Gott „weichklopfen“
Können wir Gott überreden?

David Roderick Reid

© SoundWords, online seit: 01.10.2013, aktualisiert: 13.11.2022

Leitverse: 4. Mose 11,4; 32,5 (11:4) Und das Mischvolk, das in ihrer Mitte war, wurde lüstern, und auch die Kinder Israel weinten wiederum und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben?“ „(32:5) Und sie sprachen: Wenn wir Gnade in deinen Augen gefunden haben, so möge dieses Land deinen Knechten zum Eigentum gegeben werden; lass uns nicht über den Jordan ziehen!“; 1. Samuel 8,5 „und sie sprachen zu ihm: Siehe, du bist alt geworden, und deine Söhne wandeln nicht auf deinen Wegen. Nun setze einen König über uns ein, dass er uns richte, gleich allen Nationen.“; 2. Könige 20,1-3 (1) In jenen Tagen wurde Hiskia krank zum Sterben. Und Jesaja, der Sohn des Amoz, der Prophet, kam zu ihm und sprach zu ihm: So spricht der HERR: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen. (2) Da wandte er sein Angesicht zur Wand und betete zu dem HERRN und sprach: (3) Ach, HERR, gedenke doch, dass ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor deinem Angesicht gewandelt bin und getan habe, was gut ist in deinen Augen! Und Hiskia weinte sehr.“

Einleitung

Jemand „weichklopfen“ bedeutet, jemand drängen, etwas zu tun, was er nicht tun will. Diese Redewendung wird im Allgemeinen verwendet, wenn jemand denjenigen, den er überredet, manipuliert. Auch wenn wir es nicht zugeben wollen: Wir überreden andere ständig. Wir alle haben unsere ganz eigene Art, Süßholz zu raspeln und Familie und Freunde, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, enge Kollegen und flüchtige Bekannte zu beschwatzen. Wir überreden andere in unterschiedlichem Maß: Das geht von dezenten Andeutungen bis hin zu harten, fordernden Worten. Hin und wieder überreden wir einen anderen  vielleicht unbeabsichtigt, aber normalerweise fällt es uns leicht, zu erkennen, wenn unsere Motive selbstsüchtig sind, besonders dann, wenn wir in uns gehen und unser Gewissen erforschen.

Können wir Gott „weichklopfen“?

Ja! Aber auf welche Weise? Natürlich können wir Gott nicht in dem Sinn überreden, dass wir in den souveränen Gotteswillen eindringen, der ja schon von Ewigkeit her festgelegt ist. Allerdings ist es möglich, dass wir Gott selbstsüchtig dazu drängen, uns zu erlauben, dass wir etwas tun oder bekommen, von dem Er weiß, dass es nicht das Beste für uns ist. Bekannterweise jammern und klagen Christen und betteln Gott sogar wie verwöhnte Kinder an, wenn sie etwas haben wollen, was Er ihnen nicht geben will.

Erstaunlicherweise erfüllt Gott uns manchmal unseren Wunsch! Das bedeutet jedoch nicht, dass Er über unsere Wünsche erfreut wäre. Er weiß, welche Bitten nicht zu unserem Besten sind, und Er kennt auch die unangenehmen Folgen, die sich daraus ergeben. Aber Gott lässt sich überreden, wenn wir darauf bestehen, dass nicht sein Wille, sondern unser Wille geschehe. Viele Christen müssen auf schmerzvolle Weise lernen, was schon das undankbare Volk Israel vor langer Zeit lernte: „Da gab er ihnen ihr Begehr, aber er sandte Magerkeit in ihre Seelen“ (Ps 106,15).

Beispiele aus dem Alten Testament

In der Geschichte Israels finden wir einige Beispiele, wie sie Gott überredeten. Weil diese Dinge zu unserer Belehrung geschrieben worden sind (Röm 15,4 „Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“; 1Kor 10,11 „[Alle] diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf die das Ende der Zeitalter gekommen ist.“), ist es gut, dass wir diese Lektionen lernen, bevor wir die gleichen Fehler machen. Vorbeugung ist immer besser, als die Scherben aufzulesen und zu versuchen, eine Situation wieder ins Lot zu bringen. Wir wollen uns kurz einige Beispiele aus dem Alten Testament anschauen, wo Gott überredet wurde.

„Wir wollen Fleisch essen“ (4Mo 11)

4Mo 11,4: Das Mischvolk, das in ihrer Mitte war, wurde lüstern, und auch die Kinder Israel weinten wiederum und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben?

In 4. Mose 11 wird berichtet, wie sich das Volk Israel über das Manna beklagte. Sie waren nicht zufrieden mit dem Grundnahrungsmittel, mit dem Gott sie auf übernatürliche Weise versorgte. Sie wollten „Fleisch essen“. Ihre Unzufriedenheit war ein weiterer Beweis dafür, dass sie den HERRN und seine Versorgung abgelehnt hatten (4Mo 11,20 „bis zu einem ganzen Monat, bis es euch zur Nase herauskommt und es euch zum Ekel wird – weil ihr den HERRN, der in eurer Mitte ist, verachtet und vor ihm geweint und gesprochen habt: Warum doch sind wir aus Ägypten herausgezogen?“). Obwohl Gott ihre Klage missfiel, sagte Er ihnen, dass Er ihren Wunsch erfüllen würde: Er würde ihnen so viel Fleisch zu essen geben, bis es ihnen „zur Nase herauskommen“ würde und sie es satt haben würden (4Mo 11,20 „bis zu einem ganzen Monat, bis es euch zur Nase herauskommt und es euch zum Ekel wird – weil ihr den HERRN, der in eurer Mitte ist, verachtet und vor ihm geweint und gesprochen habt: Warum doch sind wir aus Ägypten herausgezogen?“). Und tatsächlich versorgte Gott das Volk mit dem Fleisch, das sie haben wollten; und egoistisch wie sie waren, verschlangen sie es gierig (4Mo 11,32 „Und das Volk machte sich auf, jenen ganzen Tag und die ganze Nacht und den ganzen folgenden Tag, und sie sammelten die Wachteln; wer wenig gesammelt hatte, hatte zehn Homer gesammelt; und sie breiteten sie sich rings um das Lager her aus.“). So kam mit dem Überfluss an Fleisch auch Gottes Gericht über sie (4Mo 11,32-34 (32) Und das Volk machte sich auf, jenen ganzen Tag und die ganze Nacht und den ganzen folgenden Tag, und sie sammelten die Wachteln; wer wenig gesammelt hatte, hatte zehn Homer gesammelt; und sie breiteten sie sich rings um das Lager her aus. (33) Das Fleisch war noch zwischen ihren Zähnen, es war noch nicht zerkaut, da entbrannte der Zorn des HERRN gegen das Volk, und der HERR richtete unter dem Volk eine sehr große Niederlage an. (34) Und man gab jenem Ort den Namen Kibrot-Hattaawa, weil man dort das Volk begrub, das lüstern gewesen war.“). Ihre Undankbarkeit und ihr selbstsüchtiges Schwelgen waren der Beweis für ihre Unzufriedenheit, die sie dazu geführt hatte, Gott zu überreden.

Überredung entsteht immer aus ichbezogenen Motiven.

„Wir wollen nicht über den Jordan ziehen“ (4Mo 32)

4Mo 32,5: Sie sprachen [zu Mose]: Wenn wir Gnade in deinen Augen gefunden haben, so möge dieses Land deinen Knechten zum Eigentum gegeben werden; lass uns nicht über den Jordan ziehen!

In 4. Mose 32 lesen wir, dass zweieinhalb Stämme Israels nicht in das verheißene Land ziehen wollten, das Gott für sein Volk vorgesehen hatte. Ruben, Gad und die eine Hälfte des Stammes Manasse fanden, dass das Land auf der Ostseite des Jordan ihnen besser gefiel. Deshalb baten sie Mose: „Lass uns nicht über den Jordan ziehen!“ Mose erklärte ihnen, dass diese selbstsüchtige Bitte nicht nur entmutigend für die anderen Stämme war (4Mo 32,7 „Und warum wollt ihr das Herz der Kinder Israel davon abwendig machen, in das Land hinüberzuziehen, das der HERR ihnen gegeben hat?“), sondern auch noch den glühenden Zorn des HERRN anheizte (4Mo 32,14 „Und siehe, ihr seid aufgestanden an eurer Väter statt, eine Brut von sündigen Männern, um die Glut des Zorns des HERRN gegen Israel noch zu mehren.“). Nun begannen die Stämme, mit Mose zu verhandeln: Wenn Mose ihrer Bitte nachkäme, dann, so versprachen sie, würden sie im Gegenzug den Jordan vorübergehend überqueren und an der Seite der anderen Stämme mitkämpfen, bis das Land Kanann erobert wäre, und dann würden sie zurückkehren, um auf der „falschen Seite“ des Jordan zu wohnen (4Mo 32,16-19 (16) Und sie traten zu ihm und sprachen: Kleinviehhürden wollen wir hier bauen für unsere Herden und Städte für unsere Kinder; (17) wir selbst aber wollen uns unverzüglich rüsten vor den Kindern Israel her, bis wir sie an ihren Ort gebracht haben; und unsere Kinder sollen in den festen Städten bleiben vor den Bewohnern des Landes. (18) Wir wollen nicht zu unseren Häusern zurückkehren, bis jeder von den Kindern Israel sein Erbteil empfangen hat. (19) Denn wir wollen nicht mit ihnen erben jenseits des Jordan und darüber hinaus, denn unser Erbteil ist uns diesseits des Jordan gegen Sonnenaufgang zugefallen.“).

Obwohl diese Abmachung nicht Gottes ursprüngliche Absicht für die zweieinhalb Stämme war, sagte Er ihnen, sie könnten tun, was sie wünschten (4Mo 32,31 „Und die Kinder Gad und die Kinder Ruben antworteten und sprachen: Wie der HERR zu deinen Knechten geredet hat, so wollen wir tun.“). Allerdings würden mit Sicherheit negative Konsequenzen folgen – und diese traten beinahe sofort und auch noch Jahre danach ein. Kurz nach der Eroberung des Landes führte ein Missverständnis zwischen den zweieinhalb Stämmen und dem Rest Israels fast zu einem Bürgerkrieg (Jos 22). Dieses Missverständnis stand in direktem Zusammenhang damit, dass die zweieinhalb Stämme nicht bereit gewesen waren, sich im verheißenen Land niederzulassen, wie Gott es ursprünglich vorgesehen hatte. Als einige Generationen später das Assyrische Reich das Volk Israel angriff, wurden ebendie zweieinhalb Stämme, die jenseits des Jordan lebten, als Erste besiegt und ins Exil verschleppt (vgl. 1Chr 5,26 „Da erweckte der Gott Israels den Geist Puls, des Königs von Assyrien, und den Geist Tilgat-Pilnesers, des Königs von Assyrien, und er führte sie weg, die Rubeniter und die Gaditer und den halben Stamm Manasse, und brachte sie nach Halach und an den Habor und nach Hara und an den Strom Gosans bis auf diesen Tag.“).

Wenn wir Gott überreden, werden irgendwo immer negative Auswirkungen folgen und es wird ein böses Erwachen geben.

„Wir wollen einen König“ (1Sam 8)

1Sam 8,5: Sie sprachen zu Samuel: Siehe, du bist alt geworden, und deine Söhne wandeln nicht in deinen Wegen. Nun setze einen König über uns ein, dass er uns richte, gleich allen Nationen.

In 1. Samuel 8 lernen wir, dass Israel genauso sein wollte wie die umliegenden Nationen: Sie wollten einen König haben (1Sam 8,5 „und sie sprachen zu ihm: Siehe, du bist alt geworden, und deine Söhne wandeln nicht auf deinen Wegen. Nun setze einen König über uns ein, dass er uns richte, gleich allen Nationen.“). Dem Propheten Samuel missfiel diese Bitte, denn er wusste, dass dies nicht Gottes Wille für Israel war (1Sam 8,6 „Und das Wort war übel in den Augen Samuels, als sie sprachen: Gib uns einen König, dass er uns richte! Und Samuel betete zu dem HERRN.“). Nach seinem Willen sollte Israel eine Theokratie sein, in dem Gott sein Volk direkt regieren wollte. Aber das Volk drängte auf einen König, und der HERR sagte zu Samuel, er solle auf die Stimme des Volkes hören (1Sam 8,7 „Und der HERR sprach zu Samuel: Höre auf die Stimme des Volkes in allem, was sie dir sagen; denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, dass ich nicht König über sie sein soll.“). Gott ließ zu, dass man Ihn überredete, und schickte Israel den ersehnten König.

Der HERR erklärte Samuel: „Nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, dass ich nicht König über sie sein soll“ (1Sam 8,7). Viele Kapitel in der Bibel beschreiben die traurigen Auswirkungen von Israels Verlangen nach einem König, damit sie wie andere Völker waren. Israel erntete, was es gesät hatte (Gal 6,7 „Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten! Denn was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten.“): Sie mussten hohe Steuern entrichten und hatten schlechte Führer.

Auch wenn wir manchmal unseren Willen durchsetzen, werden wir niemals Gottes vollen Segen empfangen, wenn wir Ihn überreden.

„Ich will nicht sterben“ (2Kön 20)

2Kön 20,1-3: In jenen Tagen wurde Hiskia krank zum Sterben. Und Jesaja, der Sohn des Amoz, der Prophet, kam zu ihm und sprach zu ihm: So spricht der HERR: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen. Da wandte er sein Angesicht zur Wand und betete zu dem HERRN und sprach: Ach, HERR, gedenke doch, dass ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor deinem Angesicht gewandelt bin und getan habe, was gut ist in deinen Augen! Und Hiskia weinte sehr.

Die Bitte des Königs Hiskia in 2. Könige 20 ist ein anderes typisches Beispiel, wie wir Gott überreden. Weil es den meisten von uns so nahegeht, lohnt es sich, es näher zu betrachten und anzuwenden. Hiskia war einer der guten Könige Judas. Er verbot den Götzendienst, der sich in die Nation eingeschlichen hatte, und führte viele Reformen im Land durch. (Lies 2. Könige 18,1-7.)

Als Jerusalem von den einfallenden Assyrern bedroht wurde, zeigte er angesichts der überwältigenden Übermacht großes Vertrauen in den HERRN. Deshalb wurde er Zeuge einer der großen Wunder des Alten Testaments. In einer einzigen Nacht wurden 185.000 Mann der assyrischen Truppen von einem Engel des HERRN niedergeschlagen. Gott belohnte Hiskias Vertrauen und befreite Jerusalem. (Lies 2. Könige 18,8–19,37.) Die Stadt wurde von den Assyrern nie erobert, und ein Hauptgrund dafür war der große Glaube des guten Königs Hiskia. Deshalb sind die Ereignisse, die uns nun  in 2. Könige 20 berichtet werden, umso enttäuschender.

Nicht lage nach der wundersamen Befreiung Jerusalems wurde Hiskia sterbenskrank. Der Prophet Jesaja kam zu ihm mit einer Botschaft des HERRN: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen.“ Aber Hiskia wurde verbittert. Er war nicht bereit, Gottes Zeitplan zu akzeptieren, und bat Gott um ein längeres Leben (vgl. 2Kön 20,3 „Ach, HERR, gedenke doch, dass ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor deinem Angesicht gewandelt bin und getan habe, was gut ist in deinen Augen! Und Hiskia weinte sehr.“; Jes 38,15.17 „Was soll ich sagen? Dass er es mir zugesagt und es auch ausgeführt hat. Ich will sachte wallen alle meine Jahre wegen der Betrübnis meiner Seele.“ „Siehe, zum Heil wurde mir bitteres Leid: Du zogst liebevoll meine Seele aus der Grube der Vernichtung; denn alle meine Sünden hast du hinter deinen Rücken geworfen.“). Bitterkeit deutet immer darauf hin, dass unsere Einstellung Gott gegenüber nicht in Ordnung ist. König Hiskia fing an, mit Gott zu verhandeln – schließlich hätte er doch ein Glaubensleben geführt und sich gut verhalten: „Ach, HERR, gedenke doch, dass ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor deinem Angesicht gewandelt bin und getan habe, was gut ist in deinen Augen!“

Gott ließ sich überreden. Er versprach, Hiskia zu heilen, und schenkte ihm noch fünfzehn Lebensjahre. Hiskia war sogar in der Lage, Gott dazu zu „drängen“, ihm ein Wunderzeichen zu geben. Wie genau Gott den Schatten auf der Sonnenuhr dazu brachte, sich zurückzubewegen, wissen wir nicht. Aber wir wissen, dass Hiskias Bitte um ein Zeichen nicht auf einen starken Glauben hinweist. Gott hatte klar und deutlich gesagt, dass Er Hiskia heilen und sein Leben verlängern würde, doch Hiskia verlangte immer noch ein Zeichen. Das erinnert uns an den schwachen Glauben Gideons, der Jahre zuvor ein Vlies ausgelegt hatte.

Schwacher Glaube und Überredung gehen im Allgemeinen zusammen einher.

Wenn wir uns Hiskias Aufzeichnungen anschauen (Jes 38,9-22), sind wir zunächst beeindruckt, wie aufrichtig und vernünftig seine Bitte klingt, Gott möge sein Leben erhalten und seine Gesundheit wiederherstellen. Hiskia überredete Gott keinesfalls mit materialistischen oder weltlichen Forderungen. Seinem Gebet entnehmen wir, dass er einfach nur deshalb länger leben wollte, um dem HERRN weiterhin zu dienen. Und doch lag der Schwerpunkt seines Gebets darauf, dass es sein eigener Wunsch war, länger zu leben und Wohlergehen zu haben, denn er sagte nicht: „So Gott will.“ Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass er sich nicht Gottes vollkommenem Willen unterwerfen wollte.

Natürlich ist es nicht falsch, wenn wir Gott um Gesundheit und Heilung bitten, solange wir zu Ihm kommen mit der demütigen Haltung: „Wenn es Dein Wille ist, Herr“. Doch irgendwann kommt die Zeit zum Sterben (vgl. Pred 3,2 „Geborenwerden hat seine Zeit, und Sterben hat seine Zeit; Pflanzen hat seine Zeit, und Ausreißen des Gepflanzten hat seine Zeit;“). Was, wenn Gottes Zeit gekommen ist – ob im hohen Alter, in der Blüte des Lebens oder früh im Leben? Wenn Gott uns seinen Willen offenbart (normalerweise durch fortgesetzte Krankheit ohne Aussicht auf Heilung und Besserung), kommt der Punkt, wo jedes weitere Gebet bedeutet, dass wir dabei sind, Gott zu überreden.

Zornig auf Gott oder verbittert zu sein, kann ein Hinweis darauf sein, dass wir an diesem Punkt angelangt sind, dass wir Gott überreden wollen. Wenn wir weiterhin verzweifelt darum bitten oder gar fordern, dass Gott das Leben bewahrt (unseres oder das eines anderen), das Er eigentlich nehmen will, dann ist das letztlich eine selbstsüchtige Bitte. Wenn Gott schließlich doch unsere fordernden Bitten erhört und nach unserem Willen handelt, indem Er ein Leben bewahrt, heißt das noch lange nicht, dass dies auch sein vollkommener Wille ist. Möglicherweise sündigen wir sogar, wenn wir Gott überreden.

Gott zu überreden bedeutet, dass wir gern bereit sind, uns mit etwas zufriedenzugeben, solange Gottes Wille  uns etwas erlaubt, aber dass wir nicht bereit sind, uns Gottes vollkommenem Willen zu unterwerfen.

König Hiskias Zeit zu sterben war gekommen, doch er war nicht bereit zu sterben. Die traurigen Folgen seines Überredens stehen in den Kapiteln, die auf den Bericht über seine Heilung folgen. Sein Sohn, Manasse, der einer der bösartigsten Könige Israels und Judas war, wurde wahrscheinlich während dieser Zeit geboren. (2. Könige 21,1 „Zwölf Jahre war Manasse alt, als er König wurde, und er regierte fünfundfünfzig Jahre in Jerusalem; und der Name seiner Mutter war Hephzi-Bah.“ legt dies nahe. Weil es damals jedoch häufig zu Überschneidungen der Regierungszeiten kam, könnte Manasse auch vor Hiskias fünfzehn geschenkten Jahren geboren worden sein.) Jedenfalls hielt Hiskia offenbar nicht sein Wort, das in Jesaja 38,19 „Der Lebende, der Lebende, der preist dich, wie ich heute: Der Vater gibt den Kindern Kunde von deiner Treue.“ angedeutet wird: dass er nämlich seinen Sohn über die Treue Gottes belehren wollte. In 2. Chronika 32,25 „Aber Jehiskia vergalt nicht nach der Wohltat, die ihm erwiesen worden war, denn sein Herz erhob sich; und es kam ein Zorn über ihn und über Juda und Jerusalem.“ lesen wir, dass Hiskia Gott „nicht nach der Wohltat, die ihm erwiesen worden war, vergalt, denn sein Herz erhob sich“.

Wir können dankbar sein, dass Hiskia später seinen Stolz aufgab (2Chr 32,26 „Da demütigte sich Jehiskia wegen der Überhebung seines Herzens, er und die Bewohner von Jerusalem; und der Zorn des HERRN kam nicht über sie in den Tagen Jehiskias.“). Aber weil es Manasse in seinen entscheidenden Jugendjahren an einer guten Erziehung mangelte, wurde aus ihm ein böser König, der „Juda und die Bewohner von Jerusalem verleitete, mehr Böses zu tun als die Nationen, die der HERR vor den Kindern Israel vertilgt hatte“ (2Chr 33,9). Dass Manasse sich gegen Ende seiner Regierungszeit vor Gott demütigte (2Chr 33,12-16 (12) Und als er bedrängt war, flehte er den HERRN, seinen Gott, an und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter (13) und betete zu ihm; und er ließ sich von ihm erbitten und erhörte sein Flehen und brachte ihn nach Jerusalem in sein Königreich zurück. Da erkannte Manasse, dass der HERR der Gott ist. (14) Und danach baute er die äußere Mauer der Stadt Davids, westlich gegen den Gihon hin, im Tal, und bis zum Eingang des Fischtores, und umgab den Ophel mit einer Mauer und machte sie sehr hoch. Und er legte Kriegsoberste in alle festen Städte in Juda. (15) Und er tat die Götter der Fremde weg und das Gleichnis aus dem Haus des HERRN und alle Altäre, die er auf dem Berg des Hauses des HERRN und in Jerusalem gebaut hatte; und er warf sie hinaus außerhalb der Stadt. (16) Und er baute den Altar des HERRN wieder auf und opferte darauf Friedens und Dankopfer; und er befahl Juda, dass sie dem HERRN, dem Gott Israels, dienen sollten.“), ist eine Lektion der wunderbaren Gnade Gottes. Dennoch: Einer der Gründe, warum Juda schlimme Jahre unter Manasse erlebte, lag darin, dass Hiskia Gott überredet hatte.

Weitere schlimme Konsequenzen folgten, weil Hiskia einige Gesandte aus Babylon übermäßig freundlich empfing. (Lies 2. Könige 20,12-19.) In seinem Stolz zeigte er den heidnischen Abgesandten alle Schätze seines Königreiches (2Kön 20,13 „Und Hiskia hörte sie an, und er zeigte ihnen sein ganzes Schatzhaus: das Silber und das Gold und die Gewürze und das kostbare Öl und sein ganzes Zeughaus und alles, was sich in seinen Schätzen vorfand; es gab nichts in seinem Haus und in seiner ganzen Herrschaft, was Hiskia ihnen nicht gezeigt hätte.“). Zweifellos zeigte er ihnen auch die Tempelschätze. Vielleicht wollte er die Babylonier beeindrucken, um mit ihnen ein Bündnis zu schließen, doch das war töricht und machte Jerusalem sicherlich zu einem willkommenen Ziel für das aufsteigende Neobabylonische Reich.

Nach 2. Chronika 32,31 „Und so verließ ihn Gott bei den Gesandten der Fürsten von Babel (die zu ihm gesandt hatten, um nach dem Wunder zu fragen, das im Land geschehen war), um ihn zu prüfen, um alles zu erkennen, was in seinem Herzen war.“ war der Besuch der babylonischen Boten eine Prüfung Gottes. Leider bestand Hiskia diese Prüfung nicht. Es wäre viel besser gewesen, wenn er den Babyloniern erlaubt hätte, ihn bei der Anbetung Gottes im Tempel zu beobachten – bei der Anbetung, die er versprochen hatte für den Fall, dass Gott ihn heilen würde (Jes 38,20 „Der HERR war bereit, mich zu retten; und wir wollen mein Saitenspiel schlagen alle Tage unseres Lebens im Haus des HERRN.“).

Der Prophet Jesaja musste Hiskia mitteilen, dass es dem HERRN missfiel. Hiskias Königreich würde letztendlich an die Babylonier fallen und seine Nachkommen würden in Gefangenschaft weggeführt werden. Trotz dieser düsteren Prophezeiung reagierte Hiskia selbstsüchtig (2Kön 20,19 „Und Hiskia sprach zu Jesaja: Das Wort des HERRN ist gut, das du geredet hast; und er sprach: Nicht wahr, es wird Frieden und Bestand sein in meinen Tagen?“): Er war erleichtert, dass die prophezeite Gefangenschaft nicht zu seinen Lebzeiten kommen, sondern erst seine Nachkommen betreffen würde! Wäre Hiskia doch nur bereit gewesen, sich dem offenbarten Willen des HERRN zu fügen, und hätte er doch Gott nicht aus Selbstsucht überredet!

Unzufriedenheit führt dazu, dass wir Gott überreden

In dieser kurzen Studie haben wir gesehen: Wenn wir unzufrieden sind, überreden wir Gott aus allen möglichen Motiven:

  • In 4. Mose 11 sind es die Esslust und der Gaumenkitzel: Die Kinder Israel wollten Fleisch essen anstelle von Manna.
  • In 4. Mose 32 sind es der Wohnort und materieller Besitz: Die zweieinhalb Stämme wollten sich ihr Land selbst aussuchen.
  • In 1. Samuel 8 geht es um menschliche Führerschaft und darum, dass das Volk das haben wollte, was andere hatten: Israel wollte einen König, um wie die anderen Völker zu sein.
  • In 2. Könige 20 geht es um das natürliche Leben: Hiskia war nicht bereit, Gottes Zeit zum Sterben zu akzeptieren.

Wir können uns relativ einfach in jedem dieser Bereiche von Unzufriedenheit wiederfinden. Ob wir unsere Unzufriedenheit im Gebet ausdrücken oder nicht – das macht unsere Sünden, wenn wir klagen und Gott überreden, nicht weniger. Lasst uns doch eifrig unserer Neigung widerstehen, Gott zu überreden. Folgen wir demütig dem Vorbild unseres Herrn, der selbst gesagt hat: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!“ (Lk 22,42).


Originaltitel: „Twisting God’s Arm“
Quelle: www.growingchristians.org

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