Heiligkeit – am Beispiel Judas erklärt
Johannes 13

David Willoughby Gooding

© SoundWords, online seit: 01.01.2001, aktualisiert: 06.12.2023

Das Wesen der Heiligkeit

Die erste wichtige Lektion in der Schule Christi, betreffs der Heiligkeit, begann mit einer starken, symbolisch anschaulichen Lektion. Christus wusch die Füße seiner Jünger. Nun sollte die zweite wichtige Lektion aus einer zweiten besonders wichtigen symbolischen Handlung bestehen: Christus gab das eingetauchte Stück Brot an Judas. Das bezweckte zwei Dinge: Erstens identifizierte Er unmissverständlich den Verräter, und zweitens legte Er die Art seiner Sünde bloß.

Der erste Grund für Johannes, diese Geschichte aufzuschreiben, ist ohne Zweifel, dass sie tatsächlich stattfand. Aber die Begebenheit beschäftigt sich mit einer allgemeingültigen Lektion, die wir lernen müssen, besonders zu diesem Zeitpunkt in unserem Kursus über Heiligkeit. Die Bedeutung davon ist diese: Das Waschen der Füße der Jünger durch den Herrn hat uns gelehrt, dass von wahren Gläubigen erwartet wird, dass sie sich „selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem sie die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (2Kor 7,1). Wenn wir also davon ausgehen, dass wir danach streben müssen, in unserer Lebenspraxis stets heiliger zu werden – wie können wir das dann tun, wenn wir keine genaue Vorstellung davon haben, was Heiligkeit ist, und zwar nicht nur, welche Denkweisen und Taten heilig sind, sondern was das Wesen und der Kern von Heiligkeit ist?

Eine Art, das Wesen einer Sache kennenzulernen, ist, das Gegenteil zu betrachten. Wir lernen zum Beispiel die Schönheit umso mehr wertzuschätzen, wenn uns gezeigt wird, was Schmutz ist. Wir werden uns der Gesundheit besonders bewusst, wenn wir unsere Gesundheit verlieren und krank werden. Was ist nun das Gegenteil von Heiligkeit? Die Sünde natürlich, sagt jemand; und das ist natürlich mit Sicherheit wahr, aber die Sünde kommt auf verschiedene Arten und Weisen zum Ausdruck. Als das Gegenteil von Gerechtigkeit zum Beispiel ist die Sünde nach der Bibel in 1. Johannes 3,4 die Gesetzlosigkeit. Das heißt, dass man ein Leben in vollkommener Gleichgültigkeit gegenüber dem Gesetz Gottes lebt, als ob das Gesetz Gottes nicht besteht. Aber was ist nun Sünde als Gegenteil von Heiligkeit? Dies wird der Herr Jesus uns nun zeigen. Dadurch, dass der Verräter Judas identifiziert wird und die Art seiner Sünde haarscharf bloßgelegt wird, lässt der Herr uns sehen, was das Wesen von Unheiligkeit ist. Danach werden wir umso deutlicher entdecken, was das Gegenteil davon ist – wahre Heiligkeit – und was das Geheimnis ist, um Heiligkeit zu erreichen.

Das Wesen von Unheiligkeit

Joh 13,18.21: Der mit mir das Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben. … Als Jesus dies gesagt hatte, ward er im Geist erschüttert und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich überliefern.

Wir haben schon gehört, wie Christus Judas’ Sünde beschreibt (ohne ihn zu nennen) mit den Worten: „Der mit mir das Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben“ (Joh 13,18). Nun fügt unser Herr in einem noch geheimnisvollerem Sinn hinzu: „Ich sage euch, dass einer von euch mich überliefern wird“ (Joh 13,21). Wir wissen aus den anderen Evangelien, dass Judas den Herrn um Geld verriet, Ihn für dreißig Silberlinge verkaufte, wie es in Matthäus 26,15 heißt. Wir müssen alle diese Elemente zusammenfügen, um ein umfassendes Bild von der Sünde des Judas zu bekommen.

Wir wollen nun zurückgehen zu dem Ausdruck „der mit mir das Brot isst“. Es ging hier nicht darum, dass dreizehn Männer eine Mahlzeit in einem Restaurant einnahmen, wobei jeder seinen eigenen Anteil an den Kosten der Mahlzeit bezahlte. Bei dieser Gelegenheit, wie auch bei vielen Gelegenheiten in der Vergangenheit, war der Herr Jesus der Gastgeber, der in seiner liebevollen Edelmütigkeit Judas als seinen persönlichen Gast eingeladen hatte, um seinen Tisch mit ihm zu teilen. Außer dem Essen auf seinem Tisch hatte der Herr Jesus verschiedene hohe Privilegien und Gaben an Judas verliehen. Er hatte ihn als Apostel angestellt, Er hatte ihm aufgetragen, zusammen mit den anderen Aposteln als sein Gesandter auszugehen, um das Königreich Gottes zu predigen. Es ist sogar möglich, dass Judas, genauso wie die anderen Apostel, die Macht bekommen hatte, Wunder zu tun, obwohl Judas nichts anderes war als ein Ungläubiger (und unser Herr wusste das – siehe Johannes 6,70.71). Ist es möglich, dass Menschen, die keine Gläubigen sind, Wunder im Namen Jesu tun (s. Mt 7,22)? Darüber hinaus war Judas das Amt des Zahlmeisters der Gruppe der Apostel anvertraut: Er trug die Geldbörse, die alles Geld beinhaltete, das Jesus besaß und woraus Judas sich des Öfteren widerrechtlich Geld zugeeignet hatte (Joh 12,6). Aber weit darüber hinausgehend – über diese hohen Privilegien, Gaben und ehrenvollen Ämter – hatte Christus Judas seine persönliche Freundschaft angeboten. Christus hätte Judas behandeln können wie einen Unteroffizier in einem Militärlager, dessen Rang, obwohl wichtig, nicht dafür ausreichte, um mit dem Oberbefehlshaber des Lagers zu essen und noch weniger mit dem Präsidenten des Landes – aber nein, Jesus hatte Judas stets an seinem Tisch und ihm nicht allein sein Essen angeboten, sondern auch seine persönliche Freundschaft.

Und die Sünde Judas? Er hatte alle Gaben von Christus angenommen, alle Vorrechte genossen, selbst das Essen an dem Tisch Christi gegessen – und er hatte doch keine Zeit für Liebe oder Loyalität Christus persönlich gegenüber. Sicher! Er hatte getan, als ob er der Freund Christi und sein loyaler Diener war, aber er hatte Christus nicht lieb. Was seine Loyalität betrifft: Als die Gelegenheit kam, da stahl er nicht nur das Geld Christi aus der Kasse, sondern er verkaufte auch die Freundschaft Christi und darüber hinaus Christus selbst.

Der Ernst der Sünde Judas’

Es gibt im Leben einige Dinge, die so heilig sind, dass es unmöglich ist, den Wert davon in Geld auszudrücken, und jemand, der bereit wäre, sie für Geld zu verkaufen, wird von jedem recht denkenden Menschen verachtet werden. Freundschaft ist eins davon, Loyalität ein zweites. Es ist schon gut möglich, dass jemand in einem fremden Land spioniert und dass er dann wegen seines Mutes und seiner Bereitwilligkeit von seinen Landsleuten bewundert wird. Aber jemand, der bereit ist, sein eigenes Land zu verkaufen, solange der Preis nur hoch genug ist, wird von seinen Landsleuten mit Ekel und Abscheu angesehen wie jemand, der der schrecklichsten Perversion moralischer Werte schuldig ist. Wenn er aufgespürt und eingesperrt wird, dann wird er gewöhnlich erschossen. Und was sollen wir über jemand sagen, der bereit wäre, gegen königliche Bezahlung seine Mutter an einen Sklavenhändler zu verkaufen?

Judas nahm alle Geschenke Christi an und stahl auch noch das Geld aus der gemeinschaftlichen Kasse. Das war sicher eine gemeine und verächtliche Angelegenheit. Aber was bedeutete Christus schon der Verlust von ein paar Geldstücken? Als Judas alle Geschenke Christi annahm, als sein Gast mit Ihm aß, Ihm Freundschaft vormachte, das Essen von seinem Tisch aß und danach sowohl Christus selbst als auch seine Freundschaft für Geld verkaufte – das konnte man nur mit einem persönlichen Dolchstoß in das Herz Christi gleichsetzen. Christus war kein Stoiker ohne Gefühle. Jahre später, als Johannes sich an dieses Mahl erinnerte und es für uns aufschrieb, konnte er sich noch stets an die Traurigkeit erinnern und sie in sein Gedächtnis zurückholen, die Jesus offenbarte, als Er ankündigte: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, einer von euch wird mich überliefern“, und wie es dort heißt, „und er war im Geist erschüttert.“

Jesus war nicht ein gewöhnlicher Mensch oder ein außergewöhnlich brillanter Theologe oder Lehrer. In jenem Fall wäre der Verrat des Judas noch schändlich genug gewesen, aber Jesus war kein gewöhnlicher Mensch, Er war der Sohn Gottes. Die Geschenke Jesu und das Essen anzunehmen, um Ihn danach zu verwerfen, war damit gleichzusetzen, Gottes Geschenke anzunehmen und danach Gott zu verwerfen. Jesus und seine Freundschaft zu verraten, war dasselbe, wie Gott und seine Freundschaft zu verraten. Der Dolch, den Judas in das Herz Jesu stieß, ging durch das Herz Gottes selbst.

Judas’ Herz: die Menschheit in Miniatur

Judas Betragen scheint uns ziemlich extrem zu sein, aber seine Gesinnung ist allgemeiner, als du vielleicht denken wirst. Judas nahm die Gaben Christi an, aber er hatte keine Zeit, Liebe oder Loyalität für Christus persönlich zu empfinden, und es gibt Massen von Menschen, die Gottes Gaben annehmen und diese genießen und ebenso wenig Zeit, um Liebe und Loyalität für Gott zu empfinden. Sie behandeln Gott, den Schöpfer, genauso wie Judas Christus behandelte.

Überall um uns herum liegen gute und oft außergewöhnliche Gaben in der Natur ausgestreut, so dass wir davon genießen können, mit inbegriffen ist natürlich unser tägliches Brot. Aber es gibt mehr noch im Leben als die unpersönlichen Kräfte der Natur. Hinter der Natur schlägt das Herz eines persönlichen Schöpfers, und die Gaben der Natur sind seine freundlichen Aufforderungen an uns, mit Ihm unsere persönliche Freundschaft zu suchen. Massen von Menschen nehmen die Gaben an und genießen davon, aber sie haben kein Interesse an dem göttlichen Geber; sie fühlen keine Verpflichtung, Ihm dankbar zu sein, keine Liebe zu Ihm, keine Loyalität Ihm gegenüber, kein Verlangen nach seiner Freundschaft. Sie tun, als ob Er nicht besteht. Noch ärger: Um mehr Geld zu haben, bessere Positionen in der Gesellschaft, mehr Ansehen der Welt zu bekommen, sind viele bereit, Gottes Sohn zu verraten und den Glauben an Gott aufzugeben, um Erfolg in der Welt zu haben. Das ist der wahre Kern und das wahre Wesen von Unheiligkeit. Um unheilig zu sein, muss man weder einen Mord noch einen Banküberfall begehen oder Ehebruch treiben oder kleine Kinder foltern. Alles, was du tun musst, ist, Gottes Gaben anzunehmen, aber keine Liebe oder Zeit für Gott selbst zu haben. Indem du das tust, verwundest du das Herz Gottes und entheiligst darüber hinaus alles in diesem Leben.

Eine alte Sünde

Diese verkehrte unheilige Gesinnung des Herzens ist die gleiche Gesinnung, zu der Satan zu Beginn Adam und Eva verleitete. 1. Mose 3 beschreibt, wie Satan auf den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen wies und Eva darauf aufmerksam machte, dass es gut sei, davon zu essen, das heißt gut für die „leibliche Befriedigung“, und dass er anziehend sei, um weise zu machen, das heißt für die „geistliche Befriedigung“; und er legte Eva die Lüge vor, dass es möglich sei, von diesen herrlichen Dingen zu genießen – kurz gesagt: völlig das zu genießen, was Leben war, und das unabhängig von Gott und ohne Ehrfurcht vor Ihm oder seinem Wort. Adam und Eva glaubten den Lügen, und das gab der Menschheit sofort eine andere Ausrichtung im Bezug auf das Leben, die Quelle des Lebens und die Beziehung darin. Die Wohltaten des Lebens wurden nicht länger als Gaben aus der liebenden Hand Gottes betrachtet, die sie in Gemeinschaft mit Ihm genießen könnten und wobei ihre Herzen in stets engerer Gemeinschaft mit Gott gezogen würden, so dass die Freundschaft mit Gott ewig in seinem Himmel fortdauern sollte, wenn das Leben auf der Erde und die zeitlichen Gaben dieses Lebens vorbei wären. Nun wurden die Wohltaten des Lebens ein Ziel in sich selbst, wobei ihre Herzen von Gott abgezogen, anstatt zu Ihm hingezogen wurden. Darüber hinaus sorgte ihre Entfremdung von Gott dafür, dass sie Angst vor Gott hatten. Gott wurde jemand, vor dem man sich verstecken musste, und Er war nicht mehr die Quelle ihrer Lebensfreude, sondern eine Bedrohung für diese Freude. Und das Gift dieser verkehrten Haltung, in Bezug auf Gott, ist in die Adern eines jeden menschlichen Wesens eingedrungen.

Das ist die typische Sünde der Welt, so sehr, dass die Bibel oft das Wort „Welt“ in einer schlechten Bedeutung gebraucht, um nämlich das menschliche Zusammenleben anzudeuten, das organisiert und auf der Grundlage dieser verkehrten Gesinnung gegenüber Gott wirkt. Wir werden später in diesem Kurs viele Vorbilder hiervon finden.

Darüber hinaus sind wiedergeborene Menschen nicht die Einzigen, die durch diese Sünde gekennzeichnet werden. Auch wahre Gläubige werden noch immer so sehr angezogen und müssen in den Worten des Apostels Johannes ermahnt werden: „Habt nicht die Welt lieb noch was in der Welt ist; wenn jemand die Welt liebt, ist die Liebe des Vater nicht in ihm. Alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, sind nicht aus dem Vater, sondern sind aus der Welt“ (1Joh 2,15.16). Nicht, dass die schönen Dinge im Leben oder selbst das Begehren davon in sich selbst verkehrt ist. Gott, so sagt uns die Bibel, gibt uns alles reichlich zum Genuss (1Tim 6,17). Das Schlimme passiert, wenn die schönen Dinge dieses Lebens (oder was auch immer) unser Herz von Gott abziehen – das ist weltliche Gesinnung und das Wesen der Unheiligkeit. Stelle dir einen reichen Mann vor, der beschließt, den 18. Geburtstag seines Sohnes besonders zu gestalten, indem er ihm ein Privatflugzeug schenkt; und dann stell dir vor, dass der Sohn das Geschenk annimmt, ohne sich bei seinem Vater zu bedanken, sich ins Cockpit schwingt und wegfliegt und den Rest seines Lebens nicht mehr zurückkommt, um seinen Vater aufzusuchen. Was würden wir von solch einem Sohn denken? Und wie würde sich der Vater fühlen?

Das Wesen der Heiligkeit

Wenn dieses das Basisprinzip der Unheiligkeit ist, dann können wir daraus unmittelbar ableiten, dass das Wesen von Heiligkeit genau das Umgekehrte ist. Es bedeutet nicht so sehr, dass ich mich an eine Liste von Regeln halte – wenn auch Christus uns später daran erinnern wird –, als vielmehr, dass wir seine Gebote halten sollen, wenn wir Ihn liebhaben. Im Grunde ist wahre Heiligkeit eine ausdauernde, liebevolle Hingabe an göttliche Personen.

Weil Menschen das nicht begreifen, werden sie manchmal dazu gebracht, allerlei gesetzliche Praktiken zu beachten, die einen äußerlichen Anschein von Heiligkeit haben, aber das Grundprinzip vermissen lassen. Da sind zum Beispiel Christen, die noch stets mittelalterliche Kleidung tragen, in der Überzeugung, dass das Tragen von moderner Kleidung unheilig sei. Es steht uns natürlich nicht zu, den inneren Zustand ihrer Herzen zu beurteilen, aber wir können sicher sein, dass es möglich ist, altmodische Kleidung zu tragen und sich dabei an allerlei strenge Regeln zu halten und doch im Herzen wenig oder keine Liebe zum Heiland oder aktive Hingabe an Ihn persönlich zu haben. Selbst Prediger und Theologen sind nicht immun gegen diese Gefahr. Es ist möglich, die Heilige Schrift nur berufsmäßig oder als Hobby zu studieren und über die Bibel zu predigen, nur um das Gefühl der Macht des Redners über eine große Anzahl Zuhörer zu genießen, und doch das Herz weit von dem Herrn entfernt zu haben und dabei durch einen Mangel an persönlicher Liebe zu Ihm gekennzeichnet zu sein. Und es ist auch möglich, dass Prediger – Judas warnt davor – aufgrund von Position, Karriere oder geldlichem Gewinn moralisch, geistlich und theologisch untreu sind gegenüber Christus.

Wenn wir stets praktisch heiliger werden wollen, müssen wir dem Herrn stets mehr zugeweiht werden, Ihn stets inniger liebhaben und Ihm stets treuer dienen. Aber wenn das so ist, werden auch die feurigsten Gläubigen die Ersten sein, die erkennen, dass ihre Liebe zu Christus nicht so warm und beständig ist, wie sie sein sollte. Die Spannungen des Lebens, die Freuden, die Notsituationen und der Streit – sie rauben die Energie und ziehen die Loyalitäten in andere Richtungen und kühlen die Liebe Christus gegenüber ab. Was kann die Liebe dann wieder erwärmen und die Hingabe erneuern, und wie wird Christus, der die Wechselhaftigkeit unserer Herzen sieht und kennt und auch unsere Untreue Ihm gegenüber, dann auf uns reagieren? Uns anschuldigen und verwerfen?

Die Frage führt uns zurück zum Obersaal, um zu sehen, wie Christus auf Judas reagiert, wie Er den Verräter identifiziert und durch welches Mittel Er Judas’ Verrat enthüllt.

Die Enthüllung des Verrats des Menschen

Christus gab Judas das Stück Brot

Joh 13,22-30: Da blickten die Jünger einander an, zweifelnd, von wem er rede. Einer aber von seinen Jüngern, den Jesus liebte, lag zu Tisch in dem Schoß Jesu. Diesem nun winkt Simon Petrus, damit er forschen möchte, wer es wohl wäre, von welchem er rede. Jener aber, sich an die Brust Jesu lehnend, spricht zu ihm: Herr, wer ist es? Jesus antwortete: Jener ist es, welchem ich den Bissen, wenn ich ihn eingetaucht habe, geben werde. Und als er den Bissen eingetaucht hatte, gibt er ihn dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot. Und nach dem Bissen fuhr alsdann der Satan in ihn. Jesus spricht nun zu ihm: Was du tust, tue schnell. Keiner aber von den zu Tische Liegenden verstand, wozu er ihm dies sagte. Denn etliche meinten, weil Judas die Kasse hatte, dass Jesus zu ihm sage: Kaufe, was wir für das Fest bedürfen, oder dass er den Armen etwas geben solle. Als nun jener den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Es war aber Nacht.

Als der Herr Jesus ankündigte: „Einer von euch wird mich überliefern“, muss Judas wohl endlich begriffen haben, dass der Herr Jesus wusste, was er vorhatte. Aber noch keiner von den anderen im Obersaal wusste, wer der Verräter war. Und sie starrten sich alle an und fragten sich, über wen Jesus wohl sprach. Nun lag einer von ihnen, der Apostel, den Jesus liebhatte, am nächsten bei Ihm. Petrus gab diesem Jünger darum einen Wink, um ihm anzudeuten, dass er Jesus fragen sollte, wen von ihnen er meinte, und sich nach hinten gegen Jesus lehnend fragte dieser Jünger Ihn und sagte: „Herr, wer ist es?“ Nun kam der dramatische Moment, dass Jesus dem Verräter die Maske abreißen sollte. Wie wird Er das tun? Er hätte es tun können, indem Er den beschuldigenden Finger schweigend nach ihm ausstreckte, während Judas zusammengeschreckt auf seinem Platz saß. Aber Er entschied sich, es nicht auf diese Art und Weise zu tun. Er hätte Judas Namen nennen  und dabei eine vernichtende Beschuldigung wegen des Verrates anschließen können. Das wäre angsteinflößend gewesen.

Wir werden uns sicher an manche andere Gelegenheiten erinnern, als der Herr genötigt war, die Sünde schlechter Menschen an den Pranger zu stellen. Wie erschreckend muss zum Beispiel der Anblick seiner blitzenden Augen und der erhobenen Geißel gewesen sein, als der Herr die Geldwechsler aus dem Tempel trieb (Joh 2,14-17). Wie vernichtend muss die Verurteilung von bestimmten Schriftgelehrten und Pharisäern geklungen haben: „Schlangen! Otternbrut! Wie solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen?“ (Mt 23,33). Aber die Entheiligung des Hauses Gottes, die verkehrte Vorstellung des Charakters Gottes, die Verfolgungen der Propheten Gottes und die Unterdrückung der Armen unter dem Mantel von Gottesdienst waren Sünden, die den Herr bei diesen Gelegenheiten zu solch scharfen Bestrafungen bewogen.  Christus konnte nicht tatenlos zusehen, wie andere Menschen durch gottesdienstliche Perversitäten scheinheiliger Männern geistig beschädigt wurden.

Aber hier in dem Obersaal waren es keine anderen Menschen, denen kurz darauf Böses angetan werden sollte. Judas’ Sünde verwundete Christus selbst, und zwar dadurch, dass er einen giftigen Pfeil in Christus’ eigenes Herz bohren sollte. Mit welchen Worten und welchem Ton und welcher Handlung sollte Er den Verrat dieser Otter gegen seine eigene Person aufdecken? In der Antwort auf die Frage des Johannes, wer der Verräter war, sagt Er: „Jener ist es, dem ich den Bissen, wenn ich ihn eingetaucht habe, geben werde. Und als er den Bissen eingetaucht hatte, gibt er ihn dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot.“ Diese vielsagende Handlung war mehr als die gewöhnliche Art und Weise, um einen Verräter anzuzeigen. Judas hatte, so erinnern wir uns, die letzten drei Jahre das Brot Christi angenommen und vorgegeben, sein Freund zu sein. Nun stand er an dem Punkt, das Brot der Freundschaft Christi Ihm ins Gesicht zurückzuwerfen, um Christus zu verraten. Wie würde Christus darauf reagieren? Dadurch, dass Er ihm dasselbe Brot noch einmal anbot. Er stellte ihn nicht mit flammenden Worten zur Rede. Es kamen keine beißenden Scheltworte. Der Herr bot einfach dieses Stück Brot an und sagte damit unausgesprochen, aber deutlich: Judas, du hast das Brot meiner Freundschaft angenommen, und trotzdem hast du die Ferse gegen mich erhoben. Nun stehst du an dem Punkt, dass du mich überliefern wirst; ich weiß dies alles, aber trotzdem biete ich dir, Judas, noch einmal das Brot meiner Freundschaft an. Willst du es nicht annehmen? – Dieses Verhalten war nicht zynisch oder sarkastisch. Auch war das kein Versuch, bei Judas in Gunst zu kommen. Das war ein aufrichtiger, allerletzter Versuch, um ihn zu retten von seiner selbsterwählten Hölle. Wenn nach den ungeschriebenen Gesetzen der Gastfreiheit des alten Mittleren Ostens ein Gastgeber ein Stück Brot nahm, es in die Schale tauchte und persönlich an einen seiner Gäste reichte, bedeutete das nicht allein, dass er den Gast ehrte, dadurch dass er ihm ein besonders gut schmeckendes Stück von dem Essen seines Gastmahles anbot; es bedeutet darüber hinaus, dass er den Gast für passend wähnte, sein loyaler Freund zu sein. Und wir können sicher sein, dass selbst in diesem ernsten und dramatischen Moment auf dem Wege Judas zur Hölle hin das Verhalten des Herrn, ihm ein Stück Brot anzubieten, aufrichtig war, wie spät es auch in der Zeit war, Judas mit seiner Freundschaft und Liebe zu durchdringen und damit von der Vergebung, dem Schuldenerlass und der Herrlichkeit am Ende, die darin eingeschlossen waren.

Die Reaktion des Judas

Wie Judas sich in diesem Moment fühlte, wird uns nicht erzählt. Armer Judas! Warum rief er nicht aus dem Elend seines Herzens heraus aus: Herr, ich wusste nicht, dass du es warst, aber nun sehe ich, dass du es entdeckt hast. Ich werde verzehrt durch diese schlimme und verächtliche Begierde nach Geld und Macht, die mich dazu bringt, dich zu verkaufen und dich zu überliefern, aber da du alles über mich weißt und mir doch noch das Stück Brot deiner loyalen Freundschaft anbietest, dann ist das doch alles, was ich nötig habe. Der Teufel selbst scheint mich fest in seinem Griff zu haben, um mich in die Hölle zu ziehen. Rette mich vor mir selbst, rette mich aus meiner schrecklichen Verdorbenheit. – Und wir können sicher sein: Wenn Judas das ausgerufen hätte, dann würde er gemerkt haben, dass das Verhalten Christi mit dem Herüberreichen des Stückchen Brots in der Tat echt war. Christus würde ihn gerettet haben und ihm allezeit treu geblieben sein, aber so ging es nicht. Judas nahm das Stück Brot an, aber aufs Neue war das eine scheinheilige Tat. Er nahm das Stück Brot an, aber völlig unbußfertig ging er weiter mit seinen Plänen, um den Geber zu verraten. Er hatte seinen endgültigen Beschluss gefasst, und nachdem er das Brot genommen hatte, „fuhr der Satan in ihn“, wie Johannes schreibt. Nachdem er das Stück Brot genommen hatte, ging er alsbald hinaus.

Was ist nun die Reaktion Christi auf diese weitere und letzte Abweisung seiner Freundschaft und Rettung? Es kam keine heftige, donnernde Verurteilung. Alles, was Christus zu Judas, der die Tür hinausging, sagte, war: „Was du tust, tue schnell.“ In diesem Moment begriff niemand am Tisch etwas von der Bedeutung. Sie dachten – so sagt Johannes –, „weil Judas die Kasse hatte, dass Christus ihm auftrug, zu kaufen, was nötig war für das Fest oder um etwas an die Armen zu geben“. Stell dir, wenn du kannst, das einmal vor, in welch einem normalen Ton und mit welch einem ganz normalen Blick und Verhalten Jesus sprach: als wenn Er sich an seine Jünger wandte, um ihnen aufzutragen, etwas den Armen zu geben. In demselben Ton machte der Herr seine letzte Bemerkung gegen Judas. Genauso ist die Erwähnung, die Johannes hier macht, dass die Jünger die Worte Christi gegen Judas völlig falsch verstanden, ergreifend [vor allen Dinge auch, dass Judas die Kasse hatte; Anm. d. Übers.].

Es erinnert an einen Bericht, den Johannes einige Verse zuvor in Johannes 12,1-8 niedergeschrieben hat. Bei dieser Gelegenheit hatte Maria, die Schwester des Lazarus, ihre Dankbarkeit, Liebe und Zuneigung zum Herrn Jesus dadurch ausgedrückt, dass sie die Füße Jesu salbte mit einem ganzen Krug voll kostbarem Räucherwerk, das mindestens einen ganzen Jahreslohn wert war. Für Judas schien so eine extreme Hingabe an Christus unsinnig übertrieben, und er brachte seine Kritik mit den Worten zum Ausdruck: „Warum ist diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und den Armen gegeben worden?“ Johannes fügt noch hinzu, dass Judas sich nicht echt bekümmerte um die Armen, denn er war ein Dieb, und da er die gemeinschaftliche Kasse hatte, so würde er, wenn die Salbe verkauft war und die Geldmittel in die Kasse eingegangen waren, Gelegenheit haben, ein gutes Stück davon für sich selbst zu nehmen.

Aber abgesehen davon und, was viel schlimmer ist, was ihn wirklich ärgerte, war, dass jemand denken konnte, dass Jesus so einer äußerst kostbaren Zuneigung würdig war und dass jemand Ihn so liebhatte, dass er so viel Geld für Ihn ausgab. Er selbst hatte Jesus so lange gedient, wie es ihm passte: wegen der Position, der Macht und dem Geld, das es ihm einbrachte. Aber Jesus persönlich liebhaben? Warum sollte jemand Jesus so liebhaben? Er sicher nicht! Er konnte nicht begreifen, warum jemand anders das wohl tat. Und jetzt wird er es nicht mehr begreifen. Wenn er nicht nur das Stück Brot angenommen hätte, sondern auch das, was es symbolisierte, dann hätte er als Folge mit stets wachsender Verwunderung entdeckt, was die Freundschaft Christi für alle die, die sie annahmen, bedeutete; aber als er das Stück Brot gebrochen hatte, verbarrikadierte er zum letzten Mal sein Herz für die Liebe und Freundschaft Christi. Er ging sofort nach draußen und, so sagt Johannes 13,30, „es war aber Nacht“. Es war natürlich buchstäblich Nacht, aber dieser Satz zeigt natürlich mehr als nur einen gewissen Zeitpunkt. In diesem Moment ging der Satan, dessen Vorschläge Judas früher willkommen aufgenommen hatte (Joh 13,2), als Bundesgenosse in seinen Kampf, um seine Unabhängigkeit von Jesus zu bewahren, nicht weg, um Judas seine erwartete Freiheit zu geben, sondern er fuhr in Judas (Joh 13,27), überwältigte ihn und machte ihn zu seinem unterworfenen Sklaven. So ging Judas nach draußen, in eine Nacht von ununterbrochener moralischer und geistlicher Finsternis, die kein Tageslicht sehen wird.

Judas ist nur ein extremes Vorbild von dem, was nach den Warnungen der Bibel mit denen geschehen wird, die Gott und seinen Sohn endgültig abweisen. Aber das ist ja schrecklich, sagt jemand! Sagst du da wirklich, dass Gott Menschen in die Hölle gehen lassen wird oder sie selbst dahin steuern wird, nur weil sie sich weigern, an Jesus Christus zu glauben und Ihn anzunehmen? Wenn das so ist, wer soll dann solch einen Gott respektieren können oder an Ihn glauben? Sagt man nicht von Ihm, dass Er ein Gott der Liebe ist?

Die Entfaltung der Herrlichkeit Gottes

Aber gerade diese Antwort bringt uns dazu, zu beachten, was Jesus sagt, nachdem Judas hinausgegangen war.

Joh 13,31.32: Als er dann hinausgegangen war, sagt Jesus: Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm. Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, so wird auch Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und alsbald wird er ihn verherrlichen.

Weder die Wahl des Judas zu Apostel noch die Vorhersage, dass er es sei, der den Herrn verraten sollte, nötigten Judas, den Herrn zu verraten. Stell dir vor, dass du aus einem Helikopter nach unten schaust und zwei Autos mit hoher Geschwindigkeit an einer engen Stelle aufeinander zurasen siehst. Dann wirst du vorhersagen können, dass sie bestimmt zusammenstoßen werden. Aber nicht deine Vorhersage, so richtig sie auch ist, wird bewirken, dass sie zusammenstoßen; das Unglück wird die Schuld der Fahrer sein. So war es auch mit Judas. Jesus wusste zuvor und sah zuvor, dass er Ihn verraten würden, aber das bewirkte nicht, dass Judas Ihn verriet und war auch keine Entschuldigung für seine Tat. Judas tat, was er aus freiem Willen heraus aus der Sündigkeit seines eigenen Herzens tun wollte.

Auch hatte der Satan gewiss nicht das Augenmerk auf die Prophezeiungen des Alten Testamentes, um sie zu erfüllen – welche besagten, dass der Messias sterben musste –, als er im Geist des Judas den Gedanken aufbrachte, Jesus zu verraten. Er handelte nach den Intrigen seines eigenen Geistes. Nach seiner gefallenen und teuflischen Denkweise konnten der Verrat an Jesus und sein Tod am Kreuz nur die vollkommene Niederlage für Jesus sein. Der Tod durch Kreuzigung war die schmählichste Strafe, die in der alten Welt bekannt war. Die Unehre, so zu sterben, würde die Sache Jesu in einem Ozean der Schande untergehen lassen. Und darum hielt er es für ein Meisterstück der Strategie, als er einen von Jesus auserwählten Aposteln förmlich „umdrehte“, um den Herrn zu überliefern und dadurch öffentlich zu erniedrigen.

Aber wie hat Satan sich da vertan: Der Sohn Gottes war in unsere Welt gekommen mit dem Ziel, den Tod am Kreuz zu sterben, und vorauswissend, dass Judas ihn zu diesem Tod verraten würde, hatte Er ihn wohlüberlegt als Apostel auserwählt. Und als dann schließlich Judas den Obersaal verließ, um diese schreckliche Tat zu verrichten, befahl Christus ihm: „Was du tust, tue schnell“ (Joh 13,27). Statt dass die Schande des Kreuzes die Ehre Christi zugrunde richtete, sollte das Leiden des Kreuzes die größte Entfaltung der Herrlichkeit Gottes und des Sohnes Gottes bedeuten, die die Welt jemals gesehen hat oder die sie überhaupt noch sehen wird. Das ist der Grund, warum Christus erklärte, als Judas nach draußen gegangen war und seine Kreuzigung vor der Tür stand: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht und Gott ist verherrlicht in ihm.“

Von dem Moment an, als Satan das Herz der Menschheit mit lästerlichen, verkehrten Annahmen über den Charakter Gottes besudelt hatte, hatte Gott Pläne für diesen Augenblick gefasst und darauf hingewirkt. Zu seiner Zeit hatte Gottes eigener Sohn unseren aufständischen Planeten betreten; dann kam der Höhepunkt, als der fleischgewordene Schöpfer im Obersaal dem Geschöpf, das auf der Schwelle stand, Ihn zum Tod am Kreuz zu verraten, Auge in Auge gegenüberstand. Nun sollte die Welt sehen, wer Gott ist. Nun sollte das Handeln Gottes mit diesem Verräter genau zeigen, was in dem Herzen Gottes war. Wohlüberlegt und in dem vollem Wissen dessen, was Judas tat, bot Er Judas das Brot seiner Freundschaft an. Wie ergreifend dieses Verhalten auch war, es formte doch nur ein Vorspiel der noch majestätischeren Entfaltung der Herrlichkeit Gottes auf Golgatha.

Dass Jesus das Stück Brot eintauchte und Judas übergab, enthüllte den Verräter und seinen Verrat. Ebenso enthüllte die Tatsache, dass Gott seinen Sohn in die Hände der Menschen gab, den aufständischen Hass des Menschen gegen Gott: „Dieser ist der Erbe“, sagten sie, „kommt, lasst uns ihn töten und das Erbteil wird unser sein.“ Aber in dem Moment, als sie seine Hände und Füße an das Kreuz nagelten, bot Gott Christus der Welt als das Brot seiner Freundschaft an, als den Bissen seiner Freundschaft, als das Unterpfand seiner vergebenden und ewigen Liebe für alle, die Reue haben würden und Ihn in Aufrichtigkeit und Wahrheit annehmen sollten.

„Gott war in Christus, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2Kor 5,19). „Gott aber erweist seine Liebe gegen uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist. Vielmehr nun, da wir jetzt durch sein Blut {o. in seinem Blut, d.h. in der Kraft desselben} gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn gerettet werden vom Zorn. Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, viel mehr werden wir, da wir versöhnt sind, durch sein Leben {o. in seinem Leben, d.h. in der Kraft desselben} gerettet werden“ (Röm 5,8.10). Und auch zu uns in unserem Jahrhundert kommt Gottes Aufruf durch die Apostel Christi: „So sind wir nun Gesandte für Christus {o. an Christi Statt … für Christus}, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm.“

Wenn Menschen nach diesem Aufruf all die natürlichen Gaben von dem Schöpfer annehmen, aber das eingetauchte Stück Brot seiner Freundschaft abweisen, werden sie wie Judas nach draußen gehen, in eine Nacht von ewiger Finsternis, wo das Licht der Freundschaft Gottes nicht hinkommt und das Bewusstsein seiner Heiligkeit brennt wie ein unauslöschliches Feuer. Aber sie werden sich dafür nur selbst verantwortlich halten müssen. Dann, als Judas nach draußen gegangen war, sagte Jesus: „Nun ist der Sohn des Menschen verherrlicht und Gott ist verherrlicht in ihm.“ Aber er fügt hinzu: „Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, so wird auch Gott ihn in sich selbst verherrlichen und alsbald wird er ihn verherrlichen.“ Jesus sah hier voraus, was auf seinen Tod am Kreuz folgen würde: seine Auferstehung und seine Erhöhung durch Gott in den Rang der allerhöchsten Macht im Weltall und auch seine Anstellung als Richter und Herrscher der ganzen Menschheit. Einmal wird Gott fordern, dass alle Knie in dem Himmel und auf der Erde und in der Hölle sich beugen werden und jede Zunge bekennen wird, dass Jesus Christus Herr ist – würdig, um die Herrschaft über das ganze Weltall auszuführen und die Unterwerfung und ehrerbietige Dienstbarkeit von jedem denkenden Geschöpf zu empfangen. Und wenn Gott das tut, dann wird jeder anerkennen, dass Gott kein Tyrann ist. Sein moralisches Recht, die Unterwerfung und Anbetung des gesamten Universums zu fordern, wird nicht nur auf seine Allmacht gegründet sein, sondern auch in dem Namen Jesu, der sich erniedrigte, um die Füße seiner Jünger zu waschen, das Brot seiner Freundschaft selbst einem Judas anzubieten und für die ganze Menschheit am Kreuz zu sterben.

Das Neue Testament fasst dieses wie folgt zusammen:

„Er, da er in Gestalt Gottes war, achtete es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern machte sich selbst zu nichts {w. entäußerte oder entleerte sich selbst} und nahm Knechtsgestalt an, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und, in seiner Gestalt {o. Haltung, äußere Erscheinung} wie ein Mensch erfunden, erniedrigte sich selbst, indem er gehorsam ward bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen {o. nach anderer Lesart: den} Namen gegeben, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“ (Phil 2,6-11).


Originaltitel: „The Exposure of Judas’s Treachery“
in In the School of Christ: Lessons on Holiness in John 13–17


Hinweis der Redaktion:

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