Wenn Schlimmes passiert
Johannes 9,1-4

David R. Reid

© SoundWords, online seit: 10.08.2016, aktualisiert: 29.03.2020

Leitverse: Johannes 9,1-4; Römer 8,28.29

Joh 9,1-4: Und als er vorbeiging, sah er einen Menschen, blind von Geburt. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde? Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbar würden! Ich muss die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.

Röm 8,28.29: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind. Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.

Zum Hintergrund

Seine Jünger fragten ihn: „Rabbi, wer hat gesündigt, so dass dieser blind geboren ist, er oder seine Eltern?“ (Joh 9,2).

Auf den ersten Blick erscheint diese Frage seltsam. Wenn der Mann von Geburt an blind war, wie konnte es dann möglich sein, dass seine Blindheit von eigener Sünde herrührte? Menschen sündigen nicht vor ihrer Geburt. Aber auch wenn wir es nur schwer glauben können, gibt es in einigen rabbinischen Schriften die Vorstellung, dass ein Ungeborenes im Mutterleib sündigen kann. Deshalb war es aus der Sicht der Jünger keine so seltsame Frage.

Die Vorstellung, dass der Mann aufgrund der Sünden seiner Eltern blind geboren sein könnte, hat ihren Ursprung in einer missverständlichen Auslegung des Alten Testaments, das nach 2. Mose 20,5; 34,7 die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern „bis in das dritte und vierte Glied“. Diese Aussage bedeutet jedoch nicht, dass die körperlichen Probleme eines Kindes von einer bestimmten Sünde seiner Eltern oder Großeltern herrührten. Nein, Gott wollte uns lehren, dass Sünde sich weit ausdehnt, um ganze Familien anzustecken. Zum Beispiel hat eine gescheiterte Ehe oft eine weitreichende Wirkung, manchmal auf Generationen.

In dem Fall des blinden Mannes erklärte Jesus seinen Jüngern insbesondere, dass niemand gesündigt und eine schlechte oder ungeeignete Entscheidung getroffen hätte. Gott hatte zugelassen, dass der Mann blind geboren wurde, um seine Herrlichkeit durch das Wunder der Heilung zu zeigen. Und genau das tat Jesus!

Die Lehre hieraus

Wenn „guten“ Menschen Schlimmes zustößt, behält Gott weiterhin die Kontrolle

Vor dreißig Jahren hat Rabbi Harold Kushner einen Bestseller mit dem Titel geschrieben Wenn guten Menschen Böses widerfährt. Rabbi Kushner wollte die falsche Ansicht widerlegen, dass, immer wenn einem Menschen etwas Schlimmes zustößt, Gott ihn für eine begangene Sünde strafen will. Das ist ganz sicher nicht wahr! In Johannes 9 erklärte Jesus ausdrücklich, dass der Mann nicht blind war, weil irgendjemand etwas falsch gemacht hatte. Ebenso wissen wir, dass die tragischen Ereignisse in Hiobs Leben ihre Ursache nicht in seinen Sünden oder falschen Entscheidungen hatten.

Leider folgert Rabbi Kushners Buch fälschlicherweise, dass Gott nicht die völlige Kontrolle darüber habe, was in der Welt vor sich geht. Gott könne nicht verhindern, dass böse Dinge oder Tragödien passieren, und in einer schlimmen Situation sei Gott nur fähig, die „Scherben aufzusammeln“ und dem Leidenden Trost und Frieden zu geben.

Der christliche Autor Warren Wiersbe schrieb eine Entgegnung zu Kushners Buch mit dem Titel Wenn Gottes Volk Böses widerfährt. Dr. Wiersbe vertrat den biblischen Standpunkt, dass Gott die Kontrolle auch dann nicht verliert, wenn Schlimmes eintritt. Sogar wenn solche Dinge Gottes Volk treffen, bleibt Gott immer noch auf dem Thron! ER ist immer noch der unumschränkte Herrscher! Epheser 1,11 sagt: „Er wirkt alles nach dem Ratschluss seines Willens.“ „Alles“ umfasst sicher alle Umstände und Ereignisse im Leben eines wachsenden Christen!

Wenn es jemals eine Zeit gab, in der es so aussah, als seien tragische Umstände außer Gottes Kontrolle geraten, dann war das die letzte Woche des irdischen Lebens unseres Herrn. Bedenken wir das ungerechte Gerichtsverfahren gegen den Menschen, der völlig unschuldig war. Denken wir an die körperliche Misshandlung des Einen, der niemandem etwas zuleide getan hatte. Halten wir uns den grausamen und „unzeitigen“ Tod dessen vor Augen, der immer nur das Helfen und Heilen im Sinn gehabt hatte. War diese Situation außerhalb der Kontrolle Gottes? Nein! Die Ereignisse dieser Woche waren völlig von Gott gelenkt. Sie waren in Gottes Ratschluss schon vor aller Ewigkeit geplant und vorgesehen.

Von unserer menschlichen Betrachtung her mögen uns manche Ereignisse in unserem Leben „zufällig“ oder gar „nebensächlich“ vorkommen. Von Gottes Standpunkt aus sind die Ereignisse in unserem Leben aber niemals außerhalb seiner Wahrnehmung und sie sind auch niemals außerhalb seines Plans für unser Leben.

In allem ist Gott zu unserem Guten tätig

Römer 8,28 sagt: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind.“  Beachte, dass Römer 8,28 nicht sagt, dass alle Dinge gut seien. „Schlimmes“ passiert im Leben von Gottes Volk. Blind geboren zu sein, war nicht „gut“. Schmerzvolle Ereignisse in unserem Leben sind nicht gut. Wir leben in einer gefallenen Welt und leiden alle unter den Folgen von Adams und Evas Ungehorsam und Rebellion gegen Gott im Garten Eden. Die Strafe für diese Sünde traf die gesamte Menschheit: harte Arbeit, Enttäuschung, Schmerz und schließlich Tod (1Mo 3,17-19). Aber Römer 8,28 zeigt uns, dass sogar in diesen Dingen Gott seine guten Pläne für unser Leben zur Vollendung bringen wird.

In den „tragischen“ Ereignissen der letzte Woche des irdischen Lebens unseres Herrn wurden die Größe und Heiligkeit Gottes wunderbar enthüllt. Der Herr zeigte seine bewunderungswürdige Liebe zu uns und vollendete sein großes Erlösungswerk. Wenn Gott nun diese anscheinend verworrenen und ungerechten Ereignisse in dem Leben unseren Herrn plante und lenkte, dann können wir sicher sein, dass Ereignisse in unserem Leben niemals aus seiner Kontrolle geraten. Er wird alle Vorkommnisse – sowohl „gute“ als auch „schlimme“ – zusammenwirken lassen, um seine guten Pläne für unser Leben zu vollenden.

Praktische Anwendung

Den Sinn darauf richten, von der Größe Gottes zu zeugen

Es werden uns viele unterschiedliche Lebenssituationen begegnen, die wir als „schlimm“ ansehen – Verlust des Arbeitsplatzes, eine ernsthafte Krankheit, Geburt eines behinderten Kindes, der Tod eines geliebten Menschen. In solchen Zeiten ist es normal, sich darüber Gedanken zu machen, warum dieses Schreckliche passiert ist. Es ist normal, zu fragen, ob jemand schuldig ist. Wie die Jünger machen wir uns vielleicht Gedanken, ob jemand gesündigt haben könnte.

Im Gegensatz hierzu richtete Jesus den Blick darauf, wie die schwierige Lage des blinden Mannes die Gelegenheit dazu bot, wie Gott zu handeln und anderen seine Herrlichkeit zu zeigen! Unsere Sicht sollte die gleiche sein wie die des Herrn. Anstatt Gott zu fragen, warum ein schmerzliches Ereignis eingetreten ist, sollten wir unser Augenmerk darauf richten, wie wir Gottes Größe sichtbar machen können. Lasst uns darüber nachdenken, wie wir Ihn in unserem Leben durch unsere schwierigen Umstände verherrlichen können. Wir haben hierzu kein besseres Beispiel als das unseres Herrn, als Er dem Verrat und seiner Kreuzigung entgegensah. ER kannte das Leid und die Schmerzen, die Ihm in Gethsemane bevorstanden. Aber Er war gleichwohl fest entschlossen, das Werk seines Vaters zu tun und das große Werk zu unserer Erlösung zu vollenden.

Denke daran, dass die Zeit kurz ist!

Unmittelbar nachdem Jesus seinen Jüngern erklärt hatte, dass der Mann blind geboren war, damit Gottes Wirken in seinem Leben gezeigt werden konnte, drängte Er sie, „die Werke Gottes zu tun“, solange sie noch Gelegenheit dazu hätten (Joh 9,4). Im Wesentlichen sagte Jesus: „Vergeudet nicht die Zeit mit dem Fragen danach, warum etwas Schlimmes passiert ist. Überlegt vielmehr, wie ihr Gottes Werk tun und seine Größe zeigen könnt!“

Wir Gläubigen haben eine begrenzte Zeit auf Erden, bevor wir in den Himmel gehen. Jesus sagte in Matthäus 5, dass wir das Licht der Welt seien, ebenso wie Er in Johannes 9 sagte: „Ich bin das Licht der Welt.“ Wir werden nicht immer unser Licht hier auf Erden scheinen lassen können. Einige von uns – vielleicht wir alle – werden zu spät erkennen, dass wir nicht die Gelegenheiten wahrgenommen und die Zeit nicht genutzt haben, die der Herr uns gegeben hat. Wir wollen nicht vergessen, dass Jesus uns gesagt hat: „Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.“  Lasst uns daran denken, dass die Zeit kurz ist! 


Originaltitel: „When Bad Things Happen“
Quelle: www.growingchristians.org

Übersetzung: Siegrid Prelle

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Hinweis der Redaktion:

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