Das Matthäusevangelium (13–15)
Kapitel 13–15

William Kelly

© J. Das, online seit: 03.07.2003, aktualisiert: 24.01.2018

Leitverse: Matthäus 13–15

Kapitel 13

In Matthäus 13 haben wir den wohlbekannten Abriss von diesen neuen Wegen Gottes. Das Reich der Himmel nimmt eine Gestalt an, die in der Prophetie nicht bekannt war. Seine aufeinanderfolgenden Geheimnisse füllen die Zwischenzeit, nachdem der verworfene Christus in den Himmel gegangen ist, bis zu Seiner Rückkehr in Herrlichkeit. Viele Worte sind jetzt nicht nötig für das, was glücklicherweise den meisten Lesern bekannt ist. Lasst mich im Vorbeigehen nur ein paar Einzelheiten erwähnen. Wir finden nicht nur im ersten Gleichnis den Dienst unseres Herrn, sondern auch im zweiten den Dienst, den Er durch Seine Knechte ausführt. Danach folgt das Heranwachsen dessen, was groß in seiner Kleinheit war, bis es klein wurde in seiner Größe auf der Erde. Wir gewahren die Entwicklung und das Ausbreiten der Lehre, bis der ihr zugemessene Raum ganz unter ihren angleichenden Einfluss geraten ist. Es handelt sich hier nicht um das Leben wie am Anfang in dem Samen, sondern um ein System christlicher Lehre. Wir sehen nicht das Leben, wie es keimt und Frucht bringt, sondern das bloße Dogma und den natürlichen Verstand, der dem Dogma ausgesetzt ist. So stellen der große Baum und der Sauerteig tatsächlich die beiden Seiten des Christentums vor. Im Innern des Hauses hören wir, wie der Herr das zweite Gleichnis und die ganze Geschichte von Unkraut und Weizen und die Vermischung des Bösen mit dem Guten, welches die Gnade gesät hat, erklärt. Er zeigt jedoch darüber hinaus auch das Reich nach den göttlichen Gedanken und Absichten. Zuerst berichtet Er vom verborgenen Schatz im Acker, um dessentwillen der Mensch alles verkauft, was er hat, um sich dieses Schatzes wegen den Acker zu sichern. Das Nächste ist die eine, sehr kostbare Perle, deren Einheit und Schönheit dem Kaufmann so teuer ist. Da waren nicht nur viele wertvolle Gegenstände, sondern auch eine sehr kostbare Perle. Zum Schlussstrich, wenn das allumfassende Zeugnis abgeschlossen ist, endet alles mit einer Scheidung der Guten und Bösen im Gericht. Dann werden nicht mehr die Guten in Gefäße gesammelt. Stattdessen beschäftigen sich die geeigneten Werkzeuge der Macht Gottes mit den Bösen.

Kapitel 14

In Matthäus 14 werden die Ereignisse berichtet, die den großen Wechsel der Haushaltung offenbar machen, auf den der Herr in der Darlegung der gerade betrachteten Gleichnisse vorbereitet hatte. Der gewalttätige Mann Herodes, der schuldig war, schuldloses Blut vergossen zu haben, regierte damals im Land. Im Gegensatz zu ihm ging Jesus in die Einöde, um dort zu zeigen, wer und was Er war: Der Hirte Israels, bereit und fähig, für Sein Volk zu sorgen. Die Jünger erkannten nur unzulänglich Seine Herrlichkeit; aber der Herr handelte nach Seinem Herzen. Danach entließ Er die Volksmenge und zog sich allein zurück, um auf einem Berg zu beten. Inzwischen mühten sich die Jünger auf dem sturmgepeitschten See ab, weil der Wind ihnen entgegen wehte. Das ist ein Bild von dem, was sein wird, wenn der Herr Jesus Israel und die Erde verlassen hat und in den Himmel zurückgekehrt ist. Dann nimmt alles eine andere Form an. Statt Herrschaft auf der Erde sehen wir Fürbitte im Himmel. Schließlich, als die Jünger in der Mitte des Sees den Höhepunkt ihrer Mühe erreicht hatten, wandelte der Herr auf dem See zu ihnen und sagte: „Fürchtet euch nicht!“ (Mt 14,27); denn sie waren bestürzt und erschreckt. Petrus erbat eine Aufforderung von seinem Meister und verließ das Schiff, um auf dem Wasser zu Ihm zu kommen. Zuletzt sieht jedoch alles anders aus. Nicht alle gehören zu den Weisen, die Verständnis haben, oder zu jenen, die das Volk zur Gerechtigkeit weisen (Dan 12,3). Jede Schriftstelle aus jener Zeit beweist, wie bedeutsam Schrecken, Angst und dunkle Wolken immer wieder sein werden. So war es auch hier. Petrus ging los. Dann verlor er bei den wilden Wellen den Herrn aus dem Blick. Als er in seinem Herzen an die täglichen Erfahrungen dachte, fürchtete er den starken Wind. Er wurde allein durch die ausgestreckte Hand Jesu gerettet, welcher seinen Zweifel tadelte. Während Jesus in das Schiff stieg, hörte der Wind auf. Danach entfaltete die gnädige Macht des Herrn ihre wohltätige Wirkung in der ganzen Gegend. Das alles ist eine kleine Vorschattung von dem, was sein wird, wenn der Herr in den letzten Tagen zum Überrest kommt und das Land, welches Er betritt, mit Segnungen füllt.

Kapitel 15

In Matthäus 15 haben wir ein anderes Bild, und zwar in zweifacher Hinsicht. Die stolze, traditionsreiche Heuchelei Jerusalems wird herausgestellt und die geprüfte Heidin durch die Gnade gesegnet. Diese Ereignisse finden ihren passenden Platz nicht im Lukas-, sondern im Matthäusevangelium, zumal die Einzelheiten hier, anders als bei Markus, der diesmal ganz allgemein bleibt, großes Licht auf die Wege Gottes hinsichtlich der Haushaltungen wirft. Zunächst haben wir also die falschen Gedanken der „Schriftgelehrten und Pharisäer von Jerusalem“, die vom Herrn gerichtet wurden. Das gab Ihm die Gelegenheit, vorzustellen, was wirklich verunreinigt. Es sind nicht die Dinge, die in den Menschen hineingelangen, sondern die aus dem Mund hervorkommen und ihren Ursprung im Herzen haben. Das Essen mit ungewaschenen Händen verunreinigt einen Menschen nicht. Diese Worte sind der Todesstreich für menschliche Tradition und Brauchtum in göttlichen Dingen. Er beruht in der Tat auf der Wahrheit von dem absoluten Verderben des Menschen – einer Wahrheit, die auch die Jünger, wie wir sehen, nur langsam erkennen konnten.

Auf der anderen Seite des Bildes sehen wir den Herrn, wie Er eine Seele dazu führte, sich in der herrlichsten Weise auf die göttliche Gnade zu stützen. Die kanaanäische Frau aus den Gegenden von Tyrus und Sidon kam zu Ihm. Sie war eine Heidin, deren Volk und Abstammung an sich schon unheilvoll und deren Lage zudem verzweifelt war; denn sie wandte sich an den Herrn wegen ihrer Tochter, die schlimm von einem Dämon besessen war. Was können wir von ihrem Verständnis sagen? War sie nicht in ihren Gedanken völlig verwirrt? Hätte der Herr ihre Worte genau beachtet, dann wäre es ihr Tod gewesen. „Erbarme dich meiner, Herr, Sohn Davids!“ (Mt 15,22), schrie sie. Doch was hatte sie mit dem Sohn Davids zu tun? Und was hatte der Sohn Davids mit einer kanaanäischen Frau zu tun? Wenn Er als Sohn Davids regieren wird, dann gibt es keinen Kanaaniter mehr im Haus Jehovas der Heerscharen (Sach 14,21). Das Gericht wird sie vorher ausgerottet haben. Aber der Herr konnte sie nicht ohne eine Segnung wegschicken – eine Segnung, die Seiner Herrlichkeit entsprach. Anstatt ihr sofort eine Antwort zu geben, führte Er sie Schritt für Schritt weiter; denn so weit konnte Er sich herablassen. So groß war Seine Gnade, so groß Seine Weisheit. Zuletzt begegnete diese Frau dem Herzen und Gefühl Jesu im Bewusstsein ihrer völligen Nichtswürdigkeit vor Gott. Jetzt konnte die aufgestaute Gnade, welche die Frau bis hierhin geführt hatte, wie ein Strom fließen; und der Herr konnte ihren Glauben bewundern, obwohl er als freie Gabe Gottes von Ihm selbst kam.

Am Ende des Kapitels finden wir ein weiteres Wunder, in dem Christus eine große Volksmenge speist. Hier ist es, genau genommen, kein bildhafter Ausblick auf das, was der Herr tat oder tun wollte. Ich nehme an, es ist ein erneutes Pfand von der Wahrheit, dass Er in keiner Weise Sein altes Volk vergessen würde, auch wenn Er die Ältesten von Jerusalem richten musste und die Gnade frei zu den Heiden hinausging. Was für eine besondere Barmherzigkeit und Zartheit erkennen wir nicht nur im Endergebnis der Beschäftigung des Herrn mit Israel, sondern auch schon in der Art Seines Handelns mit ihm!

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Aus Lectures Introductory to the Study of the Gospels
Heijkoop, Winschoten, NL, 1970
(im Deutschen herausgegeben und übersetzt von J. Das)
Die Zwischenüberschriften stammen von SoundWords

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