Was ist „ewiges Leben“?
Falsche Vorstellungen über das ewige Leben

Stanley Bruce Anstey

© SoundWords, online seit: 25.04.2023, aktualisiert: 04.06.2023

Was ist „ewiges Leben“?

„Ewiges Leben“, wie es im Johannesevangelium und in den Briefen vorkommt, ist eine christliche Segnung. Sie ist eine „Gnadengabe Gottes“ und wird denen gegeben, die an den Herrn Jesus Christus glauben (Röm 6,23 „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.“). Ewiges Leben ist die höchste Eigenschaft des göttlichen Lebens; und Vater und Sohn genießen dieses Leben von Ewigkeit an in Gemeinschaft miteinander. Für Gläubige umfasst ewiges Leben Folgendes:

  • göttliches Leben in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn (Joh 17,3 „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“)
  • auf der Grundlage der vollbrachten Erlösung (Joh 3,14.15 (14) Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, (15) damit jeder, der an ihn glaubt, [nicht verloren gehe, sondern] ewiges Leben habe.“)
  • in der Kraft des innewohnenden Heiligen Geistes (Joh 4,14 „wer irgend aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt.“)

Damit Gläubige dieses Leben in Überfluss haben können (Joh 10,10 „Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben. Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben.“), musste Christus in die Welt kommen, um den Vater zu offenbaren sowie die ewige Beziehung, die der Vater zu seinem Sohn hat (Joh 1,18; 14,9 (1:18) Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht.“ „(14:9) Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen, [und] wie sagst du: Zeige uns den Vater?“). Bevor das ewige Leben in der Welt in der Person Christi offenbart wurde, war es „bei dem Vater“, und die Menschen kannten es nicht (1Joh 1,2 „(und das Leben ist offenbart worden, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist);“). Gläubige können diese Beziehung zum Vater außerdem erst dann haben, wenn sie im Glauben auf dem vollbrachten Werk Christi am Kreuz ruhen, wodurch ihr Gewissen gereinigt ist (Heb 9,14; 10,12-17) und sie mit dem Geist erfüllt sind (Joh 4,14 „wer irgend aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt.“). Ewiges Leben ist also eine spezifisch christliche Segnung, die wir „in Christus Jesus“ besitzen – dem auferstandenen, erhöhten und verherrlichten Menschen zur Rechten Gottes (2Tim 1,1 „Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist,“). Wenn wir dieses Lebens besitzen, sind wir befähigt, Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn zu haben (Joh 17,3 „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“; 1Joh 1,3 „was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.“).

Frederick George Patterson (1832–1887) sagt:

Ewiges Leben ist der christliche Ausdruck für das, was wir in Christus besitzen; es bringt uns in die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn und verleiht uns so eine Natur, die dem Himmel angemessen ist.[1]

Wir haben ewiges Leben in Christus – Christus lebt in uns; und dieses ewige Leben bringt uns in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Das war erst möglich, nachdem der Vater im Sohn offenbart und der Heilige Geist, durch den wir dieses Leben genießen, gegeben worden war.[2]

Henry (Harry) Filor Nunnerley (1873–1953)  sagt:

Ewiges Leben ist ein Leben der Gemeinschaft, eine Teilhabe an göttlichen Beziehungen, eine erfahrungsmäßige Erkenntnis des Vaters und seines Gesandten.[3]

Arthur Copeland Brown (1887–1982) sagt:

Ewiges Leben bezieht sich auf das göttliche Leben, das wir in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn durch den innewohnenden Heiligen Geist genießen.[4]

Zwei Aspekte des Lebens im Überfluss

Es gibt zwei Aspekte dieses Lebens im Überfluss:

  1. Erstens bezieht sich dieses Leben auf das göttliche Leben im Gläubigen als gegenwärtiger Besitz, wodurch der Gläubige sich der bewussten Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn erfreut (Joh 3,15.16.36 (15) damit jeder, der an ihn glaubt, [nicht verloren gehe, sondern] ewiges Leben habe. (16) Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“ usw.: „hat“). Um diesen Aspekt geht es im Dienst des Apostels Johannes.
  2. Zweitens wird das Leben im Überfluss als die Lebenssphäre betrachtet, zu der der Gläubige unterwegs ist und die er am Ende seines Weges erreicht, wenn er im verherrlichten Zustand im Himmel ist. Es handelt sich also um eine zukünftige Sache. Auf diese Weise spricht Paulus davon (Röm 2,7; 5,21; 6,22.23 (2:7) denen, die mit Ausharren in gutem Werk Herrlichkeit und Ehre und Unvergänglichkeit suchen, ewiges Leben;“ „(5:21) damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.“ „(6:22) Jetzt aber, von der Sünde frei gemacht und Gott zu Sklaven geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligkeit, als das Ende aber ewiges Leben. (6:23) Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.“; Gal 6,8 „Denn wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleisch Verderben ernten; wer aber für den Geist sät, wird von dem Geist ewiges Leben ernten.“; 1Tim 1,16; 6,12.19 (1:16) Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteilgeworden, damit an mir, dem ersten, Jesus Christus die ganze Langmut erzeige, zum Vorbild für die, die an ihn glauben werden zum ewigen Leben.“ „(6:12) Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen.“ „(6:19) indem sie sich selbst eine gute Grundlage für die Zukunft sammeln, damit sie das wirkliche Leben ergreifen.“; Tit 1,2; 3,7 (1:2) in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten;“ „(3:7) damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens.“), ebenso Judas (Jud 21 „erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes, indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet zum ewigen Leben.“).

Der erste Aspekt des Lebens im Überfluss hat also mit dem gegenwärtigen Leben in uns zu tun, der zweite Aspekt mit dem Leben, in dem wir einmal sein werden.

In unserer Alltagssprache verwenden wir das Wort „Leben“ in diesen beiden Aspekten. Wir können von einer Pflanze, einem Tier oder einem Menschen sagen, dass sie Leben in sich tragen. Wir sprechen aber auch von Leben als einem Element oder einer Sphäre, in der eine Person wohnen kann – zum Beispiel „Landleben“, „Stadtleben“, „Versammlungsleben“ usw. So können wir jetzt durch den Geist das ewige Leben genießen, aber dann, wenn wir verherrlicht sind, werden wir in diesem Lebensbereich in seinem vollsten Sinne wohnen.

Diese beiden Aspekte kann man anhand des Beispiels eines Tiefseetauchers veranschaulichen. Er arbeitet unter Wasser, atmet aber Luft durch einen langen Schlauch, der ihn am Leben erhält. Dies ist vergleichbar mit dem Gläubigen, der das ewige Leben gegenwärtig besitzt. Wir leben in dieser Welt und bewegen uns in einem Element, für das wir von Natur aus nicht gemacht sind, denn wir gehören der neuen Schöpfung an und sind himmlische Menschen. Wir sind also nicht von dieser Welt, sondern während wir in dieser Welt sind, werden wir versorgt durch den Schlauch der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Wenn der Taucher seine Arbeit beendet hat und aus dem Wasser in sein natürliches Element aufsteigt, legt er seinen Taucherhelm und -anzug ab und atmet die Luft ohne dieses Gerät ein. In ähnlicher Weise werden wir, wenn unsere Arbeit hier auf der Erde beendet ist und wir in unserem verherrlichten Zustand in den Himmel heimgerufen werden, in dem Element des ewigen Lebens sein, für das wir vollkommen geeignet sind. […]

In den synoptischen Evangelien bezieht sich das ewige Leben darauf, dass der Gläubige auf der Erde im Tausendjährigen Reich Christi göttliches Leben von Gott besitzt (Mt 19,16.29; 25,46 (19:16) Und siehe, einer trat herzu und sprach zu ihm: Lehrer, was muss ich Gutes tun, um ewiges Leben zu haben?“ „(19:29) Und jeder, der verlassen hat Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter [oder Frau] oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen, wird hundertfach empfangen und ewiges Leben erben.“ „(25:46) Und diese werden hingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.“; Mk 10,17.30 „Und als er auf den Weg hinausging, lief einer herzu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Lehrer, was soll ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ „der nicht hundertfach empfängt, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker unter Verfolgungen, und in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben.“; Lk 10,25; 18,18.30 (10:25) Und siehe, ein gewisser Gesetzgelehrter stand auf, versuchte ihn und sprach: Lehrer, was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ „(18:18) Und ein gewisser Oberster fragte ihn und sprach: Guter Lehrer, was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ „(18:30) der nicht vielfach empfängt in dieser Zeit, und in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben.“). Dieses Leben wurde im Alten Testament verheißen (Ps 133,3 „wie der Tau des Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions; denn dort hat der HERR den Segen verordnet, Leben bis in Ewigkeit.“; Dan 12,2 „Und viele von denen, die im Staub der Erde schlafen, werden erwachen: diese zu ewigem Leben und jene zur Schande, zu ewigem Abscheu.“), doch niemand im Alten Testament besaß es. Der Überrest Israels (Off 7,1-8) und die Gläubigen aus den Heidenvölkern werden das ewige Leben an einem kommenden Tag erleben (Off 7,9.10 (9) Nach diesem sah ich: Und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen, und sie standen vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern, und Palmen waren in ihren Händen. (10) Und sie rufen mit lauter Stimme und sagen: Das Heil sei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!“).

Falsche Vorstellungen über das ewige Leben

Das ewige Leben wird zuweilen missverstanden, und diese Missverständnisse führen zu mancherlei Verwirrung:

1. Die Dauer des göttlichen Lebens

Man versteht den Begriff „ewiges Leben“ im Allgemeinen so, als würde es die Dauer (die Länge) des göttlichen Lebens bezeichnen, das wir besitzen. Missionare, Evangelisten und Sonntagsschullehrer definieren „ewiges Leben“ oft als „Leben, das ewig währt“.

Wenn dies jedoch eine korrekte Definition des ewigen Lebens wäre, dann müssten wir sagen, dass der Teufel und die verlorenen Sünder ebenfalls ewiges Leben haben, weil auch sie ewig existieren werden! Das ist natürlich nicht wahr.

H. Nunnerley sagt:

Es entstehen viele Missverständnisse über das ewige Leben, weil man seine Bedeutung beschränkt: auf die endlose Dauer der Existenz und auf die ewige Sicherheit derer, die dieses Leben besitzen.[5]

A.C. Brown bestätigt dies, indem er feststellt, dass ewiges Leben

nicht nur bedeutet, dass wir Leben haben, das ewig währt.[6]

Henry Mann Hooke (1838–1888) bemerkt:

Nur sehr wenige von uns machen sich die Mühe, darüber nachzudenken, was ewiges Leben ist. Ich erinnere mich, dass ich einmal eine ältere Gläubige fragte, ob sie mir freundlicherweise sagen könne, was ewiges Leben sei. „O ja“, sagte sie, „nie aufhörende Existenz!“ – „Dann“, sagte ich, „haben Sie nicht mehr als der Teufel, denn er wird nicht aufhören zu existieren!“ Ich glaube, das, was sie sagte, ist eine allgemeine Vorstellung. Auch die Verlorenen existieren ewig; denn sie werden die Ewigkeit im Feuersee verbringen, aber sie haben kein ewiges Leben.[7]

„Ewiges Leben“ wird nicht deshalb so genannt, weil es endlos andauert, sondern weil es ein Leben ist, das zur Ewigkeit gehört. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die besondere Eigenschaft des göttlichen Lebens, das der Vater und der Sohn seit ewigen Zeiten miteinander genießen. An diesem Leben in bewusster Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn können wir nun teilhaben, und zwar deshalb, weil Christus kam, um den Vater zu offenbaren; weil Er starb, um die Frage unserer Sünden zu klären; und weil Er auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist, woraufhin der Geist gesandt worden ist. So sind wir nun fähig, das zu genießen, was göttliche Personen genießen (1Joh 1,3.4 (3) was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. (4) Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei.“).

2. Manche denken, alttestamentlich Gläubige besäßen ewiges Leben

Zweitens meinen viele, die Gläubigen des Alten Testamentes hätten ewiges Leben. Doch das kann nicht sein, denn damals gab es noch nicht das, was erforderlich ist, damit Gott ewiges Leben geben kann: 

  1. Die Gläubigen des Alten Testamentes kannten Gott nicht als ihren Vater, weil Christus noch nicht gekommen war, um Gott als Vater  zu offenbaren.
  2. Außerdem war die Erlösung durch den Tod Christi noch nicht vollbracht. Deshalb konnten die Gläubigen sich Gott nicht mit einem gereinigten Gewissen nahen (vgl. Heb 10,22 „so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens, die Herzen besprengt und so gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“).
  3. Auch war der Heilige Geist noch nicht gegeben.

Vielen Christen fällt es schwer, zu verstehen, wie jemand sagen kann, dass die Gläubigen des Alten Testamentes kein ewiges Leben haben. Für sie klingt das so, als wollten wir sagen, diese Menschen wären nicht gerettet und deshalb jetzt nicht im Himmel! Ihr Problem ist: Sie haben eine falsche Vorstellung vom ewigen Leben, und das führt sie zu einer falschen Schlussfolgerung. Die Wahrheit ist: Die Gläubigen des Alten Testamentes sind von neuem geboren und haben somit göttliches Leben, und deshalb sind sie jetzt im Himmel – doch sie können aus den oben genannten Gründen nicht die Qualität und den Charakter des Lebens haben, die das ewige Leben ausmachen.

J.N. Darby wurde gefragt:

Frage: Hatten die Heiligen des Alten Testaments nicht das ewige Leben?
Antwort: Was die alttestamentlichen Gläubigen betrifft, so war das ewige Leben kein Teil der alttestamentlichen Offenbarung, selbst wenn man annimmt, dass die alttestamentlichen Gläubigen es hatten.[8]

H.M. Hooke sagt:

Wenn ich mir die Schriften des Alten Testaments genauer anschaue, fällt mir auf, dass nicht ein einziges Mal gesagt wird, dass ein Heiliger des Alten Testamentes ewiges Leben hat; ewiges Leben war nicht bekannt.[9]

Die Lehre, die Gläubigen des Alten Testamentes hätten ewiges Leben, ist in manchen Kreisen als „Grant-Lehre“ bekanntgeworden, weil F.W. Grant diesen Irrtum lehrte. Er sagte, dass die alttestamentlichen Gläubigen ewiges Leben hatten – sie es aber nicht wussten! Die „Brüder“ widerlegten diese Vorstellung, indem sie aufzeigten, dass das Wesentliche des ewigen Lebens ebendarin besteht, bewusste Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn zu haben (Joh 17,3 „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“). Wie könnte ein Mensch bewusste Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn haben und sich dessen nicht bewusst sein?! Das ist Unsinn. Während F.W. Grant versuchte, den alttestamentlichen Gläubigen das ewige Leben zu geben, versuchte F.E. Raven, es dem neutestamentlichen Durchschnittsgläubigen wegzunehmen und es zu etwas zu machen, was nur eine bestimmte Elite zeitweise „berührte“! Seiner Meinung nach wäre der Besitz dieses Lebens an einen entsprechenden Seelenzustand geknüpft, das heißt an die Gemeinschaft. Dies ist jedoch nicht wahr; ein guter Seelenzustand ist notwendig, um das ewige Leben zu genießen, aber nicht, um es zu besitzen.[10]

Das ewige Leben ist ein „himmlisches Leben“ (Joh 3,12.13), das erstmals ans Licht gebracht wurde, als Christus vom Himmel kam und unter den Menschen wohnte (Joh 1,14 „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit.“). Bevor Christus in die Welt kam, war das ewige Leben (das Leben „bei dem Vater“ im Himmel: 1Joh 1,2 „(und das Leben ist offenbart worden, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist);“) den Menschen unbekannt. Jetzt ist es den Christen geschenkt worden (Joh 3,15.16.36 (15) damit jeder, der an ihn glaubt, [nicht verloren gehe, sondern] ewiges Leben habe. (16) Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“), wodurch wir uns der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn erfreuen und die „völlige Freude“ haben können, die daraus resultiert (1Joh 1,3.4 (3) was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. (4) Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei.“).

F.G. Patterson sagt:

Man konnte damals nicht sagen, dass die Gläubigen des Alten Testamentes ewiges Leben hatten. Es wurde erst durch das Evangelium ans Licht gebracht (2Tim 1,10 „jetzt aber offenbart worden ist durch die Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus, der den Tod zunichtegemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium,“; Tit 1,2 „in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten;“).[11]

Die Lehre, die alttestamentlichen Gläubigen hätten ewiges Leben, verwischt den Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament und zwischen den jeweiligen Segnungen und Vorrechten, die die Kirche und Israel voneinander unterscheiden. Dieser Irrtum wurzelt in der reformierten (Bundes-)Theologie, wonach Israel und die Kirche als ein Volk mit denselben Segnungen angesehen werden. Viel Unheil und Verwirrung entsteht dadurch, dass die Menschen das ewige Leben missverstehen und folglich Irrtümer darüber lehren.

3. Evangelikale denken oft, ewiges Leben wäre gleichbedeutend mit „Neugeburt“

Drittens denken manche, ewiges Leben wäre gleichbedeutend mit der „Neugeburt“ (Joh 3,3-8). Diese Begriffe sind jedoch nicht identisch. Beide haben mit dem Besitz des göttlichen Lebens zu tun, aber das ewige Leben hat, wie gesagt, mit dem Besitz des göttlichen Lebens in seinem vollsten Sinn zu tun: nämlich in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Es gibt nicht zwei Arten von göttlichem Leben; das Leben, das in der neuen Geburt vermittelt wird, und das ewige Leben sind ihrem Wesen nach dasselbe Leben. Es ist das Leben Christi selbst – im ersten Johannesbrief  wid Er sogar „das ewige Leben“ genannt (1Joh 1,2 „(und das Leben ist offenbart worden, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist);“). Der Unterschied zwischen Neugeburt und ewigem Leben besteht darin: Wenn ein Mensch von neuem geboren wird, hat er göttliches Leben sozusagen im embryonalen Zustand; wenn ein Mensch jedoch  durch den Glauben an Christus ewiges Leben empfängt, hat er göttliches Leben in seiner höchsten Form: Er kennt den Vater und den Sohn durch die Kraft des Heiligen Geistes. In ähnlicher Weise ist das Leben in einem Apfelkern dasselbe Leben wie in einem ausgewachsenen Apfelbaum; der Unterschied besteht darin, dass dieses Leben im Baum voll entwickelt ist.

Ein weiterer Unterschied zwischen der Neugeburt und dem ewigen Leben: Das göttliche Leben wird Sündern durch die Neugeburt vermittelt, und zwar geschieht dies ohne ihr bewusstes Handeln (Joh 3,8; 5,21 (3:8) Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht; so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“ „(5:21) Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, welche er will.“). Dagegen wird das ewige Leben einem Menschen geschenkt, wenn er bewusst an den Herrn Jesus Christus glaubt und Ihn als seinen Retter annimmt (Joh 3,16.36; 5,40; 6,47 (3:16) Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ „(3:36) Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“ „(5:40) und ihr wollt nicht zu mir kommen, damit ihr Leben habt.“ „(6:47) Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer [an mich] glaubt, hat ewiges Leben.“).


Übersetzt aus: Eternal life – What is it?
1. E-Book-Ausgabe – Dezember 2020, Version 1.1

Übersetzung: Stephan Isenberg

Anmerkungen

[1] F.G. Patterson, „72. What was the state of the Old Testament saints compared with that of Christians? (Hes 18:31)“ in Scripture Notes and Queries, Blackrock 1871, S. 112. Online: www.stempublishing.com.

[2] F.G. Patterson, „39. A Learner" asks, ‘If the Old Testament saints had eternal life, what was the object of renewing the sacrifices year by year?’ in Scripture Notes and Queries, Blackroll 1871. Online: stempublishing.com.

[3] H. Nunnerley, „Eternal Life“ in Scripture Truth, Jg. 1, 1909, S. 197. Online: www.scripture-truth.org.

[4] A.C. Brown, Eternal Life, S. 4.

[5] H. Nunnerley, „Eternal Life“ in Scripture Truth, Jg. 1, S. 195. Online: www.scripture-truth.org.

[6] A.C. Brown, Eternal Life, S. 4.

[7] H.M. Hooke, „1 John 1. – 2. Eternal Life“ in The Christian’s Friend and Instructor, Jg. 12, 1885, S. 230. Online: www.stempublishing.com.

[8] J.N. Darby, „Readings on 1 Peter“ in Notes and Jottings, S. 351. Online: www.stempublishing.com.

[9] H.M. Hooke, „1 John 1. – 2. Eternal Life“ in The Christian’s Friend and Instructor, Jg. 12, 1885, S. 230. Online: www.stempublishing.com.

[10] Siehe: N. Noel, The History of the Brethren, Bd. 2, S. 500–501. Online: www.brethrenarchive.org. Ebenso: W. Kelly, Life Eternal with F.E.R.’s Heterodoxy as to it. Online: www.stempublishing.com.

[11] F.G. Patterson, „39. If the Old Testament saints had eternal life, what was the object of renewing the sacrifices year by year?“ in Scripture Notes and Queries, Blackrock 1871, S. 66. Online: www.stempublishing.com.

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