Weihnachten im Oktober
... zu welcher Jahreszeit kam der Herr Jesus wirklich in diese Welt?

Willem Johannes Ouweneel

© SoundWords, online seit: 01.12.2001, aktualisiert: 19.12.2020

Weihnachten im Oktober

Der Titel dieses Artikels klingt vielleicht etwas fremd; jeder weiß doch, dass der Herr Jesus am 25. Dezember geboren ist? Das ist jedoch überhaupt nicht so selbstverständlich. Die Bibel sagt es jedenfalls nicht. Es ist sogar sehr unwahrscheinlich, dass Christus am 25. Dezember geboren worden ist, wenn man allein die Tatsache bedenkt, dass in der Geburtsnacht die Schafe noch draußen auf dem Feld waren (Lk 2,8 „Und es waren Hirten in derselben Gegend, die auf freiem Feld blieben und in der Nacht Wache hielten über ihre Herde.“). Wir wissen, dass im alten Israel die Schafe von November bis März im Stall gehalten wurden. Der Winter ist übrigens auch eine unmögliche Zeit für das Ausschreiben einer Volkszählung, so wie Kaiser Augustus es tat (Lk 2,1 „Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben.“). Es sind Hinweise darauf bekannt, dass solche Zählungen in Israel vorzugsweise durchgeführt wurden, wenn die meisten Männer sowieso in Jerusalem waren anlässlich eines der drei Wallfahrtsfeste: Passah-, Pfingst- oder Laubhüttenfest.

Der einzig wirkliche Grund, dass Weihnachten am 25. Dezember gefeiert wird – und das erst seit dem 4. Jahrhundert n.Chr. –, ist, dass ungefähr rund um dieses Datum heidnische Mitwinterfeste gefeiert wurden, so wie im alten Rom das Natalis Invicti (solis) ([Wieder-]Geburt der unüberwindbaren [Sonne]: das Wiederlängerwerden der Tage nach dem kürzesten Tag des Jahres). Man hat dieses Datum auch in Zusammenhang mit der Geburt der ägyptischen Göttin Isis gebracht, mit heidnischen Mondfesten und mit der indo-iranischen Gottheit Mithra(s). Bis heute weisen noch allerlei Weihnachtsgebräuche auf diesen heidnischen Ursprung dieses Festes hin.

Laubhüttenfest

Könnte eine andere Zeit des Jahres zu nennen sein, die viel mehr als Zeit der Geburt Jesu in Frage kommen könnte? Ja, wir wollen einmal folgende Punkte beachten:

Der Priester Zacharias diente im Tempel gemäß seiner Abteilung; das war die von Abia (Lk 1,5 „Es war in den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, ein gewisser Priester, mit Namen Zacharias, aus der Abteilung Abijas; und seine Frau war von den Töchtern Aarons, und ihr Name war Elisabeth.“). Nach 1. Chronika 24,10 „für Hakkoz das siebte, für Abija das achte,“ war diese die achte der vierundzwanzig Priesterabteilungen. Alle diese Abteilungen kamen im Lauf des Gottesdienstjahres an die Reihe: jede Abteilung somit etwas mehr als zwei Wochen. Das Gottesdienstjahr beginnt mit dem Frühlingsmonat, sagen wir durchschnittlich ungefähr um den 1. April. Das bedeutet, dass Zacharias Ende Juli mit seiner Priesterarbeit fertig war. Die Zeugung von Johannes dem Täufer fand somit irgendwann Anfang August statt (Lk 1,23.24 (23) Und es geschah, als die Tage seines Dienstes erfüllt waren, dass er wegging in sein Haus. (24) Nach diesen Tagen aber wurde Elisabeth, seine Frau, schwanger und verbarg sich fünf Monate und sagte:“) und die Zeugung von Jesus fünf bis sechs Monate später (Lk 1,26 „Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt von Galiläa gesandt, mit Namen Nazareth,“), sagen wir ungefähr Mitte Januar. Neun Monate später wurde Jesus geboren, sagen wir Mitte Oktober. Das fällt ungefähr auf die Zeit des Laubhüttenfestes (hebr. sukkot; Singular: sukkah = „Laubhütte“). Wenn das wahr ist, wird uns das helfen zu begreifen, warum gerade dann eine Volkszählung durchgeführt wurde und warum das Gebiet um Jerusalem so voll war; die Herberge in Bethlehem, das nur zehn Kilometer von Jerusalem entfernt liegt, war überbelegt. Das Laubhüttenfest war von den drei Pilgerfesten am meisten geeignet, um eine Volkszählung zu organisieren, weil dann die ganze Ernte eingefahren war und die Leute nicht länger an die Landarbeit gebunden waren.

In einer Hütte gekommen

Wenn der Herr Jesus tatsächlich während des Laubhüttenfestes geboren worden ist, erscheint Johannes 1,14 „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit.“ in einem ganz besonderen Licht: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut.“ – „Wohnen“ ist hier buchstäblich „Wohnen in einem Zelt“ (gr. skènè); in Christus ist das „Zelt“ Gottes auf die Erde gekommen, in dem die „Herrlichkeit“ (hebr. kavod oder schechinah) Gottes wohnt. „Zelt“ kann auch „(Laub-)Hütte“ bedeuten; das griechische Wort für „Laubhüttenfest“ in Johannes 7,2 „Es war aber das Fest der Juden nahe, das Laubhüttenfest.“ ist skènopègia, das bedeutet wörtlich: „Aufschlagen von Zelten“. Als Petrus auf dem Berg der Verklärung drei „Hütten“ bauen wollte (Mt 17,4 „Petrus aber hob an und sprach zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten machen, dir eine und Mose eine und Elia eine.“), meinte er zweifellos Laubhütten; wo hätte er auch Zelttuch herholen sollen? Als er den Sohn des Menschen in Seiner „königlichen Würde“ (Mt 16,28) kommen sah, meinte er, dass das messianische Reich angebrochen war, was die große Erfüllung des Laubhüttenfestes sein würde.

Wenn wir daran denken, dass Israel während der Wüstenreise in Zelten gewohnt hatte (3Mo 23,43 „damit eure Geschlechter wissen, dass ich die Kinder Israel in Laubhütten habe wohnen lassen, als ich sie aus dem Land Ägypten herausführte. Ich bin der HERR, euer Gott. –“), ist es von besonderer Bedeutung, zu bedenken, dass auch der HERR, Gott, sinnbildlich gesprochen in dieser Zeit bei Seinem Volk in einem Zelt gewohnt hat, dem Zelt der Zusammenkunft. Im Englischen heißt das Laubhüttenfest Feast of Tabernacles. Das griechische Wort für tabernacle ist skènè (Heb 8,2.5; 9,2.3.6.8.11.21; 13,10 (8:2) ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte, die der Herr errichtet hat, nicht der Mensch.“ „(8:5) (die dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen, wie Mose eine göttliche Weisung empfing, als er im Begriff war, die Hütte aufzurichten; denn „sieh zu“, spricht er, „dass du alles nach dem Muster machst, das dir auf dem Berg gezeigt worden ist“).“ „(9:2) Denn eine Hütte wurde zugerichtet, die vordere – in der sowohl der Leuchter war als auch der Tisch und die Darstellung der Brote –, die das Heilige genannt wird; (9:3) hinter dem zweiten Vorhang aber eine Hütte, die das Allerheiligste genannt wird,“ „(9:6) Da nun dieses so eingerichtet ist, gehen zwar in die vordere Hütte allezeit die Priester hinein und verrichten den Dienst;“ „(9:8) wodurch der Heilige Geist dieses anzeigt, dass der Weg zum Heiligtum noch nicht offenbart ist, solange die vordere Hütte noch Bestand hat,“ „(9:11) Christus aber – gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter, in Verbindung mit der größeren und vollkommeneren Hütte, die nicht mit Händen gemacht, das heißt nicht von dieser Schöpfung ist,“ „(9:21) Aber auch die Hütte und alle Geräte des Dienstes besprengte er ebenso mit dem Blut;“ „(13:10) Wir haben einen Altar, von dem zu essen die kein Recht haben, die der Hütte dienen.“; vgl. das „Zelt [skènè] des Zeugnisses“; Apg 7,44 „Unsere Väter hatten die Hütte des Zeugnisses in der Wüste, so wie der, der zu Mose redete, befahl, sie nach dem Muster zu machen, das er gesehen hatte;“). Das ist, wie gesagt, das normale Wort für „Zelt“, aber auch für die „Laubhütten“, in denen Israel während des Laubhüttenfestes wohnt. Mit anderen Worten, Johannes 1,14 „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit.“ berichtet uns, dass Christus unter uns gewohnt hat wie in einem Zelt, einem Tabernakel, einem sukkah, so wie Gott während der Wüstenreise bei Seinem Volk.

Das erinnert uns an Amos 9,11: „An jenem Tage richte ich die verfallene Hütte (sukkah) Davids auf“; in dem Zitat in Apostelgeschichte 15,16 „„Danach will ich zurückkehren und die Hütte Davids wieder aufbauen, die verfallen ist, und ihre Trümmer will ich wieder aufbauen und sie wieder aufrichten;“ steht: „Zelt (skènè) Davids“. Wenn es richtig ist, dass Christus während des Laubhüttenfestes geboren wurde, ist Johannes 1,14 „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit.“ etwas sehr Besonderes: In Ihm ist Gott Selbst wie in einem sikkah unter uns wohnen gekommen. Gleichzeitig weist das auch voraus auf die Vollendung, wenn Gott Sein sukkah über die Seinen ausbreiten wird; ja, von der neuen Erde wird gesagt: „Die sukkah Gottes ist bei den Menschen und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott“ (Off 7,15; 21,3; beide Male steht im Griechischen skènè). Schon während der Wüstenreise war der Herr so „solidarisch“ mit Seinem Volk, dass Er Selbst gleichsam in einem sukkah bei ihnen wohnte, in der sichtbaren Gestalt der Wolken- und Feuersäule. Im Friedensreich wird diese Situation auf eine besondere Weise wieder eintreten: „Dann wird der HERR über der ganzen Stätte des Berges Zion und über seinen Versammlungen eine Wolke schaffen bei Tag und Rauch sowie Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht; denn über der ganzen Herrlichkeit wird ein Schutzdach sein. Und ein Laubdach (eine Laubhütte [sukkah]) wird zum Schatten dienen bei Tag vor der Hitze, und als Zuflucht und Obdach vor Wolkenbruch und Regen“ (Jes 4,5.6).

Große Freude

Noch eine kleine Ergänzung. Unter den Hochzeiten Israels ist vor allem dieses Laubhüttenfest ein äußerst fröhliches Fest mit Musik und Tanz, erlesenen Weinen und Speisen (vgl. Jes 25,6 „Und der HERR der Heerscharen wird auf diesem Berg allen Völkern ein Festmahl von Fettspeisen bereiten, ein Festmahl von Hefenweinen, von markigen Fettspeisen, geläuterten Hefenweinen.“); es ist wahrhaftig das z'man simchatènu, wie es im Hebräischen heißt: „die Zeit unserer Freude“. Der Herr gebot: „Ihr sollt euch vor dem HERRN, eurem Gott sieben Tage freuen“ (3Mo 23,40; s.a. 5Mo 16,13-15 (13) Das Fest der Laubhütten sollst du dir sieben Tage feiern, wenn du den Ertrag von deiner Tenne und von deiner Kelter einsammelst; (14) und du sollst dich an deinem Fest freuen, du und dein Sohn und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und der Levit und der Fremde und die Waise und die Witwe, die in deinen Toren sind. (15) Sieben Tage sollst du dem HERRN, deinem Gott, das Fest feiern an dem Ort, den der HERR erwählen wird; denn der HERR, dein Gott, wird dich segnen in all deinem Ertrag und in allem Werk deiner Hände, und du sollst nur fröhlich sein.“; Neh 8,18 „Und man las im Buch des Gesetzes Gottes Tag für Tag, vom ersten Tag bis zum letzten Tag. Und sie feierten das Fest sieben Tage lang; und am achten Tag war eine Festversammlung nach der Vorschrift.“). Wenn der Herr Jesus tatsächlich während des Laubhüttenfestes geboren wurde, ist es etwas Besonderes, die Worte des Engels zu vernehmen: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird. Denn euch ist heute ein Retter geboren, der ist Christus, der Herr, in Davids Stadt“ (Lk 2,10.11). Und von den Weisen aus dem Osten wird berichtet: „Als sie aber den Stern sahen, freuten sie sich mit sehr großer Freude“ (Mt 2,10). Die größte Freude des Laubhüttenfestes wird durch niemand anderen als den Messias Selbst geformt. So wie die Weisen sich vor dem neugeborenen Messias niederbeugten (Mt 2,11 „Und als sie in das Haus gekommen waren, sahen sie das Kind mit Maria, seiner Mutter, und sie fielen nieder und huldigten ihm; und sie taten ihre Schätze auf und brachten ihm Gaben dar: Gold und Weihrauch und Myrrhe.“), so werden bald alle Völker kommen, „um den König, den HERRN der Heerscharen, anzubeten und das Laubhüttenfest zu feiern“ (Sach 14,16).

Wo Weihnachten mit einem aufrichtigen Gewissen gefeiert wird, frei von allen heidnischen Aspekten, glaube ich, dass der Herr diese „Schwachheit“ gern erträgt. Das trotz der Tatsache, dass es für dieses Fest keine biblische Grundlage gibt und es, wenn es denn Bestandsrecht hat, am „verkehrten“ Datum gefeiert wird. Es ist nichts Verwerfliches daran, am 25. Dezember besonders an die Geburt Christi zurückzudenken – denn das sollten wir eigentlich jeden Tag tun – und selbst Zusammenkünfte dazu einzuberufen. Dass sich nur niemand einbilde, dass hierfür ein Gebot Gottes besteht oder dass eine solche Feier dem Herrn besonders wohlgefällig sei. Es ist viel, was Er zugesteht wegen der „Schwachheit unseres Fleisches“ (vgl. Röm 6,19 „Ich rede menschlich, wegen der Schwachheit eures Fleisches. Denn ebenso wie ihr eure Glieder dargestellt habt als Sklaven der Unreinheit und der Gesetzlosigkeit zur Gesetzlosigkeit, so stellt jetzt eure Glieder dar als Sklaven der Gerechtigkeit zur Heiligkeit.“) – wenn wir uns nur nicht einbilden, dass dieses Fest etwas zu tun hat mit den biblischen Festzeiten.


Aus Bode van het Heil, Jg. 143, Nr. 12/2000
erschienen in TABOR – Hilfen für den Glauben im Alltag
www.cgb.ch

Übersetzung: Jochen Timmerbeil

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