Silo, Beth-Semes, Mizpa
1. Samuel 1–7

William Trotter

© SoundWords, online seit: 21.01.2012, aktualisiert: 25.05.2020

Leitverse: 1. Samuel 1–7

Zwei Wahrheiten ziehen sich deutlich durch die gesamte Heilige Schrift: Die eine betont, dass Gott alles im Voraus weiß; die andere macht deutlich, dass Gott immer in Übereinstimmung mit seinem heiligen Charakter handelt, um sein Ziel auszuführen.

In der Erlösung, die durch Jesus Christus gewirkt ist, werden diese beiden Wahrheiten klar und deutlich dargestellt. Sie sind jedoch auch gut erkennbar im Handeln Gottes mit den Menschen bei anderen Begebenheiten, unter anderem in denen, die in diesem Abschnitt ausgeführt sind. In der Erlösung durch Jesus Christus werden, wie wir schon gesagt haben, diese Wahrheiten in vollem Umfang deutlich.

Viele scheinen jedoch zu denken, dass die Erlösung eine nachträgliche Idee Gottes war, ein Hilfsmittel, das Er in Anspruch nahm, als das Werk seiner Hände durch Satans Gerissenheit und Adams Schwäche ruiniert war. Aber wird uns das so im Wort Gottes dargestellt? Nein, ganz und gar nicht! Uns wird berichtet, dass Gott alles geschaffen hat, damit Er in der Gemeinde verherrlicht werde: „Gott hat alle Dinge geschaffen, damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch [mit Hilfe der] die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem ewigen Vorsatz, den er gefasst hat in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Eph 3,9-11).

So verhält es sich auch mit der zweiten Wahrheit. Wo sonst können wir die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes kennenlernen wenn nicht im Kreuz Christi? Der Mensch war gefallen. Gott war entschlossen zu retten. Er musste Gnade walten lassen. Aber wie? Ohne gerecht zu sein? Nein, sondern indem Er gerecht war! Schon bevor der Mensch fiel, wusste Gott, dass der Mensch fallen würde. Und schon bevor der Mensch fiel, entschied Gott, durch den Sündenfall die Tiefe seines Erbarmens und den Reichtum seiner Gnade zu offenbaren, die andernfalls nicht zu Tage getreten und unerkannt geblieben wären.

Aber muss Er deshalb ungerecht sein? Kann Er die Sünde verharmlosen, als ob es wenig oder gar keinen Unterschied gäbe zwischen Sünde und Heiligkeit? Gott bewahre uns davor! Er ist in der Tat gnädig, und seine Gnade muss regieren und triumphieren, damit seine Herrlichkeit bewiesen und seine Heiligkeit offenbart werde. Daher das Kreuz Christi. Dort sehen wir in Wahrheit Gnade, aber dort sehen wir auch Heiligkeit. „Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden, damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod, so auch die Gnade herrsche [nicht auf Kosten der Gerechtigkeit, sondern] durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn“ (Röm 5,20.21).

So wird es uns in dieser Erzählung in 1. Samuel 1–7 berichtet. Israels Zustand war nicht nur schlecht, sondern hoffnungslos. Das Maß ihrer Sünden war voll, und Gericht stand vor der Tür. Aber bevor wir etwas von Sündhaftigkeit hören oder von herankommendem Gericht, werden die ergreifende Vorkenntnis Gottes und seine Gnade gezeigt. Das Instrument der Errettung wird vorbereitet. Die verachtete und falsch beurteilte Hanna, eine Frau voller Nöte, wird zur fröhlichen Mutter dessen, der von Gott auserwählt und bestimmt ist, nach der Vollstreckung des Gerichts ein Rettungs- und Segenskanal zu werden. Samuel wird so für uns zu einem Zeugen der souveränen Gnade – der Gnade, die die Krise voraussah und dafür Vorkehrungen traf. Es ist eine Gnade, die uns über diese Vorsorge informiert, noch bevor die Umstände angekündigt sind, die sie erforderlich macht.

Doch Gott kann nicht unwürdig seiner selbst handeln. Er hat Möglichkeiten, für die Bedürfnisse seines Volkes zu sorgen, ob es auch noch so tief gefallen oder sich noch so weit von Ihm entfernt hat. Allerdings kann Er nicht die Sünde seines Volkes dulden. Er kann vergeben; Er kann wiederherstellen; Er kann reicher und völliger segnen als das, was sein Volk durch seine Sünde eingebüßt hat. Aber Er kann Sünde weder dulden noch darüber hinwegsehen. Bevor der Segen ausgeschüttet werden kann, den Er in seiner Gnade vorbereitet hat, muss Er sich als gerechter Gott von der Sünde seines Volkes distanzieren. Gnade darf, wird, muss triumphieren; denn Gott ist Gnade. Aber in all diesem wird Er sich immer als derjenige erweisen, dessen reine Augen das Böse nicht sehen können.

Der Zustand Israels zur Zeit unserer Erzählung war äußerst bedauerlich. Nicht nur das einfache Volk war gottlos. Auch die Priesterschaft, die doch nach Gottes Bestimmung ein Segen für das Volk sein sollte, war zu einem Werkzeug von Korruption und Glaubensabfall geworden. Das Haus Gottes in Silo war der Schauplatz davon. Die heiligsten Dienste waren die Gelegenheit, solch großen Frevel zu begehen, dass das Gewissen eines normalen Menschen davon erschüttert wurde.

1Sam 2,17: Die Sünde der Jünglinge war sehr groß vor dem HERRN; denn die Leute verachteten die Opfergabe des HERRN.

Wenn das, was den Namen Gottes trägt, das Instrument wird, um andere zum Bösen zu verführen, können wir sicher sein, dass das Maß der Sünde des Menschen fast voll ist. Aber bevor der Arm des Gerichts zuschlägt, werden wiederholt angemessene Warnungen gegeben. Zuerst wird ein Mann Gottes zu Eli gesandt, um ihm die Gerichte anzukündigen, deren Eintreffen durch die Boshaftigkeit seiner Söhne noch beschleunigt wird. Das Kind Samuel wird mit der gleichen schrecklichen Mitteilung gesandt. Dann wird uns im Kapitel 4 die Erfüllung dieser Androhungen erzählt.

„Stolz geht dem Sturz und Hochmut dem Fall voraus“ (Spr 16,18). Jetzt zieht Israel aus zum Kampf gegen die Philister, und sie lagern bei Eben-Eser. Sie warten nicht, bis sie angegriffen werden. Sie befragen auch nicht Gott, ob es sein Wille sei, die Philister anzugreifen. Sie tun es einfach. In ihrem Stolz und Selbstbewusstsein denken sie, dass sie dem Feind überlegen seien. Aber als sie aufeinandertreffen, wird Israel von den Philistern geschlagen, und die Philister töten auf dem Schlachtfeld ungefähr 4000 Mann.

Was bewirkt diese schwere Niederlage? Demütigen sie sich tief vor Gott? Befragen sie Ihn nach der Ursache dieses ernsten Geschehens und erwarten sie von Ihm die Rettung? Leider nicht. Zwar sagen die Ältesten: „Warum hat der HERR uns heute vor den Philistern geschlagen?“ Aber sie warten nicht auf Antwort, sie gehen nicht in sich und bekennen nicht ihre Sünden. Ohne Gott um Rat zu fragen, fügen sie sofort hinzu:

1Sam 4,3: Lasst uns von Silo die Lade des Bundes des HERRN zu uns holen, damit sie in unsere Mitte komme und uns rette aus der Hand unserer Feinde.

Wahrlich schwerwiegend für unsere Seele sind die Lektionen, die hier erteilt werden! Sicherlich sollen wir auch lernen, dass Gottes Anordnungen nicht gleichbedeutend sind mit Gott selbst. Während Er, der lebendige Gott, gekannt werden kann und wir Ihm vertrauen und gehorchen können, sind seine Gebote Segenskanäle für unsere Seelen. Wenn wir uns jedoch nicht mehr auf Ihn stützen und nicht mehr vor Ihm wandeln, wenn wir keinen Gefallen mehr finden an der lebendigen Gemeinschaft mit Gott, der in Konfliktsituationen allein uns Kraft geben und mehr als Überwinder aus uns machen kann – dann kann es leicht passieren, dass wir das Vertrauen, das wir Gott nicht mehr entgegenbringen, auf seine Anordnungen übertragen. Die Taufe, das Brotbrechen, der Dienst, die Gemeinde: All dieses wird jetzt ausgetauscht gegen die ständige Gegenwart des lebendigen Gottes. Wie kommt das?

Oh, wir können uns auf seine Anordnungen verlassen, sie sehr wichtig nehmen, uns ihrer rühmen und doch dabei unser Gewissen nie prüfen lassen im Licht der heiligen Gegenwart Gottes. Wir können all diese Anordnungen praktizieren, während unser Herz ungebrochen und nicht gedemütigt ist. Indem wir diese Gebote mit Eifer befolgen, werden wir hinsichtlich unseres wahren Zustands vor Gott noch mehr verblendet und blähen uns auf in Stolz und Selbsttäuschung: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts“ (Off 3,17). Dieser Satz trifft genauso zu auf den letzten Zustand der bekennenden Kirche, die jetzt auf der Erde ist, wie er auf Israels Zustand gepasst hätte, als sie die Bundeslade ins Lager trugen und die Erde von ihrem Geschrei widerhallte. Doch Israel musste die bittere Erfahrung machen, dass es selbst „der Elende und Jämmerliche und arm und blind und nackt“ war. Zu seiner Schande brachte seine Sünde es bis zu diesem Punkt, im Angesicht seiner Feinde.

Gott lässt sich nicht spotten. Wenn sein Volk Ihn so weit vergessen hat, dass es seinen Namen und seine Anordnungen benutzt, um sich zu rechtfertigen und seine Schuld zu verbergen, zeigt Gott, dass Er nicht vergessen hat, was der Verherrlichung seiner eigenen Heiligkeit gebührt. Gott kann es ertragen, dass seine Anordnungen entweiht werden, sein Heiligtum beschmutzt und die Bundeslade ins feindliche Land getragen wird, jedoch nicht, dass sein heiliger Name mit der Sünde seines Volkes in Verbindung gebracht wird. Die Philister zittern zunächst, als sie hören, dass die Bundeslade ins [israelitische] Lager gekommen ist. Aber das ist unnötig. Er, der zwischen den Cherubinen wohnt, der der Heilige heißt, hat seinen kostbaren, auserlesenen Thron verlassen. Die Bundeslade hat keine Macht in sich selbst, um sich zu verteidigen, noch weniger das Volk, das in seinem Stolz und seiner Sünde sein Vertrauen darauf setzt.

1Sam 4,10.11: Und die Philister kämpften, und Israel wurde geschlagen, und sie flohen, jeder zu seinen Zelten; und die Niederlage war sehr groß, und es fielen von Israel 30.000 Mann zu Fuß. Und die Lade Gottes wurde genommen, und die beiden Söhne Elis, Hophni und Pinehas, starben.

Wie schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen! Aber wir haben noch nicht das Schlimmste gesehen. Es gibt noch tiefere und ernstere Lektionen für uns. Eli hatte nicht persönlich an der Sünde seines Volkes und der seiner Söhne teilgenommen. Offenbar war er ein gottesfürchtiger Mann. Mit welchem Ernst hatte er den Knaben Samuel gebeten, ihm ja nichts zu verbergen von dem, was Gott ihm kundgetan hatte. Wie demütig beugt Eli sich, als ihm die furchtbare Nachricht gebracht wird: „Er ist der HERR; er tue, was gut ist in seinen Augen“ (1Sam 3,18). Wie unsagbar wichtig waren ihm offensichtlich der Ruhm Gottes und die Ehre seines Hauses, als seine Seele durch den Bericht vom Schlachtfeld geprüft wurde.

„Wie stand die Sache, mein Sohn?“, fragt er den Botschafter. „Israel ist vor den Philistern geflohen.“ Das waren schlechte Nachrichten für den Hohenpriester und den Richter Israels. „Und auch hat eine große Niederlage unter dem Volk stattgefunden.“ Das ist noch schlimmer. „Und auch deine beiden Söhne, Hophni und Pinehas, sind tot.“ Wie muss der alte Patriarch sich gefühlt haben, als er dies hört! Aber all das kann er ertragen. Ist da noch mehr? Ja, es gibt noch etwas zu berichten:

1Sam 4,17b.18: Und die Lade Gottes ist genommen. Und es geschah, als er die Lade Gottes erwähnte, da fiel Eli rücklings vom Stuhl, an der Seite des Tores, und brach das Genick und starb; denn der Mann war alt und schwer. Und er hatte Israel vierzig Jahre gerichtet.

Würde irgendjemand vermuten, dass dieser ehrwürdige Mann, dem die Bundeslade so am Herzen lag, selbst die Ursache der Eroberung der Lade und der Niederlage Israels war? Aber so war es. Das bringt ein sehr ernstes Prinzip von Gottes Handeln mit seinem Volk ans Licht, nämlich dass Er uns zur Rechenschaft zieht nicht nur für die Sünden, die wir begehen, sondern auch für die, die wir zulassen. Wer Gemeinschaft mit der Sünde hat, macht sich strafbar; und je gottesfürchtiger derjenige ist, desto größer ist die Strafe für die Schande, die er über Gottes Namen bringt.

Eli war weder persönlich gestrauchelt noch hatte er es unterlassen, gegen die Sünde seiner Söhne zu protestieren und sie zu ermahnen. Er hatte ihnen Vorwürfe gemacht:

1Sam 2,23-25: Warum tut ihr solche Dinge? Denn ich höre diese eure bösen Handlungen vom ganzen Volk. Nicht so, meine Söhne! Denn nicht gut ist das Gerücht, das ich höre; ihr macht das Volk des Herrn übertreten. Wenn ein Mensch gegen einen Menschen sündigt, so entscheidet Gott über ihn; wenn aber ein Mensch gegen den HERRN sündigt, wer wird für ihn bitten?

Folglich hatte Eli die Übeltaten seiner Söhne gesehen; er wies sie darauf hin, rügte das Böse und machte ihnen Vorhaltungen. Aber er erlaubte es. Seine Söhne führten ihren priesterlichen Dienst fort, und ihr Vater machte nicht seine Autorität geltend, um sie zu hindern. Er distanzierte weder sich selbst noch die Priesterschaft noch den Namen Gottes und dessen Volk von der Sünde seiner Söhne, indem er disziplinarische Strafen angeordnet hätte. Solange wie er sich in falscher Vaterliebe davon zurückhielt, wurden alle seine Worte zu ernsten Ermahnungen gegen ihn selbst. Wie viele Menschen heutzutage geben zu, dass ihr Weg nicht gut ist, und protestieren mit Worten dagegen, finden aber Entschuldigungen, um sich nicht vom Bösen zu trennen.

Doch diese Erzählung soll veranschaulichen: Je mehr wir Böses sehen und es bei Menschen kritisieren, mit denen wir immer noch Gemeinschaft haben als Gottes Kinder, als „Priester Gottes“, desto schlimmer und unverzeihlicher erweist sich unser eigenes, geduldetes Verhalten, von dem wir wissen, dass Gott es missbilligt.

1Sam 3,12-14: An jenem Tag werde ich gegen Eli alles ausführen, was ich über sein Haus geredet habe: Ich werde beginnen und vollenden. Denn ich habe ihm kundgetan, dass ich sein Haus richten will in Ewigkeit, um der Ungerechtigkeit willen, die er gewusst hat, dass seine Söhne sich den Fluch zuzogen und er ihnen nicht gewehrt hat. Und darum habe ich dem Haus Elis geschworen: Wenn die Ungerechtigkeit des Hauses Elis gesühnt werden soll durch Schlachtopfer und durch Speisopfer in Ewigkeit.“

Furchtbare Worte! Und genauso furchtbar sind sie in Erfüllung gegangen! Möge der Herr es schenken, dass sie tief in unsere Herzen eindringen. „Wenn wir uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet“ (1Kor 11,31). Weil Israel und auch Eli Gott nicht ehrten, musste Gott seine Ehre selbst verteidigen, so wie wir gesehen haben. Er stellte sein Ansehen wieder her, indem Er das Volk in die Hand ihrer Feinde überlieferte: „Gott hörte es und ergrimmte, und er verachtete Israel sehr. Und er verließ die Wohnung in Silo, das Zelt, das er unter den Menschen aufgeschlagen hatte. Und er gab in die Gefangenschaft seine Kraft und seine Herrlichkeit in die Hand des Bedrängers. Und er gab sein Volk dem Schwert preis, und gegen sein Erbteil ergrimmte er“ (Ps 78,59-62). Das sind die schrecklichen Folgen von nicht gerichtetem Bösem im eigenen Haus und im Volk Gottes.

Der Triumph des Feindes war von kurzer Dauer. Sie brauchten sich nicht vor der Bundeslade zu fürchten, als das unreine Volk Israel sie in ihr Lager brachte, um ihre Sünde zu rechtfertigen und als einen Ersatz für den lebendigen Gott. Gott sorgte dann dafür, dass das zu seiner eigenen Verherrlichung diente. Er ließ die Lade lieber in die Hand der Philister geraten, als sie bei dem schuldigen Volk zu lassen; denn das Volk missbrauchte genau diese Tatsache, dass es die Lade besaß, um seine bösen Wege zu unterstützen. Die Philister und Israel standen sich dann gegenüber; Israel war moralisch so heruntergekommen, dass Gott sich nicht zu ihnen bekannte und sie nicht verteidigte. Daher wurden sie überwältigend geschlagen, und der Feind trug die Bundeslade siegreich davon.

Aber als sie die Lade in das Haus ihres Götzen Dagon bringen und ihre Eroberung als einen Sieg Dagons über den Gott Israels feiern wollen, finden sie sofort heraus, wie schlimm es ist, Gott zum Feind zu haben. Es handelt sich nicht mehr um einen Kampf zwischen den Philistern und Israel, sondern um einen Kampf zwischen Dagon und dem Gott Israels: „Da erwachte wie ein Schlafender der Herr, wie ein Held, der vom Wein jauchzt; und er schlug seine Feinde von hinten, gab ihnen ewige Schmach“ (Ps 78,65.66). Dagon wird zu Boden geworfen, und nichts bleibt übrig als nur sein Rumpf. Die Philister werden mit einer ekelhaften Krankheit geschlagen. Die erschreckten Einwohner schicken die Lade von einer Stadt zur anderen, bis sie endlich beschließen, sie einfach nach Israel zurückzusenden!

Wie wunderbar sind doch Gottes Wege! Die Fürsten der Philister ersinnen eine Methode, wie sie die Lade zurückgeben wollen, um sicher zu sein, dass ihre Schicksalsschläge wirklich dadurch verursacht worden waren. Und Gott lässt sich herab und offenbart auf diese Weise seine Herrlichkeit. Die Milchkühe, die die Philister vor den neuen Wagen spannen, auf den die Bundeslade gestellt wurde, vergessen sogar ihren natürlichen Instinkt, indem sie den heiligen, ihnen anvertrauten Schatz nach Israel transportieren.

1Sam 6,10-12: Und die Männer taten so und nahmen zwei säugende Kühe und spannten sie an den Wagen, und ihre Kälber sperrten sie zu Hause ein. Und sie stellten die Lade des Herrn auf den Wagen und das Kästchen mit den goldenen Mäusen und den Abbildern ihrer Beulen. Und die Kühe gingen geradeaus auf dem Weg nach Beth-Semes; auf einer Straße gingen sie, im Gehen brüllend, und wichen weder nach rechts noch nach links; und die Fürsten der Philister gingen hinter ihnen her, bis an die Grenze von Beth-Semes.

So stellte Gott vor den Augen der Feinde seine Herrlichkeit wieder her und machte deutlich, dass ihr Sieg über das ungehorsame Israel nicht den Sieg über Ihn bedeutete. Wie gnädig ging Er doch mit Israel um! Die Bundeslade, die sie durch ihr Vergehen eingebüßt hatten, wird von den Philistern wiedergebracht, noch dazu mit Geschenken, die besagten, dass die Eroberung der Lade nur zur ihrer eigenen Schande und Niederlage geworden war. So wurde der Name Gottes geehrt durch das scheinbar zeitweilige Verdunkeln seiner Herrlichkeit. „Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger, gerecht und wahrhaft deine Wege, o König der Nationen“ (Off 15,3b).

Jetzt wollen wir kurz untersuchen, wie Israel reagierte, als sie auf diese Weise die Lade des Herrn zurückerhielten:

1Sam 6,13-15: Und die Bewohner von Beth-Semes ernteten die Weizenernte in der Talebene; und als sie ihre Augen erhoben und die Lade sahen, da freuten sie sich, sie zu sehen. … Und sie spalteten das Holz des Wagens und opferten die Kühe als Brandopfer dem HERRN. Und die Leviten nahmen die Lade des HERRN herab und das Kästchen, das bei ihr war, in dem die goldenen Geräte waren, und setzten sie auf den großen Stein. Und die Männer von Beth-Semes opferten Brandopfer und schlachteten Schlachtopfer dem HERRN an jenem Tag.

Die Freude über die Heimkehr der Lade war groß, und die Opfer bedeuteten ein gewisses Bewusstwerden der Gnade Gottes, die sie zurückgeführt hatte. Aber leider war das alles oberflächlich, es war fleischliche Freude in ungebrochenem Herzen, ohne Sündenerkenntnis. Die Kinder Israel freuten sich, die Bundeslade wiederzuhaben. Ihre Seelen jedoch hatten nicht erkannt, dass gerade wegen ihrer Sünde die Lade gefangen genommen werden und in Gefangenschaft bleiben musste. Sie hatten sich nicht gedemütigt und waren nicht zerbrochen unter der Erkenntnis ihrer Sünde und der Heiligkeit dieses Gottes, mit dem sie es zu tun hatten. Das kam schnell ans Licht.

Sie waren sich nicht ihrer Sünde und Schande, die ein Handeln Gottes erforderte, bewusst: „Und er gab in die Gefangenschaft seine Kraft, und seine Herrlichkeit in die Hand des Bedrängers“ (Ps 78,61). Es kam sogar so weit, dass sie die Gelegenheit bei der Rückkehr der Lade nutzten und einen Blick hineinwarfen, um ihre unheilige Neugierde zu befriedigen! Und deshalb kam die Hand Gottes über sie:

1Sam 6,19.20: Und er schlug unter den Leuten von Beth-Semes, weil sie in die Lade des HERRN geschaut hatten, und schlug unter dem Volk siebzig Mann; da trauerte das Volk, weil der HERR eine so große Niederlage unter dem Volk angerichtet hatte; und die Leute von Beth-Semes sprachen: Wer vermag vor dem HERRN, diesem heiligen Gott, zu bestehen? Und zu wem soll er von uns hinaufziehen?

Sicherlich hatten sie in der Schlacht von Aphek (1Sam 4) mit seinen traurigen Folgen genug ausgestanden, so dass sie schon lange zuvor hätten ausrufen können: „Wer vermag vor dem HERRN, diesem heiligen Gott, zu bestehen?“ Aber nein, sie hatten nicht ihre so heilsame und notwendige Lektion gelernt. Jetzt mussten sie durch Erfahrung lernen, die noch bitterer war als alles Vorhergehende. 34.000 Mann fielen in den beiden Kämpfen in Kapitel 4. In Beth-Semes kamen 50.070[1] um wegen ihrer Leichtsinnigkeit und Unverschämtheit. Jetzt müssen sie sagen: „Wer vermag vor dem HERRN, diesem heiligen Gott, zu bestehen?“ Leider fügen sie hinzu: „Und zu wem soll er von uns hinaufziehen?“ Die Herzen sind ungebeugt durch die „Gnade, die herrscht durch Gerechtigkeit“. Als sie endlich gezwungen sind, vor der Majestät Gottes, der sein heiliges Gericht über das Böse ausübt, zu kapitulieren, tun sie es missmutig, weil sie nicht anders können. Genauso wie die Philister die Bundeslade, die sie plagte (wie sie dachten), von Ort zu Ort gesandt hatten, so sagen auch die Menschen in Beth-Semes: „Und zu wem soll er von uns hinaufziehen?“ Dann sandten sie Boten nach Kirjat-Jearim, und man trug die Lade dorthin.

„Bei dir ist Vergebung [nicht, dass man dich nicht ernst nehme oder dich verachte, sondern], damit du gefürchtet werdest“ (Ps 130,4). Ernste Worte! Möchten sie tief in unsere Herzen sinken. Es ist eins, sich an die Möglichkeit der Vergebung zu klammern und sich egoistisch darüber zu freuen, nur weil sie unser Bedürfnis befriedigt und uns vom Tod errettet. Aber etwas ganz anderes ist es, Gottes Gedanken über das Wesen der Sünde – unserer Sünde – zu erfassen, so wie sie im Kreuz Christi offenbart sind.

Der Segen, den wir durch die Vergebung empfangen, die auch so frei zu unserer Verfügung steht, ist es wert, darüber nachzudenken. Wir dürfen uns darüber freuen; Gott will, dass wir uns darüber freuen. Jedoch ist es unerlässlich, dass wir etwas davon begreifen, was es Jesus gekostet hat, die Erlösung für uns Sünder zu bewirken; dass es für Gottes Verherrlichung unumgänglich war, dass Jesus litt, was Er gelitten hat. Anderenfalls wird diese Freude wenig Kraft in sich haben und von kurzer Dauer sein.

Wir müssen unbedingt lernen, was Sünde bedeutet und auch, wie Gott sie beurteilt. Gott hat es uns völlig offenbart, sogar im Kreuz Christi. Dort wird zum einen klar, wie ernstzunehmend die Sünde ist, zum anderen sehen wir auch, dass sie vollständig hinweggenommen ist. Wenn wir das nicht durch Glauben lernen, dann müssen wir es durch eigene bittere Erfahrung, die Gott uns schickt, lernen. Das kann uns dann den Ausruf entringen: „Wer vermag vor dem HERRN, diesem heiligen Gott, zu bestehen?“ Möge der Herr es schenken, dass wir uns demütig unter seine Hand beugen, wenn wir sie gegen unsere Sünde ausgestreckt sehen über dem Haupt dessen, der sie am Kreuz getragen hat.

In Kapitel 7 lesen wir von einer anderen Begebenheit. Die Bundeslade bleibt zwanzig Jahre in Kirjat-Jearim; dann rufen die Kinder Israel zum Herrn. Samuel fordert sie auf, die fremden Götter hinwegzutun und zum Herrn zurückzukehren. Nachdem sie das getan haben, versammelt Samuel ganz Israel nach Mizpa. Sie fasten und demütigen sich vor dem Herrn und sagen: „Wir haben gegen den HERRN gesündigt!“ Als die Philister hören, dass das ganze Volk dort zusammengekommen ist, ziehen sie gegen es herauf. Israel, das nicht mehr so selbstbewusst ist wie am Anfang von Kapitel 4, fürchtet sich vor ihnen und bittet Samuel flehentlich, für sie zu beten. Jetzt vertraut es nicht mehr auf die Bundeslade, sondern auf Gott, den lebendigen Gott:

1Sam 7,8: Lass nicht ab, für uns zu dem HERRN, unserem Gott, zu schreien, dass er uns aus der Hand der Philister rette!

Samuel nimmt ein Milchlamm und opfert es dem Herrn ganz als Brandopfer; er schreit auch zum Herrn für Israel und dieser erhört ihn.

1Sam 7,10: Während Samuel das Brandopfer opferte [der angenehme Geruch des perfekten Werkes Christi], da rückten die Philister heran zum Kampf gegen Israel. Und der HERR donnerte mit starkem Donner an jenem Tag über den Philistern und verwirrte sie, und sie wurden vor Israel geschlagen.

In Kapitel 4 fühlt Israel sich stark, ist selbstbewusst und verlässt sich auf die Anordnungen Gottes; sie haben sich nicht gedemütigt und ihre Herzen sind ungebrochen; sie benutzen Gottes Anordnungen als Deckung für ihre Sünden. Sie werden von den Philistern geschlagen, die Lade wird erobert und in des Feindes Land gebracht.

Nachdem Gott die Ehre seines Namens vor den Philistern wiederhergestellt und die Bundeslade triumphierend ins Land Israel zurückgeführt hat, müssen jetzt in Kapitel 6 die Menschen von Beth-Semes durch noch tiefere Prüfungen gehen. Sie freuen sich zwar über die Rückkehr der Lade, haben sich aber noch nicht gedemütigt, was die Ursache für die Eroberung der Lade betrifft. Sie müssen lernen, wie heilig dieser Gott ist, mit dem sie es zu tun haben.

In Kapitel 7 schreien die Kinder Israel in ihrer Not zum Herrn und nur zu Ihm allein, denn jetzt sind sie in sich gekehrt, ihr Herz ist gebrochen, sie bekennen ihre Sünden und trennen sich davon. Der angenehme Geruch des Werkes Jesu – bildlich gesprochen – steigt hinauf zu Gott, denn das Volk bekennt: „Wir haben gesündigt.“ Gott, der nicht mit denen rechtet, die sich vor Ihm beugen und zu Ihm schreien, indem sie auf Jesus vertrauen, lässt es über den Philistern donnern, und vernichtend werden sie von Israel geschlagen.

Samuel, der berufen worden war, bevor das Gericht über Eli und das Volk Israel kam, nimmt seinen Platz als Richter ein. Die Philister kommen nicht mehr an die Grenzen Israels, denn die Hand des Herrn ist gegen sie während der Amtszeit Samuels:

1Sam 7,15-17: Und Samuel richtete Israel alle Tage seines Lebens. Und er ging Jahr für Jahr und zog umher nach Bethel und Gilgal und Mizpa und richtete Israel an allen diesen Orten; und er kehrte nach Rama zurück, denn dort war sein Haus, und dort richtete er Israel. Und er baute dem HERRN dort einen Altar.

Wie wohltuend und friedlich endet die Erzählung, in deren Verlauf doch so viel Böses, Gericht und Leid berichtet wurde. Geliebte, möge der Herr uns bewahren vor Stolz, überheblichem Selbstvertrauen und falscher Herzenshaltung, wie sie sich in Silo und Aphek zeigten! Auch vor der fleischlichen Freude ungebrochener Herzen, selbst nachdem der Herr uns aus einer Notlage errettet hat. So geschah es nämlich in Beth-Semes, als Israel so schrecklich zurechtgewiesen wurde.

Oh, möchten wir, jeder Einzelne von uns, ein zerbrochenes Herz, Sündenbekenntnis, die Trennung von der Sünde, Furcht und Zittern, das Schreien zum Herrn kennenlernen ebenso wie den lieblichen Wohlgeruch des vollkommenen Werkes Jesu, das Gott so anerkannte und segnete in Mizpa! Möchten wir diese heiligen, segensreichen Lektionen nicht vergeblich empfangen haben, sondern durch den Geist die Kraft davon erleben – zur Ehre unseres Herrn Jesus Christus!


 Originaltitel: „Shiloh, Beth-shemesh, and Mizpeh“
aus The Present Testimony, Jg. 2, 1850, S. 422–433

Übersetzung: Christel Schmidt

Anmerkungen

[1] Anm. d. Red.: Nach der Elberfelder Übersetzung (CSV) kamen 70 Mann um (s. 1Sam 6,19). In der Fußnote ergänzt sie: „So nach mehreren hebr. Handschriften. Der mas. Text fügt hinzu: 50.000 Mann (viell. eine aus Versehen in den Text aufgenommene Randbemerkung).“

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