Bibelübersetzungen – egal welche? (2)
Die Textgrundlage

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© SoundWords, online seit: 23.11.2011, aktualisiert: 27.11.2022

Leitvers: 2. Timotheus 3,16

2Tim 3,16: Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in Gerechtigkeit.

Welche Bibelübersetzung ist empfehlenswert?

Wir empfehlen grundsätzlich die Elberfelder Übersetzung (Edition CSV Hückeswagen). Diese Übersetzung wird von vielen Kennern der griechischen und hebräischen Sprache sehr geschätzt und für ihre Genauigkeit gelobt. Vor allem die Vorgehensweise bei der Erstellung dieser Übersetzung ist für uns ausschlaggebend. Zum einen kennen wir einige der Brüder persönlich, die mit der Übersetzung und Bearbeitung betraut waren, und wir sind von ihrer Treue in Bezug auf die Ablehnung jeglicher Bibelkritik und das Anerkennen der göttlichen Inspiration des Urtextes völlig überzeugt.

Wir empfehlen diese Übersetzung aus folgenden Gründe:

  • Die Übersetzung ist sehr genau und berücksichtigt auch die Form des Textes.
  • Veraltete Wörter (wie Weib, Eidam, Farren) wurden ersetzt, und sprachlich ist vorsichtig angepasst worden (z.B. wurde das Imperativ-e gestrichen).
  • Wir kennen keine groben Übersetzungsfehler.
  • Die Textgrundlage berücksichtigt auch die erst kürzlich gefundenen Handschriften.

Welche Textgrundlage?

Zum Thema „Textgrundlage des Neuen Testaments“ hat Bruder Martin Arhelger eine sehr sachliche und ausgewogene und umfangreiche Analyse erstellt, die auch für den einfachen Bibelleser, der mit dieser Materie nicht so vertraut ist, verständlich ist. Diese Artikelserie ist zu finden auf www.soundwords.de/a2363.html.

Drei Texttypen werden heute hauptsächlich als Grundtext für Übersetzungen herangezogen:

  1. Textus Receptus
  2. Mehrheitstext und
  3. der kritische Text, festgehalten in der sogenannten Nestle-Aland-Version (27. Auflage).

Der Mehrheitstext ist der Texttyp, der auf der Mehrheit der Handschriften beruht. Dazu gehören insbesondere die Handschriften aus dem 9. bis 13. Jahrhundert. Diese Handschriften kommen also aus der Zeit, in der das Byzantinische Reich in Blüte stand; daher wird der Mehrheitstext auch byzantinischer Text genannt. Der kritische Text wird dagegen auch alexandrinischer Text genannt, weil er hauptsächlich auf Handschriften zurückgeht, die in den ersten Jahrhunderten nach Christus in Ägypten verbreitet waren. Da einige relativ junge Handschriften des Mehrheitstextes auch die Grundlage für den Textus Receptus gebildet haben, ist es offensichtlich, dass sich der Textus Receptus wesentlich weniger vom Mehrheitstext unterscheidet, als der Nestle-Aland-Text sich vom Mehrheitstext unterscheidet. Da es unseres Wissens keine bekannte deutsche Übersetzung auf der Grundlage des Mehrheitstextes gibt, jedoch eine sehr bekannte und beliebte Übersetzung auf der Grundlage des Textus Receptus, gehen wir im Folgenden noch besonders auf diesen Text ein. Die Verbindung zum Mehrheitstext bedeutet allerdings, dass etliche von uns angeführte Argumente, die gegen den Textus Receptus sprechen, auch gegen den Mehrheitstext sprechen. (Näheres siehe in dem Artikel „Die Textgrundlage des Neuen Testaments (6). Der Mehrheitstext“.)

Wer sich mit den unterschiedlichen Texttypen weiter auseinandersetzen möchte, dem sei das Buch Der einzig wahre Bibeltext? Erasmus von Rotterdam und die Frage nach dem Urtext von Martin Heide, Nürnberg (VTR) 52006, empfohlen.

Trennung von Versammlung = Trennung von einer Bibelübersetzung?!

In unserem gemeindlichen Umfeld haben in den vergangenen Jahrzehnten etliche Trennungen stattgefunden. Nach unserer Beobachtung stehen etliche, die von solchen getrennt wurden, die hinter den Herausgebern der Elberfelder Übersetzung (Edition CSV) stehen, nun in der Gefahr, diese Trennung auch im Blick auf die Bibelübersetzung und die Bibelkommentare zu vollziehen. Das kann man oft an den Bücherauslagen von solchen Gemeinden sehen. Leider fehlen dort sehr häufig die Bibeln mit der Elberfelder Übersetzung (Edition CSV) wie auch die guten Kommentare des CSV-Verlags (und derer, die mit diesem Verlag in Verbindung stehen). Dafür findet man oft Kommentare von sehr zweifelhafter Qualität. Hier haben einige nach unserem Empfinden das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Ist die Schlachter-Übersetzung (Version 2000) eine gute Alternative?

Wir fassen hier kurz einige Punkte zusammen, die man ausführlich im oben genannten Artikel von Bruder Martin Arhelger nachlesen kann. Sicher ist die Schlachter-Übersetzung (Version 2000) keine schlechte Bibelübersetzung, dennoch weist sie deutliche Schwächen auf, wie obiger Artikel aufzeigt. Grundsätzlich folgt diese Übersetzung dem Textus Receptus und berücksichtigt nur an ganz wenigen Stellen auch die neuere Textforschung. Oft wird diese von Verfechtern der Schlachter-Bibel sogar völlig abgelehnt, weil man der Meinung ist, dass der Textus Receptus der von Gott bewahrte Urtext sei.

Der Name Schlachter-Bibel ist allerdings eher irreführend. M. Arhelger schreibt:

Die im Herbst 2002 erschienene Ausgabe Schlachter Version 2000 ist nicht nach einem Mehrheitstext, sondern nach einem Textus Receptus übersetzt. Im Anhang (S. 1353–1354 bzw. 83–84) findet sich eine zweiseitige Übersicht mit einigen Unterschieden zwischen Textus Receptus und Mehrheitstext. Sie ist jedoch unzureichend.

Nebenbei bemerkt ist der Name Schlachter Version 2000 irreführend, denn der ursprüngliche Übersetzer Franz Eugen Schlachter hat mit dieser Revision bzw. Neuübersetzung nichts zu tun. Er würde sich höchstwahrscheinlich gegen die von den Übersetzern gewählte Textgrundlage ausgesprochen haben. Schlachter selbst benutzte nämlich weder einen Textus Receptus noch einen Mehrheitstext als Grundlage. Wahrscheinlich hatte er bereits Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts die Minderwertigkeit beider Textgrundlagen erkannt (seine Übersetzung erschien als Komplettausgabe erstmals 1905).

Man muss ein paar Dinge zum Textus Receptus wissen, um eine ausgewogene Sicht darüber zu bekommen. Das erste griechische Neue Testament wurde 1516 von Erasmus von Rotterdam (1466 oder 1469–1536) veröffentlicht und später als Textus Receptus bekannt. Erasmus stand unter großem Zeitdruck, weil eine spanische Universität ebenfalls an einer griechischen Textausgabe arbeitete. Erasmus wollte diesem Vorhaben unbedingt zuvorkommen. M. Arhelger schreibt in seiner Analyse die bedenkenswerten Sätze:

Nach Vollendung seiner [Erasmus’] Arbeit schrieb er im Juni 1516 an einen Freund, dass er eine Arbeit, die eigentlich 6 Jahre in Anspruch nähme, innerhalb von 8 Monaten geleistet habe. Später gab er zu, dass sein Neues Testament „eher zusammengeworfen als editiert“ worden sei („praecipitatum est verius quam aeditum“). (Brief an N. Ellenbog, ca. April 1516)

Weiter standen Erasmus während der Druckphase nur wenige Handschriften zur Verfügung. Die meisten Schriften, um deren mindere Qualität Erasmus wusste, waren zudem sehr jung und stammten aus dem 11. bis 15. Jahrhundert. M. Arhelger schreibt:

Für die Evangelien standen nur zwei, für die Offenbarung sogar nur eine einzige Handschrift zur Verfügung. … Die von Erasmus benutzten Handschriften existieren noch heute, so dass man seine Arbeit relativ gut nachvollziehen kann. Man kann beispielsweise die Anmerkungen und Korrekturen sehen, die Erasmus zwischen die Zeilen und an den Rand der Handschriften eingefügt hatte. Allerdings erlaubten sich die Drucker auch gelegentliche Abweichungen von den Vorgaben von Erasmus.[1]

Allein diese Zusammenhänge sollten jedem ernsthaften Bibelleser zumindest zu denken geben. Wer vorurteilsfrei an dieses Thema herangeht, wird es unseres Erachtens als selbstverständlich betrachten, dass man auf weitere Entwicklungen und Berücksichtigung neuerer Textforschung Obacht gibt – ja es als eine Selbstverständlichkeit empfindet.

M. Arhelger beschreibt im angegebenen Artikel die Entwicklung des Textus Receptus und kommt zu dem Ergebnis, dass es den Textus Receptus gar nicht gibt, da es viele Ausgaben gibt, die nicht miteinander übereinstimmen. Er stellt akribisch diese Unterschiede heraus und schlussfolgert:

Heute halten einige Christen den Textus Receptus für einen völlig fehlerfreien, ja den inspirierten Text. Wir haben jedoch gesehen, dass es den Textus Receptus gar nicht gibt. Es gibt nur eine Vielzahl an Ausgaben, die wohl ähnlich sind, sich aber in manchen Details unterscheiden. Ein Textus-Receptus-Anhänger muss also deutlich sagen, welche der genannten Ausgaben er als inspiriert betrachtet.

Es ist Unwissenheit oder bewusste Irreführung, wenn man den Textus Receptus als einen Text darstellt, der auf „Jota“ und „Strichlein“ genau sei (vgl. Mt 5,18).

[Anm. d. Red.: Wer weitere Informationen zu diesem Thema wünscht, der findet in der Analyse von Martin Arhelger eine reiche Schatzgrube. Der interessierte und skeptische Leser mag vor allem die Anhänge obiger Artikelserie beachten, wo der Autor eine bestechende Beweisführung antritt.]

Sehr interessant ist übrigens auch Teil 13 dieser Artikelserie („Die Textgrundlage des Neuen Testaments (13). Anhang 4: Einige kommentierte Stellen, bei denen die Elberfelder 2003 und der Nestle-Aland-Text vom Textus Receptus abweichen“), den M. Arhelger wie folgt einleitet:

In diesem Anhang sollen einige Stellen besprochen werden, bei denen sich der Textus Receptus vom Nestle-Aland-Text unterscheidet und wo es gute Gründe gibt, den Textus Receptus nicht als ursprünglich zu betrachten. Dabei wurden bevorzugt solche Stellen ausgewählt, die auch von Lesern beurteilt werden können, die keine Kenntnisse des Griechischen haben.

Es folgt dann eine lange Besprechung von etlichen Bibelstellen. Man bekommt einen guten Eindruck davon, dass die Abweichungen zwar nicht die Fundamente des Glaubens betreffen, aber so unerheblich auch wieder nicht sind, um zu einer gesunden Lehre zu gelangen. Es werden auch Gründe angegeben, warum diese Änderungen möglicherweise an dem Urtext vorgenommen wurden – eine höchst interessante Bibelstellenbesprechung.

Noch ein Wort zum Mehrheitstext

Während die Originale inspiriert und unfehlbar sind, trifft dies nicht auf die Abschriften zu. Wir wissen lediglich, dass Gott sein Wort nicht verlorengehen lassen wird, dass es also mindestens eine Handschrift geben wird, die für eine bestimmte Stelle die korrekte Lesart hat. Auch das Gewicht der Mehrheit der Handschriften, das die Befürworter des Mehrheitstextes immer wieder heranziehen, lässt sich unseres Erachtens mit keiner Bibelstelle beweisen. Im Gegenteil: Aus manchen Bibelstellen geht hervor, dass solche, die nach Gottes Willen fragen, meistens eine kleine Minderheit sind; denken wir nur an die acht Menschen in der Arche und die zwei Personen, die von Ägypten bis nach Kanaan kamen. Warum sollte das bei der Textüberlieferung anders sein?

Auf den Einwand, dass eine bestimmte Lesart aber von den meisten Handschriften belegt sei, könnte man folgendes Beispiel bringen:

Goethe schrieb auch in seinem Faust I in Vers 22 in der Ur-Ausgabe: „Ihr Beyfall selbst macht meinem Herzen bang.“ Trotzdem benutzen spätere Ausgaben in der Regel die später übliche Rechtschreibung und ändern „Beyfall“ in „Beifall“. (Bei Google findet man die ursprüngliche Fassung des Verses 88-mal, die mit modernerer Rechtschreibung fast 10.000-mal! Trotzdem ist die seltenere Fassung sicher die ursprüngliche.)

Ist der Textus Receptus nicht der von Gott bewahrte Text?

Wir möchten nicht den Streit zwischen Textus-Receptus-Anhängern und Nestle-Aland-Verfechtern anheizen, aber es wäre gut, einmal ein paar Fakten zu bedenken, wenn man sich über diese Sache selbst ein Urteil bilden möchte. Dafür scheint uns der Hinweis auf die Analyse von M. Arhelger sehr hilfreich, dem wir an dieser Stelle für seine akribische Arbeit danken möchten – er bringt sehr viel Licht in dieses Thema. Grundsätzlich sind wir der Ansicht, dass auch durch den Textus Receptus die fundamentalen Wahrheiten des christlichen Glaubens gut begründet sind, aber er führt an einigen Stellen zu einer Auslegung, die unseres Erachtens durch den Heiligen Geist nicht beabsichtigt war.

Die Befürworter des Textus Receptus (wie auch zum Teil die des Mehrheitstextes) halten es für ein Wunder Gottes, dass sich im gesamten christlichen Raum über 1500 Jahre ein Text durchgesetzt hat, der allgemein praktisch von allen Gläubigen anerkannt war. Sie meinen, Gott habe dafür gesorgt, dass den Gläubigen ein einheitlicher Text überliefert wurde: der Textus Receptus oder der Mehrheitstext. Aus dem Textus Receptus entstanden die bekannten, weitverbreiteten Übersetzungen wie zum Beispiel die Luther-Übersetzung oder die englische King-James-Übersetzung. Das Eingreifen Gottes für die Erstellung seines Wortes sehen sie auch in dieser Textüberlieferung.

Auch wir glauben an Gottes Wirken in der Textüberlieferung, aber es gibt keine Bibelstelle, auf die sich dieses „Glaubensargument“ stützen könnte. Im Gegenteil: Wir müssen davon ausgehen, dass der Mensch die Neigung hat, das Wort Gottes zu verändern, sonst gäbe es nicht solche Warnungen, wie wir sie in Sprüche 30,6 und Offenbarung 22,18.19 finden. Warum sollte Gott vor Veränderung an seinem Wort warnen, wenn es keine reale und verbreitete Gefahr gibt, ebendas zu tun? Wenn wir also an einer Stelle feststellen, dass es verschiedene Lesarten gibt, haben wir die Pflicht, nachzuforschen, welche Lesart die von Gott inspirierte ist.

Richtet sich die Elberfelder Bibel (Edition CSV) nach dem Nestle-Aland-Text?

In Teil 8 seiner Artikelserie („Die Textgrundlage des Neuen Testaments (8). Vergleichende Ausgaben“) schreibt M. Arhelger hierzu Folgendes:

Daher sind verantwortungsbewusste und ernsthafte Bibelübersetzer immer folgendermaßen vorgegangen: Sie haben an relevanten Stellen die gesamte Textbezeugung im Blick gehabt. Bei wichtigen Stellen sind dann aus inneren, inhaltlichen Gründen Entscheidungen getroffen worden. …

Die Überarbeiter der sogenannten Elberfelder Bibel (Neues Testament) hatten genau dieses Ideal vor Augen. Angesichts der Schwachstellen und Mangelhaftigkeit von Textus Receptus und Mehrheitstext haben sie ihrer Überarbeitung die wissenschaftliche Ausgabe von Nestle-Aland zugrunde gelegt, ohne die beiden anderen Ausgaben zu ignorieren. Daher haben sie auch an ca. 700 Stellen andere Lesarten gewählt als Nestle-Aland. Den Text von Nestle-Aland haben sie dann in Fußnoten angegeben (an ca. 400 Stellen). Durch eckige Klammern im Text haben sie Stellen gekennzeichnet, die Nestle-Aland nicht im Text, sondern nur im Apparat verzeichnet.

Der zuweilen gehörte Vorwurf, das Neue Testament der Elberfelder Version 2003 sei eine reine Nestle-Aland-Übersetzung, ist somit falsch. Zwar liegt dieser Version der Nestle-Aland-Text zugrunde. Die oben genannte Vielzahl an Stellen, in denen man vom Nestle-Aland abgewichen ist, machen deutlich, dass die Elberfelder Version 2003 als eine vergleichende Ausgabe eine echte Eigenständigkeit aufweist.

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