung. Es ist also wahr, dass Gott etwas Besseres für uns bereitet hat, selbst wenn wir nur das anschauen, was nun durch den vom Himmel herabgesandten Heiligen Geist bekannt ist. Es ist auch wahr, dass sie nicht ohne uns vollkommen gemacht werden sollen. Sie und wir werden beim Kommen Christi in unser spezielles Teil in die Auferstehungsherrlichkeit eingehen. Währenddessen haben wir keine irdische Berufung, sondern ausschließlich eine himmlische Berufung.


Auszug aus „The heavenly Calling—Hebrews iii“
inThe Christian Annotator, Jg. 4, 1857, S. 87

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