Der Prophet Zephanja (2)
Kapitel 2

Stephan Isenberg

© SoundWords, online seit: 30.11.2018, aktualisiert: 17.02.2022

Strafgerichte über Judas Nachbarvölker

Es ist ein Prinzip in der Heiligen Schrift, dass Gott nichts übersieht, was bei seinem Volk zu tadeln ist. Auf der anderen Seite übersieht und vergisst Gott nichts, was seinem Volk angetan wurde. Und wiederum vergibt Er gern alles, was Ihm in Buße und Selbstgericht bekannt wird.

Selbst wenn Er für eine Zeit die Philister, Moab, Äthiopien oder Assyrien als Zuchtrute (vgl. Jes 10,5) in seiner Hand gebraucht, so übersieht Gott nicht den Hass und die Rachsucht dieser Völker und bringt sie ebenso unter das Gericht, wie wir in der Folge sehen werden.

Verse 1-3

Zeph 2,1-3: 1 Geht in euch und sammelt euch, du Nation ohne Scham, 2 ehe der Beschluss gebiert – wie Spreu fährt der Tag daher –, ehe denn die Glut des Zorns des HERRN über euch kommt, ehe denn der Tag des Zorns des HERRN über euch kommt! 3 Sucht den HERRN, alle ihr Sanftmütigen des Landes, die ihr sein Recht gewirkt habt; sucht Gerechtigkeit, sucht Demut; vielleicht werdet ihr am Tag des Zorns des HERRN geborgen.

In Kapitel 1 wurde das kommende und umfassende Gericht am Tag des HERRN beschrieben. Auch wenn Zephanja vor allem den zukünftigen Tag des HERRN im Blick hatte, so hatte die Gerichtsankündigung ebenfalls eine Anwendung auf die Zeit, in der Zephanja lebte, denn nur wenige Jahre später würde Gott das Gericht durch die Babylonier bringen und das Volk in die Gefangenschaft führen. Zephanja erlebte in der Zeit Josias noch einmal ein kurzes Aufleben des Volkes. Josia führte weitreichende Reformen durch, doch wissen wir nicht, inwieweit hierbei das Volk auch erreicht wurde. Jedenfalls sehen wir das Volk als Ganzes schon kurze Zeit später wieder dem Götzendienst verfallen, so dass Gott durch die Babylonier das Gericht bringen musste.

Auch wir leben in einer Zeit kurz vor dem Gericht. Auch wir haben ein Aufleben in der Christenheit erlebt und sehen, wie man sich mehr und mehr wieder von Gott und seinem Wort abwendet. Das macht die Anwendung dieser Kapitel auch für unsere Zeit relevant. Das zweite Kapitel beginnt mit der Frage: Wie kann man diesem Gericht entgehen? Gibt es denn kein Entfliehen? In den ersten drei Versen des zweiten Kapitels finden wir die Antwort:

  • „Geht in euch und sammelt euch“ (Zeph 2,1).
  • „Sucht den HERRN“ (Zeph 2,3).
  • „Sucht Gerechtigkeit“ (Zeph 2,3).
  • „Sucht Demut“ (Zeph 2,3).

Zuerst werden die Bewohner von Juda aufgefordert, „in sich zu gehen“. Normalerweise sollte der Gläubige keine Nabelschau betreiben, aber wenn Gläubige von den klaren Belehrungen des Wortes Gottes abweichen, dann heißt es: „Geht in euch“, oder, wie es der Prophet Haggai sagt: „Richtet euer Herz auf eure Wege“ (Hag 1,5.7). Es geht um das Innere, um das Herz, „denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens“ (Spr 4,23).

„Geht in euch“ will vielleicht sagen: Dringt zu dem vor, wie Gott euch sieht. – Es ist nicht so wichtig, was wir selbst von uns halten, sondern dass wir dazu durchdringen, wie Gott uns sieht. Wir müssen einmal stillstehen und uns selbst überprüfen: Wo sind wir von den Wegen Gottes abgewichen? – Dann und nur dann erkennen wir wirklich, wer wir sind. Dann werden wir unsere Wege wieder neu mit Gottes Wegen in Übereinstimmung bringen. Wir würden uns selbst verurteilen und demütig den HERRN suchen.

Wenn wir in uns gehen würden, dann würden wir erkennen, dass vieles keinen Bestand vor Gott haben kann; es ist „wie Spreu“, die am Tag des HERRN dahinfährt. Das Volk sollte zu sich selbst kommen, „ehe der Beschluss gebiert“. Gott hat kein Gefallen am Tod des Gottlosen: „Sprich zu ihnen: So wahr ich lebe, spricht der Herr, HERR, ich habe kein Gefallen am Tod des Gottlosen, sondern dass der Gottlose von seinem Weg umkehre und lebe! Kehrt um, kehrt um von euren bösen Wegen! Denn warum wollt ihr sterben, Haus Israel?“ (Hes 33,11). Deshalb ergeht die Warnung an das Volk: „Geht in euch.“

Aber wir lesen nicht nur, dass jeder persönlich „in sich“ gehen sollte, sondern dass sie das auch gemeinsam tun sollten; es heißt: „Und sammelt euch.“ Es wird die Zeit von Maleachi 3,16.17 sein: „Da unterredeten sich miteinander, die den HERRN fürchten, und der HERR merkte auf und hörte; und ein Gedenkbuch wurde vor ihm geschrieben für die, die den HERRN fürchten und die seinen Namen achten. Und sie werden mir, spricht der HERR der Heerscharen, zum Eigentum sein an dem Tag, den ich machen werde; und ich werde sie verschonen, wie ein Mann seinen Sohn verschont, der ihm dient.“ Gott wird all jene verschonen, die in der Drangsal Zuflucht zu Ihm nehmen.

Wir müssen gemeinsam vor Gott treten und zueinander sagen, wie viel in unserem gemeinschaftlichen Leben schiefgelaufen ist. Wir müssen bekennen, dass wir schamlos gegen Gott gesündigt haben, dass wir Gott keine Ehre, sondern Schande gebracht haben. Das Wort „Scham“ kann man auch mit „Verlangen, Begehren“ übersetzen. Die Nation Israel war eine Nation, nach der Gott kein Verlangen haben konnte. Aber auch sie selbst hatten kein Verlangen nach dem lebendigen Gott, sie waren selbstzufrieden, wie wir bereits in Kapitel 1 gesehen haben. Wie sieht es bei uns aus? Haben wir noch ein tiefes Verlangen nach dem lebendigen Gott? Können wir in die Worte des Psalmisten einstimmen: „Wie ein Hirsch lechzt nach Wasserbächen, so lechzt meine Seele nach dir, o Gott! Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott: Wann werde ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht?“ (Ps 42,2.3)?

In einer Endzeit geht es nicht mehr um das Ausüben großer Kraft oder das Vollbringen großer Taten. Es sind die Tage „kleiner Dinge“ (Sach 4,10), Tage „kleiner Kraft“ (Off 3,8), an denen sich Bescheidenheit und Niedriggesinntheit geziemen. Wenn das Volk dann erkannt hat, wie Gott die Dinge beurteilen muss – dass kaum etwas Wertvolles für Ihn vorhanden war und dass sie wie die Spreu waren (Zeph 2,2), die der Wind davonfegen wird –, dann fordert Gott sie auf, den HERRN, die Gerechtigkeit und die Demut zu suchen. Je mehr sie erkennen, wer sie wirklich sind, wie weit sie tatsächlich abgewichen sind, desto mehr erkennen sie die Notwendigkeit, den HERRN zu suchen. In Kapitel 3 heißt es: „Und ich werde in deiner Mitte ein elendes und geringes Volk übriglassen, und sie werden zum Namen des HERRN Zuflucht nehmen (Zeph 3,12). Der Überrest ist damit zufrieden, dass der HERR für sie handelt und sie für Ihn handeln. Gott wird einen treuen Überrest haben, und wir können davon ausgehen, dass jeglicher Hochmut bei diesem Überrest nicht zu finden ist. Es sind die „Sanftmütigen des Landes“, die sich aufmachen, den HERRN zu suchen. Als der Herr Jesus auf dem Berg zu seinen Jüngern sprach, sagte Er: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben“ (Mt 5,5; vgl. Ps 25,9; 34,3; 37,11; 149,4). Wer in das kommende Königreich eingehen wollte, musste eine sanftmütige, demütige Gesinnung haben. Wir finden diese „Sanftmütigen des Landes“ in dem Bild oder in der Zahl der 144.000 in der Offenbarung 7 und 14. Nachdem die Gemeinde entrückt sein wird und noch vor der großen Drangsal wird sich ein Überrest in Israel bilden.

Gott hat zu jeder Zeit einen Überrest. So war es in der Zeit des Alten Testamentes und so ist es auch heute in der Zeit der Gemeinde. Der treue Überrest ist dadurch gekennzeichnet, dass er den Namen des HERRN fürchtet und über alles wert achtet (Mal 3,16), dass er den Namen des Herrn nicht verleugnet, sich vor dem Wort Gottes beugt und sich der „kleinen Kraft“ bewusst ist (Off 3,8). Außerdem lebt der Überrest in der Erwartung des kommenden Herrn bzw. des kommenden Tages. Die Stellen in Maleachi 3 und in Offenbarung 3 mit dem Hinweis auf den kommenden Tag bzw. den kommenden Herrn stehen miteinander in Verbindung.

Es heißt hier: „Sucht Demut“ – aber wo konnte man damals Demut finden? Demut ist ja eine Frage der Gesinnung. Wir können zwar äußerlich sehr demütig erscheinen, aber Gott machen wir nichts vor. Demut kann man eigentlich nur in der Beschäftigung mit dem Herrn finden. Deshalb heißt es hier in Vers 3 zuerst: „Sucht den HERRN.“ Wenn man sich mit der Größe des Herrn, mit seiner Güte und seinem Handeln im Gericht beschäftigt, dann werden wir selbst sehr klein. In dem Maße, wie wir groß von Gott denken, denken wir nicht mehr an uns selbst. Je mehr Hiob anfing, über die Größe Gottes zu staunen, desto mehr verabscheute er sich in Staub und Asche. Wahre Demut zeigt sich mehr darin, dass wir gar nicht mehr an uns selbst denken, als das wir klein von uns denken.

Heute können wir die Demut im Anschauen der Person des Herrn Jesus finden, der von sich selbst gesagt hat: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Als der Herr der Herrlichkeit kam der Herr Jesus als kleines Kind in einer Krippe liegend in diese Welt. Er machte sich im wahrsten Sinne des Wortes sehr klein. Als der Herr Jesus am Kreuz starb, machte Er sich sogar „zu nichts“ (Phil 2,7). Obwohl Er Gott war, nahm Er Knechtsgestalt an. „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war“ (Phil 2,5). Es ist eine der größten Herausforderungen im Leben eines Christen, sich selbst nicht mehr ganz so wichtig zu nehmen und den anderen höher zu achten als sich selbst. Würden wir diese Lektion besser lernen, würde es manche Probleme in der christlichen Gemeinde nicht geben.

Wer dem Gericht entgehen wollte, musste ebenso Gerechtigkeit suchen. Eine Beschäftigung mit dem HERRN würde auch zu gerechten Handlungen führen. Der Herr Jesus hat unser Gericht vollständig getragen, so dass wir jetzt als Heilige und Gerechte bezeichnet werden können. Der Herr Jesus wurde an dem Kreuz zu dem, was Er nie war: Er wurde zur Sünde gemacht. Warum? Damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm (vgl. 2Kor 5,21). Ja, damit wir das würden, was wir nie waren: gerecht. Noch so viele gerechte Taten unsererseits können uns nicht zu einem Gerechten machen, aber wenn wir durch den Glauben an Christi vollbrachtes Werk gerecht geworden sind, dann werden daraus gerechte Taten folgen.

Vers 3 endet mit den Worten: „Vielleicht werdet ihr am Tag des Zorns des HERRN geborgen.“ Es geht hier um den gläubigen jüdischen Überrest in der Zukunft. Es geht hier um das Thema der Heilssicherheit. Sie werden den Zorn Gottes über sich sehen und wissen nicht, ob dieser Zorn auch sie treffen wird oder nicht. Von einem vollbrachten Erlösungswerk auf Golgatha wissen sie nichts. Erst sehr spät werden sie erkennen, dass der gekreuzigte Messias diesen Zorn bereits für sie getragen hat. Der Prophet Jesaja schreibt über diese Zeit: „Geh hin, mein Volk, tritt ein in deine Gemächer und schließ deine Tür hinter dir zu; verbirg dich einen kleinen Augenblick, bis der Zorn vorübergeht!“ (Jes 26,20).

Die Gläubigen heute haben nicht nur die Gewissheit, dass der Zorn Gottes sie nicht mehr treffen wird, sie werden auch vor der Zeit, in der der Zorn Gottes auf der Erde offenbart wird, in den Himmel entrückt. Der Apostel Paulus schreibt an die Thessalonicher: „Jesus errettet uns von dem kommenden Zorn“ (1Thes 1,10), und: „Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt“ (1Thes 5,9; vgl. auch 1Thes 4,13-18Off 3,10). Die Gemeinde muss den Tag des Zorns nicht mehr erleben, weil der Herr Jesus, dessen Leib wir sind, diesen Zorn für uns getragen hat. Es ist nicht gut vorstellbar, dass Christus, dessen Leib wir sind, durch diese Zeit des Zornes Gottes gehen muss. Er wurde auf dem Kreuz von Golgatha diesem Zorn vollständig ausgesetzt. So ist die Gemeinde sichergestellt in Ihm. Wie sollte sich der Zorn des Lammes auch offenbaren, während sein Leib noch auf der Erde ist?

Verse 4-7

Zeph 2,4-7: 4 Denn Gaza wird verlassen und Askalon eine Wüste sein, Asdod – am hellen Mittag wird man es vertreiben, und Ekron wird entwurzelt werden. 5 Wehe den Bewohnern des Landstrichs am Meer, der Nation der Keretiter! Das Wort des HERRN kommt über euch, Kanaan, Land der Philister, und ich werde dich vernichten, dass kein Bewohner mehr bleibt! 6 Und der Landstrich am Meer wird zu Weideplätzen voller Hirtenzisternen und Kleinviehhürden werden; 7 und es wird ein Landstrich sein für den Überrest des Hauses Juda: Sie werden darauf weiden und sich am Abend in den Häusern Askalons lagern; denn der HERR, ihr Gott, wird sich ihrer annehmen und ihre Gefangenschaft wenden.

In den Versen 4 bis 15 werden verschiedene Völker erwähnt, die am Tag des HERRN unter das Gericht fallen werden. Eine Teilerfüllung gab es schon durch das Gericht der Babylonier. Es ist einer Erwähnung wert, dass sich die Völker, die hier und in den folgenden Versen dieses Kapitels aufgezählt werden, rings um Israel befinden. Das Philisterland liegt im Westen, Moab und Ammon liegen im Osten, Äthiopien liegt im Süden und Assyrien im Norden. Die mit Namen erwähnten Völker können somit auch stellvertretend für alle heidnischen Völker in der Endzeit stehen.

Nachdem wir in Kapitel 1 vor allen Dingen gesehen haben, dass das Gericht am Haus Gottes beginnt (vgl. 1Pet 4,17), finden wir in Kapitel 2 das Gericht über die umliegenden Nationen. Die Phi­lister waren der permanente Feind des Volkes Gottes. Sie wohnten in einem Gebiet, das dem heutigen Gazastreifen entspricht. Das Wort Palästinenser erinnert immer noch an die Philister (im Arabischen ist die Ähnlichkeit noch deutlicher). Hier wer­den vier der fünf großen Städte der Philister erwähnt (vgl. Jos 13,3). Gat bleibt hier unerwähnt. Die Philister kamen von der In­sel Kreta (auch Kaphtor genannt; vgl. Jer 47,4; Amos 9,7) über Ägypten auf direktem Weg in das Land Kanaan. Sie hatten eine ähnliche Geschichte wie das Volk Israel: Auch sie waren eine Zeit in Ägypten und zogen dann in das Land Kanaan. Allerdings zogen sie auf direktem Weg dorthin. Sie zogen weder durch das Rote Meer noch durch den Jordan. Sie waren genauso im Land Kanaan, aber sie hatten nicht die gleichen Erfahrungen wie die Kinder Israels gemacht. Sie hatten nicht erlebt, wie das Rote Meer alle Brücken nach Ägypten und zum alten Leben abgebrochen hatte. Sie zogen nicht durch den Jordan, wussten nichts davon, dass die Bundeslade im Jordan stand, und kannten weder die zwölf Steine im Jordan noch die zwölf Steine am anderen Ufer des Jordan noch die Beschneidung. Sie beanspruchten das Land Kanaan für sich, und der heutige bekannte Name Palästina erinnert immer noch an den Anspruch der Philister. Der Feind möchte immer das in Besitz nehmen, was Gott gehört.

So ist es auch heute: Es gibt eine Kirche, die vorgibt, das alleinige Zeugnis Gottes auf der Erde zu sein; wahrscheinlich befinden sich die meisten wahren Gläubigen jedoch außerhalb dieser Kirche. Im Gegensatz zu diesen Gläubigen stehen die sogenannten Namenschristen („Philister“): Sie sind nie durch das Passahlamm („Christus“) vor dem drohenden Gericht gerettet worden sind, haben nie ihre Brücken zur Welt („Ägypten“) abgebrochen und nie das eigene böse Fleisch verurteilt („Beschneidung“). Sie sind – bildlich gesprochen – nicht durch den Jordan gezogen. Sie wissen nichts davon, dass die wahre Bundeslade („Christus“) auch für sie persönlich im Todesfluss („Jordan“) gestanden hat. Sie sind vielleicht als Kind ge­tauft worden, aber sonst hat nie ein innerlicher Einfluss und schon gar nicht eine neue Geburt stattgefunden. So wie das Gericht über die Philister vollzogen wird, so wird das Gericht auch über die abgefallene Christenheit in der Zukunft nicht ausblei­ben. Das Gericht wird ein vollständiges sein (vgl. Am 1,6-8; Jes 14,28-32; Jer 47; Hes 25,15-17; Sach 9,5-7).

Schon seit Abraham wurde dem Volk Israel das ganze Land Ka­naan versprochen (1Mo 15,18-20) und am Tag des HERRN wird es endlich so weit sein. Dem treuen jüdischen Überrest in der Zu­kunft wird dieses Land zugesprochen werden (vgl. Zeph 2,5-7).

Verse 8-11

Zeph 2,8-11: 8 Ich habe die Schmähung Moabs und die Lästerungen der Kinder Ammon gehört, womit sie mein Volk geschmäht und ge­gen dessen Gebiet großgetan haben. 9 Darum, so wahr ich lebe, spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels, soll Moab ge­wiss wie Sodom und die Kinder Ammon wie Gomorra werden, ein Besitztum der Brennnesseln und eine Salzgrube und eine Wüste in Ewigkeit. Der Überrest meines Volkes wird sie berauben, und das Übriggebliebene meiner Nation sie beerben. 10 Dies wird ihnen für ihren Hochmut zuteil, weil sie das Volk des HERRN der Heerscharen geschmäht und gegen es großgetan haben. 11 Furchtbar wird der HERR gegen sie sein, denn er wird alle Götter der Erde hinschwin­den lassen; und alle Inseln der Nationen werden ihn anbeten, jeder von seiner Stätte aus.

Die Namen der Gebiete Moab und Ammon leiten sich von den Namen der Söhne Lots ab, die er mit seinen Töchtern gezeugt hatte (1Mo 19,33-38). Diese beiden Gebiete östlich von Israel, das heutige Jordanien, werden von dem jüdischen Überrest eingenommen werden. Letztlich waren auch Moab und Ammon ein Brudervolk Israels, denn sie waren über Lot mit Abraham verwandt. Das macht ihre Sünde, ihre Schmähungen und Lästerungen, nur umso schlimmer. Doch Gott hörte diese Schmähungen gegen das Volk Israel: „Ich habe … gehört.“ Die Sache Israels ist auch die Sache Gottes. Der Herr macht unsere Sache zu seiner Sache. Er kommt in unsere Umstände hinein. Das ist sehr ermutigend.

Der Grund für das Gericht, das über Moab und Ammon kommen wird, ist ihr Hochmut. Der Prophet Jeremia schreibt über Moab: „Wir haben den Hochmut Moabs vernommen, das sehr hochmütig ist, seinen Stolz und seinen Hochmut und sein Großtun und die Überheblichkeit seines Herzens“ (Jer 49,29; vgl. Jes 16,6).

Stolz und Hochmut steckt in jedem Menschen, auch in Christen. C.H. Spurgeon sagte einmal:

Dieser Dämon „Stolz“ wurde mit uns geboren und wird nicht eine Stunde vor uns sterben. Er ist so stark mit dem Geflecht unseres Charakters verwoben, dass er sich erst dann von uns trennt, wenn wir in unser Leichentuch gehüllt werden.“[1]

Dieses Hochmuts wird sich die Christenheit in ihrer letzten Gestalt schuldig ma­chen. In ihrer Überheblichkeit spricht sie: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts“ (Off 3,17a). Aber in Gottes Augen ist sie „der Elende und Jämmerliche und arm und blind und nackt“ (Off 3,17b).

In gleichem Maß, wie wir Stolz und Hochmut in unseren Gemeinden zulassen, wird sich der Herr Jesus in unserer Mitte zurückziehen. In Laodizea stand Er bereits draußen. Aber auch in vielen unscheinbareren Dingen können wir den Hochmut bei uns erkennen. Oft­mals werden gute Bibelkommentare verschmäht mit der „frommen“ Be­gründung: „Ich lese nur die Bibel“, und merkt nicht, dass man damit häufig nichts anderes sagt als: „Ich bedarf nichts …, ich bin reich und reich geworden.“ Tatsächlich sind wahre Christen mit dem Geist Gottes reich beschenkt worden, und dennoch ist es Gottes Absicht, dass wir als Glieder des Leibes voneinander lernen. Der Herr Jesus hat seinem Leib Gaben gegeben zur „Voll­endung der Heiligen“ (Eph 4,12). Es gibt kein geistliches Vorwärtskommen ohne ein beständiges Lernen voneinander. „Das Auge aber kann nicht zu der Hand sagen: Ich brauche dich nicht“ (1Kor 12,21).

Wiederum besteht die Gefahr – nicht nur bei sogenannten Theologen –, sich auf sein Bibelwissen etwas einzubilden und über die Bibel hinauszuwachsen, so dass man sich anmaßt, Gottes Wort zu sezieren und vermeintlich zu „korrigieren“, statt sich selbst von Gottes Wort korrigieren zu lassen. Jeder Hochmut wird am Tag des HERRN völlig aufgedeckt werden und wird vor Gott keinen Bestand haben.

In Vers 11 ist von den „Inseln der Nationen“ die Rede. Andere Bibelübersetzungen schreiben hier „Meeresländer der Heiden“ (Menge-Übersetzung). Nach Keil/Delitzsch[2] sind hier die europäischen Inseln und Küstenländer des Mittelmeeres von der Türkei bis Spanien gemeint. Es wird also auch in Europa einen Überrest geben, der in der Drangsal zum Glauben kommen wird, und zwar werden es solche sein, die das Evangelium der Gnade Gottes zuvor nicht gehört haben. Sie werden nicht zum Leib Christi und zu der Gemeinde gehören, da diese bereits vor der großen Drangsal entrückt sein wird.

Vers 12

Zeph 2,12: Auch ihr Äthiopier werdet Erschlagene meines Schwertes sein.

Äthiopien wird hier nur kurz erwähnt und dient möglicherweise als Vorbild, dass auch die entferntesten Heidenvölker vom Gericht betroffen sind. Für Israel war Äthiopien das am weitesten entfernte Land der damaligen Zeit. Das Gericht wird auch an ihnen nicht vorbeigehen, dennoch gibt es Hoffnung für dieses Land: „Die Großen aus Ägypten werden kommen; Äthiopien wird eilends seine Hände ausstrecken zu Gott“ (Ps 68,32). 

Verse 13-15

Zeph 2,13-15: 13 Und er wird seine Hand nach Norden ausstrecken und wird Assyrien vernichten und Ninive zur Wüste machen, dürr wie die Steppe. 14 Und in seiner Mitte werden sich Herden lagern, allerlei Tiere in Menge; sowohl Pelikane als auch Eulen werden auf seinen Säulenknäufen übernachten. Eine Stimme singt im Fenster, Trümmer sind auf der Schwelle, denn er hat das Zederngetäfel bloßgelegt. 15 Das ist die frohlockende Stadt, die in Sicherheit wohnte, die in ihrem Herzen sprach: Ich bin es und gar keine sonst! Wie ist sie zur Wüste geworden, zum Lagerplatz der wilden Tiere! Jeder, der an ihr vorüberzieht, wird zischen, wird seine Hand schwenken.

Im Jahr 612 v.Chr. ging die Stadt Ninive unter. Sie ist ein schreckliches Bild des Gerichtes all jener Großstädte, die sich selbst genug waren und in „ihrem Herzen sprachen: Ich bin es und gar keine sonst!“. In Bibelkommentaren und Büchern über die Geschichte zur Zeit des Alten Testaments kann man vieles über den schrecklichen Hochmut des Assyrers und Ninives finden. Der Hochmut schreckt nicht davor zurück, sich an Gottes Stelle zu setzen (vgl. Dan 11,36-39). So wie die Selbstgenügsamkeit der Gemeinde in Laodizea unter das Gericht kommen wird, so gilt dies ebenfalls für alle Städte der Nationen und ihrer Selbstvergötterung. Besonders die Großstädte rühmen sich ihres kulturellen Angebotes; sie scheinen Festungen der Freude und des Tanzes zu sein, „frohlockende Städte“. Aber auch über sie wird ein plötzliches Verderben kommen. Damals hätte man es wohl nicht für möglich gehalten, dass eine Millionen- und Weltstadt wie Ninive untergehen würde, so wie jemand 1988 sicher für verrückt erklärt worden wäre, wenn er gesagt hätte, dass die Mauer zwischen West- und Ostdeutschland ein Jahr später Geschichte sein würde. Vergessen wir es nie: Wir haben einen starken Gott, für den es ein Kleines ist, in die Geschichte einzugreifen und das Herz der Könige dorthin zu lenken, wo Er will (vgl. Spr 21,1), um die Ziele zu erreichen, die Er sich in seinem Ratschluss vorgenommen hat.

Die Gerichte dieses Kapitels sind Hinweise auf den Tag des HERRN in der Zukunft. Das angekündigte Gericht über Ninive fand bereits wenige Jahre nach der Prophezeiung Zephanjas statt. Die Vernichtung des Assyrers wird in der Zukunft dagegen erst noch eine große Rolle spielen. Ein Prophet wurde in der damaligen Zeit daran erkannt, dass er Dinge vorhersagte, die dann auch tatsächlich eintrafen; so hatte man keine Zweifel daran, dass auch jene Prophezeiungen erfüllt würden, die noch zukünftig waren.

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Anmerkungen

[1] Zitiert in Demut – eine vergessene Tugend, W. Mack, Christlicher Missions-Verlag (Bielefeld) 2011, S. 11.

[2] Keil/Delitzsch, Biblischer Kommentar über das Alte Testament, Teil 3: Die prophetischen Bücher, Bd. 4: Die zwölf kleinen Propheten, Leipzig (Dörfling und Franke) 1888, S. 478.

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