Gottes großes Ziel mit uns
Römer 8,28.29

C.C. G.

© EPV, online seit: 02.11.2009, aktualisiert: 08.11.2022

Leitverse: Römer 8,28.29

Röm 8,28.29: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.

Durch die Jahrhunderte hindurch haben Menschen, die an den Herrn Jesus Christus glauben, durch Römer 8,28 viel Ermunterung erfahren. Auch wir denken in Zeiten der Schwierigkeit an diesen Vers und zitieren ihn anderen, die Prüfungen durchmachen. Doch beißen wir gewissermaßen nur stoisch die Zähne zusammen in dem Bewusstsein, dass ja aus dem, was an sich schlecht erscheint, irgendetwas unbestimmtes Gutes hervorgehen muss? Oder verstehen wir, was dieses „gute“ Resultat ist, auf das Gott alle Umstände unseres Lebens hinwirken lässt?

Der nächste Vers macht das Endziel deutlich, das Gott für uns, seine Söhne und Töchter, im Auge hat, den ewigen Vorsatz, gemäß dem wir berufen worden sind: Er hat uns zuvorbestimmt, das heißt, Er hat unser Los für uns erwählt, „dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein“. Wäre ein höheres oder ein noch befriedigenderes Los vorstellbar, das Gott für uns staubgeborene Geschöpfe vorsehen könnte als dieses: dass wir sowohl moralisch als auch physisch der herrlichsten und anbetungswürdigsten Person des Universums, dem Sohn seiner Liebe, gleichförmig werden sollen? Ganz gewiss nicht!

Der Vater hat uns kundgetan, dass der Sohn allezeit der Gegenstand seiner Liebe und Wonne gewesen ist, indem Er den Himmel über Ihm als dem demütigen Sohn des Menschen öffnete und sagte: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Kein Sterblicher kann ermessen, wie gesegnet es ist, der Gegenstand einer solchen Liebe und solchen Wohlgefallens zu sein. Doch so unglaublich der Gedanke erscheinen mag, in den ewigen Ratschlüssen der Gottheit bestand der Vorsatz, dass dieser Segen nicht mit sündlosen Heerscharen von Engeln geteilt werden sollte, sondern mit uns, erlösten Sündern, die Gott zuvorbestimmt hat, sie dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu machen. Wäre die Wahl über unser eigenes Geschick uns selbst überlassen geblieben, wie armselig wäre unsere Wahl im Vergleich dazu ausgefallen!

Lasst uns für einen Augenblick eine schwache Illustration zu Hilfe nehmen. Ein unbeholfener Landarbeiter, dessen höchste Gedanken sich bisher darauf erstreckten, ein noch sachkundigerer und tüchtigerer Arbeiter zu werden, gerät unter die Obhut eines geschickten Neurochirurgen, der die Absicht verfolgt, dass dieser Bauersmann am Ende so wird wie sein Wohltäter. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt der Neurochirurg seine Zeit, seine Geschicklichkeit und sein Vermögen ein, ja einfach alles. Der Landarbeiter seinerseits tritt mutig in eine harte Zeit des Trainings, der Selbstdisziplin und schmerzlicher Erfahrungen ein, weil ihm das große Ziel vor Augen schwebt. Und doch ist der Grad der Umwandlung, die nötig wäre, um aus dem Landarbeiter einen Neurochirurgen zu machen, wie nichts im Vergleich zu der ungeheuren Umwandlung aus dem, was wir als Söhne Adams waren, in das, was wir sein werden, wenn wir „dem Bild seines Sohnes gleichförmig“ sind. Der Unterschied zwischen einer widerwärtigen kriechenden Raupe und einem wunderschönen Schmetterling, der sich aus ihr entwickelt hat und sich in die Lüfte schwingt, ist ebenfalls wie nichts, wenn wir ihn vergleichen mit dem Unterschied zwischen unserem früheren Zustand als gefallene Menschen und unserem zukünftigen Zustand, wenn wir „ihm gleich sein“ werden. Wir haben „das Bild des Irdischen“ (Adams) getragen, doch nicht nur das. In einem größeren oder kleineren Maß war uns sogar das Bild des Erzfeindes Gottes, Satans, ein Bild der Rebellion, des Eigenwillens und des Hochmuts aufgeprägt!

Nun, liebe Brüder und Schwestern, Gott hat sich vorgenommen, dass wir dem Bild dessen gleichförmig werden sollen, der angesichts unbeschreiblicher Seelenqualen sagte: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!“ (Lk 22,42); der „sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm … und, in seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden, sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,7.8). Wenn wir etwas von unserem eigenen Fleisch wissen, das, wenn es die Möglichkeit hätte, Gottes Platz als souveräner Herrscher an sich reißen und Ihm die Ehre rauben würde, die von Rechts wegen Ihm allein gebührt, dann begreifen wir etwas von dem Ausmaß der Umwandlung, die Gott für uns geplant hat. Sollten wir angesichts ihrer überragenden Größe überrascht sein, wenn wir durch eine harte Schule gehen müssen, zu der schwere Prüfungen gehören? Sollten wir uns nicht vielmehr wundem, wenn wir kein solches Training durchmachen müssen?

Vielleicht sagt jemand: „Kann Gott diese gewaltige Umwandlung nicht in dem Augenblick bewirken, in dem wir in seine Gegenwart entrückt werden?“ Ohne Zweifel könnte Er das; und inwieweit Er es bei denen, die erst auf ihrem Sterbebett errettet werden, noch tut, wissen wir nicht. Aber sollten wir damit zufrieden sein, auf unsere Umwandlung so lange zu warten? Haben wir nicht das Verlangen, schon jetzt Christus ähnlicher zu sein?

„Ein Augenblick“ (1Kor 15,52) wird Christus genügen, um „unseren Leib der Niedrigkeit umzugestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit“ (Phil 3,21). Hier haben wir dasselbe Wort wie in Römer 8,29, aber im Philipperbrief bezieht es sich nur auf den Leib. Der moralischen Vollkommenheit Christi gleichförmig zu werden, ist eine ganz andere Sache. Der Apostel Paulus war offensichtlich nicht damit zufrieden, die Gleichförmigkeit mit dem Bild Christi lediglich als eine zukünftige Erfahrung zu betrachten. Ihn verlangte es intensiv danach, die „Gemeinschaft seiner Leiden“ kennenzulernen, „indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde“ (Phil 3,10). Es ist klar, dass das auf der Erde geschehen muss! Christus war „ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut“ (Jes 53,3). Können wir Ihm gleich sein, ohne Schmerzen und Leiden zu erfahren? „Obwohl er Sohn war, lernte er an dem, was er litt, den Gehorsam“ (Heb 5,8). Können wir erwarten, ohne Leiden Gehorsam zu lernen? (Bei Ihm stand das Lernen des Gehorsams natürlich im Gegensatz zur Ausübung seiner Autorität und Herrschaft. Wir dagegen lernen Gehorsam im Gegensatz zu unserem früheren Ungehorsam und Eigenwillen.)

Ein Urteil darüber, wie weit der Umwandlungsprozess bei uns fortgeschritten ist, steht uns nicht zu. Es ist bemerkenswert, wie Paulus in seinen späteren Jahren von sich selbst spricht. Er schreibt in 1. Timotheus 1,15 dass „Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu erretten“, und fügt hinzu: „von denen ich der erste bin“. Obwohl der Abstand zwischen seinem Charakter und der Vollkommenheit seines Herrn im Lauf seines Lebens kleiner geworden sein mochte, so erschien doch dieser Unterschied ihm, der die Vollkommenheit des Sohnes Gottes und seine eigene Unvollkommenheit immer besser einzuschätzen wusste, sogar noch größer. So wird es auch bei uns Gläubigen sein, die wir uns mit Paulus nicht vergleichen können.

Liebe Geschwister, sind wir nicht tief bewegt bei dem Gedanken, dass Gott vorhat, dass sein von Ewigkeit her geliebter Sohn, der Erstgeborene, der in jeder Hinsicht den Vorrang hat, von Scharen von Söhnen umgeben sein wird, die Gott aus den Menschen zur Sohnschaft zuvorbestimmt hatte und die so völlig dem Bild seines Sohnes moralisch gleichförmig sein werden, die Ihm so sehr gleichen und Ihn darstellen, dass des Vaters Liebe und Wonne auch auf ihnen ruhen kann?

Das ist das unvergleichlich große „Gute“ von Römer 8,28, zu dem Gott alle Dinge, die unser Leben berühren, mitwirken lässt. Ist es nicht die einzig vernünftige Antwort von unserer Seite, dass wir zuallererst den anbeten, der uns gewürdigt hat, uns in seinen ewigen Ratschluss einzuschließen, dass wir dann aber auch mit Ihm „zusammenarbeiten“, indem wir „alle Dinge“ willkommen heißen, sowohl schmerzliche als auch erfreuliche, die mit auf dieses herrliche Ziel hinwirken?


Originaltitel: „Gottes großes Ziel mit uns“
aus Hilfe und Nahrung, Ernst-Paulus-Verlag, 1999, S. 130


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