Die Kaninchen mussten sterben ...
Von der Ehrfurcht vor dem Leben und mehr ...

Velten Berger

© V. Berger, online seit: 16.04.2002, aktualisiert: 12.01.2018

Leitverse: 2. Mose 12; 1. Mose 22

Einleitung

Ursprünglich sollten es nur zwei Zwergkaninchen sein, dir wir für unsere Kinder als Haustiere kauften. Dann dauerte es nicht lange und es stellte sich heraus, dass die beiden Häschen, die eigentlich zwei Weibchen sein sollten, nun Nachwuchs bekamen, und so hatten wir statt zwei plötzlich elf Kaninchen.

Es ist ein Wunder Gottes, dieses entstehende Leben zu sehen. Und man kann sich vorstellen, wie begeistert nicht nur unsere vier Kinder gewesen sind, besonders, als die nackten Würmlein sich zu kleinen Fellbällchen entwickelten.

Leider ist dieser Zustand eben nicht geblieben. Die kleinen Kaninchen wurden groß. Nicht nur kam es zu extremem Platzmangel, sondern auch zu Rangkämpfen bei den Kaninchen, so dass sie sich buchstäblich die Augen auskratzten. Auch bei meinen Kindern hatte die Begeisterung der Ernüchterung Platz gemacht. Elf Kaninchen täglich zu füttern, ist eben nicht dasselbe wie nur zwei.

Also musste der Bestand irgendwie dezimiert werden. Freunde nahmen uns zwei Kaninchen ab. Aber es waren jetzt immer noch neun und das hieß: also noch mindestens fünf zu viel. Denn ich habe mich breitschlagen lassen, statt zwei zumindest vier zu behalten. Zoohandlungen waren nicht interessiert, denn dafür waren die Kaninchen schon zu alt und nicht reinrassig genug.

Also blieb der Gedanke an das Schlachten. Nun, ich selbst habe so etwas noch nie gemacht. Und deshalb war da eine gewisse Scheu davor. Auf der anderen Seite wollte ich das auch nicht unbedingt vom Metzger machen lassen. Und so habe ich mir das von einem Freund erklären lassen. Er hat mir Tipps und Ratschläge dazu gegeben.

Ja, und irgendwann war es dann so weit. Ich habe einen Moment gewählt, wo die Familie nicht da war. Dann nahm ich das erste Kaninchen, betäubte es durch einen Schlag hinter die Ohren und stach mit einem sehr scharfen Messer zu …

Ehrfurcht vor dem Leben

Es ist ein absolut merkwürdiger Moment. Man löscht einer Kreatur das Leben aus. Eben noch hielt man dieses Lebewesen in seinem Arm und streichelte beruhigend das Fell. Und einige Sekunden später ist es tot. Nichts Liebenswürdiges, Anmutiges oder Beachtungswürdiges ist mehr dem toten Tier gegenüber vorhanden. Es ist nur noch, in Ehrfurcht gesprochen, Materie – etwas, was man weiter verarbeitet, ausnimmt, säubert, zerlegt. Gedanken tiefer Ehrfurcht vor dem Leben berührten mich, und mein Herz schlug dabei nicht wenig und die Kehle war wie zugeschnürt.

Wie gesagt, man hätte das alles für ein paar Euro auch von jemand anderem machen lassen können. Dann wäre man diesem „Erlebnis“ aus dem Weg gegangen. Doch mich beschäftigten bei diesem allen noch ganz andere Gedanken:

Eigentlich ist dieser „Vorgang“ für viele von uns ziemlich bedeutungslos geworden. Das Fleisch kommt aus dem Supermarkt und ebenso die Wurst. Das aber auch für den Hamburger bei MacDonald ein Rind sterben muss, damit es uns schmeckt, ist doch uns gar nicht mehr so bewusst. Wie sind wir auf dieses Sterben der Tiere angewiesen, damit wir leben. Wenn wir uns jedes Mal, wenn wir Fleisch essen, daran erinnern würden, würde uns das nicht auch mehr bewusst sein, dass wir geistlich auch nur leben können, weil Christus für uns das Lamm geworden und gestorben ist?

Ein anderer Gedanke: Wie viele kleine Menschen kommen durch das „Messer“ bereits im Mutterleib ums Leben? Wie viele Menschen, „unschuldig“, weil noch ungeboren, bekommen das zu spüren. Wie viele sind es, die keine Chance bekommen, ihr Leben zu leben und sich für Den, der das Leben ist, zu entscheiden. Wie viele sind es, an denen so Hand angelegt wird und mit dem Messer zugestochen wird …

Die Opferung Isaaks

Und noch eine weitere Geschichte fällt mir ein in Bezug auf die Ehrfurcht vor dem Leben und das Zustechen mit dem Messer. Denken wir an Abraham, der mit seinem Sohn, „dem Einzigen, den er lieb hatte“, ins Gebirge Morija zog, um ihn dort auf einen der Berge zu opfern. Hat er das leichtfertig getan? Was wird in dem Herzen dieses Mannes vorgegangen sein? Hatte Gott ihm nicht gerade diesen Sohn verheißen, um aus ihm eine große Nation zu machen? Und jetzt sollte er zustechen? Abraham war gehorsam und er wollte Gott mehr gehorchen als seinen Gefühlen und so nahm er das Messer und holte aus … – doch plötzlich ist dort diese Stimme: „Abraham, Abraham“, und sofort bricht es aus dem Abraham heraus: „Hier bin ich!“ Die Hoffnung scheint dem Abraham auf dem Gesicht zu stehen und tatsächlich, dann kommt die frohe Botschaft: „Strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben, und tue ihm gar nichts!“ – welch eine Erleichterung und Freude. Wie spricht diese Geschichte von einem anderen, von Gott selbst, der auch einen Sohn hatte – den geliebten, eigenen Sohn, der in seinem Schoß war – und Gott zieht auch mit seinem Sohn in das Gebirge Morija, um seinen Sohn zu opfern. Gott konnte sich den Schmerz nicht ersparen, den Er in seiner Güte und Gnade dem Abraham ersparte, und so lesen wir auch in Römer 8,32: „Er [Gott], der doch seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat …“ Solltest du gerettet werden, „musste“ der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe. Der Tod des Herrn Jesus brachte uns das Leben im Überfluss – das ewige Leben. Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!

Das Passahlamm

Und noch eine Sache kam mir in den Sinn:

2Mo 12,3-7: Redet zu der ganzen Gemeinde Israel und sprechet: Am Zehnten dieses Monats, da nehme sich ein jeder ein Lamm {eig. ein junges Schaf o. eine junge Ziege} für ein Vaterhaus, ein Lamm für ein Haus. Und wenn das Haus nicht zahlreich genug ist für ein Lamm, so nehme er es und sein Nachbar, der nächste an seinem Hause, nach der Zahl der Seelen; einen jeden sollt ihr nach dem Maße seines Essens rechnen auf das Lamm. Ein Lamm ohne Fehl sollt ihr haben, ein männliches, einjährig; von den Schafen oder von den Ziegen sollt ihr es nehmen. Und ihr sollt es in Verwahrung haben bis auf den vierzehnten Tag dieses Monats; und die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es schlachten zwischen den zwei Abenden. Und sie sollen von dem Blute nehmen und es an die beiden Pfosten und an die Oberschwelle tun, an den Häusern, in welchen sie es essen.

Die Plagen Gottes schlugen Ägypten. Hier war es finster. Tagelang keine Sonne, kein Mond, kein Licht. Und in den Häusern der Israeliten war das Lamm. Drei Tage lebten sie mit diesem Tier in ihrem Haus. Ob sie es nicht auch liebgewonnen hatten? Ob die Kinder mit diesem Tier gespielt hatten? Aber am vierten Tag musste es sterben. Der Vater musste es nehmen, in der anderen Hand das Messer, und dann zustechen …

Das Lamm musste sterben, damit der Tod den Erstgeborenen nicht treffen würde. Das Lamm, mit dem man noch eben spielte und welches man mochte, musste unschuldig sterben, damit man selbst weiterleben konnte. Waren hier nicht in den Herzen der Israeliten noch viel tiefere Empfindungen als bei mir mit meinen Kaninchen?

Das Lamm Gottes

Und dann gehen die Gedanken noch weiter: an das Lamm Gottes, das auch im Bilde gesprochen nur eine kurze Zeit unter uns war. Wenn wir zu seiner Zeit gelebt und sein Leben buchstäblich betrachtet hätten, hätten wir Ihn dann nicht auch liebgewonnen? Wir hätten gesehen, wie Er weinte, wie Er innerlich bewegt wurde beim Anblick eines Aussätzigen oder einer trauernden Mutter. Und dann doch das Kreuz: Warum? Fragen wir uns dann nicht auch:

Was hast Du Herr verschuldet,
was legt man Dir zur Last?

Als ewiger Sohn Gottes konnte Er nicht sterben. Als ewiger Sohn konnte Er sein Leben nicht als Lösegeld geben. So ist Er Mensch – Sohn des Menschen – geworden, um freiwillig am Kreuz zu sterben. Eine übernatürlich große Liebe trieb Ihn dazu, zu kommen und zu suchen und zu erretten, was verloren war.

Er hätte nicht sterben müssen. Meine Kaninchen und auch selbst das Lamm aus 2. Mose wären irgendwann auf natürlichem Wege gestorben. Aber nicht Er! Er war das Leben! Der Teufel, der Befehlshaber des Todes, hatte keinen Angriffspunkt in Ihm. Selbst ein weltlicher Politiker musste sagen: „Siehe, nichts Todeswürdiges ist von ihm getan“ (Lk 23,15). Nein, keiner konnte Ihm das Leben nehmen, so wie ich bei meinen Kaninchen. Er gab es selbst, freiwillig. Er ließ sich an das Kreuz schlagen. Er erlaubte es. Und hier starb Er seinen Tod.

„… da der Tod stattgefunden hat …“ (Heb 9,15). Hier hat der Tod stattgefunden. Er hat sich an dem vergangen, an dem nichts Todeswürdiges war und hat sich dabei selbst den Todesstoß versetzt. „… auf dass er durch den Tod den zunichtemachte, der die Macht des Todes hatte, das ist den Teufel“ (Heb 2,14).

Der Herr Jesus starb am Kreuz. Er starb, um für meine Sünde zu bezahlen. Er starb, weil die Sünde selbst an Ihm gerichtet wurde. Er starb, um Menschen mit Gott zu versöhnen. Und Er starb, um uns, die wir tot waren – nichts Liebenswürdiges, Anmutiges oder Beachtungswürdiges –, das Leben zu schenken. Aber Er starb auch, weil Er damit Gott verherrlichte, wie es noch niemals ein Mensch getan hatte, ja jemals tun konnte.

Gott in allen Dingen sehen

Was für Gedanken doch beim Kaninchenschlachten kommen können. Sicherlich sind diese Gedanken viel zu groß, um nur beim Kaninchenschlachten daran zu denken. Sollten wir dies uns nicht aber zur Gewohnheit machen, bei allen unseren Tätigkeiten, auch wenn es nur das Kaninchenschlachten ist, an den Herrn zu denken, Ihn mit hineinzubringen? Und wenn uns das gelingen würde, dann würden wir viel mehr mit Ihm beschäftigt sein und unser ganzes Leben mitsamt den Kleinigkeiten wäre eine ununterbrochene Gemeinschaft mit dem Herrn. Wie würde Ihn das ehren und welch ein Segen wäre das für uns!

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