Der Brief des Paulus an die Epheser (4)
Kapitel 4

Stanley Bruce Anstey

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UNSERER BERUFUNG WÜRDIG WANDELN

I. | Der Berufung als Glieder des Leibes Christi würdig wandeln (Eph 4,1-16)

Wie in der Einleitung erwähnt, sind die letzten drei Kapitel des Briefes Ermahnungen, die sich auf die Lehre in den ersten drei Kapiteln stützen. Es war notwendig, dass der Apostel im dritten Kapitel etwas eingeschoben hat, um seine Autorität für den Dienst an der Wahrheit des Geheimnisses zu begründen, damit die Ermahnungen, die jetzt in Kapitel 4 folgen, mit Nachdruck zu uns kommen.

Nachdem Paulus die Wahrheit des Geheimnisses erklärt und für die Gläubigen gebetet hat, fährt er nun an der Stelle fort, an der er in Epheser 3,1 abgebrochen hat. Als „der Gefangene Christi Jesu“ (Eph 3,1) entfaltet er die Wahrheit des Geheimnisses; als „Gefangener im Herrn“ (Eph 4,1) ermahnt er uns, dieser großen Wahrheit würdig zu wandeln.

Beachte: Der erste Vers heißt: „Ich, der Gefangene im Herrn“. Der Ausdruck „in Christus“, der die ersten drei Kapitel kennzeichnet, verschwindet in der zweiten Hälfte des Briefes, und der Ausdruck „im Herrn“ tritt in den Vordergrund. Das ist bezeichnend, denn es handelt sich um eine Formulierung, die sich auf das Herrsein Christi bezieht. Es ist nicht schwer, den Grund für diese Änderung zu erkennen. Wenn es darum geht, die Wahrheit zu praktizieren, ist die Anerkennung der Herrschaft Christi wesentlich. Es bedeutet einfach, dass wir seine Ansprüche über uns in der Erlösung anerkennen, indem wir uns seinem Recht unterwerfen und Er uns sagen kann, was wir in allen Bereichen unseres Lebens tun sollen.

Außerdem wird das Wort „wandeln“ in den letzten drei Kapiteln des Briefes mehrmals erwähnt (Eph 4,1.17; 5,2.8.15; 6,15). Es bedeutet, dass wir die Wahrheit in unserem ganzen Leben praktisch ausleben.

Drei Sphären der christlichen Verantwortung

Gott möchte, dass unser Wandel mit unserer Berufung übereinstimmt. Deshalb sind wir aufgefordert, in drei Bereichen „unserer Berufung würdig“ zu wandeln. Diese sind:

  • Die Gemeinde (Eph 4,1-16)
    In diesen Versen werden wir als Glieder des Leibes Christi gesehen. Wir sind dafür verantwortlich, diese Tatsache gemeinsam auszuleben.
  • Das christliche Bekenntnis in der Welt (Eph 4,17–5,21)
    In diesen Versen werden wir als Teil der Gesellschaft gesehen. Wir sind dafür verantwortlich, den Charakter des neuen Menschen in Christus auszuleben.
  • Die Familie (Eph 5,22–6,9)
    In diesen Versen werden wir als Teil einer Familie gesehen. Wir sollen Gottes Schöpfungsordnung in unseren natürlichen Beziehungen erkennen und ausleben.

Glieder des Leibes Christi (Eph 4,1-16)

Die Ermahnungen in Epheser 4,1-16 beziehen sich auf den ersten Bereich: auf die Versammlung, den Leib Christi. Diese Verse zeichnen ein schönes Bild davon, wie die Kirche als Leib Christi in dieser Welt nach dem Willen Gottes sein sollte. Sie berücksichtigen nicht das Versagen der Kirche im Zeugnis, sondern geben uns Gottes Ideal vor.

Verse 1-3

Eph 4,1-3: 1 Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, 2 mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, 3 euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens.

Das Kapitel beginnt mit der Aufforderung, dass wir unserer „Berufung“ würdig wandeln. Wir könnten uns fragen: Wie sollen wir das tun? Das Geheimnis zeigt, dass wir in eine privilegierte Stellung als Glieder des unsichtbaren Leibes Christi berufen sind. Einer solchen Berufung würdig zu sein, bedeutet, diese Tatsache in dieser Welt zu offenbaren. Gott will, dass das Gefäß des Zeugnisses, das Er für die Darstellung seines Sohnes in der kommenden Welt formt, die Wahrheit zum Ausdruck bringt, dass es ein Leib ist, selbst jetzt, wo dieses Gefäß hier in dieser Welt ist. Paulus geht in diesem Brief nicht im Detail darauf ein, wie die Kirche dies tun soll, sondern erwähnt lediglich, dass wir eine praktische Einheit offenbaren sollen, die die Einheit, die wir im Leib haben, zum Ausdruck bringt. Das ist das Erste, worauf der Herr bei den Gliedern seines Leibes achtet, wie es der Einheit entspricht, die sie in „dem Christus“ haben (1Kor 12,12.13).

Um die Wahrheit des einen Leibes in der Praxis zum Ausdruck zu bringen, müssen die Glieder in einem rechten Seelenzustand sein, der die Frucht der Nähe zum Herrn ist. Dies wird im ersten Vers des Kapitels angedeutet (Eph 4,1). Es geht darum, dem Herrn den Ihm gebührenden Platz in unserem Leben zu geben: seine Herrschaft. Dann braucht es auch, wie Vers 2 sagt, „Demut und Sanftmut, mit Langmut“ und „einander ertragend in Liebe“ (Eph 4,2). Um in praktischer Einheit miteinander zu leben, müssen die Glieder des Leibes diese Dinge ausüben.

Die „Demut“ hält sich selbst zurück, und die „Sanftmut“ gibt den anderen Raum. „Langmut“ bedeutet, Geduld zu üben angesichts der Unzulänglichkeiten des anderen, und „einander ertragend in Liebe“ bedeutet, über persönliche Kränkungen hinwegzusehen. Die ersten beiden Dinge sind das, was wir in uns selbst brauchen; die anderen beiden sind das, was wir anderen gegenüber brauchen, wenn sie die ersten beiden nicht ausüben. Kurz gesagt, wir sollen Langmut und Nachsicht üben, wenn wir es mit anderen zu tun haben, die nicht sanftmütig und demütig sind.

Diese praktischen Dinge sollen mit dem Ziel ausgeübt werden, „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“ (Eph 4,3). Wir könnten fragen: Was ist die Einheit des Geistes? Die Einheit des Geistes ist eine praktische Einheit unter den Gläubigen, die der Geist Gottes formt, um der Wahrheit des einen Leibes Ausdruck zu verleihen. Einfach ausgedrückt: Gott wünscht, dass der eine Leib in dieser Welt praktisch zum Ausdruck kommt. Er möchte, dass wir das, was in der Theorie wahr ist, in die Praxis umsetzen, und der Geist Gottes wirkt zu diesem Zweck in den Gliedern des Leibes Christi.

Diese Einheit findet ihren Mittelpunkt in Christus. Von Einheit zu sprechen und auf sie hinzuarbeiten, ohne die Autorität Christi darin anzuerkennen, ist ein Werk des Fleisches. Die Einheit des Geistes zu bewahren bedeutet auch, in Gemeinschaft mit der göttlichen Person zu sein, die der „Geist der Heiligkeit“ und „Geist der Wahrheit“ genannt wird (Röm 1,4; Joh 14,17). Das bedeutet, dass die Glieder des Leibes nicht nur die Autorität Christi in allen Dingen anerkennen müssen, sondern auch in „Heiligkeit“ und „Wahrheit“ wandeln müssen. Das bedeutet, sich von allem zu trennen, was mit seiner Person unvereinbar ist, denn Er ist der Heilige Geist. Wenn göttliche Grundsätze geopfert werden, um Einheit zu erreichen, ist das nicht die Einheit des Geistes. Die moderne Ökumene zum Beispiel ist eine von Menschen geschaffene Einheit; sie ist nicht die Einheit des Geistes. Das einigende „Band des Friedens“, von dem Paulus hier spricht, ist kein Frieden um jeden Preis, sondern ein Friede, der daraus resultiert, dass Christus seinen rechtmäßigen Platz hat und die Gläubigen dem Geist Gottes unterworfen sind. Daher ist die Einheit des Geistes eine Einheit, die die Herrschaftsautorität Christi anerkennt und von allem getrennt ist, was in Lehre und Praxis unheilig ist.

Beachte: Wir sind nicht dazu berufen, die Einheit des Leibes zu bewahren; diese Einheit bewahrt Gott selbst, denn nur Er kann es. Nichts kann das Band zerreißen, das die Glieder durch den ihnen innewohnenden Geist mit Christus, dem aufgefahrenen Haupt, haben. Die „Einheit des Geistes“ hingegen ist eine praktische Sache, für deren Erhaltung die Glieder des Leibes verantwortlich sind. Während also alle Christen mit Christus verbunden sind [union with Christ], kann es vorkommen, dass nicht alle Christen in der Einheit des Geistes [unity of the Spirit] wandeln.

Die Einheit des Geistes ist nicht nur eine Ermahnung zur Einheit in einer örtlichen Gemeinde; sie ist mehr als das. Diese Einheit hat den einen Leib im Blick, wie es im nächsten Vers heißt: „Da ist ein Leib“ (Eph 4,4). Da die Glieder des Leibes Christi nicht an einem bestimmten Ort oder in einer bestimmten Gemeinschaft von Christen sind, sollte diese Einheit überall dort zu sehen sein, wo sich Christen auf der Erde befinden. Gott will also, dass die Christen weltweit in dieser Einheit zusammenrücken und zum Ausdruck bringen, dass sie ein Leib sind. Das Brechen des Brotes ist ein praktisches Bekenntnis dieser Wahrheit (1Kor 10,16.17), aber die Versammlung sollte die Einheit des Leibes auch in praktischen Fragen der Gemeinschaft und der Zucht zum Ausdruck bringen. Die Korintherbriefe entwickeln diese Seite der Wahrheit.

In den ersten Tagen der Kirche wurde diese Einheit bewahrt. Die Gläubigen waren „alle ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32; 2,1), aber leider blieb das nicht lange so. C.H. Brown sagt:

Offensichtlich muss die Einheit des Geistes gebrochen worden sein.[1]

J.N. Darby sagt:

Ananias und Sapphira waren die Ersten, die sie unterbrachen (Apg 5); danach finden wir die Hellenisten, die gegen die Hebräer murrten (Apg 6).

Dass uns gesagt wird, wir sollten uns „befleißigen“, bedeutet: Es ist schwierig, „die Einheit des Geistes in dem Band des Friedens“ zu bewahren. Das Fleisch ist dagegen. Um diese Einheit zu bewahren, müssen wir uns also bemühen.

Drei konzentrische Kreise (Eph 4,4-6)

Verse 4-6

Eph 4,4-6: 4 Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung. 5 Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, 6 ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in uns allen ist.

Der Apostel verweist auf drei Bereiche der christlichen Verantwortung. Wie bereits erwähnt, ergeben sich die Ermahnungen im weiteren Verlauf des Briefes aus den jeweiligen Verantwortlichkeiten in diesen drei Bereichen. Sie sind am besten zu verstehen, wenn man sie als drei konzentrische Kreise betrachtet.

  1. Der innerste Kreis ist die Sphäre der christlichen Wirklichkeit oder Echtheit: „Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung.“ Wahre Gläubige (Christen) sind die Einzigen in diesem Kreis. Ein Mensch wird in diesen Kreis durch die Versiegelung mit dem Geist eingeführt. Sie geschieht, wenn er an das Evangelium seines Heils glaubt (Eph 1,13).

  2. Der zweite Kreis ist der Bereich des christlichen Bekenntnisses, in dem es „einen Herr, einen Glauben und eine Taufe“ gibt. Dies ist ein größerer Kreis, zu dem alle gehören, die zum ersten Kreis gehören, und alle, die ein Glaubensbekenntnis zu Christus ablegen, ob sie nun echt sind oder nicht. In diesen Kreis wird man formell durch die Wassertaufe aufgenommen.

  3. Der dritte Kreis ist der Bereich der natürlichen Beziehungen, in dem es „einen Gott und Vater aller“ gibt. Dieser Kreis schließt alle in den beiden anderen Kreisen ein, geht aber darüber hinaus und umfasst jeden lebenden Menschen auf der Erde. Die Vaterschaft Gottes ist hier nicht seine Vaterschaft in der christlichen Familie, sondern seine Vaterschaft über die gesamte Schöpfung. In diesem Sinn sind alle Menschen „Gottes Geschlecht“ (Apg 17,29). Ein Mensch wird durch die natürliche Geburt in diesen Kreis eingeführt. Indem Paulus hinzufügt: „der über allen und durch alle und in uns allen ist“, kehrt er zu dem ersten Kreis zurück. Gott ist nur „in“ den wahren Gläubigen (1Joh 4,12.15).

Die Aufgabe der Gaben für die Auferbauung des Leibes (Eph 4,7-16)

Verse 7.8

Eph 4,7.8: 7 Jedem Einzelnen aber von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Maß der Gabe des Christus. 8 Darum sagt er: „Hinaufgestiegen in die Höhe, hat er die Gefangenschaft gefangen geführt und den Menschen Gaben gegeben.“

Es ist der Wille Gottes, dass die Kirche sichtbar zeigt, dass sie „ein Leib“ ist. Daher ist Christus in die Höhe hinaufgestiegen, um Vorkehrung dafür zu treffen, dass die Glieder auf diese Weise kollektiv zusammenrücken. Jedem Glied ist „die Gnade gegeben worden nach dem Maß der Gabe des Christus“. Der Herr hat jedem von uns eine Gabe geistlicher Kraft verliehen (1Kor 12) und uns auch die nötige „Gnade“ gegeben, diese Gabe an dem Platz im Leib, an den Er uns gestellt hat, in rechter Weise einzusetzen.

Der Apostel lehnt sich an Psalm 68,18 an, der den Sieg des Herrn über seine Feinde an einem kommenden Tag (bei seiner Erscheinung) feiert, und wendet den Grundsatz davon auf seinen Sieg über Satan am Kreuz an. Nachdem der Herr durch seinen Tod Satan besiegt hat (Heb 2,14), hat Er die Gläubigen, die einst Sklaven Satans waren, sich selbst unterstellt. So wie ein Eroberer siegreich aus der Schlacht zurückkehrt und zum Beweis seines Sieges die vom Feind erbeutete Beute mitbringt, so hat Christus seinen Sieg zur Schau gestellt, indem Er denen, die einst Satans Gefangene waren, „Gaben gegeben hat“. Diese Gaben sind geistliche Kräfte; Er hat sie gegeben, um den Gläubigen zu helfen, gemeinsam zu wandeln und so die Herrlichkeit Christi zu offenbaren.

Verse 9.10

Eph 4,9.10: 9 Das aber: Er ist hinaufgestiegen, was ist es anderes, als dass er auch hinabgestiegen ist in die unteren Teile der Erde? 10 Der hinabgestiegen ist, ist derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, damit er alles erfüllte.

Bevor Christus siegreich zu den Höhen der Herrlichkeit aufstieg, stieg Er zunächst in das Grab hinab („in die unteren Teile der Erde“), um den Feind zu besiegen, indem Er aus dem Grab auferstand. Nachdem Er seinen Platz in der Höhe „über alle Himmel“ eingenommen hat, erfüllt Er als Haupt der neuen Schöpfung „alles“ in dem Sinne, dass alles in der neuen Schöpfung von Ihm geprägt ist und seinen Stempel trägt (Kol 3,11b). Christus musste zuerst seinen Platz im Himmel als Haupt der Gemeinde einnehmen, bevor Gaben gegeben werden konnten. Der Apostel will damit sagen, dass aller christlicher Dienst von Christus ausgeht, dem aufgefahrenen Haupt im Himmel. Wir schauen nicht nach menschlichen Organisationen auf der Erde, von denen die Gaben ausgehen, sondern wir schauen auf Christus im Himmel. Menschliche Organisationen, die begabte Personen zu bestimmten Werken im Dienst des Herrn aussenden, sind zwar gut gemeint, aber sie sind der Schrift fremd.

Vers 11

Eph 4,11: Und er hat die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer, …

Von seinem Platz in der Höhe hat Christus „die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer“. Diese Männer besitzen besondere geistliche Fähigkeiten für den öffentlichen Dienst des Wortes, und sie sind es, die Christus der Kirche als Gaben gegeben hat. Es geht hier nicht darum, dass Christus das Apostelamt gibt, sondern dass Er Apostel usw. gibt. Der Abschnitt konzentriert sich nicht auf ihre geistlichen Fähigkeiten, sondern darauf, dass sie selbst eine Gabe Christi an die Kirche sind.

Christus hat „Apostel und Propheten“ gegeben, damit durch ihren Dienst das Fundament der Kirche im ersten Jahrhundert gelegt würde (Eph 2,20). Jetzt, da das Fundament gelegt ist, werden diese Gaben nicht mehr verliehen, obwohl wir immer noch von ihrem Dienst profitieren, denn der Geist Gottes hat sie inspiriert,  die neutestamentlichen Schriften niederzuschreiben. Wir haben immer noch den Dienst der Prophetie in dem Sinne, dass jemand im „Dienst des Wortes“ (Apg 6,4) die Gedanken Gottes für den jeweiligen Anlass kundtut (1Kor 14,1.31), aber nicht in dem Sinne, dass jemand besondere Offenbarungen hat und die Zukunft voraussagt, wie es bei Agabus der Fall war (Apg 11,27.28; 21,10.11).

Der Herr hat der Gemeinde auch „Evangelisten, Hirten und Lehrer“ gegeben. Auch hier geht es nicht um die geistlichen Wirkungen der Evangelisation usw., sondern Er hat der Kirche die Männer selbst als Gaben gegeben. Solche Männer erweckt der Herr immer noch, damit sie der Kirche helfen.

1. Korinther 12,8-10 spricht von den geistlichen Wirkungen, die der Geist Gottes solchen Menschen verleiht. Zum Beispiel ist das „Wort der Weisheit“ die geistliche Kraft oder Gabe, die ein „Hirte“ hat, und das „Wort der Erkenntnis“ ist die geistliche Gabe, die ein „Lehrer“ hat. Die Betonung in 1. Korinther 12 liegt nicht auf ihrer Weisheit oder Erkenntnis – alle Gläubigen sollen Weisheit und Erkenntnis besitzen –, sondern darauf, dass sie eine besondere Fähigkeit haben, ihre Weisheit und Erkenntnis zu vermitteln. Deshalb heißt es: „das Wort der Weisheit“, und: „das Wort der Erkenntnis“. Beachte: Weder hier noch an anderer Stelle in der Heiligen Schrift wird erwähnt, dass Menschen, die eine geistliche Gabe zum Lehren oder Predigen besitzen, von einer menschlichen Organisation ordiniert werden müssten, um in der Kirche wirken zu können.

Vers 12

Eph 4,12: … zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes des Christus, …

Der Herr hat diese Gaben Männern nicht zu ihrem eigenen persönlichen Vorteil gegeben, sondern damit der Leib Christi bereichert wird. Zwar wird „der Tränkende“ auch selbst „getränkt“ (Spr 11,25), aber was sie vom Herrn haben, ist in erster Linie für ihre Geschwister, für die anderen Glieder des Leibes. Der Zweck dieser Gaben ist es, zur „Vollendung der Heiligen“ beizutragen. Vollendung in dem Sinne, wie es hier verwendet wird, bedeutet „volles Wachstum“. Daher sollen diese Gaben den Gläubigen helfen, geistlich zu wachsen. Außerdem ist diese „Vollendung“ im Hinblick auf „das Werk des Dienstes“. Das zeigt: Gott möchte, dass die Glieder des Leibes durch die Hilfe der Gaben geistlich wachsen, so dass sie auch am „Dienst“ beteiligt werden können und somit nützlich sind, um das christliche Zeugnis zu fördern. Dienst ist einfach die Ausübung unserer Gabe im Leib. Da wir alle eine Gabe haben, sollen wir alle in den Dienst einbezogen werden. Im Christentum gibt es keine Drohnen; alle Glieder des Leibes sollen an diesem Werk beteiligt sein. Vielleicht haben nicht alle eine besondere Gabe und sind der Gemeinde gegeben, wie in Epheser 4,11 erwähnt, aber alle sollten in irgendeiner Weise an „dem Werk des Dienstes“ beteiligt sein. Jedes Mitglied kann seinen Teil zur „Auferbauung des Leibes des Christus“ beitragen. Gott möchte nicht, dass einige Glieder des Leibes nur zuschauen, während die anderen die Arbeit tun.

Vers 13

Eph 4,13: … bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus; …

Diese Arbeit soll weitergehen, „bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann“. Dies wird in einem kollektiven Sinn erst dann erreicht werden, wenn Christus wiederkommt (bei der Entrückung). Deshalb wird „das Werk des Dienstes“ (Eph 4,11) – das Berufen, Versorgen und Auferbauen der Gläubigen – weitergehen, bis der Herr für uns kommt. Diese Gaben zur Auferbauung (Eph 4,11) werden also weiterhin gegeben, bis die Kirche vollendet ist. Es wird jedoch in der Schrift nicht erwähnt, dass die Zeichengaben der Zungenrede, der Heilung usw. fortbestehen. Die Geschichte bestätigt, dass dies nicht der Fall ist.

Vers 14

Vers 13 zeigt uns das Endziel der Gaben im Dienst, während die Verse 14 bis 16 uns das unmittelbare Ziel des „Werkes des Dienstes“ zeigen, nämlich die Gläubigen aus dem Zustand der geistlichen Unmündigkeit herauszuführen:

Eph 4,14: … damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin und her geworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre, die durch die Betrügerei der Menschen kommt, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum; …

Es ist dringend und unmittelbar notwendig, dass die Gläubigen in der Wahrheit befestigt werden, damit der Feind sie nicht in die Irre führt. Denn wenn der Feind die Gläubigen irreführt, sind sie nicht in der Lage, ihre Rolle im Leib richtig zu erfüllen und dabei zu helfen, die anderen Glieder aufzuerbauen. Paulus bezeichnet diese vom Feind eingeführten Irrlehren als „listig ersonnenen Irrtum“. Gewöhnlich wird man feststellen, dass hinter bestimmten falschen Lehren ein ganzes System von Irrlehren steht.

Vers 15

Eph 4,15: … sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus, …

Unser Schutz gegen den Irrtum besteht nicht darin, den Irrtum besser zu kennen, um ihn zu widerlegen, sondern darin, „die Wahrheit in Liebe festzuhalten“. Das geht über das Wissen um die Wahrheit hinaus und bedeutet, dass wir ihr liebevoll verbunden sind – dass wir die Wahrheit wertschätzen. Der Psalmist veranschaulicht dies, indem er sagt: „In meinem Herzen habe ich dein Wort verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige“ (Ps 119,11). Die englische KJV übersetzt diesen Vers mit: „die Wahrheit in Liebe reden“, aber das ist irreführend und impliziert, dass wir die Wahrheit anderen in einer liebevollen und freundlichen Weise darlegen sollen. Das ist sicherlich etwas, was wir tun sollten, aber der Kontext hat damit zu tun, dass wir bewahrt werden sollen vor den Irrtümern der Lehre, die in der Luft liegen. Die Wahrheit anderen liebevoll und freundlich zu sagen, ist nicht das, was uns vor diesen subtilen Irrtümern bewahrt; es ist die Liebe zur Wahrheit selbst.[2] Paulus will damit sagen, dass die Wahrheit in unserer Zuneigung verankert sein muss. Dann, und nur dann, wird sie ein Schutz gegen die Irrtümer sein, die es auf allen Seiten gibt. Wenn die Wahrheit ihren richtigen Platz in unserer Zuneigung hat, werden wir „in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus“.

Vers 16

Eph 4,16: … aus dem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maß jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.

Wir werden nicht nur bewahrt bleiben und geistlich wachsen, wir werden auch in unserer Nützlichkeit für den Leib als „Gelenk der Darreichung“ wachsen. Wir werden wirksam zur Auferbauung des Leibes in Liebe beitragen. Gott möchte, dass „jedes einzelne Teil“ etwas beiträgt zum „Wachstum des Leibes“.

Zusammenfassung der Übungen, die notwendig sind, um nach der Wahrheit des einen Leibes zu wandeln

  • Wir erkennen in der Praxis die Autorität der Herrschaft Christi in unserem Leben an (Eph 4,1)
  • Wir üben uns darin, demütig mit unseren Glaubensgeschwistern zu wandeln (Eph 4,2)
  • Wir unterwerfen uns dem Geist Gottes, der zur Einheit führt, die Er gebildet hat (Eph 4,3-6)
  • Wir nutzen die Gaben, die der Kirche gegeben sind und die uns dabei helfen, an unserem Platz im Leib zu funktionieren (Eph 4,7-16)

Die Wahrheit des „einen Leibes“ kann heute nur in einem Überrest als Zeugnis praktiziert werden, weil das christliche Zeugnis als Ganzes in Trümmern liegt

Wenn wir auf Epheser 4,1-16 zurückblicken, sehen wir Gottes Ideal für die Kirche als der Leib Christi. Er möchte, dass es eine praktische Offenbarung ungebrochener Einheit unter den Gliedern des Leibes gibt, während sie unter der Leitung des Hauptes im Himmel tätig sind. Wenn die Glieder des Leibes diese Ermahnungen beherzigen, wird es auf der Erde eine glückliche Gemeinschaft von Gläubigen geben, die in Harmonie und Freude „einträchtig beieinander wohnen“ (vgl. Ps 133,1) und zum Wohlgefallen Gottes und zur Ehre Christi und auch zur gegenseitigen Erbauung tätig sind. Dann gäbe es keine konfessionellen Sekten und Spaltungen im öffentlichen Zeugnis der Kirche. Das wäre wunderbar! Genau das beabsichtigt Gott für die Kirche.

Wie bereits erwähnt, berücksichtigt die im Epheserbrief dargelegte Wahrheit nicht den Niedergang und das Versagen im christlichen Zeugnis, denn der Apostel konzentriert sich auf die Absicht und den Wunsch Gottes für die Kirche. Aufgrund des unheilbaren Verfalls, der in der Christenheit eingetreten ist, ist es heute nicht möglich, die Wahrheit des „einen Leibes“ mit allen Gliedern des Leibes Christi zu praktizieren. Die meisten Glieder wissen nicht einmal von Gottes Anordnung, dass sich die Christen zur Anbetung und zum Dienst am Wort auf der Grundlage des einen Leibes versammeln sollen. Sie sind in ihren konfessionellen und nichtkonfessionellen Gemeinschaften im gespaltenen Zustand der Christenheit recht glücklich, und wenn sie über diese Dinge aufgeklärt würden, würden sie wahrscheinlich ihre kirchlichen Positionen nicht verlassen wollen. Deshalb ist es heute einfach nicht möglich, die Wahrheit des einen Leibes mit der ganzen Kirche auf der Erde zu praktizieren.

Wenn diese Tatsache einem Menschen zum ersten Mal bewusst wird, kann das niederschmetternd sein. Aber es gibt keinen Grund, zu verzweifeln. Gott hat den Verfall, der sich im Zeugnis der Kirche entwickeln würde, vorausgesehen und Vorkehrungen für diese Tage des Versagens getroffen, so dass Christen, die in dieser Wahrheit geübt sind, sie praktizieren können. Wenn es zu einem umfassenden Versagen kommt, dann greift Gott auf den großen Grundsatz zurück, dass Er das öffentliche Zeugnis als Ganzes (wie Er es ursprünglich eingerichtet hat) loslässt und mit einem Überrest arbeitet. Darauf weist die Heilige Schrift immer wieder hin. Wenn das, was Gott als Zeugnis in die Hände der Menschen gelegt hat, versagt, reduziert Er Größe, Stärke, Herrlichkeit und Anzahl des Zeugnisses und führt es in einem Restzeugnis weiter (Jes 1,2-9). Das Wort „Überrest“ bedeutet „der Rest“ oder „das, was übrigbleibt“ von dem, wofür das ursprüngliche Zeugnis errichtet worden war. Nach diesem Grundsatz handelte Gott in der Geschichte Israels (1Kön 11–12; Esra 1–6) und jetzt handelt Er so mit der Kirche (Off 2,24-29) und wird es an einem kommenden Tag mit den Juden in der Drangsal wieder tun (Jes 8,11-18; 10,21.22; 11,11; Joel 2,32; 3,1.2; Mich 4,7; Zeph 3,13; Off 12,17).

In göttlichem Vorrecht und göttlicher Gnade nimmt Gott den einen hier und den anderen dort und versammelt sie, abseits der Verwirrung und Unordnung in der Christenheit,  im Namen des Herrn in einer Position des Überrestes, wo die Wahrheit des einen Leibes praktiziert werden kann (Mt 18,20). Diejenigen, die im Namen des Herrn „versammelt“ sind, sind nicht der Überrest. Im Grunde genommen sind alle wahren Gläubigen in der Masse der bloßen Bekenner in der Christenheit Gottes Überrest, aber kirchlich gesehen nehmen die versammelten Gläubigen eine Überrestposition im Zeugnis ein und sind dort, wo der Überrest (alle wahren Gläubigen) sein sollte, nämlich versammelt zum Namen des Herrn.

Da das öffentliche Zeugnis der Kirche heute vom Verfall durchdrungen ist, müssen wir die Wahrheit des einen Leibes, wie sie in Epheser 4 dargestellt wird, durch das Bullauge des zweiten Timotheusbriefes betrachten. Dieser hilfreiche kleine Brief gibt dem Gläubigen Licht in diesen schwierigen Tagen, in denen wir leben.

II. | Unserer Berufung unter der Herrschaft Christi würdig wandeln (Eph 4,17–5,21)

Die Ermahnungen in diesem Abschnitt des Briefes stimmen mit Epheser 4,5 überein: „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ – der zweite Kreis christlicher Vorrechte und Verantwortung. Im vorigen Abschnitt haben wir gesehen, dass Gott möchte, dass der Leib Christi unter dem aufgefahrenen Haupt im Himmel eine ungebrochene Einheit unter seinen Gliedern sichtbar zum Ausdruck bringt. In diesem Abschnitt erfahren wir, dass nach dem Willen Gottes die Glieder des einen Leibes auch in der Zeit der Abwesenheit Christi seine moralische Schönheit in dieser Welt sichtbar zum Ausdruck bringen. In diesem Abschnitt des Briefes wird auf Trennung bestanden, denn ohne Trennung werden diese sittlichen Schönheiten in ihrer Entfaltung beeinträchtigt.

In diesem Abschnitt des Briefes werden  verschiedene Aspekte des „Wandels“ des Gläubigen angesprochen (Eph 4,17; 5,2.8.15):

  • Wandeln in „wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Eph 4,17-32)
  • Wandeln in „Liebe“ (Eph 5,1-7)
  • Wandeln im „Licht“ (Eph 5,8-14)
  • Wandeln in „Weisheit“ (Eph 5,15-21)

Wandeln in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit (Eph 4,17-32)

Wenn die moralischen Schönheiten Christi in den Gläubigen sichtbar werden sollen, müssen sie in ihrem Leben eine völlige Veränderung ihres Charakters erfahren gegenüber dem, was sie einmal waren. Die Erlösung durch Gott hat eine gewaltige Veränderung in unseren Seelen bewirkt. Wir sind „von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott“ gekommen (Apg 26,18). Nun möchte Gott, dass dies im Leben der Gläubigen in einem praktischen Sinn sichtbar wird. Die Dinge, die den Menschen im Fleisch charakterisieren, müssen aus unserem Leben verschwinden, und wir müssen einen ganz neuen Lebenswandel annehmen, der durch „wahrhaftige Gerechtigkeit und Heiligkeit“ gekennzeichnet ist.

Ein Charakterwechsel (Eph 4,17-21)

Verse 17-21

Eph 4,17-21: 17 Dies nun sage und bezeuge ich im Herrn, dass ihr fortan nicht wandelt, wie auch die Nationen wandeln, in Eitelkeit ihres Sinnes, 18 verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens, 19 die, da sie alle Empfindung verloren, sich selbst der Ausschweifung hingegeben haben, um alle Unreinheit mit Gier auszuüben. 20 Ihr aber habt den Christus nicht so gelernt, 21 wenn ihr wirklich ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist: …

Zu Beginn beschreibt Paulus kurz den gefallenen, verdorbenen Charakter der heidnischen Welt, aus der die Epheser gerettet worden waren (Eph 4,17-19):

  • „Eitelkeit  ihres Sinnes“
  • „verfinstert am Verstand“
  • „entfremdet dem Leben Gottes“
  • „Unwissenheit“
  • „Verhärtung ihres Herzens“
  • „alle Empfindung verloren“
  • der „Ausschweifung“, „Unreinheit“ und „Gier“ verfallen

So sieht die normale Lebensordnung derer aus, die Gott nicht kennen. So waren auch einst die Gläubigen aus Ephesus, die überwiegend Heiden gewesen waren. Da sie gerettet wurden, sagt Paulus ihnen, dass ein solcher Lebenswandel nun völlig unvereinbar mit ihrer Berufung in Christus ist. Er sagt: „Ihr aber habt den Christus nicht so gelernt.“ Wie bereits erwähnt, ist „der Christus“ ein Begriff, der in den Paulusbriefen verwendet wird, um die geistliche Einheit der Glieder des Leibes Christi mit dem Haupt im Himmel zu bezeichnen (1Kor 12,12.13). Dann fährt Paulus fort und sagt: „wenn ihr wirklich ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist“. „Jesus“ ist der Name des Herrn als Mensch. Wenn dieser Name ohne seine üblichen Titel Herr und Christus verwendet wird, bezieht er sich auf Ihn als einen Menschen in dieser Welt. Paulus spricht zuerst davon, dass wir „den Christus“ lernen; erst dann lehrt er uns die Wahrheit in „Jesus“. Auf diese Weise drückt er aus, dass wir zuerst unsere Berufung in Christus erkennen müssen (die in den ersten drei Kapiteln entfaltet wird), bevor wir richtig wandeln können, wie Jesus es in dieser Welt tat. Wir werden also „in ihm gelehrt“, indem wir sein vollkommenes Beispiel betrachten.

Die Reihenfolge in Epheser 4,20.21 ist daher wichtig zu beachten. Wir sehen viele ernsthafte Christen, die ihre Berufung in „dem Christus“ nicht kennen und versuchen, wie „Jesus“ an Orten und in Positionen in dieser Welt zu leben, die mit ihrer Berufung völlig unvereinbar sind. Infolgedessen macht sich der Geist Gottes nicht in nennenswerter Weise mit ihnen eins. Ein Christ, der versucht, sich wie Jesus zu verhalten, während er ein Amt in der Regierung bekleidet, ist ein Beispiel dafür.[3]

Der „alte Mensch“ und der „neue Mensch“

Verse 22-24

Eph 4,22-24: … 22 dass ihr, was den früheren Lebenswandel betrifft, abgelegt habt den alten Menschen, der nach den betrügerischen Begierden verdorben wird, 23 aber erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung 24 und angezogen habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.

Damit wir die moralischen Züge Christi in dieser Welt offenbaren können, müssen wir bestimmte Wahrheiten in Bezug auf den „alten Menschen“ und den „neuen Menschen“ verstehen. Deshalb spricht der Apostel zuerst davon, bevor er sie zu einem Leben ermahnt, das ihrer Berufung entspricht.

„Der alte Mensch“ ist ein Begriff, der an drei Stellen in den Paulusbriefen vorkommt: in Römer 6,6; Epheser 4,22; Kolosser 3,9. Es ist ein abstrakter Begriff, der den verdorbenen Zustand des gefallenen Geschlechts Adams beschreibt. Der „alte Mensch“ verkörpert alle hässlichen Eigenschaften, die das gefallene Menschengeschlecht kennzeichnen.

In Römer 6,6 heißt es: „Wir wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen.“ Daraus lernen wir, dass Gott das Urteil über den alten Menschen am Kreuz Christi gefällt hat (Röm 8,3). Unser alter Mensch ist nicht nur am Kreuz gerichtet worden, sondern diese Verse in Epheser 4,22-24 sagen uns, dass wir als Teil unseres christlichen Bekenntnisses den alten Menschen abgelegt und den neuen Menschen angezogen haben. Indem wir uns zum Christsein bekennen, haben wir uns durch unser Bekenntnis von allem, was mit dem alten Menschen zu tun hat, distanziert und uns mit allem, was mit dem neuen Menschen zu tun hat, identifiziert. […]

Der Begriff „der alte Mensch“ wird von den meisten Christen oft synonym mit „dem Fleisch“ (unserer gefallenen sündigen Natur) verwendet. Dies ist jedoch falsch. J.N. Darby bemerkt:

Der Begriff „der alte Mensch“ wird gewöhnlich fälschlicherweise für das Fleisch verwendet.[4]

Wenn wir uns die Heilige Schrift genau ansehen, wird es mehr als deutlich, dass der alte Mensch und das Fleisch nicht dasselbe sind und daher nicht austauschbar verwendet werden können. Wenn der „alte Mensch“ das Fleisch wäre, dann würde dieser Abschnitt besagen, dass wir das Fleisch abgelegt hätten, dass wir also die sündige Natur nicht mehr in uns hätten, was eindeutig nicht stimmt. Außerdem wird nie gesagt, dass der „alte Mensch“ in uns ist, aber das Fleisch ist es ganz sicher. F.G. Patterson sagt:

Ich sehe auch nicht, dass die Schrift uns erlaubt, zu sagen, dass wir den alten Menschen in uns haben; allerdings lehrt sie uns, dass wir das Fleisch bis zum Ende in uns haben.[5]

Es ist auch nicht richtig, zu sagen, dass „der alte Mensch“ Begierden, Wünsche und Gefühle hätte wie das Fleisch. Oft sagen Christen so etwas wie: „Der alte Mensch in uns begehrt die Dinge, die sündig sind.“ Oder: „Unser alter Mensch will dieses oder jenes Böse tun.“ Solche Aussagen verwechseln den alten Menschen mit dem Fleisch. H.C.G. B. sagt:

Ich weiß, was ein Christ, der seine Beherrschung verliert, meint, wenn er sagt, es sei „der alte Mensch“. Dennoch ist der Ausdruck falsch. Hätte er gesagt, es wäre „das Fleisch“, wäre er richtiger gewesen.

Wir möchten noch hinzufügen, dass der „alte Mensch“ nicht Adam persönlich ist, sondern das, was für das gefallene Menschengeschlecht unter ihm charakteristisch ist. Um den alten Menschen deutlicher zu sehen, müssen wir das gefallene Geschlecht als Ganzes betrachten, denn es ist unwahrscheinlich, dass ein einzelner Mensch alle Merkmale aufweist, die diesen verdorbenen Zustand kennzeichnen. Nimmt man das Geschlecht als Ganzes, so sieht man alle hässlichen Züge, die den alten Menschen ausmachen.

Der „alte Mensch“ ist also kein lebendiges Wesen im Gläubigen mit sündigen Begierden, Wünschen und Gefühlen, sondern ein abstrakter Begriff, der den verdorbenen Zustand des gefallenen Menschengeschlechts beschreibt. Gott hat den alten Menschen am Kreuz gerichtet und der Gläubige hat ihn erklärtermaßen abgelegt, indem er sich mit dem christlichen Zeugnis einsgemacht hat.

Der „neue Mensch“ ist ebenfalls ein abstrakter Begriff. Er bezeichnet die neue Ordnung der moralischen Vollkommenheit in dem neuen Schöpfungsgeschlecht unter Christus. Vielleicht könnten wir sagen, dass der neue Mensch der neue Zustand ist, der das neue Geschlecht der Menschen unter Christus charakterisiert. Der alte Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er „verdorben“ und „betrügerisch“ ist; der neue Mensch  zeichnet sich dagegen durch „Gerechtigkeit“ und „Heiligkeit“ aus.

Der „neue Mensch“ ist nicht Christus persönlich, sondern Christus in seinen Eigenschaften. Diese neue sittliche Ordnung des Menschseins kam zuerst in „Jesus“ zum Vorschein, als Er hier in dieser Welt wandelte (Eph 4,21), und kennzeichnet jetzt alle in dem neuen Schöpfungsgeschlecht unter Christus, die im Geist wandeln. Das neue Menschengeschlecht unter Christus hatte seinen Anfang erst, als Er von den Toten auferstand, um ihr Haupt zu sein. Als „der Erstgeborene aus den Toten“ (Kol 1,18) hat Er den Geist Gottes in die Welt gesandt, um die Gläubigen („viele Brüder“) mit sich zu verbinden (Röm 8,29). Sie sind nun von der gleichen Ordnung des Menschseins wie Er selbst (von der gleichen „Art“, 1Mo 1,21.24.25). In diesem Sinne sind wir in diesem neuen Geschlecht „alle von einem“ (Heb 2,10-13). Der „neue Mensch“ ist also ein Begriff, der die moralischen Eigenschaften des neuen Menschengeschlechts unter Christus bezeichnet.

Da der „neue Mensch“ dem Bild dessen nachgebildet ist, der ihn geschaffen hat (Kol 3,10), sind wir als Teil des neuen Schöpfungsgeschlechts nun voll und ganz in der Lage, Christus hier in dieser Welt zu vertreten. Als Christen sind die Merkmale des neuen Menschen in uns zu sehen, und das werden sie auch sein, wenn wir im Geist wandeln (Gal 5,16). In Kolosser 3,12-15 nennt Paulus zehn moralische Eigenschaften des neuen Menschen, die an den Gläubigen zu sehen sein sollen und die die Wahrheit von „Christus in euch, der Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kol 1,27), zum Ausdruck bringen.

Ermahnungen auf der Grundlage, dass wir den „alten Menschen“ abgelegt und den „neuen Menschen“ angezogen haben (Eph 4,25-32)

Wir haben den „alten Menschen“ abgelegt und den „neuen Menschen“ angezogen, aber das bedeutet nicht, dass wir uns in diesen Dingen nicht üben müssten. Jede lehrmäßige Wahrheit sollte eine praktische Bedeutung für unser Leben haben. Die Verse, die in diesem Kapitel folgen, zeigen, dass der Gläubige in seinem Leben nicht mehr die Eigenschaften des alten Menschen zeigen soll, sondern die des neuen Menschen. Das ist der Sinn der Ermahnung.

Wir sind zwar nicht mehr „im Fleisch“ (Röm 7,5; 8,8.9), aber das Fleisch ist immer noch in uns und wirkt, wenn wir nicht im Geist wandeln. Wenn es wirkt, offenbart es die hässlichen Züge des alten Menschen. Deshalb müssen wir uns unbedingt darin üben, die Eigenschaften des neuen Menschen zu zeigen. Deshalb müssen wir in der Kraft des unverdorbenen Geistes Gottes wandeln (Eph 4,30).

Der Schwerpunkt der Ermahnung des Paulus in den verbleibenden Versen von Epheser 4 liegt darauf, dass wir das, was der Stellung nach wahr ist, in die Praxis umsetzen. Wenn wir den „alten Menschen“ abgelegt und den „neuen Menschen“ angezogen haben, dann lasst uns mit dem alten verdorbenen Lebenswandel Schluss machen und nach dem leben, was den neuen Menschen kennzeichnet. Paulus erwähnt eine Reihe von Übergängen, die sich ganz natürlich im Leben des Gläubigen ergeben sollten, wenn er in „wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit“ wandelt. Wenn wir das Leben des Herrn studieren, werden wir von „ihm gelehrt …, wie die Wahrheit in dem Jesus ist“. Jedes dieser Merkmale, die die neue Ordnung des Menschseins kennzeichnen, wurde in Ihm in Vollkommenheit gesehen.

Ehrlichkeit statt Unwahrheit 

Vers 25

Eph 4,25: Deshalb, da ihr die Lüge abgelegt habt, redet Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind Glieder voneinander.

Es sollte Ehrlichkeit statt Falschheit herrschen. Hier wird mit „Lügen“ übersetzt, aber dieses Wort ist zu eng gefasst. Es sollte mit „Falschheit“ übersetzt werden, was alles einschließt, was unwahr und unehrlich ist – nicht nur unsere Worte. Es ist genauso leicht, mit unserem Leben eine Lüge zu leben, wie mit unserer Zunge eine Lüge zu erzählen. Ananias und Sapphira veranschaulichen dies. Er lebte eine Lüge, aber seine Frau erzählte eine Lüge (Apg 5,1-10).

Diese Transparenz des ehrlichen Charakters zeigte sich im ganzen Leben des Herrn. Er konnte mit Recht sagen, dass Er „durchaus das ist, was ich auch zu euch rede“ (Joh 8,25). […]

Gerechter Zorn gegen das Böse statt Gleichgültigkeit ihm gegenüber

Verse 26.27

Eph 4,26.27: 26 Zürnt, und sündigt nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn, 27 und gebt nicht Raum dem Teufel.

Es sollte einen unablässigen, gerechten Zorn gegen das Böse geben statt Gleichgültigkeit ihm gegenüber. In diesen Versen gibt es zwei Arten von Zorn: Die eine Art von Zorn ist richtig und angemessen, die andere nicht. In Vers 26 geht es um den gerechten Zorn, der keine Sünde ist, aber in Vers 31 („Alle Bitterkeit … und Zorn … sei von euch weggetan“, Eph 4,31) geht es um den fleischlichen Zorn, der nichts als Sünde ist.

In Vers 26 wird uns gesagt, dass wir „zürnen“ sollen. Das kann nichts Sündiges sein, denn Gott würde uns nie auffordern, etwas Böses zu tun. Von Gott selbst wird gesagt, dass Er auf diese Weise zürnt. In Psalm 7,11 heißt es: „Ein Gott, der jeden Tag zürnt“ (vgl. 1Kön 11,9). Diese Art von Zorn ist natürlich eine gerechte Empörung über das Böse. Ähnlich sagt der Psalmist: „Hasse ich nicht, HERR, die dich hassen, und verabscheue ich nicht, die gegen dich aufstehen? Mit vollkommenem Hass hasse ich sie; sie sind Feinde für mich“ (Ps 139,21.22). Der Herr Jesus, der vollkommen und ohne Sünde ist, war zornig, als Er sah, dass der Segen für die Bedürftigen behindert wurde (Mk 3,5; 10,14). Paulus fügt hinzu: „Und sündigt nicht“, denn wir müssen aufpassen, dass das, was mit gerechtem Zorn beginnt, nicht in fleischlichen Zorn umschlägt.

Weil es heißt: „Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn“, denken manche, Paulus wolle damit sagen, dass wir nicht zornig zu Bett gehen, sondern die Dinge in unserer Seele mit dem Herrn in Selbstverurteilung am selben Tag bereinigen sollen, an dem sie geschehen sind. Es ist jedoch nicht wörtlich gemeint, dass die Sonne untergeht; es ist eine bildhafte Sprache, die davon spricht, den gerechten Zorn am Leben zu erhalten. Wir sollen unseren gerechten Zorn gegen die Sünde nicht erlahmen lassen, sonst werden wir dem Bösen gegenüber gleichgültig. Das Bild stammt aus Josua 10,12-14, wo Josua Gott bittet, die Sonne so lange scheinen zu lassen, bis die Heere Israels ihre Feinde gerichtet hätten. Die Ermahnung zielt darauf ab, dass wir dem Bösen gegenüber niemals gleichgültig werden sollten. Wir sollten immer einen gesunden, unsterblichen, gerechten Zorn gegen das Böse haben. Auch dafür ist der Herr Jesus ein Beispiel. Er zeigte im Tempel gerechten Zorn gegenüber den Händlern. Zweimal trieb Er die Händler hinaus: einmal zu Beginn seines Dienstes (Joh 2,14-17) und ein zweites Mal am Ende seines Lebens (Mt 21,12.13). Seine Haltung gegenüber dieser Sünde hatte sich nicht geändert.

In Vers 27 fügt Paulus hinzu, dass wir darauf achten müssen, dass wir nicht „Raum dem Teufel“ geben. Das geschieht, wenn wir unseren Zorn gegen die Sünde abebben lassen. Gleichgültigkeit gegenüber dem Bösen jeglicher Art öffnet dem Teufel die Tür, so dass er in unserem Leben wirken kann.

Anderen etwas geben, statt sie zu bestehlen

Vers 28

Eph 4,28: Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, damit er dem Bedürftigen etwas zu geben habe.

Wir sollen anderen etwas geben, anstatt sie zu bestehlen. Stehlen mag in ihrer unbekehrten Zeit für einige eine Lebensweise gewesen sein, aber jetzt sollten sie darauf achten, nicht nur nicht von anderen zu nehmen, sondern ihnen zu geben. Im Christentum sollen wir mit unseren Händen arbeiten, nicht nur, um unsere täglichen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern um unsere täglichen Bedürfnisse zu übertreffen, so dass wir etwas haben, was wir anderen geben können. Dies zeigt, dass eines der Merkmale des „neuen Menschen“ eine echte Sorge und Fürsorge für andere ist, die sich im aufopfernden Geben zeigt. Der Herr Jesus lebte dies in seinem Leben vollkommen vor. Er lehrte uns durch sein Beispiel, dass „Geben seliger ist als Nehmen“ (Apg 20,35).

Mit Gnade zu anderen sprechen, anstatt faule Worte zu verwenden

Verse 29.30

Eph 4,29.30: 29 Kein faules Wort gehe aus eurem Mund hervor, sondern was irgend gut ist zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade darreiche. 30 Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, durch den ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung.

Was die Welt, durch die der Gläubige geht, charakterisiert, sind „faule Worte“. Manche Menschen können kaum einen Satz sprechen, ohne eine verdorbene Sprache zu verwenden. In deutlichem Gegensatz dazu sollen Christen zu allen, mit denen sie zu tun haben, mit freundlichen Worten sprechen. Der Herr ist auch hier unser Beispiel. Alle, die Ihn hörten, „verwunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen“ (Lk 4,22).

Die Dinge, die wir sagen und tun, sollten auf keinen Fall „den Geist Gottes“, der in uns wohnt, „betrüben“. Er ist eine göttliche Person mit Empfindungen, und wenn wir etwas tun, wozu Er uns nicht angeleitet hat, ist Er betrübt. Der nächste Vers gibt uns Beispiele dafür, was Ihn betrüben würde: „Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit“ (Eph 4,31). An anderer Stelle wird uns gesagt, dass wir den Geist nicht „auslöschen“ sollen (1Thes 5,19), das heißt, dass wir Ihm nicht erlauben, durch uns zu wirken, wie Er es möchte. Betrüben und Auslöschen sind also Gegensätze. Den Geist zu betrüben bedeutet, etwas zu tun, wozu Er uns nicht geführt hat, und den Geist auszulöschen bedeutet, etwas nicht zu tun, wozu Er uns führt. Da der Geist uns „für den Tag der Erlösung“ durch seine innewohnende Gegenwart „versiegelt“ hat, müssen wir sehr darauf achten, nach dem göttlichen Bewohner in uns zu leben. Alles, was Gott tut, zielt auf den Tag ab, an dem wir von der Gegenwart und der Macht der Sünde befreit werden (das ist die Bedeutung der Erlösung), damit wir benutzt werden können, um die Herrlichkeit Christi zu zeigen.

Freundlichkeit und Mitgefühl statt Bitterkeit und Wut

Verse 31.32

Eph 4,31.32: 31 Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit. 32 Seid aber zueinander gütig, mitleidig, einander vergebend, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat.

Wir sollen auch „alle Bitterkeit, Zorn, Wut“ usw. aus unserem Leben „wegtun“. All das soll durch Gütigkeit und Mitleid ersetzt werden. Keiner lebte das besser vor als der Herr selbst. Als der arme Aussätzige zu Ihm kam, wurde Er „innerlich bewegt“ und „streckte seine Hand aus und berührte ihn“ (Mk 1,41). Dies war vielleicht das erste Mal seit Jahren, dass jemand diesen Mann berührte.

Einander verzeihen, statt zornig, verletzend und bösartig zu sein

Ein weiteres Merkmal des „neuen Menschen“ ist, dass wir nicht nachtragend sind. Als Empfänger von Gottes „Gnade“ steht es uns zu, anderen gegenüber so zu handeln, wie Er uns gegenüber gehandelt hat. Nachdem wir die ewige Vergebung von Gott empfangen haben, sollen wir denselben vergebenden Geist gegenüber anderen zeigen, die sich uns gegenüber bitter und zornig verhalten (Eph 4,32). Auch hier offenbarte der Herr Jesus diese Gesinnung vollkommen. Als das Volk Ihn verwarf und ans Kreuz nagelte, sagte Er: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34).


Originaltitel: „Walking Worthy of Our Calling as Members of the Body of Christ: Ephesians 4:1-16“ und „Walking Worthy of Our Calling Under the Lordship of Christ: Ephesians 4:17-5:21“
aus The Epistle of Paul to the Ephesians: The Purpose of the Ages

Übersetzung: Stephan Isenberg

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Anmerkungen

[1] C.H. Brown, aus einem Vortrag, The Ground of Gathering, Bible Truth Publishers 1973, S. 28.

[2] Anm. d. Red.: Dem grundsätzlichen Gedanken von Bruder Anstey stimmen wir zu. Wir können diese Auslegung vom griechischen Text her jedoch an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Das Wort „Wahrheit“ kommt hier nicht als Hauptwort vor. Hier steht im Griechischen dasselbe Tätigkeitswort wie in Galater 4,16aletheuo. Buchstäblich könnte man aletheuo mit „wahrheiten“ übersetzen, ein Wort, das es im Deutschen natürlich nicht gibt. Damit wäre die buchstäbliche Übersetzung des ersten Versteiles: „wahrheitend in Liebe“. Andere Übersetzungen sind: „Wahrheit sagen oder festhalten, wahrhaftig sein“. Das sehr genaue Münchener Neue Testament übersetzt sehr zutreffend: „Wahrheit leben“. Im Zusammenhang geht es darum, besonders all die Elemente der Wahrheit anzuerkennen, die uns fördern, „zu ihm hin heranzuwachsen“ (Eph 4,15b), das heißt Ihm ähnlicher zu werden. In Epheser 4,11.12 werden die Gaben aufgezählt, die der Herr uns geschenkt hat, um uns dabei zu helfen, diese Elemente kennenzulernen und zu verstehen. Wenn wir diese Wahrheit schätzen, werden wir mündige Christen sein und nicht „hin und her geworfen von jedem Wind der Lehre“ (Eph 4,14). Die Wahrheit in Liebe festzuhalten bedeutet, auf die richtige Herzenshaltung zu achten. Wenn wir „in allem heranwachsen“ wollen „zu ihm hin, der das Haupt ist“ (Eph 4,15), dann reicht es jedoch nicht, nur die Wahrheit festzuhalten, sondern wir müssen auch einen Geist der Liebe haben. Die Liebe zum Haupt und die Liebe zu den Gliedern des einen Leibes soll die treibende Kraft sein (vgl. 1Kor 13). Deshalb heißt es schon in Vers 2, dass wir „einander in Liebe ertragen“ sollen (Eph 4,2). Es bedeutet ebenso, dass wir beim Einstehen für die Wahrheit nicht mit dem Holzhammer vorgehen, sondern in Liebe.

[3] Anm. d. Red.: Dieser Aussage stimmen wir zu, wenn ein Christ in die Politik ginge. Wenn ein Christ jedoch in Regierungsverantwortung zum Glauben kommt, ist das etwas anderes.

[4] J.N. Darby, „Comments on ‘The old man’, ‘The new man’, and ‘I’“ in Food for the Flock, Jg. 2, 1875, S. 286. Online auf: www.cw-archive.org.

[5] F.G. Patterson, „Chapter 5: Why Did God Permit the Entrance of Evil?“ in A chosen Vessel.

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