Carl Friedrich Wilhelm Brockhaus wurde am 7. April 1822 in Himmelmert bei Plettenberg als sechstes Kind und als zweiter Sohn des Lehrers Friedrich Wilhelm Brockhaus und dessen Frau Katharina Wilhelmine, geb. Kruft, geboren. Nach Beendigung der Schulzeit besuchte er von 1840 bis 1842 das Lehrerseminar in Soest, wo er die Abschlussprüfung mit Auszeichnung bestand. Sein Bruder Albrecht, der ebenfalls Schüler des Soester Seminars war, berichtete in einem seiner Briefe, dass Carl wegen seines ernsten, gesetzten Wesens und seiner Charakterfestigkeit der Liebling der Seminarlehrer gewesen sei.
Im Jahre 1843 trat Carl Brockhaus in Breckerfeld bei Hagen seine erste Lehrerstelle an. Hier kam der bereits im Elternhause in streng christlichem Geiste erzogene junge Mann im Dezember 1845 zur Bekehrung, und zwar gleichzeitig mit seiner späteren Frau Emilie Löwen, der zweiten Tochter des Müller- und Bäckermeisters Johann Peter Löwen, in dessen Haus er in seiner Breckerfelder Zeit wohnte. In einem Briefe vom 31. Dezember 1880 schreibt er darüber an seine Frau: „Es sind in diesem Monat fünfunddreißig Jahre geworden, seitdem Du und ich den Herrn kennen.“
Aber er fand nicht sogleich den gefestigten Frieden mit Gott. Er versuchte, Gott zu dienen, fand aber nicht die Kraft dazu, so dass er mehrere Jahre in dem elenden Zustand, der in Römer 7 beschrieben wird, lebte. Schließlich jedoch, wohl um 1848, gelangte er durch das eifrige Studium des Römerbriefes und des ersten Johannesbriefes zu vollem Vertrauen auf das vollkommen vollbrachte Werk Christi. Über diese Erfahrungen schrieb er 1853 im ersten Jahrgang der von ihm herausgegebenen Monatsschrift Botschafter in der Heimat (ab 1854: Botschafter des Heils in Christo) eine ausführliche und ergreifende Abhandlung unter dem Titel „Aus dem inneren Lebensgange eines Gläubigen, von ihm selbst erzählt“. In diesen Jahren hatte er jedoch mit Erlaubnis der Breckerfelder Pastoren in seiner Schule und auf den Höfen der Umgebung Bibelstunden abgehalten, in denen er anderen die frohe Botschaft mitteilen wollte. Schon hier zeigte sich seine große evangelistische Gabe.
Am 18. April 1848 heiratete er Emilie Löwen, die ihm auf ihrem einundfünfzig Jahre langen gemeinsamen Lebensweg in jeder Hinsicht mit großem Verständnis und geistlicher Einsicht zur Seite stand. Dreizehn Kinder gingen aus dieser Ehe hervor.
Kurz vor seiner Heirat wurde Carl Brockhaus als Hauptlehrer an die Schule „Am Neuenteich“ in Elberfeld versetzt. Hier durfte er leider in der Schule keine Bibelstunden abhalten. So suchte er dem Herrn in anderer Weise zu dienen. In seiner freien Zeit besuchte er die Familien seiner Schulkinder und redete mit den Eltern über das Heil ihrer Seele. Im Jahre 1848 brach die Revolution aus, und im Anschluss an die Revolutionswirren wurde Elberfeld im Jahre 1849 von der Cholera heimgesucht. In diesem Jahre gründete Carl Brockhaus mit einigen Freunden den „Elberfelder Erziehungsverein“ zur Aufnahme und Erziehung verwahrloster Kinder. Zur Finanzierung dieses Unternehmens sollte die Zeitschrift Der Kinderbote helfen, die Carl Brockhaus herausgab. Aber in dieser nebenberuflichen Tätigkeit fand er keine rechte Befriedigung. Der Wunsch seines Herzens war und blieb, frei und öffentlich das Evangelium predigen zu dürfen. Im Jahre 1850 stieß Carl Brockhaus im Täglichen Anzeiger auf eine Ankündigung einiger Christen aus dem Nachbarort Vohwinkel, die eine Zusammenkunft im Hinblick auf die Förderung des Evangeliums in den Kirchengemeinden anberaumten. Das war ganz nach seinem Sinne, und hocherfreut ging er nach Vohwinkel. In drei kurz nacheinander abgehaltenen Versammlungen wurde diese Frage besprochen, und Carl Brockhaus wurde mit der Aufgabe betraut, für die geplante innere Mission gläubige Boten zu suchen und anzustellen. Der zu diesem Zweck am 3. Juli 1850 in Mettmann im Hause des Fabrikanten Neviandt gegründete „Evangelische Brüderverein“ besoldete aus satzungsgemäßen wie freiwilligen Beiträgen elf Brüder, die für die Evangelisationsarbeit bereit waren und geeignet erschienen. Die Leitung des Vereins lag in den Händen des Gymnasialdirektors Dr. Bouterwek und des Kaufmannes Hermann Heinrich Grafe aus Elberfeld. In der Überzeugung, von Gott zu diesem Dienste berufen zu sein, gab Carl Brockhaus im Oktober 1850 seinen Lehrerberuf auf und widmete sich ganz der Arbeit des Brüdervereins. Gleichzeitig schied er aus dem Erziehungsverein aus und übergab die Schriftleitung des Kinderboten seinem Bruder Wilhelm Brockhaus. Carl Brockhaus verwandte nun seine ganze Kraft für den Dienst des Brüdervereins, der ihm in dieser Zeit vieles verdankte. Für die Missionsarbeit gründete er zunächst als Organ des Brüdervereins die Wochenschrift Der Säemann für Mission in der Heimat und häusliche Erbauung. Diese Zeitschrift erreichte schon in einem Jahr die später nie wieder erzielte Auflage von viertausend Stück.
In dieser Zeit kam er mit einigen Gläubigen im Hause von Hermann Heinrich Grafe in Elberfeld zusammen, um das Wort Gottes zu betrachten. Zu diesen gehörte auch der Schweizer Heinrich Thorens, der seit 1846 als Musterzeichner in Grafes Textilfirma in Barmen arbeitete. Er stand jetzt in enger Verbindung mit Julius Anton von Poseck und William Darby (einem Bruder von John Nelson Darby) in Düsseldorf. Thorens hatte bereits in der französischen Schweiz Bekanntschaft mit den Schriftauslegungen John Nelson Darbys gemacht und gab diese jetzt an Carl Brockhaus weiter. Eifrig untersuchte dieser daraufhin die Bibel und die ihm übergebenen Schriften und geriet dadurch bald in Konflikt mit dem Brüderverein. Er erkannte allmählich, dass es nicht nach dem Willen Gottes sei, Vereine zu gründen und Satzungen festzulegen, wonach Boten des Evangeliums von Menschen angestellt, ausgesandt und besoldet werden, sondern dass diese vielmehr vom Herrn selbst berufen werden müssen und auch Ihm allein Rechenschaft schuldig sind. Er kam auch zu der Erkenntnis, dass die Landeskirchen und andere religiöse Gemeinschaften und Benennungen menschliche Einrichtungen sind, die der Apostel Paulus in 1. Korinther 1 und 3 als menschlich und fleischlich verurteilt, dass man sich von den Ungläubigen trennen und sich allein mit Gläubigen im Namen des Herrn Jesus versammeln müsse, kurz gesagt, dass man zu dem zurückkehren müsse, was von Anfang war.
Diese für Carl Brockhaus neuen Erkenntnisse brachte er verständlicherweise in seinen Vorträgen und in den Bibelstunden zum Ausdruck. Er verkündigte nun nicht nur das lautere Evangelium der Gnade ohne gesetzliche Beimischung, sondern auch die vollkommene Stellung des Gläubigen in Christus vor Gott und die Notwendigkeit der Absonderung von den Ungläubigen. Das konnte bei der Leitung des Evangelischen Brüdervereins nicht unbemerkt bleiben. Am 11. Dezember 1852 wurde eine Generalversammlung einberufen, in der er wegen seiner neuen Lehren zur Rechenschaft gezogen werden sollte. Direktor Bouterwek forderte ihn auf, entweder diese „falschen Lehren“ aufzugeben oder aus dem Verein auszutreten. Nachdem er in einer Pause der mehrere Stunden andauernden Verhandlung den Herrn ernstlich um Leitung und Klarheit gebeten hatte, erklärte er, dass er von der Wahrheit des Wortes Gottes nicht abweichen könne und daher aus dem Verein austrete. Mit ihm gingen acht weitere Brüder, darunter auch sein älterer Bruder Wilhelm Brockhaus.
Der Austritt aus dem Brüderverein war für Carl Brockhaus kein leichter Schritt. Er bedeutete Armut und Entbehrung. In einem Brief aus dem Jahre 1875 schreibt er hierüber: „Fast alle meine Freunde und leiblichen Verwandten zogen sich von mir zurück und hielten mich für töricht und eigensinnig und meinten, dass es mir weder von Herzen um die Sache des Herrn zu tun sei, da ich den gesegneten Platz der Arbeit ohne Not verlassen habe, noch um das Wohl der Familie, da ich sie leichtfertig der Not preisgebe. Nur einige wenige billigten meinen Schritt. Die Tür zur Wirksamkeit war beinahe ganz verschlossen. Eine monatliche Schrift des Vereins, die an zweitausend Abonnenten zählte, warnte mit großem Ernst vor mir und einigen anderen Brüdern und beschuldigte uns grober Irrtümer. Es war in der Tat eine Zeit großer Aufregungen und bitterer Erfahrungen. Der Herr aber war mir nahe, sehr nahe, und Er ist es bis heute geblieben und wird es auch bis ans Ende sein.“
Wenn er in späteren Jahren auf diese Zeit zu sprechen kam, wurde er nicht müde, seinen Kindern von der Fürsorge Gottes in dieser Zeit zu erzählen. Als es nach seinem Austritt aus dem Verein in seinem Hause einmal sehr knapp zuging, kam ihm der Gedanke, ob er nicht doch wieder, wenigstens für die halbe Zeit, eine andere Beschäftigung suchen sollte, um etwas für den Lebensunterhalt zu verdienen. Sein Schwager Julius Löwen bot ihm in seinem Geschäft Arbeit an. Er kam jedoch zu keinem Entschluss und bat den Herrn um Weisheit und Leitung. Da kam eines Morgens ein Brief an, der fünf Taler enthielt sowie einen Zettel, auf dem nur die Worte standen: „Kein Kriegsmann flicht sich in Händel der Nahrung“ (2Tim 2,4). An der Handschrift und dem Poststempel des nicht unterschriebenen Briefes erkannte er, dass der Brief von einem Mitglied des Brüdervereins kam, von dem er seit seinem Austritt kein freundliches Wort mehr gehört hatte. Einige Tage später begegnete er diesem auf der Straße und sagte: „Ich danke Ihnen für den großen Dienst, den Sie mir durch Ihren Brief erwiesen haben. Sie haben mich von meiner Unschlüssigkeit, ob ich eine andere Beschäftigung suchen oder nur im Werke des Herrn arbeiten soll, befreit.“ Der Bruder war sehr überrascht und erzählte ihm, dass er eines Abends sehr oft an ihn habe denken müssen und dass die Sorge über sein Ergehen ihn nicht habe einschlafen lassen. Da sei ihm der Gedanke gekommen: Du musst ihm etwas schicken. Anfangs habe er nicht gewollt, aber der Herr habe ihm keine Ruhe gelassen, bis er aufgestanden sei und den Brief für ihn fertiggemacht habe. Er habe ein kurzes Wort dazu schreiben wollen, dabei sei ihm gerade jene Stelle eingefallen, die er auf den Zettel geschrieben habe.
Gleichzeitig kamen aus Hessen, wo Carl Brockhaus schon einige Male gewesen war, Briefe von Gläubigen an, die ihm mitteilten, dass sie den Herrn beständig bäten, ihm zu zeigen, seine ganze Zeit Seinem Werke zu widmen. Das räumte die letzten Zweifel aus und gab ihm die feste Überzeugung, dass es des Herrn Wille sei, sich ganz Seinem Werke zu widmen und die Sorge für den Unterhalt seiner Familie Ihm völlig zu überlassen.
In Abhängigkeit von dem Herrn begann er nun überall zu predigen. Trotz harten Widerstandes der Landeskirche traten an vielen Orten Gläubige aus der Kirche aus, und es bildeten sich Versammlungen, die getrennt von allen kirchlichen Einrichtungen und Parteien zur Feier des Mahles des Herrn, zur Betrachtung des Wortes Gottes und zum Gebet zusammenkamen. In Hessen bestand zu der Zeit noch keine Versammlungsfreiheit. Das führte dazu, dass Carl Brockhaus im Jahre 1853 einmal in Dillenburg und Herborn mehrere Tage im Gefängnis verbringen musste.
Bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1853 trat Carl Brockhaus auch persönlich in Verbindung zu John Nelson Darby, von dem er bereits durch Heinrich Thorens und die Düsseldorfer Brüder viel gehört hatte. Das erste Schreiben John Nelson Darbys an ihn datiert vom 2. Mai 1853.
Nachstehend ein Auszug aus diesem Brief:
Lieber Bruder!
Ich freute mich sehr, Ihren Brief zu erhalten, und da ich glaube, dass Sie nicht Französisch können, will ich versuchen, Ihnen einen deutschen Brief zu schreiben, obgleich ich in dieser Sprache zu schreiben nicht gewohnt bin. Ich habe dennoch Ihren Brief vollkommen verstanden; er hat mich sehr interessiert, umso mehr, lieber Bruder, da wir alle im gleichen Zustande sind – dieselben Schwierigkeiten, dieselben Leiden, dieselben Prüfungen uns überall begegnen. Man muss sich vor diesen Anstrengungen des Feindes nicht fürchten, weil stärker ist, der mit uns, als der wider uns ist. Nur muss man sich nahe beim Herrn halten und mit Ihm wandeln, damit wir Seine Stärke besitzen und das Bewusstsein haben, dass der Herr Selbst mit uns ist, auf dass die Klarheit Seines Angesichtes auf uns glänze. So werden wir ohne Zweifel in dem rechten Weg wandeln, in dem Seinen, und weil unsere Augen einfältig sind, so wird unser ganzer Leib voll Licht sein. Dann werden die Schwierigkeiten, die uns gewiss auf dem ganzen Wege begegnen, keinen Zweifel in unsere Herzen werfen; wir werden die Gegenwart des Herrn in der Prüfung finden, und Seine Freude wird unsere Herzen erfüllen. Wir werden mehr als Sieger sein durch den, der uns geliebt hat. Gott sei mit Ihnen, lieber Bruder; ich freue mich herzlich in dem Herrn, dass die Wahrheit sich deutlich in den Herzen der Seinen offenbart, auch in den Gegenden, wo Sie wohnen. Gott sei Dank, es ist Seine Arbeit; Er selbst allein kann es tun, Er selbst allein kann es erhalten. Möge Er Ihnen alle Geduld und alle Demut geben, damit Sie mit Christo wandeln; möge Er Sie stärken, Seinen Dienst bis ans Ende zu erfüllen …Der Friede Gottes sei mit Ihnen, lieber Bruder.
Mit herzlicher Liebe in Christo Jesu
Ihr Bruder J.N. Darby
(Der Brief ist im vollen Wortlaut abgedruckt im Botschafter in der Heimat 1853, Neudruck 1950, Seite 170.)
Es wird berichtet, dass John Nelson Darby, als er in der Schweiz ein Exemplar von Der Säemann las, in dem der Austritt von Carl Brockhaus aus dem Brüderverein berichtet wurde, gesagt haben soll: „Diese Brüder möchte ich gern kennenlernen!“ Der erste sehr kurze Besuch John Nelson Darbys in Elberfeld fand wahrscheinlich Ende 1853 oder Anfang 1854 statt. Gegen Ende dieses Jahres kam er noch einmal für längere Zeit nach Elberfeld. Zusammen mit Carl Brockhaus und Julius Anton von Poseck übersetzte er während dieser Zeit das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Danach war er mehrmals in Abständen von drei bis vier Jahren in Elberfeld (1857, 1861, 1864, 1869). Elberfeld gehörte jetzt zu seiner festen Reiseroute. Carl Brockhaus selbst weilte spätestens 1855 in England zu einem Besuch bei John Nelson Darby, um unter anderem auf dessen Rat Unterricht in der englischen Sprache zu nehmen.
Vom Jahre 1853 an war Carl Brockhaus fast ununterbrochen auf Reisen, um das Evangelium zu verkünden, die überall neu entstehenden Versammlungen zu besuchen und die Gläubigen zu unterweisen. Das Werk breitete sich immer mehr aus und führte ihn nicht nur ins weitere Rheinland und nach Westfalen, sondern auch nach Hessen, Baden, Württemberg, in das Elsass, nach Bayern sowie nach Sachsen, Brandenburg und Ostfriesland. Besonders häufig weilte er in Schlesien. Er kam auch häufig in die Niederlande und in die Schweiz.
Zu Hause war Carl Brockhaus nicht weniger aktiv als draußen. 1853 gab er eine monatlich erscheinende Schrift zur Erbauung der Gläubigen heraus, die im ersten Jahr den Titel Botschafter in der Heimat und ab 1854 Botschafter des Heils in Christo trug. Sie ist im Laufe der Jahrzehnte vielen zum großen Segen gewesen. Außerdem gab er eine große Anzahl von Evangeliumstraktaten, Erbauungsschriften und Erklärungen des Wortes Gottes heraus, die er teils selbst schrieb, teils aus dem Englischen übersetzte. Durch diese Schriften wurden die verschiedenen kostbaren Wahrheiten der Bibel, die Rechtfertigung aus Glauben, die Vollkommenheit des Erlösungswerkes Christi, die Einheit der Gläubigen, die Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn zur Entrückung Seiner Versammlung usw. weiten Kreisen von Gläubigen zugänglich gemacht.
Carl Brockhaus war auch ein großer Kinderfreund. Seine Liebe zu Kindern veranlasste ihn, schon früh eine kleine Kinderzeitschrift herauszugeben, die den Titel trug: Für die lieben Kleinen. Später ging aus dieser Zeitschrift die größere und bekanntere Evangeliumsschrift Samenkörner hervor.
Bereits im Jahre 1853 hatte sich Julius Anton von Poseck daran gemacht, ein erstes Liederbuch für Gläubige herauszugeben, das im Jahre 1856 in Hilden in zweiter Auflage gedruckt wurde und 16 Lieder enthielt. In Zusammenarbeit mit Carl Brockhaus wurde dieses Liederbuch nun ständig erweitert. Um 1880 umfasste es 127 Lieder, 1891 waren es 135 Lieder und 1898, im Jahre vor dem Heimgang von Carl Brockhaus, 145 Lieder (erst die neunte Auflage aus dem Jahre 1908 enthält 147 Lieder). 55 dieser Lieder werden Carl Brockhaus zugeschrieben. Von dieser Liedersammlung sagte Generalleutnant von Viebahn: „Ich kenne und liebe viele andere geistliche Lieder und gebrauche sie in meinem Hause; aber ich kenne kein anderes Liederbuch, welches in jeder Zeile so mit dem Worte Gottes übereinstimmt und die Anbetung der versammelten Gläubigen so zum Ausdruck bringt.“
Ein ganz besonderes Werk von Carl Brockhaus ist die Herausgabe der heute weitverbreiteten, sogenannten „Elberfelder Bibelübersetzung“. Sie ist die erste vollständige wörtliche Übersetzung des Wortes Gottes für das deutsche Volk, die dem neuesten Stande der Textforschung entsprach. Durch die Herausgabe der „Elberfelder Bibel“ kam auch die notwendige Revision der Lutherbibel in Gang. Wenn man einmal die Vorreden zu den einzelnen Ausgaben der Elberfelder Bibel liest, erkennt man die Demut, die Hochschätzung der Lutherbibel, die Gewissenhaftigkeit und die Ehrfurcht der Bearbeiter vor dem Worte Gottes, aber auch das tiefe Bedürfnis nach einer besseren und genaueren Übersetzung.
Die im Jahre 1854 begonnene Arbeit schritt schnell voran. Schon 1855 konnte das Neue Testament im Kommissionsverlag Carl Brockhaus in Elberfeld herausgegeben werden. Zwar hafteten dieser Pionierarbeit noch manche Schwächen und Fehler an, aber sie verbreitete großen Segen. Im Jahre 1859 folgte eine Übersetzung der Psalmen. Zu diesem Zweck weilte Carl Brockhaus einige Zeit im Hause J.N. Darbys in London. Erst in den Jahren 1869/70 konnte J.N. Darby es ermöglichen, zur Übersetzung des ganzen Alten Testaments für längere Zeit nach Elberfeld zu kommen. An dieser Arbeit nahm auch Hermanus Cornelis Voorhoeve aus Rotterdam teil. Schon im Jahre 1871 konnte die ganze Bibel herausgegeben werden. Bis heute ist die Elberfelder Bibel bekannt und gerühmt wegen ihrer wortgetreuen Wiedergabe des Grundtextes. Dieses wichtige Werk lag Carl Brockhaus sehr am Herzen. In späteren Ausgaben wurden immer wieder Verbesserungen angebracht, für die später Dr. Alfred Rochat aus Stuttgart (Altes Testament) und Dr. Emil Dönges aus Darmstadt (Neues Testament) verantwortlich waren. Der bekannte Bibelübersetzer Dr. Hermann Menge schrieb im Jahre 1920 an Rudolf Brockhaus: „Mit Ihrer ,Elberfelder Bibel‘ bin ich seit vielen Jahren bekannt, und zwar in der Weise, dass es in Deutschland gewiss nicht viele Personen gibt, die das Buch genauer kennen und höher schätzen als ich, auch dasselbe angelegentlicher empfohlen haben, als es von mir bei den verschiedensten Gelegenheiten geschehen ist. Das Alte Testament ist für unser Volk seit Luthers Tagen nirgend besser verdeutscht worden als in Ihrer Bibelausgabe, und der Segen, den die Elberfelder Bibel gestiftet hat, kann nicht leicht zu hoch angeschlagen werden …“
Im Jahre 1856 hatte Carl Brockhaus auf dem kleinen Engelsberg, der späteren Baustraße, ein Grundstück mit einem großen Garten und einem kleinen Hause, einer früheren Senfmühle, gekauft. Da die Versammlung in Elberfeld allmählich größer wurde und ein geeigneter Saal für ihre Zusammenkünfte fehlte, baute er 1866 auf einem Teil seines Grundstücks ein Haus, das im Erdgeschoss einen Saal und im Obergeschoss Wohnungen enthielt. In seinem kleinen Häuschen wurde es der größer gewordenen Familie zu eng, da auch das Schriften- und Bibeldepot immer mehr Raum benötigte. So entschloss er sich 1874, auf dem noch freien Teil des Grundstücks ein größeres Vorderhaus zu bauen, das im Frühjahr 1875 bezogen wurde. Das kleine Häuschen wurde seitdem als Lager und Versandstelle für christliche Schriften benutzt.
Über vierzig Jahre war Carl Brockhaus in dieser Weise rastlos tätig. Schließlich erlaubte sein hohes Alter ihm nicht mehr, auf Reisen zu gehen. Seine Kräfte ließen nach. Die letzten Jahre seines Lebens fesselten ihn mehr und mehr ans Haus und brachten manche Beschwerden. Viele Nächte verbrachte er im Sessel sitzend, da der Zustand seiner Nerven und seines Herzens ihm das Liegen nicht erlaubten. Trotzdem konnte man ihn bis in die letzten Jahre hinein, als das Gehen ihm immer beschwerlicher wurde, durch die bergigen Straßen des Wuppertales wandern sehen, um Seelen, die ihm am Herzen lagen, geistliche Nahrung zu bringen, sie als ein treuer Hirte zu hüten und zu weiden.
Am 9. Mai 1899 ging er nach kurzem Krankenlager in Frieden heim, um für immer bei seinem Herrn zu sein, dem er hier in großer Treue und Hingabe gedient hatte. Zu seiner Beisetzung kamen viele hundert Geschwister von nah und fern. Sein Freund H.C. Voorhoeve hielt die Ansprache, in der er über den Heimgegangenen sagte:
… Unser heimgegangener Bruder war nicht nur Hirte, er war auch Lehrer. Wer das Vorrecht hatte, den herrlichen Konferenzen so viele Jahre hindurch beizuwohnen, der ist tief davon durchdrungen. Wie klar und deutlich, wie ergreifend und praktisch erklärte er das göttliche Wort! Und wir alle hörten ihn so oft – einige noch am vorletzten Sonntag in diesem Saale – die Worte des Herrn erklären und verkündigen. Und ein Evangelist – ja, das war er auch, das war er selbst in besonderer Weise … Gott hat uns also in unserem Bruder viel, sehr viel gegeben. Doch wir sind nicht hierhergekommen, um Menschen zu loben. Nein, alle Ehre, aller Ruhm kommt allein dem Herrn zu. Er gibt die Gaben. Er sendet Seine Diener. Er verleiht die Kraft, und Er sendet Seine Segnungen. Von Ihm allein kommt alles. Er gab uns Carl Brockhaus, und Er gab ihn so viele Jahre, beinahe ein halbes Jahrhundert. So sagen wir dankbar: Der Herr hat gegeben! Aber jetzt müssen wir hinzufügen: Der Herr hat genommen! … Er weiß, was Er tut, und darum sagen wir mit Hiob: Der Name des Herrn sei gelobt! …“