Das Johannesevangelium (1)
Kapitel 1

William Kelly

© SoundWords, online seit: 03.05.2001, aktualisiert: 06.07.2023

Leitverse: Johannes 1

Vers 1

Joh 1,1: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.

Das Wort, die Äußerung der Gottheit, hat ewiges Sein, hat eigene Persönlichkeit und ureigne Gottheit, nicht bloß qeio,thj = „Göttlichkeit“ (Röm 1,20), sondern qeo,thj = „Gottheit“ (Kol 2,9). Wir sehen Einen, der war, bevor die Zeit begann. Es ist nicht einmal der Anfang der Schöpfung, sondern vorher, als das Wort bei Gott war, bevor alle Dinge durch Ihn gemacht wurden. Wir können bis vor den Beginn der Schöpfung zurückblicken: Das Wort evge,neto = „wurde“ nicht – wie etwas, was angefangen hat zu existieren –, sondern das Wort Wort h=n = „war“das schöpferische Wort, ja, der Schöpfer. Weiter: Er „war bei Gott“ – nicht bei dem Vater; denn die Schrift spricht niemals von solcher Wechselbeziehung. „Das Wort war bei Gott.“ Vater, Sohn und Heiliger Geist waren da; aber das Wort war bei Gott, „und das Wort war Gott“. Er war kein Geschöpf, sondern dem Wesen nach göttlich, obwohl nicht nur Er allein göttlich war. Es gab noch andere Personen in der Gottheit.

Vers 2

Joh 1,2: Dieses war im Anfang bei Gott.

Nicht zu einem späteren Zeitpunkt, sondern „im Anfang“, als noch kein Geschöpf angefangen hatte zu existieren, war das Wort bei Gott. Für diese Wahrheit sind wir Gott außerordentlich dankbar. Wer außer Gott konnte von solchen Dingen sprechen? Er ist es, der Johannes gebraucht, um es niederzuschreiben, und alles, was Er sagt, ist es wert, bedingungslos geglaubt zu werden. Das Wort „war im Anfang bei Gott“. Seine Persönlichkeit war ewig, genauso wie seine Natur oder seine Existenz. Er war nicht eine bloße Emanation[1], eine „Ausströmung“. Diese Vorstellung hatten zu Beginn die Indo-Arianer. Demgemäß war Gott nicht wirklich erhaben und uneingeschränkt und frei, sondern Einschränkungen und Zwang unterworfen. Dies ist mit seiner Souveränität jedoch unvereinbar und führt letztendlich zu jenem Pantheismus, der das Universum zu Gott macht und dadurch den einen wahren Gott verleugnet. Nach dieser Vorstellung wäre Er bloß Tad (Das), eine abstrakte Kraft, die dennoch nicht unabhängig und in sich selbst genügsam ist, sondern sich nach anderen sehnt, um in ihnen auszuströmen – Brahma, Vishnu und Shiva, den Schöpfer, den Erhalter und den Zerstörer. In dem sich später entwickelnden Hindusystem war die Gottheit folgerichtig schöpferisch zurückzuführen auf Ausströmungen und das Universum selbst war pantheistisch eher eine Ausströmung als eine durch göttlichen Willen, Macht und Plan entworfene Schöpfung. Alles ist im Fluss und ist Täuschung.

Welch einen Kontrast bildet diese Dreiheit zu der Dreieinigkeit Vater, Sohn und Heiliger Geist, die ein Gott sind! Und die Avataras[2] dieser Dreiheit, sogar das von Krishna – die Legende entstand erst spät –, wie weit entfernt sind diese von der Fleischwerdung! Durch diese sind Gott und Mensch für ewig in einer Person vereint, und zwar in Ihm, der durch seinen Tod der Versöhner der ganzen Schöpfung ist, sowohl der himmlischen als auch der irdischen, und der Versöhner derer, die durch Gnade mit Ihm über alles herrschen sollen, zur Verherrlichung Gottes des Vaters.

Dann wird uns hier im Anschluss mitgeteilt, dass …

Vers 3

Joh 1,3: … alles durch dasselbe ward; und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist.

Das Wort wurde nicht geschaffen, sondern schuf selbst alles.* Das Wort ist der Schöpfer von allem, was ein abgeleitetes Sein hat. Er hat alles geschaffen. Kein Geschöpf hat ein Leben empfangen, das nicht von Ihm kommt. Das Wort war der Urheber. Wenn Er nicht Gott gewesen wäre, wäre das für Ihn etwas Unmögliches gewesen. Wäre Er nicht „im Anfang bei Gott“ gewesen, hätte es nicht in irgendeiner besonderen Weise Ihm zugeschrieben werden können, Ihm, dem Ewigen Wort. Aber die Schöpfung wird hier als sein Werk bestätigt, nicht nur in positiver Art und Weise, sondern ohne Ausnahme für jedes Geschöpf. So wird uns in Kolosser 1,16.17 gesagt, dass „durch ihn … alle Dinge geschaffen worden [sind], die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen. Und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen durch ihn.“ Welch neuerliche und unwiderlegbaren Beweise der Gottheit!

*Ich halte die Bemerkung, dass das Böse selbst (und nicht nur die Materie) ohne Weiteres durch das Wort geschaffen wurde, nicht nur für unpassend, sondern auch für verwerflich. Das ist falsche Philosophie; es ist Hegelianismus[3], selbst bei solchen, die Hegel ablehnen. Das Böse hat nichts mit der Schöpfung zu tun, denn es steht in innerem Widerspruch zu ihr und ist mit ihr unvereinbar. Es geht jetzt nicht um das Böse im Sinne körperlicher Bestrafung, denn diese wird vorrangig von Gott gesandt. Aber moralisch Böses in irgendeinem Geschöpf ist ein Widerspruch zu der Beziehung, in die Gott dieses Geschöpf hineingestellt hat. Es ist deshalb weder in Gott noch von Gott, da es ein Versagen ist hinsichtlich dessen, was früher als die Frucht des Wohlgefallens Gottes existierte, der es dennoch in Anbetracht von Herrschaft und Erlösung duldet. So verließen die Engel ihren ersten Zustand. Satan stand (oder steht) nicht in der Wahrheit, und Adam fiel aus seiner ursprünglichen Unschuld heraus. Dies ist in keiner Weise eine Begrenzung der göttlichen Macht; sondern ganz im Gegenteil: der Irrtum, gegen den ich hier ankämpfe, beschränkt seine Güte oder seine Wahrheit. Es ist unmöglich, dass es in oder von Gott das Gegenteil dessen gibt, was Er ist, und Er ist gut, Er allein; in der Schöpfung kann das leicht so sein, und es ist dort so, wo die Schöpfung nicht von Gott erhalten oder durch seine Gnade erlöst wird.

Jede dieser Schriftstellen gibt uns klare Anweisungen der höchsten Art. Sogar 1. Mose 1 beginnt erst mit Johannes 1,3, wenn es auch in den beiden ersten Versen auf Zustände in der Schöpfung weist, die unbestimmt weit vor Adam liegen. Aber über die Einzelheiten, die zur rechten Zeit folgten, gibt uns keine Schriftstelle solch vollständige Information. Was vor der Schöpfung lag, wird im ersten Buch Mose ganz ausgelassen. Johannes 1,1.2 zeigt uns die Ewigkeit vor der Schöpfung und die Schöpfung selbst (Joh 1,3) in der deutlichsten Weise.

Aber da ist viel mehr als die Kraft eines ewigen Wesens. Denn wir kommen jetzt zu etwas Höherem und Persönlicherem; nicht zu dem, was durch Ihn ins Dasein gerufen wurde, sondern zu dem, was in Ihm war: „Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1Joh 5,20). „In ihm war Leben.“* Das einzige Leben, das hier Beachtung findet, ist jenes – weil es ewig ist –, das fähig ist, Gott zu kennen, sich an Ihm zu erfreuen, Ihm zu dienen und Ihn anzubeten, und das dabei passend für seine Gegenwart ist und passend, um ewig bei Ihm zu sein. Gläubige haben Leben; aber Leben in dem Sohn, nicht in sich selbst, sondern in Ihm. Hier jedoch wird das Leben nicht über seinen Ursprung in Ihm hinausgehend betrachtet. Im weiteren Verlauf dieses Evangeliums werden wir dann noch hören, wie dieses Leben anderen mitgeteilt wird. Der Geist ist mit dem Wesen seiner Person beschäftigt. Nur Er fügt an dieser Stelle die höchst interessante Feststellung an: „und das Leben war das Licht der Menschen“ (Joh 1,4).

* Die Anordnung der Verse Johannes 1,3 und 4, die Lachmann, Tregelles und Westcott und Hort [Notes on Select Reading, S. 73f.] vorziehen (teilweise weil die Interpunktion in einigen ganz alten Fassungen fehlt und teilweise well einige Kopien, Fassungen und Väter es ausdrücklich so setzen), lautet o] ge,gonen evn auvtw/| zwh. h=n.. (Nach ACpmDGpml, Vulg. Syrcu Sahid). Aber ebenso wie Tischendorf und zehn andere [unter ihnen Weiss und Blass] entscheide ich mich uneingeschränkt für ein Semikolon oder sogar einen Punkt nach ge,gonen und beginne einen neuen Satz bei evn auvtw/| zwh. h=n . Es wird mit Absicht unterschieden zwischen dem, was durch das Wort geschaffen oder ins Dasein gerufen wurde, und dem Leben in Ihm; und diese Unterscheidung geht verloren, wenn der neue Satz bei o] ge,gonen beginnt. Ist es nicht eine falsche Lehre, in dieser Weise das Leben in dem Wort zu verringern? Weiterhin ist es grammatisch gesehen nicht die Art von Johannes, ge,gonen evn auvtw ' für „durch Ihn gemacht“ zu gebrauchen. Wiederum muss dann dieses Leben, das das lebende Universum bedeuten würde (in sich selbst ein seltsamer, unschriftgemäßer und sinnloser Satz), das Licht der Menschen sein, im Gegensatz zu der ausdrücklichen Lehre unmittelbar danach, dass ausschließlich das Wort das Licht war. Auf der anderen Seite ist der Satz, wie er gewöhnlich gesehen wird, in vollster Harmonie mit dem Stil des Evangelisten, wie er anderswo auftaucht. Das hat Dean Alford gezeigt.

Vers 4

Joh 1,4: Und das Leben war das Licht der Menschen.

Nicht Engel, sondern Menschen waren das Ziel. Er sagt nicht: Leben, sondern: Licht der Menschen. Das Leben war nur für jene da, die an seinen Namen glauben; das Licht aber geht weit darüber hinaus. Das, was offenbar macht, ist Licht. So finden wir in Sprüche 8 die schöne Einführung der Weisheit, die der HERR am Anfang seines Weges und vor seinen Werken von alters besaß, und die seine Wonne war, genauso wie auch die Wonne der Weisheit bei den Menschenkindern war.

Aber der Mensch war in der Tat in einem gefallenen Zustand und von Gott getrennt; und so wird hier angekündigt, dass eine schlimmere Finsternis herrschte als die Finsternis, die über der Tiefe herrschte, bevor das Werk der sechs Tage begann.

Vers 5

Joh 1,5: Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.

Weder ist die Finsternis die Mutter aller Dinge, wie die Heiden sagten, noch der böse Dämon, der niemals aufhörende Gegenspieler des guten Herrn des Lichtes. Eigentlich ist der moralische Zustand des gefallenen Menschen eine Verwerfung des Lichtes; er unterscheidet sich völlig von der physikalischen Wirklichkeit, insofern als er selbst vom Licht nicht beeinflusst wird. Nur die Gnade kann, wie wir nach und nach sehen werden, wirksam mit dieser Schwierigkeit fertig werden.

Hier mag beachtet werden, dass Johannes durchaus nicht über das Leben spricht, sondern über das Leben in dem Wort, von dem versichert wird, dass es das Licht der Menschen ist. Es lässt andere Dinge außer Acht, die Sache geht nicht über den Menschen hinaus. So wird in Kolosser 1 gesagt, dass Christus das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der hier nur im Menschen und für die Menschen vollkommen offenbart worden ist. Er ist das Licht der Menschen, und es gibt kein anderes; denn wenn der Mensch das hat, was die Schrift Licht nennt, hat er es nur in dem Wort, das das Leben ist. Fraglos ist Gott Licht und in Ihm ist gar keine Finsternis; aber Er wohnt in einem unzugänglichen Licht, und kein Mensch hat Ihn gesehen oder kann Ihn sehen. So ist es nicht mit dem Wort, von dem wir lesen. „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ Beachte die auffallende Präzision der Sätze. Es scheint in der Finsternis – das ist seine Natur; „es scheint“, nicht „es schien“; dagegen wechselt die abstrakte Form in die historische über, wenn uns gesagt wird, dass die Finsternis es nicht erfasst hat. So haben wir die Darlegung des Geistes über das Wort gehabt, erst in Bezug auf Gott, dann in Bezug auf die Schöpfung und letzten Endes in Bezug auf die Menschen mit einem ernsten Urteil über ihren moralischen Zustand hinsichtlich des Lichtes und nicht bloß des Lebens.

Wir werden als Nächstes mit Johannes bekanntgemacht, der von Gott gesandt wurde, um von dem Licht zu zeugen.

Verse 6-8

Joh 1,6-8: Da war ein Mensch von Gott gesandt, sein Name Johannes. Dieser kam zum Zeugnis, auf dass er zeugte von dem Lichte, damit alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern auf dass er zeugte von dem Lichte.

Gott, der die Liebe ist, war in seiner Güte am Werk, um die Aufmerksamkeit auf das Licht zu lenken; denn die Not des Menschen war groß. Deshalb wurde ein Mensch von Ihm gesandt – sein Name Johannes. Wie uns anderswo gesagt wird, war er die brennende und leuchtende Lampe (o` lu,cnoj); aber das Wort war das Licht (to. fw/j), dessentwegen er kam, um von Ihm Zeugnis abzulegen. Denn sein Auftrag wird hier nicht im Zusammenhang mit dem Gesetz oder irgendeiner gesetzlichen Absicht gesehen, sondern im Zusammenhang mit dem Licht (und deshalb geht sein Radius weit über Israel hinaus), auf dass er zeugte von dem Licht, damit alle durch ihn glauben könnten. Es geht um persönlichen Glauben an den Heiland, nicht nur um die moralische Ermahnung der Menge, der Zöllner und Soldaten und irgendwelcher anderen Leute wie im Lukasevangelium. Jede Schriftstelle ist vollkommen und perfekt dem göttlichen Zweck angepasst, um Jesus zu verherrlichen. Das Licht ist hier der Gegenstand von Gottes gnädiger Absicht. Johannes ist nur ein Instrument und ein Zeuge; er war nicht das Licht, sondern sollte von dem Licht zeugen.

Vers 9

Joh 1,9: Das war das wahrhaftige Licht, welches, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet.

Dass das Licht jeden Menschen erleuchtet, schließt Philonismus[4] und Platonismus[5] aus, wie wir es vorher bei dem Ewigen und dem Manichäismus[6] gesehen haben. Das Gesetz wirkte an denen, die unter dem Gesetz waren, das heißt an Israel; das Licht wirft bei seinem Kommen in die Welt – ein Grundthema in der Lehre unseres Apostels (1Joh 1,1-4; 2,8.14 etc.) – seinen Schein auf jeden Menschen. „In die Welt kommen“ oder „einer, der in die Welt kommt“ wird von den Rabbinern als Begriff für die menschliche Geburt gebraucht; aber gerade deshalb wäre es die reinste Tautologie, wenn man es dann im Zusammenhang mit pa,nta a;nqrwpon [nqr. = „jeder Mensch“] sieht.* Der Relativsatz wird näher bestimmt, und es heißt, dass das wahre Licht jeden Menschen nach seiner Inkarnation beleuchtet, das heißt,  dass es sein Licht auf ihn wirft.

* Es scheint nicht zwingend nötig, h\n mit evrco,menon gleichbedeutend mit der Vergangenheitsform „kam“ zu setzen, selbst wenn ein unabhängiger Satzteil wie wie o] fwti,zei pa,nta a;nqrwpon folgerichtig zwischen das Verb und das Partizip eingefügt werden könnte. Dieses wird, soweit ich weiß, nirgendwo gemacht, wobei Markus 2,18 in keiner Weise ein gleichartiger Fall ist (diese Stelle zieht Lücke heran, und Alford billigt es). Aber wenn es so wäre, wo ist dann die Schicklichkeit dafür, uns in diesem wunderbaren Prolog – in dem dem jeder kurze Satzteil, ja jedes Wort, von der größten Wahrheit erfüllt ist – zu sagen, dass das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, im Begriff war, in die Welt zu kommen (nicht: sich zu offenbaren, was etwas ganz anderes ist)? Auf der anderen Seite scheint der Aufbau, wie ihn die A.V.[7] gibt, wenn er auch durch alte westliche und östliche Übersetzungen und selbst durch griechische Väter verbürgt wird, nicht wirklich zulässig zu sein. Er würde den Artikel bei bei evrco,menon erfordern. Das Partizip bedeutet nicht „das kommt“, sondern „beim Kommen“, was keinen richtigen Zusammenhang in Verbindung mit a;nqrwpon haben könnte. Denn wie seltsam ist die sich dann daraus ergebende Lehre, dass jeder Mensch beim Kommen in die Welt der Finsternis das Licht Christi hat oder empfängt! Mit o] lehrt es eine bedeutsame Wahrheit, und dies erstickt die Quäker-Vorstellungen und empfiehlt sie nicht. Denn es ist das Wort in seiner eigenen Natur und nicht ein inneres Licht, das das Licht auf jeden Menschen wirft. Er allein, der hierher kommt, ist das wahre Licht für den Menschen und lässt seinen Schein auf alle fallen, auf die Hohen und die Niedrigen, auf Juden und Griechen. Es ist wie das Licht der Sonne für die ganze Menschheit – aber geistlich gesehen.

Das Ergebnis in sich selbst bedeutet jedoch Verdammung aufgrund des Widerstandes der Natur – denn uns wird gesagt:

Verse 10-13

Joh 1,10-13: Er war in der Welt, und die Welt ward durch ihn und die Welt kannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an; so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, welche nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes (avndro.j), sondern aus Gott geboren sind.

Welch unendliches und liebendes Herabneigen, dass Er, das Ewige Wort, das wahre Licht, in der Welt war – in der Welt, die ihr Dasein von Ihm hatte! Wie ungeheuer ist ihre Unwissenheit, dass die Welt Ihn nicht kannte, Ihren Schöpfer! Aber Er hatte einen Platz auf Erden, den Er gerne als seinen eigenen (ta. i;dia) Platz betrachtete: dorthin kam Er; und (oi` i;dioi) sein eigenes Volk (es heißt nicht: es kannte Ihn nicht, sondern) nahm Ihn nicht auf! Es war Verwerfung und nicht Unwissenheit.

Dies machte die Bahn für die Offenbarung von etwas Neuem frei. Menschen wurden aus dieser verfallenen Welt heraus zu einer neuen und unvergleichlich engeren Gemeinschaft mit Gott abgesondert. Und diesen – soweit sie Christus aufnahmen (denn hier steht nichts von „jeder Mensch“) – gab Er das Recht, den Platz der Kinder Gottes einzunehmen, denen, die an seinen Namen glauben. Auch ist dies nicht eine bloße äußerliche Ehrenstellung, zu der Souveränität verhilft, gleichsam um durch Adoption Familienname, Würde und Größe zu bewahren. Es ist eine wirkliche Verbindung von Leben und Natur, ein lebendiges Geburtsband. Sie waren te,kna qeou, Gottes Kinder. Nicht dass sie besser gewesen waren als andere. Sie waren einst fern gewesen und dem Geist nach Feinde aufgrund ihrer bösen Werke. Sie glaubten an den Namen Christi; sie waren von Gott geboren. Es war ein Werk göttlicher Gnade durch Glauben. Sie nahmen das Wort auf und wurden dadurch von Gott geboren. Es war ein Werk göttlicher Gnade durch Glauben. Hier hatte keine natürliche Abstammung von irgendeiner Seite, keine eigene Anstrengung und kein Einfluss eines anderen, so würdevoll dieser auch war, einen Platz.

Johannes beschreibt nirgendwo Gläubige als ui`oi., sondern als te,kna, denn sein Ziel ist das Leben in Christus und weniger die Ratschlüsse Gottes durch die Erlösung. Paulus wiederum nennt uns (wie in Röm 8) sowohl ui`oi. und te,kna qeou, denn er stellt sowohl den erhabenen Platz heraus, der uns im Gegensatz zur Knechtschaft unter dem Gesetz gegeben ist, als auch die Innigkeit unserer Verbindung als Kinder Gottes. Andererseits ist es beachtenswert, dass Jesus niemals te,knon (obwohl Er als Messias pai/j oder Knecht genannt wird), sondern ui`o,j genannt wird.

Er ist der Sohn, der eingeborene Sohn in dem Schoße des Vaters, aber nicht der te,knon, als wenn Er wie wir von Gott geboren wäre. So ist es der Name allernächster, aber immerhin abgeleiteter Verwandtschaft. Dies wird voll durch die unmittelbar folgende Feststellung des Johannes bestätigt: „welche … aus Gott geboren sind“. So wird es ausnahmslos gesehen werden, trotz der A.V.[8], die fälschlicherweise in 1. Johannes 3, te,kna durch „Söhne“ wiedergibt. Sie glauben an seinen Namen nach der Offenbarung dessen, was das Wort ist. Jeder Ursprung aus der Schöpfung ist ausgeschlossen, und jede frühere Verbindung ist beendet und abgetan; eine neue Rasse wird eingeführt. Sie waren natürlich Menschen und hören in der Tat nicht auf, Menschen zu sein; aber sie sind geistlich von neuem geboren, im wahrsten Sinne aus Gott geboren, sie sind Teilhaber der göttlichen Natur (2Pet 1) in diesem Sinn, da sie ihr neues Leben von Gott ableiten.

Leben ist, wie wir überall in den Schriften von Johannes und Paulus feststellen können, von der einfachen Existenz gänzlich verschieden. Leben ist der Besitz jener göttlichen Natur des Daseins, das in dem Sohn niemals einen Anfang hatte, denn Er war das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist. Er ist unser Leben; wir leben, weil Er lebt. Es ist wahr in Ihm und wahr in uns: in Ihm ursprünglich – in uns abgeleitet durch die Gnade; und doch ist es für keinen Moment unabhängig von Ihm, sondern es ist in Ihm. Doch wir haben das Leben jetzt; es wird nirgendwo gelehrt, dass wir aus Gott geboren werden sollen, sondern nur, dass wir als Gläubige aus Gott geboren sind. „Eingeboren“ jetzt anzuwenden, um es von „geboren“ zu unterscheiden, ist falsch und absurd und kann nirgendwo durch die Schrift erhärtet werden.

Wir wenden uns jetzt von der Offenbarung des Wortes in seiner eigentlichen Natur zu seiner Offenbarung als Mensch hier unten. Die Inkarnation wird vor unsere Augen gestellt, die volle Offenbarung Gottes an den Menschen und im Menschen.

Vers 14

Joh 1,14: Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut. eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Hier handelt es sich nicht um das, was das Wort war, sondern was Es wurde. Es war Gott; Es wurde Fleisch und wohnte unter uns, voller Gnade und Wahrheit.

Es war keine vorübergehende, vergängliche Vision wie auf dem heiligen Berg, so erhaben sie auch sein mag. Seinen Zeugen wurde gnädig eine Betrachtung seiner Herrlichkeit gewährt – es war nicht die Herrlichkeit eines irdischen Eroberers, ja, nicht einmal eine messianische Herrlichkeit, sondern die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom (para. patro,j) Vater. Er trägt kein Schwert an seinen Lenden, Er reitet nicht zum Sieg, es geschehen keine schrecklichen Dinge in Gerechtigkeit; das Fleisch gewordene Wort wohnte unter uns, voller Gnade und Wahrheit. So ist Er, der im und vor dem Anfang war und so wurde Er bekannt. Er war ohne Zweifel der König, aber so wird Er hier nicht skizziert. Er ist unendlich mehr als ein König, Er ist Gott und doch Gott auf Erden – ein Mensch, der unter den Menschen wohnt, voller Gnade und Wahrheit. So nur konnte Gott offenbart werden außer im Gericht, das keine Hoffnung gelassen hatte, sondern am bitteren Ende nur Vernichtung in unbeschränktem Maße gebracht hatte. Er war mit unendlich anderen Absichten gekommen, wie dieser Abschnitt hier selbst zur rechten Zeit erklärt, wobei das umfassende Böse des Menschen schon vollkommen gekannt und empfunden wurde. Er wohnte unter uns voller Gnade und Wahrheit. Es war kein Besuch oder eine Theophanie [= Gotteserscheinung], wie bei den entsprechenden Gelegenheiten im Alten Testament. So offenbarte Er hier Gott, der Liebe ist. Aber Gnade ist mehr; Gnade ist Liebe inmitten des Bösen, die sich darüber erhebt, die sich darunter begibt und die das Böse mit Gutem überwindet.

Und so war Jesus, als Er auf der Erde weilte, voller Wahrheit; denn sonst wäre Gnade keine Gnade mehr, sondern eine niederträchtige Nachahmung und sowohl für Gott als auch für den Menschen verderblich. So war Jesus nicht, sondern Er war voller Gnade und Wahrheit – und das auch in dieser Reihenfolge. Denn die Gnade bringt die Wahrheit und macht Seelen fähig, die Wahrheit aufzunehmen und sie zu ertragen, denn sie selbst werden als Sünder von ihr gebrandmarkt. Er – und Er allein war voller Gnade und Wahrheit. Er kam, um das bekannt zu machen, um Gott selbst so bekannt zu machen. Denn so wie die Gnade die Tätigkeit göttlicher Liebe inmitten des Bösen ist, so ist die Wahrheit die Offenbarung aller Dinge, wie sie wirklich sind: von Gott selbst und seinen Wegen und Ratschlüssen herab zu dem Menschen und jedem Denken und Fühlen, zu dem Wort und Werk des Menschen, ja, zu jeder unsichtbaren Tätigkeit für Gut oder Böse durch alle Zeiten und alle Ewigkeiten. So wohnte Er unter uns, voller Gnade und Wahrheit.

Auch hat Gott es nicht versäumt, Zeugnis über Ihn laut werden zu lassen.

Vers 15

Joh 1,15: Johannes zeugt von ihm und rief und sprach: Dieser war es, von dem ich sagte: „Der nach mir Kommende ist mir vor, denn er war vor mir.“

Auffallenderweise wird Johannes in jedem der großen Abschnitte dieses Kapitels mit seinem Zeugnis eingeführt. Vorher war es die abstrakte Offenbarung des Lichtes. Hier ist es seine gegenwärtige Gegenüberstellung mit der Welt, auf die das Zeugnis sich bezieht. Und weil das eine historische Angelegenheit ist, haben wir das überliefert, was Johannes ausruft und nicht nur eine Beschreibung dessen wie vorher. Er sagt: „Dieser war es, von dem ich sagte etc.“ Das Kommen Jesu nach Johannes war keine Beeinträchtigung seiner Herrlichkeit, sondern das genaue Gegenteil. Unter den von Frauen Geborenen ist kein größerer Prophet als Johannes der Täufer. Aber Jesus ist Gott. Wenn es Ihm also gefiel, zeitlich nach Johannes zu kommen, hatte Er ihn doch an Ort und Rang unvergleichlich übertroffen und war vor ihm. Ja, Er war wirklich vor ihm, aber nur, weil Er göttlich ist.

Der letzte Vers (Joh 1,15) scheint ein Einschub zu sein, wenn auch sehr lehrreich. Aber die direkte Linie der Wahrheit verläuft so:

Vers 16

Joh 1,16: Voller Gnade und Wahrheit … denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade.

Eine erstaunliche Wahrheit! Er ist die Gabe und der Geber – voller Gnade und Wahrheit; und aus seiner Fülle haben wir alle empfangen.* Das ist das Teil des geringsten Gläubigen. Der Stärkste ist nur der Stärkere, weil er Ihn besser ehrt. Denn es gibt außerhalb von Ihm keinen Segen, und demnach gibt es auch keinen Mangel für die Seele, die Jesus besitzt. Wenn die Heiligen zu Kolossä oder andere versuchen, etwas anderes zu dem Herrn hinzuzutun zu versuchen, ist es ein wirklicher Verlust und kein Gewinn. Es wird nur etwas hinzugefügt, was von Ihm weglenkt. Denn Christus ist alles (ta. pa,nta) und in allen.

* Bevor unser Apostel starb, säte der Gnostizismus[9] seinen verderblichen Samen aus – ja wahrscheinlich sogar schon vor dem Tod des Paulus. Zu Beginn des zweiten Jahrhundert erfahren wir, dass Basileides das System so weit entwickelt hatte, um Jesus von Christus zu trennen. Das Letztere war für ihn eine Emanation [=Ausströmung] von Gott, die sich bei seiner Taufe mit Jesus vereinte und vor seinem Tod am Kreuz zu der Fülle in der Höhe zurückkehrte. So wurde sowohl die Inkarnation als auch die Versöhnung abgelehnt. Aber sogar Christus ist in dieser ruchlosen Träumerei nicht der wirkliche Gott, sondern bloß eine Ausströmung, die ausgesandt ist, um den großen Gott bekannt zu machen und Satan Demiurg[10] [Jehova] zu entlarven, der die Welt mit all ihren Übeln untrennbar hiermit zusammengebracht hatte. Man sieht leicht, wie die Lehre der Apostel im Voraus diese unehrerbietige und zersetzende falsche Lehre beiseiteschiebt, indem die einfache Wahrheit von der Person Christi und seinem Werk festgestellt wird, wenn auch wohl zu der Zeit erst die Keime dieser Lehre [des Gnostizismus] erkennbar waren.

Der Ausdruck „Gnade um Gnade“ hat viele Leute verwirrt, ohne viel Grund allerdings; denn ein ähnlicher Ausdruck taucht sogar bei weltlichen Autoren nicht selten auf, der jeden Fragenden dahingehend beruhigen sollte, dass es einfach bedeutet: Gnade über Gnade, das eine nach der anderen folgt ohne Einschränkung oder Versagen – ein Überfülle an Gnade und nicht eine bloße nüchterne Kenntnisnahme von der Gnade in uns als Antwort auf die Gnade in Ihm. Es wird weiter bemerkt werden, dass die Schriftstelle von Gnade um Gnade spricht, nicht von Wahrheit um Wahrheit, denn das letztere würde ganz unpassend sein; denn die Wahrheit ist etwas Einmaliges und man kann nicht so von ihr sprechen. Derselbe Apostel schrieb an die Kindlein, nicht weil sie die Wahrheit nicht kannten, sondern weil sie sie kennen und dass keine Lüge aus der Wahrheit kommt. Die Salbung, die sie in der Tat von Ihm anfingen, lehrt sie in allen Dingen und ist wahr und ist keine Lüge. Aber so wie die Gnade die Wahrheit bringt, so wirkt die Wahrheit in der Gnade. Wie segensvoll ist es, dass wir aus seiner Fülle alle empfangen haben, und zwar Gnade um Gnade!

Auf Sinai gab es etwas vollkommen anderes:

Vers 17

Joh 1,17: … denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.

Nicht, dass das Gesetz Sünde war. Dieser Gedanke sei ferne. Das Gesetz ist heilig; und die Gebote sind heilig und richtig und gut. Aber das Gesetz ist im Ganzen nicht in der Lage, den Menschen zu erlösen oder Gott zu offenbaren. Weder kann es Leben geben, noch hat es einen Gegenstand bekannt zu machen. Es fordert vom Menschen, was er im Hinblick auf Gott und im Hinblick auf seine Mitmenschen schuldigermaßen tun müsste; aber die Forderung ergeht umsonst an den Menschen, der ja schon ein Sünder war, bevor das Gesetz gegeben wurde. Denn so sicher wie das Gesetz durch Mose gegeben wurde, so sicher kam die Sünde durch Adam in die Welt. Der Mensch fiel und war verloren; keiner konnte ewiges Leben bringen außer dem Herrn Jesus Christus. Ewiges Leben war dem Menschen nicht zugänglich ohne seinen Tod als Sühne für die Sünde. Hier sind wir jedoch noch nicht zu dem Werk Christi gekommen oder der Botschaft der Gnade, die in die Welt ausgeht, welche darauf im Evangelium eine Grundlage findet, sondern es geht um seine Person in der Welt; und dieser wird das Zeugnis ausgestellt: „Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden (evge,neto).“ Dort und dort allein war die göttliche Liebe dem Bösen des Menschen überlegen; dort und dort allein wurde alles offenbart und befand sich in seiner richtigen Beziehung zu Gott, denn das ist die Wahrheit. Jesus ist wirklich ein göttlicher Heiland.

Aber da ist noch mehr als das. Gott selbst musste bekanntgemacht werden, nicht nur die Fülle des Segens in Christus erscheinen. Auch mussten Seelen nicht allein durch die Erlösung in den Stand des Segens gebracht werden. Doch der Mensch als solcher ist nicht in der Lage, Gott zu erkennen. Wie soll dieses Problem gelöst werden ?

Vers 18

Joh 1,18: Niemand hat Gott jemals gesehen: Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.

So allein kann Gott erkannt werden, wie Er ist, denn Christus ist die Wahrheit, der Offenbarende und die Offenbarung Gottes von allem, was mit Gott zusammenhängt. Niemals sagt die Schrift, wie die Rationalisten und – bedauerlicherweise – wie die Theologen sagen, dass Gott die Wahrheit ist. Sondern so: Gott ist der „Ich bin“, der aus und in sich selbst Bestehende; Er ist Licht, Er ist Liebe. Aber Christus ist wirklich die Wahrheit, so wie der Geist die Macht hat und an den Menschen wirkt. Und Christus hat Gott kundgemacht als Einer, der als der Sohn in des Vaters Schoß ist – nicht als Einer, der in des Vaters Schoß war, als wenn Er ihn verlassen hätte; so wie Er die Herrlichkeit verließ und jetzt wieder als Mensch in die Herrlichkeit zurückgekehrt ist. Er verließ niemals den Schoß des Vaters. Das ist sein ständiger Platz und seine besondere Art der Verbindung und Gemeinschaft mit dem Vater. Deshalb haben wir durch den Heiligen Geist in Gnade das Vorrecht, Gott zu erkennen, so wie der Sohn Ihn kundgemacht hat, der die Liebe jener Gemeinschaft von Ewigkeit zu Ewigkeit in vollkommener und unbegrenzter Weise genoss. O, in was für einen Kreis göttlicher Verbindung führt Er uns hinein! Nicht das Licht der Menschen oder das wirkende oder Fleisch werdende Wort, sondern der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, macht Ihn gemäß seiner eigenen Zuständigkeit von Natur aus und der Fülle seines eigenen innigen Verhältnisses zum Vater bekannt. Sogar Johannes der Täufer war von der Erde und redete von der Erde, da er seinen Ursprung auf Erden hatte. Allein von Jesus als Einzigem unter den Menschen konnte gesagt werden, dass Er aus dem Himmel kam und über allem war und dass Er das bezeugte, was Er gesehen und gehört hatte, so wie der Heilige Geist es auch tut. Es war seine Aufgabe, Gott kundzumachen, und zwar aufgrund seiner eigenen Gemeinschaft mit Ihm.

Wenn die vorangehenden Verse das göttliche Vorwort umfassen, so können die folgenden Abschnitte als eine Art Einleitung angesehen werden. Der Täufer gibt als Antwort auf die sich erkundigende Abordnung eine Erklärung ab, die in erster Linie negativ ist, die aber ein Zeugnis für den Herrn Jesus ist. Als einmalig würdiges Gefäß des Zeugnisses für den Messias, erfüllt mit dem Geist von Mutterleibe an, wurde er, wie kaum ein anderer vorher, nur in der Aufgabe gestärkt, dem HERRN den Weg zu bereiten.

Verse 19-28

Joh 1,19-28: Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden aus Jerusalem Priester und Leviten sandten, damit sie ihn fragen sollten: Wer bist du? Und er bekannte und leugnete nicht, und er bekannte: Ich bin nicht der Christus. Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias? Und er sagt: Ich bin’s nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein. Sie sprachen nun zu ihm: Wer bist du? auf dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben; was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste: Machet gerade den Weg des Herrn, wie Jesaja, der Prophet, gesagt hat. Und sie waren abgesandt von den Pharisäern. Und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Was taufst du denn. wenn du nicht der Christus bist, noch Elias, noch der Prophet? Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser: mitten unter euch steht, den ihr nicht kennet, der nach mir Kommende, dessen ich nicht würdig bin, ihm den Riemen seiner Sandale zu lösen. Dies geschah zu Bethanien, jenseits des Jordan, wo Johannes taufte.

So sorgte Gott dafür, dass eine allgemeine Erwartung des Messias in den Herzen seines Volkes geweckt wurde und dass ihnen das vollste Zeugnis zuteilwurde. Und es gab niemals einen wirklich unabhängigeren Zeugen als Johannes, der geboren und aufgezogen wurde und lebte, alles im Hinblick auf den geeigneten Augenblick, wo er den Messias bezeugen konnte.

Denn während die genauen Fragen derer, die von den Juden zu Jerusalem gesandt wurden, zeigen, wie ihre Herzen beunruhigt waren, wie sie sich des wirklichen Charakters und Zieles jenes geheimnisvollen Israeliten – selbst aus priesterlichem Geschlecht und deshalb, wie sie hätten wissen müssen, vom Titel des Messias ausgeschlossen – vergewissern wollten, blieb die Antwort nicht unklar. Johannes war nicht der Gesalbte. Das war das Hauptanliegen ihrer Untersuchung; und unser Evangelium gibt sehr einfach und vollständig seine Antwort wieder.

Es besteht eine gewisse Schwierigkeit bei der nächsten Antwort. Denn als er gefragt wird: „Bist du Elia?“, sagt er: „Ich bin’s nicht.“ Wie vereint sich dieses Ableugnen aus dem Mund des Johannes mit dem eigenen Zeugnis des Herrn, das Er seinem Diener in Matthäus 17,11.12 ausstellt? „Elia ist schon gekommen, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern an ihm getan, was irgend sie wollten. Also wird auch der Sohn des Menschen von ihnen leiden. Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer zu ihnen sprach.“ Und sie hatten Recht. Der Schlüssel scheint in Matthäus 11,14 zu liegen: „Und wenn ihr es annehmen wollt [sagt der Herr und verteidigte damit Johannes zu einer Zeit, wo er, wenn überhaupt, in seinem Zeugnis zu schwanken schien; denn wer außer Einem ist der treue Zeuge?], er ist Elia, der kommen soll.“ Solch ein Wort jedoch hatte Ohren nötig, die hörten. Wie bei dem Herrn (Sohn des Menschen und ebenso Messias), sollte sein Zeugnis und sein Schicksal mit einem Kommen in Schmach und Not und auch in Kraft und Herrlichkeit verbunden sein. Die Juden dachten natürlicherweise nur an das Letztere. 

Aber um nicht nur Gott Genüge zu leisten, sondern auch den wahren Bedürfnissen des Menschen, musste Jesus vorher leiden, bevor Er verherrlicht wurde und bevor Er in Macht zurückkommt. So kam Elia im Glauben („wenn ihr es annehmen wollt“) in dem Täufer, der sein Zeugnis in Niedrigkeit abgab und mit Ergebnissen, die in den Augen der Menschen geringfügig und verschwindend klein waren. Aber Elia wird auch in einer Art kommen, die zu der Wiederkehr des Herrn passt, der kommt, um Israel zu befreien und die Welt unter seiner Herrschaft zu segnen. Für solche Juden, die nur auf das Äußere sahen, war er nicht gekommen; auf den Täufer zu weisen, wäre Spott gewesen; denn wenn sie kein Verständnis für Gottes Geheimnisse oder seine Wege hatten, wenn sie in dem erniedrigten Meister keine Schönheit erblickten – was konnte es dann nützen, von dem Diener zu sprechen? Wenn die Jünger auch schwach sein mochten, sie dringen dennoch in die Wahrheiten, die vor den Menschen verborgen sind, ein, und es wird ihnen gegeben, hinter dem Äußeren den wahren Charakter des Dieners und des Meisters für den Glauben zu sehen.

Nichtsdestoweniger nimmt Johannes der Täufer seinen Platz ein als Zeuge für Jesus, für seine persönliche und göttliche Herrlichkeit und am Ende, wo er herausgefordert wird, wendet er in jedem Evangelium auf sich das prophetische Wort an, das sich auf ihn bezieht: „Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste: Machet gerade den Weg des Herrn.“ Jesus war der HERR – Johannes war nicht mehr als eine Stimme in der Wüste der Erde, ja, in der Wüste Israels, um Ihm den Weg zu bereiten.

Sie fragen weiter, warum er denn tauft, wenn er weder der Messias noch Elia ist (d.h. der unmittelbare Vorläufer des Reiches in Kraft und Herrlichkeit auf Erden; Mal 4) noch der Prophet (d.h. entsprechend 5. Mose 18; was jedoch der Apostel Petrus in Apostelgeschichte 3 ebenso klar auf den Herrn Jesus bezieht, wie es die Juden vom Messias getrennt zu haben scheinen). Dies gibt Johannes die Gelegenheit, ein weiteres Zeugnis für die Herrlichkeit Christi abzulegen; denn seine Antwort ist, dass er selbst mit Wasser tauft; aber da steht, zwar noch unerkannt, Einer unter ihnen, der nach ihm kommt, dessen er nicht würdig ist, Ihm den Riemen seiner Sandale zu lösen.

Es ist offensichtlich, dass die Taufe des Johannes in den Herzen der Menschen eine ernsthafte Rolle spielte, da sie ohne ein einziges Zeichen oder ein anderes Wunder die Frage aufwarf, ob der Täufer der Christus war. Sie machte das Ende des alten Zustandes und eine neue Stellung deutlich anstatt ein familiärer Ritus zu sein, zu der die Anhänger der Tradition sie machen möchten. Auf der anderen Seite macht die Schrift ebenso deutlich, dass sie ganz von der christlichen Taufe verschieden ist: und zwar so sehr verschieden, dass Jünger, die vorher mit der Taufe des Johannes getauft worden waren, auf Christus getauft werden mussten, wenn sie die volle Wahrheit des Evangeliums aufgenommen hatten (Apg 19). Die Reformatoren und andere sind seltsam dumm und beschränkt, wenn sie diesen Unterschied ableugnen, der nicht nur wichtig, sondern auch klar und eindeutig ist. Man denke an Calvin, der es einen törichten Irrtum nennt, in den einige geführt worden seien, dass sie annehmen, dass die Taufe des Johannes von unserer Taufe verschieden sei! Das Bekenntnis eines kommenden Messias unterscheidet sich sehr von dem seines Todes und seiner Auferstehung; und das ist die Wurzel von Unterschieden, die gewichtige Folgen haben.

Von Johannes 1,19-28 erhebt sich Johannes der Täufer nicht über das, was jüdisch war und jener Haushaltung entsprach. Der nächste Abschnitt stellt uns das Zeugnis vor Augen, das er ablegte, als er Jesus herannahen sah. Und hier wird das Werk Christi in dem ganzen Ausmaß der gnädigen Macht gesehen, die man in dem Evangelium erwarten konnte, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Herrlichkeit seiner Person zu zeigen.

Vers 29

Joh 1,29: Des folgenden Tages sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt!

Es gab kein Bild, das einem Juden vertrauter war als das Bild des Lammes. Das war das tägliche Opfer Israels, am Morgen und am Abend. zudem war das Passahlamm der wesentliche Bestandteil  des grundsätzlichen Festes im Jahr; besonders da seine erste Einsetzung mit dem Auszug der Kinder Israels aus dem Haus der Knechtschaft zusammenfiel. Wir können deshalb verstehen, welche Gedanken und Gefühle die Herzen derer bestürmt haben müssen, die jetzt auf einen Heiland warteten, als Jesus so von seinem Vorläufer bezeugt wurde: „Siehe, das Lamm (avmno.j) Gottes.“ Im Buch der Offenbarung wird Er häufig als das Lamm geschaut, aber dort mit einem betont anderen Wort (to. avrni,on), als der heilige, auf Erden verworfene Leidende im Gegensatz zu den wütenden, wilden Untieren, den politischen und religiösen Mitteln der Macht Satans in der Welt (Joh 13). Hier scheint der Gedanke nicht so sehr auf den Geschlachteten und Erhöhten als auf das Opfer gerichtet zu sein: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.“

Johannes sagt nicht: „das wegnehmen wird“, und noch weniger: „das weggenommen hat“; auch scheint der Gedanke überhaupt nicht haltbar, dass Er damals die Sünde hinwegnahm. Es ist, wie oft bei Johannes und anderswo, die schwer verständliche Form der Sprache; und die Bedeutung sollte in ihrem vollsten Ausmaß verstanden werden, ungeachtet der Zeit ihrer Erfüllung. Da war die Person, und dies war sein Werk. So blickt das Zeugnis auf die Wirkungen des Todes Christi im Ganzen; aber diese sollten nicht alle auf einmal erscheinen. Das erste Ergebnis sollte das Evangelium sein, die Botschaft von der Vergebung der Sünden für jeden, der glaubt. Statt dass nur die Sünde der Welt vor Gott ist, wird das Blut des Lammes vor Gott gestellt und Gott konnte deshalb der Welt in Gnade und nicht in Gericht begegnen. Es war nicht nur die Liebe gekommen in der Person Christi, wie sie sich während seines Lebens zeigte, sondern jetzt war auch das Blut vergossen, wodurch Gott den Schlechtesten reinigen konnte; und das Evangelium ist Gottes Erklärung an jedes Geschöpf, dass Er bereit sei, alle anzunehmen und alle vollkommen zu reinigen, die Christus annehmen. In der Tat nehmen nur solche, die jetzt Sein sind – die Versammlung – Ihn an; aber das Zeugnis wird der ganzen Schöpfung weitergegeben.

Wenn Christus in seinem Reich wiederkommt, wird es ein weiteres Ergebnis geben; denn die ganze Schöpfung wird dann von der Knechtschaft des Verderbens befreit, und Israel wird am Ende den Messias schauen, den sie in blindem Unglauben durchstochen haben. Das segensreiche Ergebnis des Opfers Christi wird dann weit ausgedehnt sein, aber es wird noch nicht vollständig sein. Erst der neue Himmel und die neue Erde (und dies übersteigt den begrenzten Bereich der jüdischen Propheten, aber es ist die volle Bedeutung, die die christlichen Apostel den Worten geben) werden die letzte Erfüllung schauen; und dann wird es wirklich sichtbar sein, dass Jesus wirklich „das Lamm Gottes war, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“. Denn dann – und nicht vorher – wird die Sünde absolut verschwunden sein und mit ihr all ihre Folgen. Die Bösen sind gerichtet und für immer in den Feuersee geworfen, ebenso wie Satan und seine Engel. Dann wird Gerechtigkeit die Grundlage der Beziehung Gottes mit der Welt sein, nicht Sündlosigkeit wie am Anfang, und auch nicht das Handeln in Christus im Hinblick auf die Sünde wie hier und jetzt, sondern alles wird dann neu gemacht sein.

Man beachte jedoch, dass der Täufer nicht von den „Sünden“ der Welt spricht. Welch einem verhängnisvollen Irrtum verfallen die Menschen, wenn sie es wagen, die Wahrheit Gottes nach menschlicher Art zu deuten! Nicht nur in Predigten und Büchern findet man diesen weit verbreiteten und schweren Fehler. Die feierlichen Liturgien der katholischen und evangelischen Kirche gleichermaßen irren in diesem Punkt. Sie verändern und verfälschen unbewusst das Wort Gottes, wenn sie sich direkt auf diese Schriftstelle beziehen. In Bezug auf die Gläubigen zeigen Paulus und Petrus beide, dass der Herr selbst unsere Sünden am Kreuz trug. Ohne dieses könnte kein Frieden für die Seele sichergestellt werden und es gäbe auch keine gerechte Grundlage für die Anbetung Gottes entsprechend der Wirksamkeit des Werkes Christi. Der Christ wird ermuntert, durch das Blut Jesu Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum zu haben. Das Blut hat zur gleichen Zeit seine Sünden abgewaschen und ihn neu gemacht; aber das gilt nur für den Gläubigen. Die Stellung und der Zustand des Ungläubigen steht ganz im Gegensatz dazu. Das gilt für jeden natürlichen Menschen. Er ist weit davon entfernt, er ist in Schuld, in Finsternis, im Tode. Die Sprache der Liturgien vermischt all dies, was natürlich der Praktik ihrer Anbetung entspricht; denn die Welt wird wie die Kirche behandelt und die Kirche wie die Welt. Wenn Christus das Lamm wäre, das die Sünden der Welt wegnimmt, würden alle Menschen erlöst vor Gott stehen und könnten deshalb mit Freimütigkeit herannahen und anbeten; aber das ist nicht der Fall. Das Blut ist jetzt für die Sünde der Welt vergossen, so dass der Evangelist fortfahren und das Evangelium predigen kann und allen, die glauben, die Vergebung Gottes zusichern kann; aber alle, die das ablehnen, müssen in ihren Sünden sterben und können nur umso schrecklicher gerichtet werden, als sie die Botschaft von der Gnade abgelehnt haben.

Aber Gott vergisst hier nie die persönliche Würde des Herrn Jesus. Deshalb fügt Johannes der Täufer hinzu:

Verse 30.31

Joh 1,30.31: Dieser ist es, von dem ich sagte: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war vor mir.* Und ich kannte ihn nicht; aber auf dass er Israel offenbar werden möchte, deswegen bin ich gekommen, mit (evn eijn) Wasser taufend.

Hier wird nicht auf sein messianisches Gericht Bezug genommen, wie in anderen Evangelien, die andererseits nichts hinsichtlich eines solchen Zeugnisses wie dieses über seine Herrlichkeit berichten. Ohne Zweifel rief auch Johannes Seelen in Israel, im Hinblick auf das nahe Reich Buße zu tun; aber hier ist die Offenbarung Jesu an Israel der einzige Blickpunkt.

Es ist das umfassende Thema dieses Evangeliums überhaupt. Die Tatsache, dass der Täufer Jesus vorher nicht kannte, machte sein Zeugnis umso feierlicher und nachdrücklicher von Gott bestimmt; und welche innerste Überzeugung auch immer er hatte, als der Herr zur Taufe kam, so hinderte das nicht das äußere Zeichen oder das Zeugnis, das er von seiner Person und seinem Werk ablegt, wie er es vorher getan hatte.

* Es ist interessant und lehrreich, zu beobachten, dass Johannes den Pharisäern gegenüber (Joh 1,27) hinsichtlich Christi Präexistenz in Ewigkeit als Grundlage dafür, dass Er vor ihm bestand, wenn Er auch nach ihm geboren wurde, schweigt. Vgl. Johannes 1,15.30.

Deshalb lesen wir:

Verse 32-34

Joh 1,32-34: Und Johannes zeugte und sprach: Ich schaute den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herniederfahren, und er blieb auf ihm. Und ich kannte ihn nicht: aber der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst, den Geist herniederfahren und auf ihm bleiben, dieser tat es, der mit Heiligem Geiste tauft. Und ich habe gesehen und habe bezeugt, dass dieser der Sohn Gottes ist

Das war das passende Zeichen für den Heiland. Raben mochten in Gottes Weisheit gebraucht worden sein, um den ausgehungerten Propheten an einem anderen dunklen Tag zu speisen; aber so war nicht das Erscheinen des Geistes, der vom Himmel herabkam, um auf Jesus zu bleiben. Die Taube allein konnte die richtige Form sein, denn sie ist das Symbol für die makellose Reinheit dessen, auf den Er kam. Doch kam Er auf Ihn als Menschen, aber Jesus war ein Mensch ohne Sünde; Er war genauso richtig Mensch wie jeder andere – aber doch wie anders war Er als alle vor und nach Ihm! Er war der zweite Mensch im klaren Gegensatz zu dem ersten Menschen. Und Er ist der letzte Adam: der Unglaube wartet vergebens auf eine höhere Entwicklung, wenn er Ihn übersieht, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte.

Man beachte wiederum, dass der Geist vor dem Tod des Herrn Jesus kam. Wenn Christus starb, so starb Er für andere. Wenn Er litt und ein Opferlamm wurde, so war es nicht für Ihn selbst. Jesus brauchte kein Blut, damit er anschließend mit dem heiligen Öl gesalbt werden könnte. Er war selbst der Heilige Gottes in genau jener Natur, die in jedem anderen Fall Gott verunehrt hatte.

Aber wenn der Geist auf Ihm als Menschen ruhte, ist Er es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Niemand konnte so taufen außer Gott. Es wäre Gotteslästerung, etwas anderes zu sagen. Es ist das vollste Vorrecht einer göttlichen Person, so zu handeln; und deshalb verkündigte Johannes der Täufer dies deutlich; und er weist in jedem Evangelium auf Jesus nur als auf den, der mit dem Heiligen Geist tauft, im Gegensatz zu ihm, der mit Wasser taufte. Es ist das mächtige Werk Jesu vom Himmel, so wie Er das Lamm Gottes am Kreuz war.

Obwohl das unmittelbare Ziel seines Auftrages, zu dem die Taufe gehörte, die Offenbarung Jesu für Israel war, weist Johannes auf Ihn hin als das Lamm Gottes in Bezug auf die Welt. Er bezeugt Ihn als den Ewigen, zu welcher Zeit auch immer Er kam (und sicherlich war es der richtige Augenblick, „die Fülle der Zeit“, wie uns der große Apostel in Galater 4,4 versichert), der nicht nur der Gegenstand des herabkommenden Heiligen Geistes ist, welcher auf Ihm bleibt, sondern der selbst mit dem Heiligen Geist tauft.

Joh 1,34: Und ich habe gesehen und habe bezeugt, dass dieser der Sohn Gottes ist.

Das war seine Seine persönliche Beziehung: nicht der Sohn des Menschen, der erhöht werden musste, wenn wir ewiges Leben haben sollten, sondern das Lamm Gottes und der Sohn Gottes. Auf der anderen Seite wird hier nicht der Vater von seinem eingeborenen Sohn bekanntgemacht oder offenbart, sondern Gott im Hinblick auf die große Tatsache der Sünde der Welt, und Jesus als sein Lamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. So ist die Taufe des Heiligen Geistes nicht lebendig machend, sondern jene Kraft des Geistes, die an dem Leben wirkt, das der Gläubige schon besitzt, sondert von allem ab, was vom Fleisch und von der Welt ist und bringt in Gemeinschaft mit Gottes Natur und Herrlichkeit, wie sie sich in Christus offenbart. Er war als Mensch auf Erden, nicht nur als Sohn Gottes, doch war Er sich immer dessen bewusst; wir, die so durch den Glauben an Ihn werden, werden unserer Gemeinschaft durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, bewusstgemacht. Aber das Herabkommen des Geistes, der Ihn salbte, brachte sogar Ihn in eine neue Stellung hier unten, wie die Evangelien zeigen. Alles hier ist öffentliche Verkündigung und erreicht folglich die Welt.

Wir haben vorher das Zeugnis des Johannes gehabt, das weit über den Messias in Israel hinausragte; wir sehen jetzt die Wirkung seines Dienstes:

Verse 35-39

Joh 1,35-39: Des folgenden Tages stand wiederum Johannes und zwei von seinen Jüngern, und hinblickend auf Jesum, der da wandelte, spricht er: Siehe, das Lamm Gottes! Und es hörten ihn die zwei Jünger reden und folgten Jesu nach. Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und spricht zu ihnen: Was suchet ihr? Sie aber sagten zu ihm: Rabbi (was verdolmetscht heißt: Lehrer) wo hältst du dich auf ? Er spricht zu ihnen: Kommet und sehet! Sie kamen nun und sahen, wo er sich aufhielt, und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde.

Nicht die vollste und klarste Darlegung der Wahrheit wirkt am meisten auf andere. Nichts wirkt so machtvoll wie der Ausdruck der Freude und des Entzückens des Herzens an einem Gegenstand, der es wert ist. So ist es hier. „Hinblickend auf Jesus, der da wandelte, spricht er: Siehe, das Lamm Gottes!“ Der Größte der von Frauen Geborenen erkennt den Heiland mit ungeheuchelter Huldigung an, und seine eigenen Jünger, die ihn hörten, folgen Jesus nach. „Er muss wachsen, ich aber abnehmen.“ Und so sollte es sein. Nicht Johannes, sondern Jesus ist der Mittelpunkt: ein Mensch, jedoch Gott, denn kein anderer konnte ein Mittelpunkt sein ohne Herabsetzung seiner göttlichen Herrlichkeit. Jesus hat diesen Platz inne, jedoch als Mensch ebenso. Welch wunderbare Wahrheit und wie ist sie kostbar und ermutigend für den Menschen! Johannes war der Knecht, der Gottes Absicht diente, und sein Auftrag war damit am besten erfüllt, dass seine Jünger Jesus nachfolgten. Der Geist Gottes verdrängt menschliche und irdische Motive. Wie konnte es in der Tat anders sein, wenn man wirklich glaubte, dass Er in seiner Person Gott auf Erden war? Er muss für alle, die Ihn kennen, der eine, ausschließliche und anziehende Mittelpunkt sein; und es war die Aufgabe des Johannes, Ihm den Weg zu bereiten. So sammelt hier sein Dienst Menschen für Jesus, er sendet sie von sich zu dem Herrn.

Aber wenn der Herr im Evangelium des Matthäus eine Stadt, wenn nicht ein Haus hatte, das wir nennen können, so bleibt hier bei Johannes unklar, wo Er wohnte. Die Jünger hörten seine Stimme, sie kamen und sahen, wo Er wohnte und sie blieben den ganzen Tag bei Ihm; aber für andere ist es ungenannt und unbekannt. Wir können verstehen, dass es so bei dem Einem sein sollte, der nicht nur Gott im Menschen auf Erden war, sondern dies als ganz von der Welt verworfen. Und so wirkt göttliches Leben an denen, die Sein sind: „Deswegen erkennt uns die Veit nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat“ (1Joh 3,1).

Auch hört das Werk dort und zu der Zeit nicht auf.

Verse 40-42

Joh 1,40-42: Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den zweien, die es von Johannes gehört hatten und ihm nachgefolgt waren. Dieser findet zuerst seinen eigenen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden (was verdolmetscht ist: Christus). Und er führte ihn zu Jesu. Jesus blickte ihn an und sprach: Du bist Simon. der Sohn Jonas; du wirst Kephas heißen (was verdolmetscht wird: Stein).

Sehr interessant wird es, wenn man betrachtet, wie die die erste Begegnung Jesus mit denen war, die, als sie Ihn aufnahmen, ewiges Leben in Ihm empfingen. Diese werden später die Stützen des neuen Gebäudes genannt, die das alte ersetzen sollte, Gottes Behausung im Geist. Aber alles konzentriert sich auf die Person Jesu, zu dem Simon von seinem Bruder gebracht wird, einer der beiden ersten, deren Seelen zu Ihm gezogen wurden, wenn sie auch noch sehr wenig seine Herrlichkeit erkannten. Und doch war es ein göttliches Werk, und das Kommen des Simon wurde mit einer Kenntnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beantwortet, die aussagte, wer und was Er war, der jetzt zu den Menschen auf Erden in Gnade redete.

Hier zeigt sich wieder der gleiche Grundsatz. Jesus, das Bild des unsichtbaren Gottes, die einzig vollkommene Offenbarung Gottes, ist der anerkannte Mittelpunkt über alle Konkurrenz hinaus. Wie das Evangelium in Johannes 11 berichtet, sollte Er sterben, um die zerstreuten Kinder Gottes zu versammeln und einszumachen; so wie Er demnächst alle Dinge im Himmel und auf Erden unter sein Haupt zusammenbringen wird (Eph 1,10).

Aber dann konnte seine Person nur der eine Mittelpunkt der Anziehung sein für jeden, der im Glauben sah, was Er für jedes Geschöpf zu sein berechtigt ist. Allein Er war gekommen, nicht nur, um Gott zu offenbaren und uns den Vater in sich, dem Sohn, zu zeigen, sondern um alles auf die Grundlage seines Todes und seiner Auferstehung zu stellen, indem Er Gott vollkommen verherrlicht hatte hinsichtlich der Sünde, die alles zerstört hatte. Danach sollte Er seinen Platz im Himmel einnehmen, Er, das verherrlichte Haupt über alles für die Versammlung, seinen Leib auf Erden, wie wir jetzt wissen. Auf dies wollen wir jedoch nicht näher eingehen, denn es schließt die Offenbarung der Ratschlüsse Gottes und des Geheimnisses ein, welches von Zeit und Ewigkeit her verborgen war und es würde uns eher zu den Briefen des Apostels Paulus führen. Dieser war das auserwählte Gefäß, diese himmlischen Wunder zu offenbaren.

Nun haben wir es mit Johannes zu tun, der uns den Herrn auf Erden sehen lässt als Menschen und doch als wahren Gott, der so die Herzen all derer zu sich zieht, die von Gott gelehrt wurden. Wäre Er, Jesus, nicht Gott gewesen, wäre es nicht nur ein Raub an Gott gewesen, sondern manchmal auch am Menschen. Jedoch: Die ganze Fülle wohnte in Ihm – wohnte in Ihm leibhaftig. Er war deshalb von Anfang an der göttliche Mittelpunkt für die Heiligen auf Erden, ebenso wie später, als der erhöhte Mensch der Mittelpunkt in der Höhe war. Zu Ihm als Haupt vereinte der Geist sie als Glieder seines Leibes. Letzteres konnte erst dann geschehen, als die Erlösung es entsprechend der Gnade, jedoch nur auf Grundlage der Gerechtigkeit, möglich machte. Was wir bei Johannes sehen, bezieht sich auf die Herrlichkeit seiner göttlichen Person: sonst hätte das Zu-Jesus-Bringen bedeutet: von Gott trennen und nicht für Ihn absondern, wie es wirklich ist. Aber Er war und ist in Wahrheit der einzige offenbarte Mittelpunkt, so wie Er der Einzige ist, der Gott offenbart, weil Er der wahre Gott und das ewige Leben ist, wenn Er auch im Fleisch offenbart wurde und so dem Menschen begegnete und ihn durch seinen Tod für Gott gewann.

Verse 43.44

Joh 1,43.44: Des folgenden Tages wollte er aufbrechen nach Galiläa, und er findet Philippus; und Jesus spricht zu ihm: Folge mir nach. Philippus war von Bethsaida aus der Stadt des Andreas und Petrus

Es ist etwas Ungeheures, von Jesus von der Wüste des eigenen Willens befreit zu werden oder von der Bindung des Herzens an den Willen eines Menschen, der stärker ist als wir selbst; es ist etwas Ungeheures, dass wir in Ihm nicht nur den Heiland/Messias gefunden haben, sondern auch den Mittelpunkt aller Offenbarungen, Absichten und Ratschlüsse Gottes, so dass wir uns mit Ihm versammeln, weil wir uns zu Ihm versammeln. Alles andere – welcher Vorwand und welche Behauptung auch immer zugrunde liegt – ist bloß ein Zerstreuen und deshalb vergebliche Mühe, wenn nicht noch Schlimmeres.

Aber wir brauchen mehr und finden mehr in Jesus, der nicht nur unser Mittelpunkt, sondern in der Tat unser „Weg“ auf Erden sein will, aber nicht von der Welt, weil Er nicht von der Welt ist. Denn Er ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Welch ein Segen liegt in solch einer Welt! Sie ist jetzt eine Wüste, wo es keinen Weg gibt. Er ist der Weg. Haben wir Angst, wohin wir gehen sollen, welchen Schritt wir tun sollen? Hier gibt es Fallen, die uns verführen, dort sind Gefahren, die uns erschrecken wollen. Über allem sagt die Stimme Jesu: „Folge mir nach.“ Kein anderer Weg ist sicher. Der Beste seiner Knechte kann irren, wie alle es getan haben. Aber selbst wenn es nicht so wäre, sagt Er: „Folge mir nach.“ Christ, zögere nicht länger! Folge Jesus nach. Du wirst eine tiefere und bessere Gemeinschaft mit denen finden, die Sein sind; aber dies nur in seiner Nachfolge, denn sie folgen Ihm nach. Nur achte gut darauf, dass es entsprechend dem Wort ist und nicht entsprechend deinen eigenen Gedanken und Gefühlen; denn sind sie besser als die der anderen? Suche deine Motive entsprechend dem Licht, wo du wandelst .„Wenn nun dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.“ Aber diese Einfältigkeit wird dadurch gesichert, dass wir auf Jesus schauen und nicht auf uns selbst oder auf andere. Wir haben von uns genug gesehen, wenn wir uns vor Gott gerichtet haben. Lasst uns Jesus nachfolgen: Ihm einzig und absolut, Ihm, einer göttlichen Person auf Erden, gebührt dies. Es ist die wahre Würde eines Heiligen; es ist die einzige Sicherheit für ihn, der sich noch in Acht nehmen muss vor der Sünde, die in ihm ist; es ist der Pfad echter Demut und wirklicher Liebe und der Pfad des Glaubens. Hierin sollen wir uns der Leitung des Heiligen Geistes gewiss sein, der hier ist, um Ihn zu verherrlichen, indem Er von den Seinen nimmt und sie uns zeigt.

Wer Christus gefunden hat und Ihm nachfolgt, sucht und findet bald andere. Aber diese sind nicht immer bereit, sogleich zu folgen. So beweisen es hier Philippus und der Sohn des Talmai, der hier nicht Bartholomäus, sondern Nathanael genannt wird. Und von dieser Stelle her lernen wir auch, dass ein Mensch, der auf anderen Gebieten herausragend ist, durch ein nicht geringes Maß an Vorurteilen gehemmt werden kann. Es ist eine heilsame Lektion, dass wir weder in unseren Erwartungen vorschnell sind und dass wir auf der anderen Seite auch nicht entmutigt werden, wenn jemand langsam zum Hören ist, wie wir oft erleben können.

Vers 45

Joh 1,45: Philippus findet den Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von welchem Moses in dem Gesetz geschrieben und die Propheten, Jesus, den Sohn des Joseph, den von Nazareth.

Nathanael war nicht im Geringsten darauf vorbereitet. Ganz gewiss wartete sein Herz auf den, von dem Mose und die Propheten geschrieben hatten; aber dass der Christus der Jesus von Nazareth, der Sohn des Joseph, war, musste er erst noch lernen. Er glaubte an die Herrlichkeit der Person des Messias, soweit sie das Alte Testament vorher offenbart hatte: Es kam ihm niemals der Gedanke, dass der Messias „aus Nazareth“ sein konnte, von dem „Sohn des Joseph“ ganz zu schweigen. Denn diese Stadt war sogar in den Augen eines verachteten Galiläers verachtenswert, der ohne Zweifel ihren erbärmlich schlechten moralischen Ruf aufgrund seiner eigenen praktischen Frömmigkeit umso mehr fühlte. Wenn Philippus gesagt hätte: „von Bethlehem, der Sohn Davids“, dann wäre nicht ein solcher Schock über den wartenden Juden gekommen. Aber der Herr wird hier in Wahrheit als solcher geschaut, der über allen irdischen Verhältnissen steht; nur deshalb konnte Er auch zu den Niedrigsten herabkommen. Denn Er war der Sohn Gottes, der nach Nazareth kam, und nur so konnte gesagt werden, dass Er „von Nazareth“ sei und „der Sohn Josephs“.

Wie dem auch sei, Nathanael hält mit seinen Zweifeln nicht zurück.

Vers 46

Joh 1,46: Und Nathanael sprach zu ihm: Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen? Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh!

Aber da sollte noch jemand anders sehen. Denn Jesus, der Nathanael zu sich kommen sah, ließ ihn Worte der Gnade über sich hören, die Nathanael wohl überraschten haben, als er so begrüßt wurde.

Vers 47

Joh 1,47: Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in welchem kein Trug ist.

Wenn der Geist der Weissagung entsprechend Psalm 32 wirkte, sollte er bald den Geist der Annahme und der Freiheit erfahren, womit der Sohn frei macht.

Vers 48

Joh 1,48: Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich ? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe Philippus dich rief; als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.

Er ist immer und überall in diesem Evangelium Gott. Selbst unbemerkt, hatte Jesus Nathanael gesehen. Er hatte ihn dort gesehen, wo er sich bestimmt von niemandem beobachtet geglaubt hatte; aber Er, der das Denken seines Herzens an jenem Fleckchen„unter dem Feigenbaum“ hörte, sah ihn auch dort! Das ist der unwiderstehliche Beweis seiner eigenen Herrlichkeit, seiner Allwissenheit und seiner Allgegenwärtigkeit. Und doch war der, der ihn sah, offensichtlich ein Mann von Fleisch und Blut. Er konnte kein anderer als der verheißene Messias sein – als der Immanuel, der Mitgenosse des HERRN, „der Herrscher über Israel, dessen Ausgänge von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her sind“ (Mich 5,2). Sein Vorurteil ist sofort verschwunden, so wie Nebel vor der Sonne in ihrer vollen Kraft vergeht. Er wäre nicht in der Lage gewesen, sich die Verbindung mit Nazareth oder mit Joseph zu erklären; aber ein guter Mensch würde nicht – nur ein schlechter Mensch konnte es – dem positiven Licht Dessen widerstehen, der alle Dinge kannte und sie in Gnade aussprach, um das Herz Nathanaels und das Herz jedes Menschen zu gewinnen, der sein Wort hört und Gott fürchtet. Und das gilt von damals an bis heute.

Aber es wird hier noch mehr mitgeteilt. Sicherlich ist der Feigenbaum nicht nur eine Tatsache oder ein ganz für sich bestehender Umstand, sondern er enthält auch hier die Bedeutung, die ihm, wenigstens in der Schrift, gemeinhin zugeteilt wird. In der großen Weissagung unseres Herrn wird der Feigenbaum als das Symbol der Nation gebraucht; und man kann nicht bezweifeln, dass das auch hier der Fall ist. Wenn Nathanael dort vor Gott in seinem Herzen über den erwarteten Messias und die Hoffnungen des auserwählten Volkes nachdachte, wie es viele, ja alle, zu jener Zeit taten, angeregt durch Johannes den Täufer – ja sie dachten schon, ob er der Christus sei oder nicht (Lk 3,15) – dann können wir umso besser begreifen, mit welch ungeheurer Kraft die Worte Jesu das Herz und Gewissen des unbescholtenen Israeliten getroffen haben müssen. Das scheint machtvoll durch sein eigenes Bekenntnis bestätigt zu werden!

Vers 49

Joh 1,49: Nathanael antwortete und sprach zu ihm: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels.

Es war ein Bekenntnis, das haargenau auf den Messias passte, entsprechend Psalm 2. Er mochte Jesus von Nazareth, der Sohn Josephs, sein; aber Er konnte sein und war niemand anderes als „mein [des HERRN] König“ und „der Sohn“ (Ps 2,6.12), wenn Er auch noch nicht auf Zion, dem Berg der Heiligkeit des HERRN, gesalbt war. Nathanael war jetzt ebenso bereitwillig und entschieden, wie er vorher langsam und vorsichtig gewesen war.

Auch stoppte der Herr nicht den Strom der Gnade und Wahrheit und Nathanael musste sich nicht wenige Gefäße leihen, bis es keines mehr gab, um den Segen aufzunehmen, der noch überfließen würde.

Verse 50.51

Joh 1,50.51: Jesus antwortete und sprach zu Ihm: Weil ich dir sagte: Ich sah dich unter dem Feigenbaum, glaubst du? Du wirst Größeres als dieses sehen. Und er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch! Von nun an werdet ihr den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen

War messianische Herrlichkeit der Horizont dessen, was Nathanaels Seele sah und in Jesus bekannte? Nicht „später“, sondern „von jetzt an“, „von heute“ sollten die Jünger, wo irdische Macht noch auf sich warten ließ, den geöffneten Himmel und die Huldigung seiner herrlichen Bewohner gegenüber dem verworfenen Messias, dem Sohn des Menschen, sehen. Ihm sollten alle Völker, Nationen und Zungen dienen, wenn Er seine ewige Herrschaft antreten würde, die nicht vergehen würde, und die ein Reich darstellte, das nicht zerstört werden würde. Dies war wirklich „Größeres“; das Pfand dafür sah Nathanael dann in dem Ruhen der Engel Gottes auf Ihm, den der Mensch verachtete und die Nation zu ihrer eigenen Schande und ihrem Verderben verabscheute, was aber zur Auswirkung göttlicher Ratschlüsse führte und zu einem unvergleichlich höheren Maß an Segen und Herrlichkeit als in Israel oder in ihrem Land. Das mag der Leser in Psalm 8 sehen, besonders wenn er berücksichtigt, wie das in 1. Korinther 15, Epheser 1 und Hebräer 2 verarbeitet wird.

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Anmerkungen

[1] Emanation: das Hervorgehen aller Dinge aus dem unveränderlichen, vollkommenen, göttlichen Einen (neoplatonische und gnostische Lehre); Welt und Lebewesen sind demnach in in einem stufenweisen Prozess („Emanation“) aus Gott hervorgegangen. (SW-Red.)

[2] Avatara: (Sanskrit, m., wörtl.: „der Herabsteigende“) im Hinduismus die körperliche Manifestation eines Gottes in Menschen oder Tiergestalt. (SW-Red.)

[3] Hegelianismus: Strömung in der Philosophie nach Hegel, der den Grundsatz vertrat: „Das Wahre ist das Ganze.“ (SW-Red.)

[4] Philonismus: Verschmelzung griechischer Philosophie mit jüdischer Theologie:
- dieselbe Wahrheit findet sich bei Juden und Griechen
- allegorische Umdeutung des AT. (SW-Red.)

[5] Platonismus: Strömung in der Philosophie nach Platon. (SW-Red.)

[6] Manichäismus: gnostische Weltreligion der Spätantike und des frühen Mittelalters, die von einem radikalen Dualismus ausging: Dem Herrscher des Lichtreichs (oft mit dem Gott des Alten Testaments gleichgesetzt) steht der König der Finsternis (der Teufel oder Ahriman) gegenüber. (SW-Red.)

[7] Authorised Version = King-James-Übersetzung, engl. Bibelübersetzung von 1611. (SW-Red.)

[8] Anm. d. Red.: AV: Authorised Version = King-James-Übersetzung, engl. Bibelübersetzung von 1611.

[9] Anm. d. Red.: Gnostizismus: von griech. gnósis = „die Erkenntnis“, religiöse esoterische Lehre des 2. und 3. Jahrhunderts, lehnt die Inkarnation ab, beurteilt die materielle Welt und auch den Körper negativ.

[10] Anm. d. Red.: Demiurg: von griech.: demiourgós = „Schöpfer, Handwerker“; in der Gnosis eine mythologische Figur.

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