Das Problem der Sünde (4)
Römer 8: Das Leben im Geist

Frank Binford Hole

© CSV, online seit: 24.09.2002, aktualisiert: 22.09.2023

Leitverse: Römer 8,1-39

Verse 1.2

Röm 8,1.2: Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

Aber wie wird diese Befreiung wirksam? Wie kommt sie zustande? Auf diese Fragen erhalten wir eine Antwort, wenn wir beginnen, Römer 8 zu lesen. Am Schluss von Römer 7 erwies sich das Gesetz der Sünde und des Todes mächtiger als das Gesetz des erneuerten Sinnes. Der Anfang von Kapitel 8 zeigt, dass das Gesetz des Geistes, der jetzt dem Gläubigen gegeben ist, sich bei Weitem stärker erweist als das Gesetz der Sünde und des Todes. Der Apostel kann triumphierend ausrufen: Es hat „mich freigemacht“.

Wir haben nicht nur Leben in Christus Jesus, auch der Geist dieses Lebens ist uns gegeben worden. Dadurch wird eine neue Kraft in unserem Leben wirksam. Indem wir unter die beherrschende Macht des Geistes Gottes kommen, werden wir freigemacht von der herrschenden Macht der Sünde und des Todes. Das höhere Gesetz setzt das niedere außer Kraft.

Dieser Sachverhalt kann durch manches Geschehen in der uns umgebenden natürlichen Welt illustriert werden. Da ist zum Beispiel ein Stück Eisen. Es liegt bewegungslos auf dem Boden, an seiner Stelle gehalten durch das Gesetz der Schwerkraft. Ein elektrischer Magnet wird darüber angebracht und der Strom eingeschaltet. Augenblicklich fliegt das Eisenstück aufwärts, als hätte es plötzlich Flügel bekommen. Eine neue beherrschende Kraft wurde wirksam. Unter gewissen Bedingungen und in einem begrenzten Wirkungsbereich erwies sie sich stärker als die Schwerkraft.

Der Heilige Geist ist uns gegeben worden, damit Er uns leitet, und nicht, damit wir über Ihn bestimmen. Wie übt Er seinen Einfluss aus? Er wirkt in dem Gläubigen, aber so, dass sein Wirken unsere ganze Aufmerksamkeit auf eine Person also außerhalb von uns selbst lenkt: auf Christus Jesus, unseren Herrn. Der Heilige Geist ist hier, nicht um aus sich selbst zu reden oder sich selbst zu verherrlichen, sondern um Christus zu verherrlichen. Er wohnt in uns. Doch Er fördert nicht das alte Leben, das Leben des ersten Adam. Das Leben, dessen Geist Er ist, ist das Leben Christi, des letzten Adam. Wir sind „in Christus Jesus“, wie der erste Vers zeigt, und wir sind das ohne Einschränkung, welcher Art sie auch sei.

In Christus gibt es nichts, was zu verdammen wäre, und in denen, die in Christus Jesus sind, gibt es ebenfalls nichts zu verdammen. Dafür gibt es eine zweifache Begründung. Wir ersehen sie aus den Versen Römer 8,2 und 3, die beide mit „Denn“ beginnen. Vers 2 gibt uns den praktischen oder erfahrungsmäßigen Grund. Der Gläubige unter der Herrschaft des Geistes ist freigemacht von der Herrschaft dessen, was früher die Verdammnis nach sich zog. Da sich die Aussage auf eine Freiheit bezieht, die in der Erfahrung zu verwirklichen ist, spricht der Apostel noch in der persönlichen und individuellen Form: „hat mich freigemacht“.

Vers 3

Röm 8,3: Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er, seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleisch verurteilte …

Im Gegensatz dazu ist Vers 3 eine Aussage darüber, was Gott durch das Kreuz Christi in richterlicher Weise bewirkt hat. Das Gesetz hatte sich durch das Fleisch als kraftlos erwiesen, obwohl es an sich heilig, gerecht und gut war. Es war gleich einem kundigen Bildhauer, der beauftragt war, aus einem großen Haufen schmutzigen Schlamms ein dauerhaftes Denkmal zu meißeln, ein Prachtstück zur immerwährenden Freude der Betrachter. Eine entmutigende, hoffnungslose Aufgabe, nicht wegen Untüchtigkeit des Bildhauers, sondern wegen des äußerst unbrauchbaren Materials, mit dem er arbeiten sollte. Das Gesetz konnte den Sünder verdammen, aber es konnte die Sünde im Fleisch nicht so verurteilen, dass die Menschen von der Knechtschaft der Sünde hätten befreit werden können, um dann, nach dem Geist wandelnd, ein Verhalten an den Tag zu legen, in dem erfüllt wird, was das Gesetz gerechterweise gefordert hatte.

Aber was das Gesetz nicht tun konnte, das hat Gott getan. Er sandte seinen eigenen Sohn, der in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde kam – nur in dessen Gleichgestalt, denn obwohl in vollkommener Weise Mensch, war Er doch ein vollkommener Mensch, ohne den geringsten Makel von Sünde. Gott sandte Ihn „für die Sünde“, das heißt als ein Opfer für die Sünde, so dass in seinem Tod die Sünde im Fleisch verurteilt werden konnte. Die Sünde ist die Wurzel von allem Schlechten im Menschen, und das Fleisch im Menschen liefert der Sünde gleichsam das Mittel zu sündigen Handlungen, ähnlich wie die in einem Kraftwerk erzeugte Elektrizität in der Hochspannungsleitung das Mittel zu ihrer Übertragung vorfindet.

Wir wissen, dass die Sünde ihren ersten Ursprung in den Himmeln hat. Es begann mit Satan und den gefallenen Engeln, doch Christus ist nicht gekommen, um für Engel zu sterben, und folglich war es nicht die Sünde in der Natur von Engeln, die verurteilt wurde. Er starb für Menschen, und es war die Sünde im Fleisch, die verurteilt wurde. Sie wurde verurteilt, nicht vergeben. Gott vergibt zwar Sünden, die als die Früchte der Sünde im Fleisch hervorkommen, aber die Sünde die Wurzel und das Fleisch die Natur, in der die Sünde wirkt, werden nicht vergeben, sondern schonungslos verurteilt. Gott hat sie im Kreuz Christi verurteilt. Wir müssen lernen, sie in unserer Erfahrung zu verurteilen.

Wir haben zu richten, wie Gott richtet. Wir müssen die Dinge sehen, wie Er sie sieht. Wenn die Sünde und das Fleisch der Verurteilung Gottes unterliegen, dann muss das auch bei uns so sein. Da die Sünde und das Fleisch am Kreuz gerichtet sind, ist der Heilige Geist uns gegeben worden, damit Er dem neuen Leben, das nun das unsrige ist, Kraft verleiht. Wenn wir im Geist wandeln, werden alle unsere Tätigkeiten, geistige wie leibliche, von Ihm gesteuert. Die Folge wird sein, dass in unserem Tun zutage tritt, dass die gerechten Forderungen des Gesetzes erfüllt werden.

Vers 4

Röm 8,4: … damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln.

Das ist wirklich erstaunlich. Als wir noch unter dem Gesetz und im Fleisch waren, kämpften wir verzweifelt, um die Forderungen des Gesetzes zu erfüllen, und versagten beständig. Jetzt, nachdem wir vom Gesetz befreit sind und in Christus Jesus sind und der Geist Gottes in uns wohnt, gibt es eine Kraft, die uns befähigt, sie zu erfüllen. Und wenn wir im Geist wandeln, nicht im Fleisch, erfüllen wir, entsprechend dem Maß eines solchen Wandels, tatsächlich das, was das Gesetz gerechterweise von uns verlangt hatte. Das ist ein großer Triumph der Gnade Gottes. Freilich, der Triumph kann noch größer sein, denn es ist dem Christen möglich, „so zu wandeln, wie er [Christus] gewandelt hat“ (1Joh 2,6). Und der „Wandel“ Christi ging weit über das hinaus, was das Gesetz forderte.

Fassen wir zusammen: Nach Gottes Gedanken ist der Christ ein Mensch, dem vergeben ist, der gerechtfertigt und versöhnt ist, in dessen Herz die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist ausgegossen ist. Doch er ist auch jemand, der die göttliche Verurteilung der Sünde und des Fleisches am Kreuz sieht. Er hat begriffen, dass seine Lebensverbindung vor Gott nicht mehr mit dem gefallenen Adam besteht, sondern mit dem auferstandenen Christus. Folglich ist er in Christus Jesus, der Geist wohnt in ihm. Dieser leitet ihn und erfüllt ihn mit Christus. Christus steht vor seiner Seele, leuchtend und rein, und so vermag er in der glücklichen Befreiung von der Macht der Sünde zu wandeln und freudig den Willen Gottes zu tun.

Nichts weniger als das beabsichtigt das Evangelium. Wie denken wir darüber? Wir bezeugen, wie herrlich das alles ist. Wir erklären, dass all das ein Plan ist, der in würdiger Weise der Weisheit und dem Herzen Gottes entspricht. Dann schlägt uns wohl das Gewissen. Es erinnert uns, wie wenig wir diese wunderbaren Möglichkeiten in die Wirklichkeit unserer täglichen Erfahrung umgesetzt haben.

Verse 5.6

Röm 8,5.6: Denn die, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was des Fleisches ist; die aber, die nach dem Geist sind, auf das, was des Geistes ist. Denn die Gesinnung des Fleisches ist der Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden …

Es ist bemerkenswert, dass der Apostel Paulus, nachdem er Vers 4 geschrieben hat, nicht die Feder hinlegt noch sich einem anderen Thema zuwendet. Es ist noch mehr Hilfreiches zu sagen, damit wir wirklich und erfahrungsmäßig in diese gesegnete Befreiung eintreten und das Leben Christi in der Energie des Geistes Gottes ausleben. In den Versen Römer 8,5 bis 13 folgen sehr praktische Erläuterungen hierzu.

Zwei Klassen von Menschen werden betrachtet: solche, die „nach“ (oder „entsprechend“) dem Fleisch, und solche, die nach dem Geist sind. Erstere sinnen auf das, was des Fleisches ist, Letztere auf das, was des Geistes ist. Die Gesinnung des Fleisches ist der Tod, die Gesinnung des Geistes Leben und Frieden. Die beiden Klassen sind einander völlig entgegengesetzt, sowohl hinsichtlich ihrer Natur als auch hinsichtlich ihres Charakters und ihrer Zielsetzung. Sie bewegen sich in zwei völlig getrennten Sphären. Natürlich schreibt der Apostel in abstrakter Sprache. Er beurteilt die ganze Situation entsprechend dem inneren Wesen der Dinge und denkt dabei nicht an einzelne Personen oder ihre wechselnden Erfahrungen.

Mit Recht mögen wir die Frage nach unseren eigenen Erfahrungen stellen. Was müssen wir sagen, wenn wir das tun? Wir müssen eingestehen, dass wir, obwohl wir nicht nach dem Fleisch sind, das Fleisch doch noch in uns haben. Von daher ist es möglich, dass wir uns ablenken lassen und, statt auf die Dinge des Geistes zu sinnen, von Dingen des Fleisches angezogen werden. Dann gibt es erneut Berührung mit dem Tod statt mit Leben und Frieden. Irren wir uns nicht: Wenn wir den Dingen des Fleisches nachgehen, dann suchen wir nicht das, was einen Christen eigentlich kennzeichnen sollte. Fleischliches Verhalten ist für einen Christen abnormal und unpassend.

Vers 7

Röm 8,7: … weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft ist gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht.

Die Dinge des Fleisches sprechen die Gesinnung des Fleisches an, und die ist einfach Feindschaft gegen Gott. Diese Feststellung in Vers 7 mag hart erscheinen, sie ist aber wahr, denn das Fleisch ist seinem Wesen nach gesetzlos. Es ist nicht untertan, es vermag es auch nicht. Glauben wir das? Man mag das Fleisch erziehen, veredeln, religiös machen. Man mag es hungern lassen, auspeitschen, unterdrücken – es ist immer noch das alte Fleisch. Wir können es nur verurteilen und beiseitesetzen, und genau das hat Gott getan, wie Vers Römer 8,3 sagt. Mögen wir Weisheit und Gnade haben, ebenso zu verfahren.

Vers 8

Röm 8,8: Die aber, die im Fleisch sind, vermögen Gott nicht zu gefallen.

Weil die Gesinnung des Fleisches nichts als Feindschaft gegen Gott ist, vermögen Menschen „im Fleisch“ Ihm nicht zu gefallen. Den Gegensatz hierzu finden wir in 1. Johannes 3,9. Jeder, der aus Gott geboren ist, kann nicht sündigen. Alle, die nicht aus Gott geboren sind, sind Fleisch, das heißt, Ihr Zustand ist durch das Fleisch gekennzeichnet und durch nichts anderes. Sie besitzen in sich keine neue Natur, und deshalb ist das Fleisch die Quelle all ihres Denkens und Handelns, und das alles missfällt Gott. Jemand, der aus Gott geboren ist, ist Teilhaber der Natur dessen, aus dem er geboren ist.

Vers 9

Röm 8,9: Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn nämlich Gottes Geist in euch wohnt. Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.

Der Gläubige ist nicht nur aus Gott geboren, er hat auch den Geist Gottes innewohnend, der ihn als Christus zugehörig versiegelt. Diese mächtige Realität verändert gänzlich seinen Zustand. Jetzt ist er nicht länger im Fleisch, sondern im Geist. Die Gegenwart und Kraft des Geistes Gottes kennzeichnet seinen Zustand. In Vers 9 wird dieser Geist der Geist Christi genannt. Es gibt nur ein und denselben Geist, doch der Wechsel in der Bezeichnung im Verlauf der Darstellung hier ist bezeichnend. Christus ist es, in dem wir geistlicherweise unseren Ursprung haben. Er ist es, dem wir angehören. Wenn wir Sein sind, haben wir Seinen Geist in uns wohnen, und folglich sollten wir in unserem Geist Christus ähnlich sein, so getreu, dass alle sehen können, dass Christus in uns ist.

Vers 10

Röm 8,10: Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot der Sünde wegen, der Geist aber Leben der Gerechtigkeit wegen.

Nach Vers 10 ist Er in uns, wenn Sein Geist in uns wohnt, und deshalb sollten wir nicht von unseren Leibern beherrscht werden. Diese sind für tot zu halten, denn wenn sie die Handelnden sind, führt das zur Sünde. Der Geist soll der Kraftspender in unserem Leben sein, das Ergebnis wird dann Gerechtigkeit sein. Den Willen Gottes tun ist praktische Gerechtigkeit.

Vers 11

Röm 8,11: Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.

Von unseren Leibern spricht Vers 11 als von „sterblichen Leibern“. Sie sind dem Tod unterworfen. Sie tragen von Anfang an den Keim des Todes in sich. Bei der Ankunft des Herrn werden sie lebendig gemacht werden. Der Gott, der Christus aus den Toten auferweckte, wird das durch Seinen Geist bewirken. In diesem Zusammenhang findet sich eine weitere Beschreibung des Heiligen Geistes. Er ist „der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat“. In diesem Charakter wohnt Er in uns als das Unterpfand dafür, dass wir lebendig gemacht werden, ob nun in der Auferstehung des Leibes oder durch die Verwandlung, die mit den Leibern der Gläubigen geschieht, die leben und übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn.

Verse 12.13

Röm 8,12.13: So denn, Brüder, sind wir Schuldner, nicht dem Fleisch, um nach dem Fleisch zu leben, denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben.

Aus allem, was wir soeben betrachtet haben, ist der Schluss zu ziehen, dass das Fleisch keinerlei Anspruch an uns hat. Es ist am Kreuz gerichtet worden. Es widerstreitet Gott und ist darin unversöhnlich. Wir sind nicht „im Fleisch“. Wir haben den Geist in uns wohnend, wir sind „im Geist“. Deshalb sind wir in keiner Weise Schuldner dem Fleisch gegenüber, dass wir ihm leben sollten, denn ein Leben nach dem Fleisch hat nur ein Ende: den Tod. Der Geist ist in uns, damit wir Ihm gemäß leben. Das heißt die Handlungen des Leibes töten, also seine Anregungen und Wünsche praktisch verweigern. Das ist der Weg zu einem wirklich gottgemäßen Leben.

Vers 14

Röm 8,14: Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes.

Welch große Bedeutung gibt all dies der Innewohnung des Geistes Gottes. Er erzeugt in dem Gläubigen einen völlig neuen Zustand, dessen Charakter Er bestimmt. Er ist die Kraft im Leben des Gläubigen, die Energie, die die Macht der Sünde bricht und uns befreit. Und Er ist noch mehr als dies, denn Er ist eine wirkliche Person, die uns wohnt und so die Leitung übernimmt.

Vers 15

Röm 8,15: Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!

Während der Zeit vor dem Kreuz war der Jude unter dem Gesetz als einem Schulmeister oder Erzieher. Es nahm ihn an der Hand, als ob er ein unmündiges Kind wäre, und leitete ihn bis zu der Zeit, als Christus kam. Nachdem Christus jetzt gekommen ist, sind wir nicht länger unter einem Schulmeister, sondern gleichen erwachsenen Söhnen im Haus unseres Vaters. Und wir sind nicht nur Söhne, wir besitzen auch den Geist des Sohnes Gottes. All das finden wir in Galater 3 und 4. Römer 8,14 unseres Kapitels nimmt Bezug auf diese Wahrheit.

Solche, die in der Stellung von Unmündigen waren, wurden unter das Gesetz gestellt als unter einen Schulmeister, von dem sie geleitet wurden. Wir, die wir den Geist Gottes empfangen haben und vom Ihm geleitet werden, sind Söhne Gottes. Christus ist der Urheber unseres Heils und schon droben eingegangen. Auf der Erde wohnt der Geist in uns. Er ist unser Führer auf dem Weg zur Herrlichkeit droben. Preis sei unserem Gott! Unsere Herzen sollten von beständigem Lobpreis erfüllt sein.

Dieses Kapitel bietet uns eine wunderbare Entfaltung der Wahrheit über den Geist Gottes. Wir sahen Ihn in Römer 8,2 als das neue Gesetz im Leben des Gläubigen. In Römer 8,10 wird Er uns als Leben vorgestellt in Verbindung mit unseren Erfahrungen. In Römer 8,14 ist Er der Führer, unter dessen Leitung wir stehen, solange wir unterwegs sind auf dem Weg zur Herrlichkeit.

Vers 16

Röm 8,16: Der Geist selbst zeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.

Weiterhin ist Er ein Zeuge, wovon Vers 16 spricht. Da wir zu Söhnen Gottes gemacht worden sind, haben wir den Geist der Sohnschaft empfangen. Darin ist zweierlei eingeschlossen: Erstens sind wir befähigt, der hergestellten neuen Beziehung zu entsprechen, indem wir uns zu Gott wenden und rufen: „Abba, Vater.“ Zweitens schenkt uns der Geist den bewussten Genuss dieser Beziehung. Wir wissen in unserem Geist um ein Ereignis, das uns aus der Finsternis ins Licht gebracht hat. Der Geist bestätigt das, indem Er bezeugt, was geschehen ist, eben dass wir jetzt Kinder Gottes sind.

Vers 17

Röm 8,17: Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir anders mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden.

Das Zeugnis geht sogar noch darüber hinaus, denn wenn wir Kinder Gottes sind, dann sind wir auch Erben, und zwar Miterben Christi, denn durch den Geist sind wir mit Christus vereinigt, obwohl diese Wahrheit in diesem Brief nicht weiter behandelt wird. Müssen wir nicht staunen? Wie oft mag es sein, dass gerade unser Vertrautsein mit dem Wortlaut unseren Augen die Wichtigkeit einer Wahrheit entgehen lässt! Lasst uns darüber nachdenken, damit wir Zeit gewinnen, diese Wahrheit tief in unsere Herzen einzuprägen.

Dieses Kapitel begann damit, dass wir als wahre Gläubige in Christus sind. Dann fanden wir, dass, wenn wir den Geist Christi haben, Christus in uns ist. Nun tritt die Tatsache vor uns, dass wir mit Ihm einsgemacht sind, sowohl in den Leiden der Jetztzeit als auch in der zukünftigen Herrlichkeit. Hier sind nicht die Leiden gemeint, die wir als Zeugen für Christus ertragen, und auch nicht die Herrlichkeit als Belohnung danach. Das finden wir anderswo. Der Punkt hier ist vielmehr, dass wir, indem wir in Ihm sind und Er in uns, teilhaben an Seinem Leben und Seinen Umständen, ob hier in den Leiden oder dort in der Herrlichkeit.

Vers 18

Röm 8,18: Denn ich halte dafür, dass die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.

Das veranlasst den Apostel, den Gegensatz zwischen den gegenwärtigen Leiden und der zukünftigen Herrlichkeit zu betrachten (Röm 8,18-30). Er umreißt ihn gleich am Anfang dieses Abschnittes mit dem sehr eindringlichen Hinweis, dass diese Leiden eines Vergleichs mit der Herrlichkeit nicht wert sind.

Derselbe Gegensatz begegnet uns in 2. Korinther 4,17. Die Sprache ist dort noch anschaulicher: „ein über die Maßen überschwängliches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit“. In unserem Abschnitt treten die Einzelheiten mehr hervor. Er scheint sich in drei Teile zu gliedern: erstens der Charakter der künftigen Herrlichkeit, zweitens der Trost und die Ermunterung der Gläubigen inmitten der Leiden, drittens der Vorsatz Gottes, der die Herrlichkeit sicherstellt.

Verse 19-22

Röm 8,19-22: Denn das sehnliche Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden (nicht freiwillig, sondern dessentwegen, der sie unterworfen hat), auf Hoffnung, dass auch selbst die Schöpfung frei gemacht werden wird von der Knechtschaft des Verderbnisses zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung zusammen mitseufzt und mit in Geburtswehen liegt bis jetzt.

Zunächst ist die Herrlichkeit mit der Offenbarung der Söhne Gottes verbunden. Die Söhne werden offenbart werden, wenn der Sohn als der Erstgeborene und Erbe in Seiner Herrlichkeit erscheint. Dann wird die Schöpfung freigemacht werden von der Knechtschaft des Verderbnisses, um teilzuhaben an „der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“. Es ist zu Recht gesagt worden, dass die Schöpfung nicht teilnimmt an der Freiheit der Gnade, die wir selbst mitten in den Leiden genießen, aber sie wird teilhaben an der Freiheit der Herrlichkeit. Die Schöpfung wurde nicht nach ihrem eigenen Willen der Vergänglichkeit unterworfen, sondern vielmehr als eine Folgewirkung der Sünde dessen, dem sie unterworfen war, nämlich Adams. Und die Schöpfung wird uns hier vorgestellt als sehnsüchtig ausschauend in der Hoffnung auf die Befreiung, die mit der Offenbarung der Herrlichkeit anbrechen wird. Wenn die Söhne öffentlich verherrlicht werden, wird das Jubeljahr der Freilassung für die ganze Schöpfung gekommen sein. Was für eine Herrlichkeit wird das sein! Wie erscheinen die gegenwärtigen Leiden im Licht dieser Herrlichkeit?

Verse 23-25

Röm 8,23-25: Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlinge des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in uns selbst, erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes. Denn in Hoffnung sind wir errettet worden. Eine Hoffnung aber, die gesehen wird, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, was hofft er es auch? Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren.

Diese Leiden dauern noch an, ob für die Schöpfung als Ganzes oder für uns selbst im Besonderen. Erstere finden wir in Römer 8,22, Letztere in den Versen Römer 8,23 bis 26. Wir haben Schwachheiten und Seufzen, verursacht durch physischen oder seelischen Schmerz. Was haben wir dann noch, um inmitten all dieser Dinge aufrechterhalten zu werden?

Und wieder lautet die Antwort: Wir haben den Geist. Weitere drei Funktionen, die Er ausübt, werden vorgestellt: Er ist die Erstlingsfrucht (Röm 8,23), Er ist der Helfer, der sich unser annimmt, und der Fürsprecher, der sich für uns verwendet (Röm 8,26). Wir sind bereits Söhne Gottes. Doch wir erwarten „die Sohnschaft“, das heißt ihren vollendeten Zustand und die Herrlichkeit dieser Stellung, die wir erreichen, wenn unsere Leiber bei der Ankunft des Herrn erlöst werden. Denn in Hoffnung sind wir errettet worden (nicht: durch Hoffnung), darum warten wir mit Ausharren auf die verheißene Herrlichkeit. Die Errettung geschah in der Aussicht auf herrliche Dinge, die noch kommen; jedoch haben wir jetzt schon die Erstlinge des Geistes, der uns gegeben worden ist. In Israel wurden die Erstlinge dargebracht als Unterpfand und Vorgeschmack der kommenden Ernte (siehe 3Mo 23,10.17.20). So haben auch wir in den Erstlingen des Geistes Unterpfand und Vorgeschmack der Erlösung des Leibes und der vor uns liegenden Herrlichkeit.

Vers 26

Röm 8,26: Ebenso aber nimmt auch der Geist sich unserer Schwachheit an; denn wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie es sich gebührt, aber der Geist selbst verwendet sich für uns in unaussprechlichen Seufzern.

Weiter nimmt der Geist sich unserer Schwachheit an. Dieses Wort hilft uns zu sehen, dass zwischen Schwachheiten und Sünden ein klarer Unterschied besteht, denn niemals haben wir die Hilfe des Geistes, wenn wir sündigen. Schwachheit ist die Begrenztheit unserer psychischen und physischen Kraft. Deshalb können wir ohne Stütze den Verlockungen der Sünde sehr leicht erliegen. Durch die Hilfe des Geistes werden wir gestärkt und befreit.

Unsere Schwachheit und Begrenztheit bringt uns oft in Umstände, wo wir einfach nicht wissen, wofür wir beten sollen. Dann tritt der uns innewohnende Geist als Fürsprecher für uns ein und erhebt Seine Stimme selbst in unseren Seufzern, die uns hindern, uns in der rechten Weise auszudrücken.

Vers 27

Röm 8,27: Der aber die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist, denn er verwendet sich für Heilige Gott gemäß.

Gott, der alle Herzen erforscht, weiß, was der Sinn und Wunsch des Geistes ist, denn all Sein Begehren und Sein Sich-Verwenden für uns stimmen mit Gottes Absichten völlig überein, welcher Art unsere eigenen Wünsche auch sein mögen. Gott erhört nach dem Begehren des Geistes, nicht nach unserem Verlangen. Wir dürfen dafür dankbar sein, dass es so ist.

Vers 28

Röm 8,28: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind.

Achten wir auf den Zusammenhang von Vers 26 mit Vers 28: „Wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie sich’s gebührt … Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken.“ Dieses oder jenes Vorkommnis scheint Schlimmes zu bewirken, aber sie dienen mit zu unserem geistlichen Wohl. Das muss so sein, da der Geist in uns wohnt, sich unserer Schwachheiten annimmt und sich in unseren Verlegenheiten für uns verwendet. Wir dürfen auch daran denken, dass Gott uns nach Seinem Vorsatz angenommen hat und nichts Seinen Vorsatz durchkreuzen kann.

Vers 29

Röm 8,29: Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.

Damit tritt ein Drittes vor uns: der Vorsatz Gottes, der die Herrlichkeit sicherstellt. Als ein Ganzes wird er in zwei Versen umrissen, wobei die ungewöhnliche Kürze der Darstellung seine Bedeutung noch erhöht.

Fünf Glieder hat die goldene Kette des göttlichen Vorsatzes. Das erste Glied ist die Vorkenntnis, die in der Allwissenheit Gottes und daher in der Ewigkeit wurzelt. Das nächste Glied ist die Zuvorbestimmung, ein Akt des göttlichen Sinnes, durch den Er solche, die Er zuvorerkannte, für eine bestimmte herrliche Stellung ausersah, und zwar lange bevor sie in der Zeit existierten. Aus anderen Schriftstellen wissen wir, dass die Zuvorbestimmung vor Grundlegung der Welt geschah.

Vers 30

Röm 8,30: Welche er aber zuvorbestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht.

Der Zuvorbestimmung folgte die wirksame Berufung, die uns im Evangelium erreichte. Hiermit kommen wir hinein in die Zeit, zu den unterschiedlichen Augenblicken unserer Lebensgeschichten, in denen wir zum Glauben kamen. Der nächste Schritt fällt praktisch mit diesem Zeitpunkt zusammen, denn wir wurden gerechtfertigt, nicht nur berufen, als wir glaubten. Und schließlich: „Welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht.“ Nachdem unsere goldene Kette aus der Ewigkeit gekommen ist und sich niedergesenkt hat in der Zeit, verliert sie sich wiederum in der Ewigkeit.

Doch – übersehen wir es nicht – es heißt „verherrlicht“, eine Zeitform der Vergangenheit, nicht der Zukunft. Wenn wir die Dinge vom Standpunkt des göttlichen Vorsatzes aus betrachten, werden wir über alle zeitlichen Fragen hinausgetragen und müssen lernen, alles so zu sehen, wie Gott es sieht. Er ruft das Nichtseiende, „wie wenn es da wäre“ (Röm 4,17). Er wählt aus, „was nicht ist“ (1Kor 1,28). Dinge, die für uns nicht da sind, existieren für Ihn. In Gottes Vorsatz sind wir verherrlicht. Das ist so gut wie geschehen, denn keine feindliche Macht kann Seinen Vorsatz beeinträchtigen.

Halten wir inne, um zu sehen, wo wir nun angekommen sind. Im Evangelium hat Gott in dem Wunder Seiner rechtfertigenden Gnade erklärt, dass Er für uns ist. Das stand vor uns bis zum Ende von Kapitel 5. Dann haben wir untersucht, welche Antwort wir einer solchen Gnade gegenüber geben sollten. Wir haben entdeckt, dass wir zwar in uns selbst keine Kraft haben, die passende Antwort zu geben, dass es aber dennoch Kraft dazu gibt, weil wir in Christus sind und der Geist Gottes in uns wohnt. Wir sind von der alten Knechtschaft freigemacht, um den Willen Gottes zu tun. Außerdem haben wir gesehen, wie mannigfaltig die Wirkungen des in uns wohnenden Geistes sind. Er ist „Gesetz“, „Leben“, „Führer“, „Zeuge“, „Erstlingsfrucht“, „Helfer“ und „Fürsprecher“. Und dann finden wir uns selbst eingeschlossen in den Vorsatz Gottes, der in der Herrlichkeit gipfelt und den nichts zu vereiteln vermag.

Vers 31

Röm 8,31: Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer wider uns?

Kein Wunder, wenn der Apostel, diese herrlichen Dinge vor Augen, zu seiner Frage zurückkehrt: Was sollen wir nun hierzu sagen? Was könnte gesagt werden außer Worten, die ein Geist des Jubels beseelt? Römer 8,31 stellt diese Frage, und von da ab bis zum Ende des Kapitels erfolgt eine Antwort in Form einer Reihe von Fragen und Antworten, die in so rascher Folge aufbrechen, dass sie ein Herz verraten, das brennt und triumphiert. Diese Verse empfehlen sich nicht so sehr zur lehrmäßigen Auslegung als vielmehr zur nachdenklichen Betrachtung. Lasst uns die wichtigsten Punkte in Augenschein nehmen.

Gott ist für uns! Der gefallene Mensch denkt unwillkürlich, dass Gott gegen ihn sei. Aber es ist ganz anders, wie das Evangelium beweist. Sein Herz ist allen Menschen zugewandt. Er ist wirklich und ewig für alle, die glauben. Dies bringt in wirksamer Weise jeden Feind zum Schweigen. Keiner kann etwas gegen uns ausrichten, wie sehr mancher das auch möchte.

Vers 32

Röm 8,32: Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat – wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?

Die Gabe des Sohnes schließt jede geringere Gabe ein, die wir mit Ihm haben können. Beachten wir in Vers 32: Er wird uns mit Ihm alles schenken. Wünschen wir noch etwas, was wir nicht mit Ihm haben können? In unserer Torheit und Hast möchten wir bisweilen einem solchen Verlangen nachgeben. Bei ruhiger Überlegung jedoch wollen wir nichts haben, was uns von Ihm trennen könnte.

Verse 33.34

Röm 8,33.34: Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt; wer ist, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt worden, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.

Gott ist es, der uns rechtfertigt, nicht der Mensch. Angesichts dieser Tatsache bringt es niemand fertig, uns auch nur eine Sache anzulasten. Selbst unter Menschen kommt es einer Schmähung gleich, einen Gefangenen noch zu beschuldigen, wenn der Richter ihn freigesprochen hat.

Wenn aber keine Klage mehr vorgebracht werden kann, so entfällt jede Furcht vor Verurteilung oder Verdammung. Bliebe dennoch irgendeine Frage übrig, dann ist Christus die alles klärende Antwort, Er, der einst starb und jetzt auferstanden ist, der uns am Thron der Macht vertritt. Beachte, dass dieses Kapitel eine zweifache Fürsprache vorstellt: Christus zur Rechten Gottes und der Geist in den Gläubigen hier auf der Erde (Röm 8,26.34).

Verse 35-39

Röm 8,35-39: Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: „Deinetwegen werden wir getötet den ganzen Tag; wie Schlachtschafe sind wir gerechnet worden.“ Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

Könnte die Liebe, die persönliche Liebe Christi, auf eine vollkommenere Weise zum Ausdruck kommen, als wir es hier finden? Durchaus nicht. Und doch mag sich die Frage erheben so ängstlich und ungläubig sind unsere Herzen: Könnte nicht doch irgendein Ereignis oder eine Macht sich zeigen und uns von dieser Liebe trennen? Nun, lasst uns forschen und sehen. Lasst uns bei unserem Nachforschen im Geist das ganze Universum durchsuchen.

Es gibt in dieser Welt, wie wir so gut wissen, eine ganze Reihe feindlicher Mächte. Einige von ihnen gehen unmittelbar von bösen Menschen aus, wie Verfolgungen oder das Schwert. Andere wirken in der Regierung Gottes mehr indirekt als Folgen der Sünde: Drangsale, Hungersnot, Blöße oder Gefahren. Wird eine der angeführten Widrigkeiten uns von der Liebe Christi trennen können? Nein, nicht für einen Augenblick! Es ist immer wieder vorgekommen, dass ein ängstlicher Bekehrter von rohen Menschen mit bösen Worten angegriffen worden ist: „Dir werden wir diese Flausen noch austreiben“, mit dem Erfolg, dass ihr verletzender Spott die Wahrheit nur noch fester eingravierte. Er erwies sich nicht nur als der Überlegene in dem Konflikt, er ging als der Gewinner hervor und war daher mehr als ein Überwinder. Durch solche Erfahrungen werden wir in der Liebe Christi tiefer gegründet.

Aber es gibt eine unsichtbare Welt, einen weiten Bereich von Dingen, über die wir nur wenig wissen. Übel, die wir nicht durchschauen, lösen immer mehr Ängste in uns aus als Übel, die wir kennen und verstehen. Leben und Tod sind geheimnisvoll. Es gibt Engel und andere geistige Mächte. Wir mögen noch lange Zeiten und Räume zu überbrücken haben und Erscheinungen oder Geschöpfen begegnen, die uns bisher unbekannt sind. Wie steht es damit?

Die Antwort lautet, dass auch nicht eines von alledem uns für einen Augenblick von der Liebe Gottes zu scheiden vermag. Diese Liebe ruht auf uns in Christus Jesus, unserem Herrn. Er ist der würdige und unermesslich herrliche Gegenstand dieser Liebe, und wir sind darin eingeschlossen, weil wir in Ihm sind. In Ihm hat uns diese Liebe erreicht, und da wir jetzt in Ihm sind, bleiben wir in dieser Liebe. Wenn Christus dieser Liebe entrückt werden könnte, dann könnte es auch mit uns geschehen. Nun kann das eine und somit auch das andere nicht sein. Erfassen wir einmal diese gewaltige Tatsache, dann wird die Überzeugung des Paulus auch unsere Überzeugung. Nichts vermag uns zu scheiden, und dafür sei unser Gott ewig gepriesen!

Dieses Kapitel, das mit „keine Verdammnis“ begann, endet mit „keine Scheidung“. Und dazwischen haben wir uns selbst gesehen als angenommen entsprechend dem Ratschluss Gottes, in dem es keine Veränderung gibt.

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Aus Grundzüge des Neuen Testamentes, Bd. 3: Römerbrief – Korintherbriefe, S. 54–67
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