Das Johannesevangelium (1)
Kapitel 1

Hamilton Smith

© SoundWords, online seit: 15.11.2003, aktualisiert: 06.07.2023

Leitverse: Johannes 1

Einleitung

Das Johannesevangelium ist in erster Linie das Evangelium, in dem die Herrlichkeit des Sohnes offenbart wird. Andere Evangelien stellen andere Herrlichkeiten unseres Herrn vor: Matthäus zeigt seine amtliche Herrlichkeit als Messias, Markus die Herrlichkeit seiner Erniedrigung als der Diener und Lukas stellt seine moralische Herrlichkeit als der Sohn des Menschen vor. Es ist jedoch das hohe Vorrecht des Johannes, seine persönliche Herrlichkeit als der Sohn darzustellen.

Wenn Christus als eine göttliche Person vorgestellt wird, bedeutet dies die Offenbarung jeder göttlichen Person. Das Evangelium beginnt mit der Vorstellung der Herrlichkeiten des Sohnes. Im weiteren Verlauf werden dann das Herz des Vaters (Joh 1,18), die Hand des Vaters (Joh 5,17) und das Haus des Vaters (Joh 14,1-3) offenbart und gegen Ende finden wir eine umfassende Darstellung des Heiligen Geistes.

Außerdem wird in diesem Evangelium ein völlig neuer Mensch nach einer neuen Ordnung vorgestellt. Der Herr spricht von sich selbst als dem „Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ (Joh 3,13) und als dem Sohn des Menschen, „welcher aus dem Himmel herniederkommt“ (Joh 6,33.50) und als dem Sohn des Menschen, der „dahin auffahren wird“ (Joh 6,62). Somit finden wir in dem Evangelium die zweifache Darstellung von Christus: zuerst den eingeborenen Sohn, der den Vater offenbart und anschließend den Sohn des Menschen, der einen Mensch nach einer neuen Ordnung vorstellt – ein Mensch, der auf der Erde wandelte und im Himmel wohnte.

Um diese unterschiedlichen Herrlichkeiten des Christus herauszustellen, werden verschiedene Bilder verwendet. In Johannes 2 ist Er der Tempel, in dem die Herrlichkeit Gottes wohnt. In Johannes 6 ist Er das wahre Brot, das vom Himmel gegeben wurde, um die Bedürfnisse des Menschen zu stillen. In Johannes 8 und Johannes 9 ist Er das Licht der Welt, das die Menschen aus der Dunkelheit herausführen soll. In Johannes 10 ist Er der Hirte, der seine Schafe aus der alten jüdischen zur neuen christlichen Herde führt. In Johannes 11 ist Er die Auferstehung und das Leben, damit der Mensch vom Tode errettet werde. In Johannes 12 ist Er das Weizenkorn, welches stirbt, damit eine Ihm gleiche Saat aufgeht. In Johannes 15 ist Er der wahre Weinstock, damit seine Jünger Frucht für den Vater hervorbringen können.

Ist man sich dessen bewusst, dass dieses Evangelium die großartige Absicht hat, uns die Herrlichkeit des Sohnes Gottes als eine göttliche Person vorzustellen, versteht man sofort, warum es in diesem Evangelium kein Geschlechtsregister gibt und weder die Geburt noch die frühen Jahre des Herrn beschrieben werden. Diese für den Glauben so kostbaren und an ihrem Platz wunderbaren und notwendigen Einzelheiten wären in einem Evangelium, in welchem die Herrlichkeit seiner Person als der Sohn vorgestellt wird, nicht angebracht. Als göttliche Person steht Er über jedem Geschlechtsregister. Im Markusevangelium dagegen nimmt Er als der Diener einen so niedrigen Platz ein, dass kein Geschlechtsregister notwendig ist.

Darüber hinaus werden uns bei der Darstellung des Fleisch gewordenen Wortes keine Einzelheiten genannt, die Christus mit der Erde und dem Volk Israel in Verbindung bringen. An keiner Stelle hat dieses Evangelium die Absicht, die Erfüllung von Verheißungen aus der Vergangenheit zu zeigen, die zukünftige Errichtung des Königreichs vorherzusagen oder uns über die gegenwärtige Gestalt dieses Königreichs zu belehren. Lasst uns nochmals daran denken, dass diese Wahrheiten an ihrem Platz notwendig und kostbar sind, obwohl sie bei Weitem nicht an Johannes’ großartiges Thema, uns die Herrlichkeit des Sohnes Gottes vorzustellen, heranreichen. Mit dem Kommen des Sohnes Gottes und der daraus folgenden Offenbarung göttlicher Personen und einer neuen Ordnung des Menschen, wird die alte jüdische Ordnung beiseitegesetzt und das Christentum eingeführt. 

Dieses Evangelium zeigt von Anfang an, dass sowohl das Volk Israel als auch die Welt im Ganzen als solche betrachtet werden, die in ihrer Verantwortlichkeit gänzlich gescheitert sind und im Gericht beiseitegesetzt werden, damit das Christentum eingeführt wird. Des Weiteren wird in diesem Evangelium das Christentum nach den Gedanken Gottes beschrieben und nicht nach dem Verfall der Christenheit. Denn das Evangelium wurde, so muss man bedenken, zu späterer Zeit geschrieben, nämlich als der von dem Apostel Paulus vorhergesagte Verfall bereits in dem christlichen Bekenntnis Einzug gehalten hatte. Somit werden wir also in diesem Evangelium über die Welt erhoben und von dem Judentum und der verderbten Christenheit weggelenkt, um die Segnungen des Christentums nach Gottes Gedanken, welches auf die Person des Sohnes Gottes gegründet ist, kennenzulernen.

Das Christentum mit Christus als Grundlage muss zwangsläufig das Wesen Christi haben – „wie der Himmlische so auch die Himmlischen“. Kapitel für Kapitel sehen wir, wie die alte Ordnung beiseitegesetzt wird und etwas völlig Neues eingeführt wird. In Johannes 1 macht das durch Mose gegebene Gesetz Platz der „Gnade und Wahrheit“, die durch Jesus Christus geworden ist. In Johannes 2 wird der Tempel in Jerusalem durch den Tempel seines Leibes ersetzt. In Johannes 3 gelangen „himmlische Dinge“ an die Stelle von „irdischen Dingen“. In Johannes 4 tritt die Fontäne des Wassers des Lebens an die Stelle des natürlichen Wassers aus dem Brunnen. In Johannes 5 werden der Teich und die heilende Bewegung des Wassers durch die allgewaltige Stimme des Sohnes Gottes beiseitegesetzt. In Johannes 6 nimmt das wahre Brot aus dem Himmel die Stelle des natürlichen Brotes ein. In Johannes 8 und 9 wird die Dunkelheit durch das Licht vertrieben. In Johannes 10 wird die jüdische Herde durch die christliche Schar beiseitegesetzt und in Johannes 11 wird der Tod durch das Leben ersetzt. Wir dürfen demnach sehen, wie alte Dinge vergehen und alle Dinge neu werden. Zeit wird ersetzt durch Ewigkeit, irdische Dinge durch himmlische Dinge. In Gedanken werden wir in eine Ewigkeit zurückversetzt, als es noch keine Zeit gab; geistlich werden wir über die irdischen Grenzen hinweg mitgenommen, um die Freuden des Vaterhauses zu schmecken.

Wie schön, dieses Evangelium zu betrachten, wenn in den Händen der Menschen alles verlorengegangen ist und wir uns mit göttlichen Personen beschäftigen, bei denen es keinen Zusammenfall geben kann, wie herrlich, die Absicht Gottes zu sehen, die der Zerfall nicht anrühren kann und an Schauplätze geführt zu werden, an denen niemals auch nur eine Spur menschlichen Unvermögens zu finden sein wird.

Wenn wir dieses Evangelium lesen, befinden wir uns von Anfang an in Berührung mit ewigen Dingen und himmlischen Schauplätzen. Wir sind in Gemeinschaft göttlicher Personen und doch können wir uns einfach ohne Furcht in solch hoher Gemeinschaft bewegen, denn diese herrliche Person, der ewige Sohn, ist uns so nahe gekommen, dass Er neben einer einsamen Sünderin am Brunnen Platz nehmen konnte und einen Jünger dazu bringen konnte, in seinem Schoß zu ruhen. Er weilte so wahrhaftig unter uns, dass Er jemanden um einen Schluck Wasser bittet, sich herablässt, anderen die Füße zu waschen, oder wiederum für andere ein wärmendes Feuer anzündet und ihnen eine Mahlzeit zubereitet, um sie zu speisen.

Das ewige Wort (Joh 1,1-18)

Das große Thema der einleitenden Verse des Johannesevangeliums ist die Herrlichkeit Christi als das ewige Wort. Zuerst werden unsere Gedanken auf die Ewigkeit gelenkt, um seine Herrlichkeit als göttliche Person kennenzulernen. In der Zeitlichkeit wird uns seine Herrlichkeit als der Schöpfer vorgestellt und schließlich folgt die Darstellung von dem Wort, welches Fleisch wurde, das uns seine Herrlichkeit als der ewige Sohn in Verbindung mit dem Vater offenbart.

Joh 1,1.2: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott.

Das Evangelium beginnt mit der erhabenen Aussage „Im Anfang war das Wort“. Sofort werden unsere Gedanken auf die Ewigkeit gerichtet, vor den Beginn der Zeit, als die Schöpfung noch nicht existierte. Wir lernen hier, dass die herrliche Person, die hier „das Wort“ genannt wird, keinen Anfang hat. Am Anfang von allem, was einen Anfang hatte, war das Wort, es begann nicht. „,Am Anfang war das Wort‘ ist der eigentliche Ausdruck, dass das Wort keinen Anfang hatte“ (J.N.D.).

Wir erfahren, dass das Wort eine ewige Person ist, denn das Wort, diese gepriesene Person, offenbart Gott – die Person der Gottheit, die in sich selbst, aber auch durch das, was Er tat und durch das, was Er geworden ist, der Ausdruck Gottes und seiner Gedanken ist.

Weiter heißt es, dass das Wort „bei Gott“ war. Das Wort ist nicht nur eine ewige Person, sondern auch eine unterschiedene Person in der Gottheit. Das Wörtchen „bei“ drückt außerdem nicht nur die Unterscheidung zwischen, sondern auch die Gemeinschaft unter den Personen der Gottheit aus. Dann heißt es: „Das Wort war Gott.“ In der ersten Aussage erfahren wir, dass das Wort eine ewige Person ist, was eigentlich schon in sich schließt, dass Er eine göttliche Person sein muss. Aber wenn es um die Herrlichkeit seiner Person geht, wird es nicht uns überlassen, eine Schlussfolgerung zu ziehen, so richtig diese auch sein mag. Es heißt ganz klar: „Das Wort war Gott“ – eine göttliche Person. 

Schließlich heißt es: „Dieses war im Anfang bei Gott.“ Dies ist nicht bloß eine Wiederholung der bereits erwähnten Tatsache, dass Er eine bestimmte Person bei Gott war, sondern wir erfahren hier eine weitere Wahrheit, dass Er von Ewigkeit an eine bestimmte Person war. So wacht der Geist Gottes sorgfältig über die Herrlichkeit seiner Person gegenüber solchen, welche die Eigenständigkeit seiner Person wohl zugeben würden, dann aber behaupten, dass es einen Zeitpunkt gab, an dem Er begann, als eine eigenständige Person zu existieren.

Sowohl der Herr, wenn Er von dem Beginn seines Dienstes spricht als auch Johannes, als er vom Beginn des Christentums redet, verwenden den Ausdruck „von Anfang“. Wenn hier von etwas die Rede ist, was keinen Anfang hat, finden wir zweimal den Ausdruck „im Anfang“. Des Weiteren ist es bemerkenswert, wenn es heißt „das Wort war bei Gott“ – nicht bei dem  Vater. In der gleichen Beziehung wie das Wort und Gott, stehen auch der Sohn und der Vater zueinander. Die Bezeichnung Gott umfasst nicht nur den Vater, sondern auch den Heiligen Geist und den Sohn. Das Wort und Gott sagen etwas über das Wesen göttlicher Personen: der Vater und der Sohn sprechen von den Beziehungen zwischen den göttlichen Personen. Das große Ziel dieser Verse ist es, die Herrlichkeit Christi als einer von Natur aus göttlichen Person festzustellen.

In diesen Anfangsversen stellt uns der Geist Gottes in so wenigen und überaus einfachen Worten die Herrlichkeit der Gottheit unseres Herrn vor. Das Wort ist eine ewige Person, eine unterschiedene Person in der Gottheit, eine göttliche Person und eine ewige bestimmte Person.

All die wunderbaren „himmlischen Dinge“, die in diesem Evangelium vor uns stehen, beruhen auf der Grundlage der Herrlichkeit der Person Christi. Die Gottheit des Sohnes in Frage zu stellen, bedeutet die Grundlage, auf der alle Segnungen für den Menschen basieren, zu untergraben. Egal, was für ein ausgeklügeltes religiöses System die Menschen errichten mögen oder wie sehr sie bekennen, den Namen Christi zu ehren, wenn sie nicht auf diesen Grund bauen, wird es zum Ruin kommen.

Joh 1,3: Alles ward durch dasselbe, und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist.

Nach der Darstellung der Herrlichkeit des Wortes als eine göttliche Person, gelangen wir von der Ewigkeit in die Zeit, um die zwei wunderbaren Wege kennenzulernen, in denen Gott durch das Wort kundgemacht wird: zuerst in der Schöpfung (Joh 1,3) und zweitens durch die Fleischwerdung (Joh 1,14). Hier heißt es in der Schrift „alles ward durch dasselbe“ – das Wort. Diese positive Aussage wird durch die Verneinung „ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist“ betont. Alle Dinge, groß und klein, ob Lebewesen oder nicht, geistlich oder materiell – alles, was geworden ist, ist durch das Wort geworden. Die Personen der Gottheit werden hier automatisch durch die Wortformen ausgeschlossen, von denen gesagt werden kann, dass sie waren, aber nicht „wurden“. Mit der Schöpfung wird nicht nur bezeugt, dass es einen Schöpfer gibt, sondern durch ihr Ausmaß auch die Größe des Schöpfers offenbart. „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk. Ein Tag berichtet es dem anderen und eine Nacht meldet der anderen die Kunde davon“ (Ps 19,2.3; Röm 1,20).

Joh 1,4: In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

Wenn Vers 3 von dem spricht, was durch das Wort geworden ist, erfahren wir in Vers 4, was in dem Wort ist: „In ihm war Leben.“ Mit dieser Aussage gelangen wir von der Beziehung des Wortes zum gesamten geschaffenen Universum, zu seiner Beziehung zu den Menschen. Demnach kann es sich bei dem „Leben“, von dem hier die Rede ist, nicht um das natürliche Leben aus der Schöpfung handeln. Zweifellos ist das Wort, als der Schöpfer, die Quelle des natürlichen Lebens, welches, wenn es gegeben wird, sei es in Pflanzen oder Tieren, sich selbst vermehrt. Hier ist mit Leben göttliches Leben gemeint, welches das Licht der Menschen wird, die bereits natürliches Leben haben. Das Leben kann anderen mitgeteilt werden, das Leben wurde jedoch niemals dem Wort mitgeteilt – „in ihm war Leben“.

Dieses Leben war das Licht der Menschen. Der Herr kann sagen: „Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Das Leben in dem Wort war die vollkommene Offenbarung des unsichtbaren Gottes gegenüber dem Menschen. Das natürliche Licht offenbart nicht das Herz Gottes. Auch das Licht des Verstandes kann Gott nicht finden, sondern nur das Licht des Lebens in dem fleischgewordenen Wort kann Gott kundmachen.

Joh 1,5: Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.

Der Mensch ist gefallen, wenn also das Licht den Menschen scheint, dann scheint es in die Finsternis oder Unkenntnis in Bezug auf Gott. Darüber hinaus erfahren wir: „Die Finsternis hat es nicht erfasst.“ Das bedeutet, dass geistliche Finsternis nicht nur Unkenntnis oder die Abwesenheit von Licht bedeutet, sondern dem Licht entgegensteht. Natürliches Licht hätte die eigentliche Dunkelheit verbannt, aber solange der Mensch auf sich gestellt ist, wird geistliche Finsternis nicht durch geistliches Licht verbannt. Das Licht des Lebens des Wortes, zeigt die moralische Schwachheit des Menschen auf, wie es später die Liebe seines Lebens den Hass des Menschen zutage treten lässt.

Joh 1,6-9: Da war ein Mensch, von Gott gesandt, sein Name Johannes. Dieser kam zum Zeugnis, auf dass er zeugte von dem Lichte, damit alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern auf dass er zeugte von dem Lichte. Das war das wahrhaftige Licht, welches, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet.

In den Anfangsversen haben wir die Herrlichkeit des Wortes in Verbindung mit Gott, dann mit der Schöpfung und zuletzt mit dem Menschen gesehen. In den folgenden Versen lernen wir, wie Gott dem Menschen das Licht in dieser Welt dargestellt hat. Gott gibt nicht nur das Licht, sondern Er sendet einen Vorläufer, um den Menschen auf das Licht aufmerksam zu machen. Von Johannes dem Täufer werden keine Einzelheiten genannt, die in Verbindung mit dem Judentum oder irdischen Dingen stehen. Er wird hier als „von Gott gesandt“ betrachtet, und als Zeuge von dem, welches völlig neu ist – das Licht. In anderen Evangelien bezeugt er den König und sein Königreich für das bußfertige Volk Israel; an dieser Stelle zeugt er von dem Licht für alle Menschen.

Wenn Gott jedoch einen Vorläufer sendet, wacht Er doch sorgfältig über die Herrlichkeit Christi. So groß Johannes auch gewesen sein mag, es gibt nur Einen, welcher das Licht ist. Johannes war zwar die „brennende und scheinende Lampe“ (Joh 5,35), das Wort aber war das Licht, welches in die Welt kam, um jeden Menschen zu erleuchten. Das Licht wirkte in zweifacher Hinsicht: Es stellte den Menschen bloß, offenbarte jedoch Gott. Sicher, der Herr wandelte umher Gutes tuend, der Grund dafür war jedoch, Gott bekannt zu machen. Er öffnete nicht einfach blinde Augen, um die Blindheit zu heilen, sondern um die Liebe Gottes in Verbindung mit den Bedürfnissen des Menschen zu zeigen. Licht ist die Offenbarung Gottes in Liebe gemäß der vollen Wahrheit über den Zustand des Menschen und der Heiligkeit Gottes.

Joh 1,10.11: Er war in der Welt, und die Welt ward durch ihn, und die Welt kannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an; …

Dann erfahren wir von der Wirkung des Lichtes auf den sich selbst überlassenen Menschen. Die Welt kannte Ihn nicht und die sein waren, die Juden, wollten Ihn nicht aufnehmen. Das Licht offenbart, dass der Mensch nicht nur äußerst unempfindsam gegenüber Gutem und Vollkommenem ist, sondern sich sogar dem Einen, in dem sich alles Gute kundtat, widersetzte. Sich selbst überlassen, ist der Zustand des Menschen hoffnungslos.

Joh 1,12.13: … so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, welche nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.

Gott überlasst in seiner souveränen Gnade  den Menschen jedoch nicht vollständig sich selbst. Er wirkt in Gnade in ihm, mit dem Ergebnis, dass einige Christus aufnehmen – die an seinen Namen glauben – und ihnen das Recht gegeben wird, Kinder Gottes zu werden. Diese bilden eine neue Schöpfung, nicht durch natürliche Fortpflanzung – weder aus Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen des Mannes –, sondern aus dem neuen von Gott gegebenen Leben.

Joh 1,14: Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater), voller Gnade und Wahrheit;

Die ersten dreizehn Verse zeigen die Herrlichkeiten der Person Christi. Er ist das Wort, eine ewige, eigenständige und göttliche Person in der Gottheit. Er ist der Schöpfer aller Dinge, derjenige, in welchem Leben ist und der das Licht jedes Menschen ist.

Nun erfahren wir in den Versen 14-18, wie seine wunderbare Person in diese Welt kam, um den Menschen das Licht des Lebens zu bringen. Der, welcher im Anfang das Wort war, wird Fleisch. Wir haben gesehen, wer Er in Person ist, wer Er in Ewigkeit war und nun wird uns gesagt, was Er in der Zeit wird. Es wird nicht gesagt, dass Er durch Menschwerdung Wort wurde, sondern dass das Wort Fleisch wurde.

Dieses gewaltige Ereignis – die Menschwerdung des ewigen Wortes – lässt uns wunderbare und gesegnete Ergebnisse erwarten. Drei der herausragenden Wirkungen der Menschwerdung werden uns in diesen Versen vorgestellt: als Erstes haben wir die Offenbarung der ewigen Beziehungen zwischen den göttlichen Personen, als Zweites finden wird die Haltung Gottes gegenüber dem Menschen und als Drittes die volle Offenbarung Gottes.

  1. Die ewigen Beziehungen zwischen den göttlichen Personen
    Nachdem das Wort Fleisch wurde, kann der Apostel sagen: „Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater.“ Die Herrlichkeit, die sie anschauten, ging nicht aus der Menschheit hervor, die Er angenommen hatte, sondern aus seiner Beziehung innerhalb der Gottheit. Seine Herrlichkeit war einzigartig, die Herrlichkeit eines eingeborenen Sohnes, eine Beziehung, die Er in Gemeinschaft mit Gott als Vater genoss. Somit wird, wenn von seiner Menschheit gesprochen wird, die Herrlichkeit seiner Person sorgfältig gewahrt.

  2. Die Haltung Gottes gegenüber dem Menschen
    Durch das Fleisch gewordene Wort erfahren wir dann, was im Herzen Gottes gegenüber dem Menschen ist. Der, welcher Fleisch wurde, wohnte unter uns „voller Gnade und Wahrheit“. Er kam mit einem Wesen, das genau zu dem Menschen passte. Er kam nicht, um etwas von den Menschen zu fordern, wie im Gesetz, sondern als der Geber, der den Unwürdigen in Gnade Segen bringt. Mit Christus kam außerdem die volle Wahrheit. Es war zwar alles wahr, was Mose und die Propheten gesagt hatten, jedoch war es nicht die volle Wahrheit. Das Gesetz sagt, wie der Mensch sein sollte, sagt aber nicht, wie er ist. „Christus zeigte nicht, wie etwas sein sollte, sondern wie etwas war … Christus sagt mir die Wahrheit über alles, Gutes und Böses gleichermaßen“ (J.N.D.).

Joh 1,15: (Johannes zeugt von ihm und rief und sprach: Dieser war es, von dem ich sagte: Der nach mir Kommende ist mir vor, denn er war vor mir.)

Das Zeugnis Johannes des Täufers über diese herrliche Person, die im Fleisch kam, wird wiederum erwähnt. Der Eine, der voll Gnade und Wahrheit ist, nimmt in der Zeit einen weitaus höheren Platz ein, da Er vor Johannes war: Er war von Ewigkeit her.

Joh 1,16.17: Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.

Darüber hinaus war die Menschwerdung des Wortes und das Wohnen unter uns nicht nur der Ausdruck der Fülle der Gnade, die in Christus war, sondern, so sagt der Apostel, „aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade“. Er war nicht nur auf der Erde, um sich selbst in Gnade darzustellen, sondern, um diese Gnade an andere weiterzugeben und zwar überreichlich – Gnade um Gnade. Das durch Mose gegebene Gesetz war fordernd, es verlangte von dem Menschen das zu sein, was er in seiner Beziehung zu Gott und zu seinem Nächsten sein sollte. Die Gnade, die durch Jesus Christus gekommen ist, bringt dem Menschen Segen gemäß dem, was er ist in all seiner Not. Gleichzeitig hält sie vollkommen die Wahrheit über das, was Gott in seiner unendlichen Heiligkeit ist, aufrecht.

Joh 1,18: Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.

  1. Die Offenbarung Gottes 
    Nachdem das Wort Fleisch geworden war, wird Gott voll kundgemacht. In den Tagen des Alten Testamentes gab es Teilkundmachungen Gottes durch die seinem Namen hinzugefügten Attribute „der Allmächtige“ und „der unveränderliche HERR“ – jedoch wurde das Herz Gottes nicht vor dem Kommen seines Sohnes offenbart. Kein Mensch war so groß, dass er Gott kundmachen konnte. Niemand außer einer göttlichen Person konnte Ihn als göttliche Person offenbaren. „Niemand hat Gott jemals gesehen.“ Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoss ist, der hat den Vater kundgemacht, weil Er Ihn kannte. Wie schon gesagt wurde, beschreibt dies nicht nur „das Wesen seiner Herrlichkeit hier auf Erden; es ist das, was Er war, was Er gewesen ist, was Er immer sein wird in dem Schoß des Vaters in der Gottheit: Also hat Er Ihn kundgemacht.“

Das dreifache Zeugnis Johannes des Täufers (Joh 1,19-37)

Nach den einleitenden Versen, wird in diesem Evangelium ein bemerkenswertes Zeugnis von Christus dargestellt, welches an drei aufeinander folgenden Tagen durch Johannes den Täufer gegeben wurde. Nach diesem Zeugnis stellt sich der Herr selbst ebenfalls an drei aufeinander folgenden Tagen vor.

Das Zeugnis durch Johannes am ersten Tag wird uns in den Versen 19-28 berichtet. Das Zeugnis des zweiten Tages finden wir in den Versen Johannes 1,29-34, beginnend mit den Worten „des folgenden Tages“. Das Zeugnis des letzten Tages wird in den Versen 35-37 aufgeführt und durch die Worte eingeleitet „des folgenden Tages … wiederum“.

Das Zeugnis Johannes des Täufers, wie es im Johannesevangelium dargestellt wird, steht in einem bemerkenswerten Gegensatz zu den Berichten von Matthäus und Lukas über dieses Zeugnis. In den ersten Evangelien, gibt Johannes ein Zeugnis in Gegenwart von Sündern ab; hier in Gegenwart des Sohnes Gottes. Mit den Volksmengen vor sich, spricht er als ein Prophet, der das Gewissen zu erreichen sucht, um die Menschen von ihren Sünden zu überführen. In der Gegenwart einer göttlichen Person spricht er als Anbeter, in Zuneigung und einfachen Worten spricht er von dem, dessen er nicht würdig ist, Ihm die Riemen seiner Sandalen zu lösen. An der einen Stelle beschwert ihn die Sündhaftigkeit des Volkes; hier ist er von der Herrlichkeit Christi erfüllt. Für Johannes ist Christus alles in allem geworden; er selbst ist nur eine Stimme, die bald verstummen wird.

Am ersten Tag von Johannes’ Dienst ist es seine schöne Absicht, sich selbst zu verbergen, um Christus größer zu machen. Das Thema des zweiten Tages ist die Herrlichkeit der Person Christi und die Größe seines Werkes, wenn Er das Bedürfnis der Welt stillt. Am letzten Tag seines Dienstes stellt er die Person Christi vor, um die Herzen der Gläubigen zufriedenzustellen.

Der erste Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer (Joh 1,19-28)

Der Grund dafür, dass Johannes an diesem Tag in den Hintergrund tritt, liegt darin, dass er Christus als den neuen Mittelpunkt des Zusammenkommens für sein Volk vorstellen will. Mit dem Gedanken, sich um Christus zu versammeln, tauft er anschließend, um die Gläubigen von dem verderbten Religionssystem jener Tage zu trennen. Schließlich macht er deutlich, dass der Christus, zu dem hin sich die Gläubigen versammeln, von der religiösen Welt abgelehnt wurde.

Joh 1,19-21: Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden aus Jerusalem Priester und Leviten sandten, damit sie ihn fragen sollten: Wer bist du? Und er bekannte und leugnete nicht, und er bekannte: Ich bin nicht der Christus. Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias? Und er sagt: Ich bin’s nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein.

Diese Wahrheiten treten durch Johannes’ Gespräch mit den Vertretern der Juden ans Licht. Die Priester und Leviten, die von Jerusalem gesandt wurden, stellen Johannes die Frage: „Wer bist du?“ Mit einem Herzen, das von Christus erfüllt ist, entgegnet dieser: „Ich bin nicht der Christus.“ Eine bemerkenswerte Antwort, da es bei der Frage nicht um Christus ging. Es ist als ob Johannes sagte: „Ihr seid zwar zu mir gekommen, aber ich bin nicht der, den ihr braucht, ich bin nicht der Christus.“ Als treuer Zeuge stellt er Christus vor und verbirgt sich selbst. Je mehr sie ihn über ihn selbst befragen, desto kürzer werden seine Antworten. Sie sagen: „Bist du Elias?“ Er antwortet: „Ich bin’s nicht.“ Sie fragen: „Bist du der Prophet?“, er antwortet mit einem einzigen Wort: „Nein.“ Johannes nimmt ab, damit Christus zunehmen möge.

Joh 1,22.23: Sie sprachen nun zu ihm: Wer bist du? Auf dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben; was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin die „Stimme eines Rufenden in der Wüste: Machet gerade den Weg des Herrn“, wie Jesajas, der Prophet, gesagt hat.

„Sie sprachen nun zu ihm: Wer bist du?“, und er entgegnet darauf, dass er nur eine „Stimme“ sei. Er ist nicht der von Maleachi vorhergesagte Elias, er ist nicht der von Moses verheißene Prophet, er ist nur die Stimme, von der Jesaja gesprochen hatte. Er lehnt es ab, ein Platz als Mittelpunkt des Zusammenkommens für das Volk Gottes zu sein, er lehnt es ab, einen Namen anzunehmen, um sich selbst unter dem Volk Gottes zu erhöhen. Er ist einfach eine Stimme, die gehorsam gegenüber dem Worte Gottes von Jesus spricht. Außerdem spricht er von Jesus in einer öden Welt, wo es für Gott nichts gibt und inmitten eines Volkes, welches ohne Gottesfurcht ist.

Joh 1,24.25: Und sie waren abgesandt von den Pharisäern. Und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Was taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist, noch Elias, noch der Prophet?

Wenn Johannes es zwar ablehnt, ein neuer Mittelpunkt des Zusammenkommens zu werden, warum tauft er dann? Die Pharisäer waren sich sehr wohl dessen bewusst, dass Taufe den Tod bedeutete und somit Trennung, denn der Tod ist die große Trennung. Die Taufe des Johannes bedeutete die Trennung von etwas aus der alten Ordnung, um an etwas völlig Neuem teilzuhaben. Was ist denn, so fragen die Pharisäer, der neue Mittelpunkt des Zusammenkommens, wenn Johannes es offensichtlich ablehnt, zum Anführer oder Mittelpunkt zu werden?

Joh 1,26-28: Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser; mitten unter euch steht, den ihr nicht kennet, der nach mir Kommende, dessen ich nicht würdig bin, ihm den Riemen seiner Sandale zu lösen. Dies geschah zu Bethanien, jenseits des Jordan, wo Johannes taufte.

In seiner Antwort sagt Johannes, dass er mit Wasser tauft und schließt damit ein, dass für das Zusammenkommen um Christus eine Absonderung von dem verderbten religiösen System jener Zeit stattfinden muss. Er weist weiterhin klar auf die Notwendigkeit dieser Absonderung hin. Die religiösen Juden beachteten Christus nicht. Er stand mitten unter ihnen, jedoch als Unbekannter. Er war nicht nur der Welt unbekannt, sondern auch bei den Priestern und Leviten aus Jerusalem. Doch der Unbekannte ist so groß, dass Johannes sagen kann, er sei nicht würdig „ihm den Riemen seiner Sandale zu lösen“.

Er ist aber nicht nur unbekannt, sondern befindet sich zudem an einem Platz außerhalb, „jenseits des Jordan“. Christus wird somit in diesem Evangelium von Anfang an als der vom Volk Verworfene vorgestellt, der sich außerhalb an dem Ort der Schmach aufhält.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. So wie Christus von den religiösen Volksmengen in den letzten Tagen des Judentums behandelt wurde, so wird er von dem religiösen Bekenntnis in den letzten Tagen der Christenheit behandelt. So kostbar Er Einzelnen ist, ist Er doch in dem toleranten religiösen Bekenntnis nach wie vor unbekannt. Er steht immer noch außerhalb des verderbten Religionssystems der jetzigen Zeit. Er befindet sich noch immer am Ort der Schmach und Ablehnung. Dies ist sicher traurig, sollte uns jedoch nicht überraschen, denn wir werden vorher darauf hingewiesen, dass wir Christus im letzten Stadium der Christenheit außerhalb der Tür des toleranten christlichen Bekenntnisses finden werden (Off 3,20).

Der zweite Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer (Joh 1,29-34)

Am ersten Tag bereitet Johannes den Weg für den Herrn, indem er sich selbst verbirgt, damit Christus die Gedanken der Menschen ausfüllt. An diesem zweiten Tag nun legt er ein Zeugnis von der Herrlichkeit der Person und des Werkes Christi ab. Er ist das Lamm Gottes und der Sohn Gottes. Als Lamm Gottes nimmt Er die Sünde der Welt hinweg; als der Sohn Gottes tauft Er mit Heiligem Geist.

Joh 1,29: Des folgenden Tages sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.

Johannes beginnt an diesem Tag sein Zeugnis mit der Aussage: „Siehe das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.“ Dies stellt zwei Teile des Werkes Christi vor uns: Das Erste ist, dass Er als von Gott gegebenes Opfer mit der Sünde in Berührung kommt, indem Er am Kreuz zur Sünde gemacht wurde, das Zweite ist, dass Er zu einem zukünftigen Zeitpunkt die Sünde an sich aus der Welt wegnehmen wird.

Das Lamm bezieht sich hier auf das Opfer am Kreuz. Mit dem „Lamm Gottes“ ist, im Gegensatz zu den von Menschen dargebrachten Opfern in alttestamentlicher Zeit, ein von Gott gegebenes Opfer gemeint. Das Endresultat dieses großen Opfers wird schließlich darin bestehen, dass alle Spuren der Sünde aus der Welt beseitigt werden. Die Worte „welches die Sünde der Welt hinwegnimmt“ sagen uns, was der Herr Jesus zukünftig als Ergebnis seines Werkes, welches Er als Lamm Gottes in der Vergangenheit getan hat, tun wird.

Sünde ist Gesetzlosigkeit, das heißt, der Mensch handelt nach seinem eigenen Willen, ohne an Gott zu denken oder Ihn zu fürchten. Das ganze Elend dieser Welt resultiert aus dem eigenwilligen Handeln des Menschen in einer Welt voller Sünde. Der Herr wird jede Spur von Sünde hinwegnehmen, indem Er alles Gott unterwerfen wird. Das bedeutet also, dass der Gläubige heute von der Macht der Sünde erlöst wird, indem er Gott unterworfen wird. Aufgrund der Tatsache, dass unser alter Mensch mit Christus gekreuzigt ist, halten wir uns der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus. Der von der Sünde beherrschte Mensch denkt nicht an Gott, während der Gläubige Gott vor sich stellt; sein Bestreben ist es, nach dem Willen und Wohlgefallen Gottes zu leben und dadurch ist er von der Macht der Sünde befreit. Was derzeit für den Gläubigen gilt, der sich selbst der Sünde für tot hält und lebend für Gott in Christus Jesus, wird in gewissem Umfang auch für die Welt im Tausendjährigen Reich gelten, wenn die Menschen sich Gott und seiner Herrschaft der Gerechtigkeit unterwerfen müssen und wird sich schließlich absolut im neuen Himmel und der neuen Erde, wo Gerechtigkeit wohnt, bewahrheiten. Dann wird Gott mit dem Menschen an einem Ort weilen, an dem Gottes Willen von allen in allem ausgeführt wird. Keine Spur von Sünde wird diesen Schauplatz trüben; Gott wird alles in allem sein und das Gebet „Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden“ wird erhört werden.

Joh 1,30: Dieser ist es, von dem ich sagte: Nach mir kommt ein Mann, der mir vor ist, denn er war vor mir.

Dann zeugt Johannes von der Größe des Einen, der als das Lamm Gottes dieses Werk vollbringen wird. Er sagt: „Dieser ist es, von dem ich sagte, nach mir kommt einer, der vor mir ist, denn er war vor mir.“ Zeitlich gesehen, war Christus nach Johannes gekommen; was die Stellung anging, nimmt Er jedoch eine Vorrangstellung weit über Johannes ein, da Er in Ewigkeit vor Johannes existierte.

Joh 1,31: Und ich kannte ihn nicht; aber auf dass er Israel offenbar werden möchte, deswegen bin ich gekommen, mit Wasser taufend.

Johannes ist darauf bedacht zu zeigen, dass seine Kenntnis der Herrlichkeit der Person Christi gänzlich außerhalb des Fleisches war. Diese hatte er nicht durch natürliche Kenntnis des Herrn aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen erlangt. Zweimal sagt er: „Ich kannte ihn nicht.“ Des Weiteren beantwortet er die von den Pharisäern gestellte Frage: „Was taufst du denn?“ Er erklärt, dass er die alte Ordnung durch die Taufe abschließt, damit Christus Israel als das große Zentrum der neuen Ordnung offenbar wird. Er wollte sich selbst nicht offenbaren, er verbarg sich selbst, damit Christus offenbart werden sollte.

Joh 1,32: Und Johannes zeugte und sprach: Ich schaute den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herniederfahren, und er blieb auf ihm.

Dann gibt Johannes Christus einen einzigartigen Platz. Er berichtet, dass der Geist wie eine Taube auf Ihn herniedersteigt und auf Ihm bleibt. Es war nicht neu für den Heiligen Geist, zu einem bestimmten Zweck über Menschen zu kommen, es war jedoch völlig neu für den Heiligen Geist, dort zu „bleiben“. Jesus empfängt den Heiligen Geist als Mensch aufgrund seiner Vollkommenheit und als Sohn aufgrund seiner Beziehung zu dem Vater. Wir sind versiegelt, dadurch dass wir Söhne sind durch Glauben an Ihn durch die Erlösung, die Er vollbracht hat.

Joh 1,33.34: Und ich kannte ihn nicht; aber der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herniederfahren und auf ihm bleiben, dieser ist es, der mit Heiligem Geiste tauft. Und ich habe gesehen und habe bezeugt, dass dieser der Sohn Gottes ist.

Der Geist steigt „wie eine Taube“ auf Christus herab und nicht wie Feuerzungen an Pfingsten. Das Feuer bedeutet Erprobung und Selbstgericht. Wenn der Geist auf uns kommt, wird alles Fleischliche von Ihm geprüft und fordert Selbstgericht. Das bringt Johannes dazu, von dem zweiten Teil des Werkes Christi zu sprechen: „… der mit dem Heiligen Geiste tauft.“ Er bringt nicht nur die Erlösung als das Lamm Gottes, sondern als der Sohn Gottes spricht Er von dem Heiligen Geist, damit Erlöste in die Segnung ihrer Stellung als Söhne gelangen. Johannes schreibt, dass der, welcher den Heiligen Geist gibt, der Sohn Gottes ist. Wer außer einer göttlichen Person kann eine göttliche Person geben? Diese Titel, die Johannes dem Herrn gibt, gehen weit über das hinaus, was Christus in Bezug auf Israel ist. Als das Lamm Gottes vollbringt Er ein Werk für die ganze Welt, welches eine weltweite Auswirkung hat. Als das Lamm in der Offenbarung ist Er der Mittelpunkt aller Erlösten. Dann kann die Taufe mit dem Geiste nicht auf Israel beschränkt sein. In der Schrift heißt es: „Es wird geschehen …, spricht Gott, dass ich von meinem Geiste ausgießen werde auf alles Fleisch“ (Apg 2,17). Als Sohn Gottes hat Christus auch Gewalt über die Nationen (Ps 2).

Der dritte Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer (Joh 1,35-37)

Joh 1,35-37: Des folgenden Tages stand wiederum Johannes und zwei von seinen Jüngern, und hinblickend auf Jesus, der da wandelte, spricht er: Siehe, das Lamm Gottes! Und es hörten ihn die zwei Jünger reden und folgten Jesus nach.

Am ersten Tag seines Dienstes stellt sich Johannes, der größte unter den von Frauen geborenen, in der Gegenwart Jesus in den Hintergrund. Am zweiten Tag zeugt er von der Herrlichkeit der Person Christi und der Größe seines Werkes. An diesem letzten Tage schließlich, sagt er nichts über das Werk Christi oder die Gaben Christi, sondern spricht einzig und allein von der Person Christi. Er ruft: „Siehe, das Lamm Gottes.“ Dies war vielleicht nicht so sehr ein Zeugnis für andere, sondern vielmehr die Bewunderung eines von der Schönheit Christi erfüllten Herzens. Was Johannes an diesem Tag über den Herrn Jesus sagt, ist das Ergebnis seines Schauens auf Jesus und nicht das Resultat davon, dass er von Ihm in den Propheten gelesen oder durch andere von Ihm gehört hatte. Wir lesen, dass Johannes da stand „und hinblickend auf Jesus, der da wandelte, spricht er: Siehe, das Lamm Gottes“.

Wie gut täte es uns, wenn wir mitten in der Hetze und Eile des alltäglichen Lebens einmal für eine Weile stillstehen würden, um auf „Jesus, der da wandelte“ zu sehen – unsere Seele mit der Schönheit und Vortrefflichkeit, der Freundlichkeit und Warmherzigkeit, der Lieblichkeit und Milde, der Heiligkeit und Liebe Jesu zu laben, die jeden Schritt seines Lebens durch diese dunkle Welt voll Sünde und Kummer kennzeichneten und dann, mit gefüllten Herzen, andere auf die Lieblichkeit dessen aufmerksam zu machen, an dem alles lieblich ist, um wie Johannes einst zu sagen: „Siehe, das Lamm Gottes.“

Die Wirkung eines solchen Dienstes sieht man an den zwei Jüngern, die Johannes reden hörten. Sie hörten Johannes, aber sie folgten Jesus. Offensichtlich hatten sie Johannes in den vergangenen Tagen unbeweglich zugehört, der Dienst des dritten Tages jedoch, der aus einem mit Christus erfüllten Herzen kam, erreichte die Herzen, die Ihn brauchten.

Die Wirkung davon, auf Jesus zu sehen, der wandelt, muss darin bestehen, dass wir seine Liebe zu uns bemerken. Dann ist es so, dass seine Liebe, die unsere Liebe hervorbringt, uns so zu Ihm zieht, dass wir hinter Ihm her gezogen und Nachfolger Christi werden. Sind wir nicht oft zufrieden damit, dass wir durch das Werk Christi errettet und mit dem Geist versiegelt worden sind, ohne dass wir Christus entschieden nachfolgen? Christus nachzufolgen bedeutet mehr als an Ihn zu glauben. Sicherlich gehört der Glaube an Ihn dazu, denn ein Nachfolger muss ein Glaubender sein, und doch ist ein Gläubiger nicht immer ein Nachfolger. Nachfolge heißt, dass Er der große Gegenstand unserer Seelen geworden ist – der Eine, der das Leben regiert und steuert. Ist nicht der Mangel solch entschiedener Nachfolge insgeheim die Ursache von den wenigen Fortschritten, die wir in unserem geistlichen Leben machen und kennzeichnet nicht dieser Mangel den Unterschied zwischen echter Hingabe und Halbherzigkeit?

Das dreifache Zeugnis Christi (Joh 1,38–2,11)

Christus ist das Thema jeden wahren Gottesdienstes und dessen Ziel wird erreicht, wenn alle, die zuhören, entschiedene Anhänger Christi werden. Wenn nun die beiden Jünger in solch echter Zuneigung zu Christus hingezogen werden, dass es sie drängt, Ihm nachzufolgen, ist das Ziel von Johannes’ Dienst erreicht.

Im Anschluss an Johannes’ Zeugnis finden wir den Beginn des Dienstes Christi. Was in dieser Reihenfolge damals historisch so ablief, gilt auch heute noch für den geistlichen Verlauf des Gläubigen. Wenn wir, durch den Dienst eines Dieners des Herrn, zu Christus hingezogen werden, dann darum, auf dass wir seinen eigenen wunderbaren Dienst der Liebe erfahren.

Genau wie bei Johannes, so wird auch sein Dienst an drei aufeinander folgenden Tagen vorgestellt. Den Dienst des ersten Tages finden wir in den Versen 38-42. Der Dienst des zweiten Tages beginnt in Vers 43 mit den Worten „Des folgenden Tages“ und wird uns bis zum Ende des Kapitels berichtet. Der Dienst des dritten Tages wird in den ersten 11 Versen von Johannes 2 wiedergegeben und mit den Worten „Und am dritten Tage“ eingeleitet.

Der erste Tag des Zeugnisses Christi (Joh 1,38-42)

Der Dienst des ersten Tages stellt uns auf wunderbare Weise bildhaft den Dienst Christi vor, wie Er sein Volk während des christlichen Zeitraums um sich schart. Dass eine lebende Person der Mittelpunkt des Zusammenkommens für das Volk Gottes sein sollte, war etwas völlig Neues auf der Erde. Um diesen Dienst der Liebe wertzuschätzen, müssen wir uns daran erinnern, dass diese herrliche Person, der die Zuneigung dieser beiden Jünger hervorgerufen hat – dem Christus, dem sie folgen –, der ist, den die Welt nicht kennt, der von dem religiösen Fleisch Verstoßene, der sich außerhalb aufhält (Joh 1,10.11.26.28). Bis dahin war Jerusalem mit seinem Tempel das Zentrum der religiösen Aktivität des berufenen Volkes Gottes gewesen. Im Judentum war das Zentrum des Zusammenkommens ein Ort. Im Christentum ist das Zentrum des Zusammenkommens eine Person und diese Person ist ein verworfener Mensch am Ort der Schmach. Wenn wir zu Ihm zusammenkommen wollen, müssen wir, wie die beiden Jünger, bereit sein, mit Ihm außerhalb des Lagers zu gehen, seine Schmach tragend (Heb 13,13).

Wie traurig! Die bekennende Christenheit ist größtenteils in das jüdische System zurückgefallen und hat prächtige Gebäude als Zentren ihres religiösen Lebens errichtet. Und damit nicht genug, war die Christenheit bestrebt, Christus in die Welt zu bringen, anstatt die Welt zu verlassen und zu Christus zu kommen. Die Menschen haben ihre eigene Ehre gesucht, indem sie ihren Systemen, Plänen und Ländern seinen heiligen Namen gegeben haben. Christus befindet sich jedoch außerhalb der weltlichen Systeme und Religionen und solche, die in Herzenszuneigung persönlich zu Ihm hingezogen sind, müssen den Platz der Schmach außerhalb einnehmen, wenn sie Christus als ihre allgenügende Quelle erreichen wollen.

So gibt uns also diese schöne Szene „jenseits des Jordan“ ein sehr schönes Bild davon, was Christentum nach Gottes Gedanken ist: eine Gemeinschaft von Gläubigen, die aus dem Judentum und der Welt, ob sozial, politisch oder religiös, herausgenommen wurde, um sich um eine Person zu scharen, die alles für sie bedeutet. Es ist nicht nur einfach so, dass seine Leute als solche, die gleiche Interessen haben, zusammenkommen, sondern sie versammeln sich um eine lebendige Person, die eine Anziehungskraft auf ihre Herzen ausübt. Haben wir die Wirkung des Werkes Christi an uns erfahren, die Gabe des Geistes empfangen und eine sichere Zukunft, so mögen wir wohl fragen: Wie werden wir auf unserem Weg zum Himmel inmitten der Versuchungen der Welt bewahrt bleiben? Darauf gibt es nur eine Antwort: Wir können nur bewahrt werden, weil wir uns zu einer lebendigen Person hin versammeln, die alle Liebe in ihrem Herzen, alle Macht in ihren Händen und alle Weisheit für die Seinen hat. Der lebendige Christus ist die Lösung für alle unsere Schwierigkeiten. Wir werden unseren Weg durch das Dunkel der Welt nur finden, wenn wir Ihm folgen und nahe bei Ihm bleiben. Ohne Ihn können wir nichts tun. So lesen wir von diesen zwei Jüngern, dass sie Jesus nachfolgten und bei Ihm blieben (Joh 1,37-39). Später gibt der Herr diesen Worten eine geistliche Bedeutung, wenn Er zu seinen Jüngern sagt: „Bleibet in mir“, und: „Folge du mir nach“ (Joh 15,4; 21,22).

Joh 1,38.39: Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und spricht zu ihnen: Was suchet ihr? Sie aber sagten zu ihm: Rabbi (was verdolmetscht heißt: Lehrer), wo hältst du dich auf? Er spricht zu ihnen: Kommet und sehet! Sie kamen nun und sahen, wo er sich aufhielt, und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde.

Sie hatten bereits von Christus gehört, auf Christus gesehen, als Er wandelte, sie waren zu Ihm hingezogen worden und sie folgten Christus nach. Nun erfahren wir etwas von dem tiefen Interesse, welches der Herr an diesen Jüngern hat, die Ihm nachfolgen. Wir lesen: „Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen, und genau wie damals nimmt Er auch heute Notiz von solchen, die Ihm nachfolgen.

Dann prüft der Herr diese zwei Jünger mit seiner Frage: „Was suchet ihr?“ Wenn wir, wie die Jünger, einen Platz außerhalb des heutigen weltlichen Religionssystems eingenommen haben, sollten wir in uns in Bezug auf unsere Beweggründe in ähnlicher Weise herausgefordert und geprüft fühlen. Werden nicht die Schwierigkeiten, die unter uns entstehen, oft zugelassen, damit wir uns einmal fragen, warum wir dort sind, wo wir sind? Haben wir diesen Platz nur eingenommen, um dem Bösen der religiösen Systeme der Welt zu entfliehen oder um Licht und eine bessere Lehre zu bekommen oder weil vielleicht unsere Eltern bereits diesen Weg gegangen sind? Wenn dies der Fall ist, sollten unsere Motive sicherlich einmal geprüft werden, denn wenn wir aus falschen oder gemischten Motiven gehandelt haben, werden wir schläfrig auf unserem Weg und verlassen den Platz der Schmach.

In dem Fall der beiden Jünger bringt die prüfende Frage des Herrn ihre wahren Beweggründe hervor, indem sie fragen: „Rabbi, wo hältst du dich auf?“ Mit dieser Frage wird offenbar, dass sie den Platz außerhalb nicht einnahmen, um der Verderbtheit des Judentums zu entkommen noch um für sich selbst einen Vorteil daraus zu ziehen, sondern weil sie danach verlangten, bei dem Einen zu sein, zu dem sie in Zuneigung hingezogen worden waren. Das Motiv waren nicht sie selbst, sondern Er selbst. Sie wollten den kennenlernen, zu dem sie hingezogen worden waren und deshalb fragen sie: „Wo hältst du dich auf?“ Man kann Menschen durch ein gelegentliches Treffen oder ein hin und wieder geführtes Gespräch nicht wirklich kennenlernen, dazu müssen wir mit ihnen in ihre Häuser gehen. Wenn wir eine innigere Verbindung mit Christus haben möchten, müssen wir bestrebt sein, Ihn in seinem Haus kennenzulernen – dem Vaterhaus. Darum heißt es in der Schrift: „Suchet was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes.“ Und wo sonst würden wir einen tieferen Einblick in himmlische Dinge erhalten als dort, wo zwei oder drei zu seinem Namen hin mit Ihm selbst in der Mitte versammelt sind?

Auf solche Wünsche zu antworten erfreut den Herrn. Wie schon gesagt wurde, können wir von Christus so viel haben, wie wir wollen. Dann antwortet der Herr den Jüngern und sagt: „Kommet und sehet!“, und wir lesen: „Sie kamen nun und sahen, wo er sich aufhielt.“ In dieser Welt gibt es nichts, das von Christus spricht und wir können sicher sein, dass, was sich auch in unseren Häusern finden mag, an seinem Platz nichts zu finden war, was von Ihm ablenkte. Nachdem sie gesehen hatten, wo Er sich aufhielt, lernten sie Ihn in seinem Haus kennen und als sie Ihn kannten, freuten sie sich, diesen Tag bei Ihm zu bleiben. Die Person, die sie an den Ort außerhalb gezogen hatte, war der Eine, welcher sie auch dort hielt.

Joh 1,40-42: Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den zweien, die es von Johannes gehört hatten und ihm nachgefolgt waren. Dieser findet zuerst seinen eigenen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden (was verdolmetscht ist: Christus). Und er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sprach: Du bist Simon, der Sohn Jonas’; du wirst Kephas heißen (was verdolmetscht wird: Stein).

In diesen Versen sehen wir das Ergebnis davon, bei Christus zu bleiben – andere für Christus zu gewinnen. Wir lesen also, dass einer diesen gesegneten Ort verlässt, um seinen Bruder Simon zu finden und als er ihn gefunden hat, führte er ihn zu Jesus. Er brachte ihn nicht an einen abgesonderten Ort, noch in eine Gemeinschaft außerhalb, sondern zu einer Person, zu Jesus. Und wie wunderbar wird Simon empfangen. Er befindet sich in der Gegenwart dessen, der seinen Namen und den seines Vaters kennt und ihm einen neuen Namen gibt. Als Er Simon sagt, wie er heißt und was der Name seines Vaters ist, lässt der Herr ihn wissen, dass er sich in der Gegenwart dessen befindet, der sein ganzes Leben von seiner Geburt an kennt. Durch die Änderung seines Namens erklärt Er ihn als zu Ihm gehörig, denn das Recht, einen Namen zu ändern impliziert Eigentum und Autorität. So lernt Petrus am Anfang seines geistlichen Lebens, dass der Herr sein ganzes Leben als Sünder kennt und ihn dennoch für immer sein eigen nennt.

Wie schön ist der Weg dieser Jünger in Verbindung mit Christus am ersten Tag seines Dienstes und wie reich an Belehrungen für uns, die durch folgende Punkte gekennzeichnet werden:

  1. hinblicken auf Jesus, der da wandelt,
  2. hören auf Jesus, wenn von Ihm die Rede ist,
  3. Jesus an einen abgeschiedenen Ort folgen,
  4. sehen, wo Jesus sich aufhielt,
  5. bei Jesus bleiben,
  6. andere für Jesus finden, und
  7. sie zu Jesus zu bringen

Der zweite Tag des Dienstes Christi (Joh 1,43-51)

Hier wechselt das Bild und Christus wird als der Mittelpunkt des Zusammenkommens seiner irdischen Heiligen, dem jüdischen Überrest, betrachtet. Zuvor wurde Er als der Mittelpunkt des Zusammenkommens seiner himmlischen Heiligen – der Kirche – gesehen.

Joh 1,43-45: Des folgenden Tages wollte er aufbrechen nach Galiläa, und er findet Philippus; und Jesus spricht zu ihm: Folge mir nach. Philippus aber war von Bethsaida, aus der Stadt des Andreas und Petrus. Philippus findet den Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von welchem Moses in dem Gesetz geschrieben und die Propheten, Jesus, den Sohn des Joseph, den von Nazareth.

An diesem Tag erfahren wir nichts von dem Aufenthaltsort Christi, dem Teil der himmlischen Gläubigen. Am vorherigen Tag verließen zwei Jünger die Welt, um sich um Christus zu scharen und bei Ihm in seinem Haus zu bleiben. An diesem Tag geht Christus aus in die Welt und zieht zwei Heilige zu sich, um mit ihnen in seinem Königreich zu regieren. Dies ist in Übereinstimmung mit all dem, was Moses und die Propheten geschrieben hatten, die nicht über seine himmlischen Herrlichkeiten, sondern sehr viel mehr über sein irdisches Reich sprechen. Als der zukünftige König zeugt Philippus von Ihm als dem rechtmäßigen Sohn Josephs und deshalb Erbe des Thrones.

Joh 1,46-48: Und Nathanael sprach zu ihm: Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen? Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh! Jesus sah den Nathanael zu sich kommen und spricht von ihm: Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in welchem kein Trug ist. Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.

Nathanael zeigt als Erster den charakteristischen jüdischen Unglauben als er fragt: „Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?“ Darüber hinaus ist Nathanael ein Vertreter des jüdischen Überrestes. Dieser wird nach der Entrückung der Kirche aus dem ungläubigen Volk gerufen und tut Buße für die Ablehnung Christi durch das Volk der Juden. Der Herr erkennt Nathanael als einen, in dem kein Trug war, denn hatte ihn nicht der Herr in all seinen Prüfungen unter dem Feigenbaum gesehen? Zweifellos legte er dort gerade ein Sündenbekenntnis ab, denn nur durch das Bekennen der Sünden zu Gott kann eine Seele von Trug befreit werden.

Joh 1,49: Nathanael antwortete und sprach zu ihm: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels.

Als Folge dessen, dass die Arglist aus seinem Herzen entfernt wurde, sieht er die Dinge klar und bekennt, dass Christus der Sohn Gottes und König von Israel ist. Dies sind die beiden Titel, unter welchem das jüdische Volk nach Psalm 2 Christus verworfen hat. Am Hof des Hohenpriesters leugnete das Volk, dass Christus der Sohn Gottes war und bei Pilatus wiesen sie seinen Anspruch, der König Israels zu sein, zurück.

Joh 1,50.51: Jesus antwortete und sprach zu ihm: Weil ich dir sagte: Ich sah dich unter dem Feigenbaum, glaubst du? Du wirst Größeres als dieses sehen. Und er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.

Der Herr erkennt den Glauben Nathanaels, der durch die Worte des Herrn zum Vorschein kommt. Nachdem Nathanael Christus nach Psalm 2 bekannt hat, verkündet der Herr ihm nach Psalm 8 seine Herrlichkeit als der Sohn des Menschen. Als der Sohn des Menschen wird Er über alle Werke der Hände Gottes gesetzt werden, alle Dinge werden Ihm unterworfen. Wenn unten die Erde Ihm unterworfen sein wird, öffnet sich der Himmel über Ihm und die Engel, welche ihren herrlichen Gegenstand des Dienstes in Christus auf der Erde finden, werden Beziehungen zwischen Himmel und Erde aufbauen.

Der dritte Tag des Dienstes Christi (Joh 2,1-11)

Joh 2,1-11: Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa; und die Mutter Jesu war daselbst. Es war aber auch Jesus mit seinen Jüngern zu der Hochzeit geladen. Und als es an Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein. Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was irgend er euch sagen mag, tut. Es waren aber daselbst sechs steinerne Wasserkrüge aufgestellt, nach der Reinigungssitte der Juden, wovon jeder zwei oder drei Maß fasste. Jesus spricht zu ihnen: Füllet die Wasserkrüge mit Wasser. Und sie füllten sie bis oben an. Und er spricht zu ihnen: Schöpfet nun und bringet es dem Speisemeister. Und sie brachten es. Als aber der Speisemeister das Wasser gekostet hatte, welches Wein geworden war (und er wusste nicht, woher er war, die Diener aber, welche das Wasser geschöpft hatten, wussten es), ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor, und wenn sie trunken geworden sind, alsdann den geringeren; du hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt. Diesen Anfang der Zeichen machte Jesus zu Kana in Galiläa und offenbarte seine Herrlichkeit; und seine Jünger glaubten an ihn.

Die Hochzeit zu Kana wird durch die einleitenden Worte dieses Kapitels eindeutig mit dem vorherigen Kapitel verknüpft. Die Hochzeit findet am „dritten Tage“ statt. Wenn der erste Tag bildhaft das Zusammenkommen der Gläubigen zu dem Herrn hin in der Zeit der Kirche darstellt und der zweite Tag das Zusammenkommen des jüdischen Überrestes zum Herrn, nachdem die Kirche in den Himmel entrückt wurde, können wir dann nicht daraus schließen, dass der dritte Tag von der Wiederherstellung Israels im Tausendjährigen Reich spricht? Von dem vollständigen Ereignis wird in Vers 11 als „Zeichen“ gesprochen. Ein Zeichen ist ein natürliches oder materielles Geschehen mit einer geistlichen Bedeutung. Die charakteristische Bedeutung dieser Hochzeit besteht darin, dass die Erneuerung der Beziehungen zwischen dem HERRN und Israel dargestellt werden. Hosea schreibt davon, was der HERR einmal von Israel sagen wird: „Ich will dich mir verloben in Ewigkeit, und ich will dich mir verloben in Gerechtigkeit und in Gericht, und in Güte und in Barmherzigkeit und ich will dich mir verloben in Treue“ (Hos 2,19.20).

Bezeichnenderweise fügt Hosea hinzu: „Er wird uns nach zwei Tagen wiederbeleben, am dritten Tage uns aufrichten“ (Hos 6,2). Das zeigt uns die Buße des Volkes, welche zu seiner Wiederherstellung in Gerechtigkeit führt. Diese Wiederherstellung wird das Ergebnis einer moralischen Reinigung durch Buße sein, welche in dem Bild von dem Füllen der leeren Wasserkrüge der Reinigung dargestellt wird. Dann, wenn der Heiligkeit Genüge getan worden ist, wird der Wein der Freude über Israel ausgegossen werden.

Nächster Teil


Übersetzung: J. Meister


Hinweis der Redaktion:

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